Beschluss vom 31.03.2023 -
BVerwG 1 W-VR 2.23ECLI:DE:BVerwG:2023:310323B1WVR2.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.03.2023 - 1 W-VR 2.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:310323B1WVR2.23.0]

Beschluss

BVerwG 1 W-VR 2.23

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 31. März 2023 beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des ... im BAMAD (...).

2 Der 1962 geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. März 2023. Er ist Stabsoffizier mit der Befähigung zum Richteramt (Stabsoffizier Recht). Zuletzt wurde er am 21. Februar 2002 zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. November 2005 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Oktober 2009 wurde er zunächst als Dezernatsleiter ... und sodann als Referatsleiter ... verwendet. Mit Dienstantritt zum 1. März 2021 wurde er auf den Dienstposten eines Stabsoffiziers zur besonderen Verwendung in diesem Referat versetzt.

3 Der 1974 geborene Beigeladene ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem 31. März 2036 enden. Im Mai 2009 wurde er zum Oberstleutnant (A 14) befördert und mit Wirkung vom 1. November 2013 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Nach Verwendung auf verschiedenen Referentendienstposten im ... wurde er zum 1. Juli 2022 zum ... versetzt. Mit Verfügung vom 28. Juli 2022 (Nr. 2200359066) wurde der Beigeladene zum 1. August 2022 mit Dienstantritt am 29. August 2022 auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt und in der Folge zum Oberst befördert.

4 Unter dem 4. März 2022 beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den streitgegenständlichen Dienstposten und legte mit Schriftsatz vom 4. Juli 2022 Untätigkeitsbeschwerde ein.

5 Am 14. Juli 2022 entschied in Vertretung der Präsidentin die Vizepräsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

6 Der Besetzungsentscheidung liegt die am 9. Juni 2022 getroffene Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" zugrunde. Der Planungsbogen für das Auswahlverfahren weist folgende Hauptaufgaben des Dienstpostens aus:

  • Steuern, Koordinieren und Überwachen der abteilungsübergreifenden fachlichen Informationssteuerung, der Terminüberwachung, des Berichtswesens sowie Sicherstellen der Qualitätssicherung bei ausgehenden Produkten.
  • Steuern, Koordinieren und Überwachen der abteilungsübergreifenden fachlich operativen Nutzung des Internets sowie Entscheiden über den Einsatz/der Durchführung ONI.
  • Wahrnehmung des Beauftr AngelMilPers mit dem besonderen Aufgabenbereich der Wahrung der militärischen Ordnung und Disziplin für die unterstellten militärischen Angehörigen der ... gem. vorl. GO BAMAD sowie Ausüben der Disziplinarbefugnis nach Anordnung BMVg R II 1."

7 Im Anforderungsprofil werden die dienstpostenbezogenen Kriterien wie folgt aufgezählt:
"Ref BMVg mit nachrichtendienstlicher Schnittstellenfunktion und Bezug zu Sicherheitsbehörden/Nachrichtendiensten BMVg R oder SE
Führungserfahrung als Disziplinarvorgesetzter
Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Militärischen Abschirmdienst (wünschenswert)"

8 Ausweislich des Planungsbogens wurden neben dem Beigeladenen 22 weitere Oberstleutnante darunter der Antragsteller mitbetrachtet, aber nicht in die vergleichende Betrachtung zwischen dem Beigeladenen und zwei weiteren Oberstleutnanten einbezogen. Die mitzubetrachtenden Dauerverwender MAD seien entweder nicht im Wesentlichen leistungsgleich mit dem bestbeurteilten Offizier im Kandidatenfeld oder würden das zwingende Kriterium der Führungserfahrung als Disziplinarvorgesetzter nicht erfüllen und kämen daher nicht in die engere Betrachtung. Der als bestgeeigneter zur Auswahl empfohlene Beigeladene wurde 2021 mit "A+" bewertet. In der Personalentwicklungsbewertung 2021 wurde ihm "B6+" zugesprochen.

