Be­schluss vom 30.01.2018 -
BVer­wG 3 B 4.17ECLI:DE:BVer­wG:2018:300118B3B4.17.0

Be­schluss

BVer­wG 3 B 4.17

  • VG Ber­lin - 25.11.2011 - AZ: VG 33 K 347.11
  • OVG Ber­lin-Bran­den­burg - 27.10.2016 - AZ: OVG 1 B 15.16

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 3. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 30. Ja­nu­ar 2018
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Phil­ipp
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Lieb­ler und Dr. Kennt­ner
be­schlos­sen:

  1. Die Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg vom 27. Ok­to­ber 2016 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens.
  3. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird für das Be­schwer­de­ver­fah­ren auf 125 € fest­ge­setzt.

Grün­de

1 1. Der Rechts­streit be­trifft ei­nen stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­chen Ge­büh­ren­be­scheid.

2 Der Be­klag­te nahm den Klä­ger für die Um­set­zung ei­nes von ihm ver­kehrs­wid­rig ab­ge­stell­ten Fahr­zeugs ge­büh­ren­recht­lich in An­spruch. Der Klä­ger macht hier­ge­gen gel­tend, die zur Durch­füh­rung ei­nes Stra­ßen­fes­tes vor­über­ge­hend auf­ge­stell­ten Halt­ver­bots­schil­der (Zei­chen 283) sei­en nur in et­wa 1,3 bis 1,5 m Hö­he und nicht recht­wink­lig zur Fahr­bahn an­ge­bracht und da­mit nicht so auf­ge­stellt wor­den, dass sie mit ei­nem ra­schen und bei­läu­fi­gen Blick hät­ten wahr­ge­nom­men wer­den kön­nen.

3 Wi­der­spruch, Kla­ge und Be­ru­fung sind zu­nächst er­folg­los ge­blie­ben. Durch Ur­teil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2016:​060416U3C10.15.0] - (BVer­w­GE 154, 365) hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und den Rechts­streit zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen, weil des­sen Ent­schei­dung ein un­zu­tref­fen­der Maß­stab für das Be­stehen ei­ner Nach­schau­pflicht zu­grun­de lag.

4 Mit dem nun an­ge­grif­fe­nen Ur­teil vom 27. Ok­to­ber 2016 hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Be­ru­fung des Klä­gers er­neut zu­rück­ge­wie­sen. Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me sei da­von aus­zu­ge­hen, dass der Klä­ger das ma­ß­geb­li­che Halt­ver­bots­zei­chen ha­be er­ken­nen kön­nen. Selbst wenn das Halt­ver­bots­schild we­gen sei­ner An­brin­gungs­hö­he durch ein da­vor par­ken­des Fahr­zeug ver­deckt ge­we­sen sein soll­te, ha­be - auch we­gen der auf der ge­gen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te an­ge­brach­ten Halt­ver­bots­schil­der - je­den­falls hin­rei­chen­der An­lass zu ei­ner Nach­schau be­stan­den.

5 2. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­schwer­de des Klä­gers legt kei­nen Ver­fah­rens­man­gel dar, auf dem die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung be­ru­hen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO).

6 a) Das Be­ru­fungs­ur­teil hat die bin­den­den Vor­ga­ben aus dem zu­rück­ver­wei­sen­den Re­vi­si­ons­ur­teil nicht ver­letzt.

7 Nach § 144 Abs. 6 Vw­GO hat das Ge­richt, an das die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung zu­rück­ver­wie­sen ist, sei­ner Ent­schei­dung die recht­li­che Be­ur­tei­lung des Re­vi­si­ons­ge­richts zu­grun­de zu le­gen. Bin­dungs­wir­kung kommt da­bei nur den für die Zu­rück­ver­wei­sung tra­gen­den Grün­den zu (BVer­wG, Ur­teil vom 28. No­vem­ber 2012 - 8 C 21.11 - BVer­w­GE 145, 122 Rn. 22). Den recht­li­chen Grund­sät­zen, die der Se­nat in sei­nem Ur­teil vom 6. April 2016 zu den An­for­de­run­gen des sog. Sicht­bar­keits­grund­sat­zes im ru­hen­den Ver­kehr auf­ge­stellt hat, hat sich das Be­ru­fungs­ge­richt aus­drück­lich an­ge­schlos­sen (UA S. 8).