9 Mit Bescheid vom 9. August 2022 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Versetzungsantrag ab. Ausgewählt worden sei ein mit "A+" bewerteter, leistungsstärkerer Kandidat, gegen den sich der mit "C+" bewertete Antragsteller nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG nicht habe durchsetzen können.

10 Unter dem 18. August 2022 beschwerte sich der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung. Mit Schriftsatz vom 21. September 2022 legte er Untätigkeitsbeschwerde ein.

11 Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2023 hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Er macht geltend, die Entscheidung sei durch eine unzuständige Stelle getroffen worden. Der Anordnungsgrund folge aus dem Umstand, dass der Beigeladene auf dem streitgegenständlichen Dienstposten seit mehr als sechs Monaten Dienst leiste und drohe, einen uneinholbaren Erfahrungsvorsprung zu erlangen. Der Beigeladene erfülle anders als er selbst eine zwingende Voraussetzung für eine Führungsverwendung im MAD nicht, weil er entgegen Abschnitt 3.3. Nr. 309 und Abschnitt 6.3 Fußnote 1 des Zentralerlasses (ZE) B-1310/4 nicht über eine Vorverwendung im MAD verfüge. Soweit eine Vorverwendung im MAD bei Zeitverwendern gegeben sein sollte, basiere die Auswahlentscheidung auf einem Ermessensfehlgebrauch. Wegen seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2023 liege eine besondere Eilbedürftigkeit vor.

12 Der Antragsteller beantragt,
die Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten BAMAD - ... (A 16) im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig rückgängig zu machen,
dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, dem Beigeladenen jedwede Führungsaufgabe innerhalb der BAMAD-Abteilung ... zu übertragen.

13 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

14 Der Beigeladene habe den streitgegenständlichen Dienstposten am 29. August 2022 angetreten. Ein Anordnungsgrund bestehe erst sechs Monate später. Der Beigeladene käme im Übrigen wegen seiner Beförderung zum Oberst für eine neue Auswahlentscheidung nicht mehr in Betracht. Der Antragsteller habe zudem keinen Anordnungsanspruch. Die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig. Der Beigeladene erfülle die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils und sei nach der aktuellen Regelbeurteilung besser bewertet als der Antragsteller. Dass dieser gegen seine Beurteilung Beschwerde erhoben habe, sei mangels aufschiebender Wirkung des Rechtsbehelfes unerheblich. Ob der Beigeladene über eine Vorverwendung im MAD oder die Ausbildung zum MAD-Stabsoffizier verfüge, sei ohne Belang. Beides werde vom Anforderungsprofil nicht gefordert. Dies widerspreche nicht dem ZE B-1310/4. Dieser erlaube eine Einsteuerung von Zeitverwendern auf allen Ebenen, auch auf Führungsverwendungen ab A 15. Der streitgegenständliche Dienstposten sei organisatorisch für Dauer- und für Zeitverwender geöffnet. Der Beigeladene habe in seiner Verwendung als Stabsoffizier des Abteilungsleiters ... Einblick in Vorgänge aller Abteilungen des BAMAD erhalten und die notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen für die streitgegenständliche Verwendung erworben.

15 Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

16 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II

17 Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, für den das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO) zuständig ist und der sich auch durch die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens mit dem Beigeladenen und dessen Beförderung zum Oberst nicht erledigt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 1 WB 44.17 - juris Rn. 16), ist unbegründet. Für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

18 Zwar kann sich nach der Rechtsprechung des Senats in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.). Da der Beigeladene ausweislich der Versetzungsverfügung vom 28. Juli 2022 (Nr. 2200359066) am 29. August 2022 den Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten angetreten hat, ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend zwar überschritten.

19 In der vorliegenden Fallkonstellation folgt jedoch kein Anordnungsgrund aus Vorteilen, die der Beigeladene durch die Verwendung auf dem streitgegenständlichen höherwertigen Dienstposten in einem neuen Auswahlverfahren gegenüber dem Antragsteller erlangen könnte. Denn der Antragsteller tritt mit dem 31. März 2023 in den Ruhestand und wird daher nach vorläufiger Einschätzung im späteren Hauptsacheverfahren keine neue Auswahlentscheidung mit seiner Beteiligung erreichen können, selbst wenn die angegriffene Auswahlentscheidung seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt haben sollte.

20 Der Antragsteller trägt zwar vor, dass seine Versetzung in den Ruhestand noch nicht bestandskräftig sei, bestreitet deren Wirksamkeit aber nicht und trägt auch nicht vor, dass er ein zu einem Suspensiveffekt führendes Rechtsmittel eingelegt hätte. Gemäß § 23 Abs. 6 Satz 2 WBO i. V. m. § 43 Abs. 1 SG hat die Beschwerde gegen die Beendigung des Dienstverhältnisses eines Berufssoldaten durch Versetzung in den Ruhestand keine aufschiebende Wirkung. Dass er aber gegen diese ein Rechtsmittel eingelegt hat, dessen aufschiebende Wirkung er durch ein erfolgreiches Eilverfahren beim zuständigen Verwaltungsgericht erreicht hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

21 Mithin ist nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass sich mit dem Ablauf des 31. März 2023 jedenfalls sein Bescheidungsantrag im Hauptsacheverfahren erledigen wird. Denn nach dem Eintritt in den Ruhestand fehlen dem Antragsteller das Rechtsschutzinteresse und die Antragsbefugnis für einen Bescheidungsantrag, weil er im Falle einer Neubescheidung nicht mehr im aktiven Dienst steht und daher auch nicht mehr zum Kandidatenfeld für die Besetzung des Dienstpostens gehören kann. Rechtsschutz kann er in diesem Fall bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses im Wege des Fortsetzungsfeststellungsantrages erreichen. Um diesen Antrag auf Feststellung einer Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruches zu sichern bzw. nicht wiedergutzumachende unzumutbare Nachteile durch die Dauer des Hauptsacheverfahrens zu verhindern, bedarf es der beantragten einstweiligen Anordnung nicht. Der Antragsteller kann seine Position im Hauptsacheverfahren nicht dadurch stärken, dass er vor seinem eigenen unmittelbar bevorstehenden Dienstzeitende eine Vakanz des streitgegenständlichen Dienstpostens erreicht, die ihm selbst keinen rechtlichen Vorteil verschafft, aber dem öffentlichen Interesse an einer Besetzung bestehender Dienstposten im BAMAD schadet. Ausreichender Rechtsschutz kann vor diesem Hintergrund auch im Hauptsacheverfahren erlangt werden, auf das der Antragsteller zumutbar verwiesen werden kann.

22 Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.

Beschluss vom 30.05.2023 -
BVerwG 1 W-VR 7.23ECLI:DE:BVerwG:2023:300523B1WVR7.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.05.2023 - 1 W-VR 7.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:300523B1WVR7.23.0]

Beschluss

BVerwG 1 W-VR 7.23

  • Bundesverwaltungsgericht - 31.03.2023 - AZ: 1 W-VR 2.23

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 30. Mai 2023 beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens
  3. über die Anhörungsrüge.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich mit seiner Anhörungsrüge vom 17. "März" (gemeint wohl: April) 2023 gegen den Beschluss des Senats vom 31. März 2023 (BVerwG 1 W-VR 2.23 ).

2 Der Antragsteller führt aus, er sei von der Wegversetzung des Beigeladenen von dem streitgegenständlichen Dienstposten nicht in Kenntnis gesetzt worden. Durch diese sei vor der Beschlussfassung des Senats Erledigung eingetreten. Dagegen erledige entgegen der Auffassung des Senats seine Versetzung in den Ruhestand den Rechtsstreit nicht. Er könne noch bis zur Vollendung seines fünfundsechzigsten Lebensjahres als Soldat einberufen werden. Über die Beschwerde gegen seine Zurruhesetzung sei noch zu entscheiden. Zu der überraschenden Rechtsauffassung des Senats sei er nicht gehört worden. Die Entscheidung sei am Tag, mit dessen Ablauf er in den Ruhestand versetzt worden sei, zu spät erfolgt, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren.

3 Das Bundesministerium der Verteidigung tritt der Anhörungsrüge entgegen.

4 Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II

5 Der Senat entscheidet über die Anhörungsrüge in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter (BVerwG, Beschluss vom 27. September 2017 - 1 WB 33.17 <1 WB 36.16 > - Rn. 5 m. w. N.).

6 Die Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg, weil eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör weder ausreichend dargelegt ist (§ 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO) noch vorliegt.

7 1. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das zur Entscheidung berufene Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.> und BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2015 - 1 WNB 1.15 - NZWehrr 2016, 85 <85> m. w. N. und vom 9. Mai 2017 - 1 WNB 3.16 - NZWehrr 2017, 216 <216>). Art. 103 Abs. 1 GG verlangt grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; dem Gericht obliegt insoweit auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht (BVerwG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 - 1 WNB 4.10 - juris Rn. 16 und vom 11. Oktober 2016 - 1 WNB 2.16 - juris Rn. 8, jeweils m. w. N.). Deshalb ist das Gericht nicht gehalten, unter dem Blickwinkel der Gewährung rechtlichen Gehörs seine die Entscheidung tragende Rechtsauffassung schon vor der Beschlussberatung im Einzelnen festzulegen und den Beteiligten zur Erörterung bekanntzugeben (BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2017 - 1 WNB 3.16 - NZWehrr 2017, 216 <216>). Ein rechtlicher Hinweis ist nur dann erforderlich, wenn ein Beteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht zu erkennen vermag, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens damit rechnen musste, dass ein rechtlicher Gesichtspunkt für die Entscheidung erheblich sein könnte (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und BVerwG, Beschluss vom 27. September 2017 - 1 WB 33.17 <1 WB 36.16 > - juris Rn. 8).

8 2. Hiernach ist dem Antragsteller im Eilverfahren weder die Gelegenheit zur Äußerung genommen worden, noch handelt es sich um eine Überraschungsentscheidung. Der Antragsteller ist Volljurist und erfahrener Berufssoldat. Dass die Bundeswehr ihre (förderlichen) Dienstposten nicht mit Soldaten im Ruhestand, sondern mit Soldaten im aktiven Dienst besetzt, um die Erfüllung der Aufgaben der Streitkräfte zu gewährleisten, ist eine naheliegende Erwägung. Ebenso muss sich ihm daher aufdrängen, dass sein auf die Neubescheidung seines Versetzungsantrages gerichtetes Hauptsacheverfahren sich mit seinem Eintritt in den Ruhestand erledigen könnte und dass es zur vorläufigen Sicherung etwaiger Ansprüche auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Auswahlentscheidung der beantragten einstweiligen Anordnung nicht bedarf. Hiernach musste er auch ohne einen rechtlichen Hinweis damit rechnen, dass es für sein Eilverfahren entscheidungserheblich auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ankam und dass dieser wegen seiner unmittelbar bevorstehenden Versetzung in den Ruhestand fraglich war.

9 Im Übrigen ist mit der Anhörungsrüge nichts vorgetragen, was nach Maßgabe der rechtlichen Erwägungen des angegriffenen Beschlusses zu einer anderen Bewertung führen könnte. Insbesondere ist im Beschluss vom 31. März 2023 berücksichtigt, dass die Zurruhesetzung des Antragstellers noch nicht bestandskräftig ist. Ob der Antragsteller bis zur Vollendung seines fünfundsechzigsten Lebensjahres noch einberufen werden kann, ist unerheblich. Solange er sich nicht wieder im aktiven Dienst befindet, hat er keinen Anspruch auf Versetzung auf einen Dienstposten. Dass am Tag der Zurruhesetzung des Antragstellers dessen Eilantrag beschieden wurde, verletzt sein rechtliches Gehör nicht. Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht in der unterbliebenen Information über die Wegversetzung des Beigeladenen. Diese war nach den Gründen des angegriffenen Beschlusses weder entscheidungserheblich noch dem Senat zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

11 Diese Entscheidung ist gemäß § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.