8 Auf Hin­wei­se, die das Re­vi­si­ons­ge­richt dem Be­ru­fungs­ge­richt für die er­neu­te Ver­hand­lung und Ent­schei­dung mit auf den Weg gibt, er­streckt sich die ge­setz­lich an­ge­ord­ne­te Bin­dung nicht (Neu­mann, in: So­dan/Zie­kow, Vw­GO-Gro­ß­kom­men­tar, 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 70 m.w.N.). Die in der Be­schwer­de auf­ge­führ­ten An­mer­kun­gen zur Durch­füh­rung der er­neu­ten Be­ru­fungs­ver­hand­lung im Se­nats­ur­teil vom 6. April 2016 (BVer­w­GE 154, 365 Rn. 30) un­ter­lie­gen da­her nicht der Bin­dungs­wir­kung aus § 144 Abs. 6 Vw­GO.

9 Un­ab­hän­gig hier­von hat das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ne Ent­schei­dung auch in der Sa­che an die­sen Hin­wei­sen ori­en­tiert. Mit ih­nen ist aus­drück­lich klar­ge­stellt wor­den, dass die hin­rei­chen­de Sicht­bar­keit des Ver­kehrs­zei­chens nach den kon­kre­ten Um­stän­den des Ein­zel­falls auch dann ge­ge­ben sein kann, wenn das Ver­kehrs­schild nicht den Vor­ga­ben aus Nr. 13 Buchst. a VwV-StVO ent­spre­chend auf­ge­stellt und nur in ei­ner Hö­he von 1,3 bis 1,5 m an­ge­bracht wor­den ist. Eben dies hat das Be­ru­fungs­ge­richt in tat­säch­li­cher Hin­sicht ge­prüft und nach Durch­füh­rung ei­ner Be­weis­auf­nah­me be­jaht.

10 b) Die Be­schwer­de hat kei­ne Ver­let­zung der dem Be­ru­fungs­ge­richt ob­lie­gen­den Sach­auf­klä­rungs­pflicht auf­ge­zeigt.

11 Der Klä­ger hat im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt aus­weis­lich der Nie­der­schrift der Sit­zung vom 27. Ok­to­ber 2016 - die in­so­weit Be­weis­kraft ent­fal­tet (§ 105 Vw­GO i.V.m. § 160 Abs. 2, § 165 ZPO) - ei­nen Be­weis­an­trag nicht ge­stellt; ent­spre­chen­des be­haup­tet auch die Be­schwer­de nicht. Die Nicht­durch­füh­rung der vom Klä­ger nun­mehr ver­miss­ten Be­weis­er­he­bung kann da­her nur ge­gen die auch dem Be­ru­fungs­ge­richt ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung ver­sto­ßen ha­ben, den Sach­ver­halt von Amts we­gen zu er­for­schen (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO).

12 Da die Auf­klä­rungs­rü­ge kein zu­läs­si­ges Mit­tel da­für dar­stellt, ei­ge­ne Ver­säum­nis­se in der Tat­sa­chen­in­stanz nach­zu­ho­len (BVer­wG, Be­schluss vom 31. Ju­li 2014 - 2 B 20.14 - Buch­holz 310 § 86 Abs. 1 Vw­GO Nr. 381 Rn. 14), liegt ein Man­gel des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens hin­sicht­lich der Sach­ver­halts­auf­klä­rung grund­sätz­lich nur vor, wenn sich die wei­te­re Be­weis­er­he­bung dem Be­ru­fungs­ge­richt auch oh­ne förm­li­chen An­trag der Be­tei­lig­ten hät­te auf­drän­gen müs­sen. Ma­ß­geb­lich hier­für ist die ma­te­ri­ell-recht­li­che Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts. Die Auf­klä­rungs­pflicht ver­langt nicht, dass ein Tat­sa­chen­ge­richt Er­mitt­lun­gen an­stellt, die aus sei­ner Sicht un­nö­tig sind, weil es nach sei­nem Rechts­stand­punkt auf das Er­mitt­lungs­er­geb­nis für den Aus­gang des Rechts­streits nicht an­kommt (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. Ja­nu­ar 1998 - 11 C 11.96 - BVer­w­GE 106, 115 <119> und vom 28. Ju­li 2011 - 2 C 28.10 - BVer­w­GE 140, 199 Rn. 25).

13 Aus­ge­hend hier­von ist kein Auf­klä­rungs­man­gel dar­ge­tan. Die Er­wä­gun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts zur Un­er­heb­lich­keit der von ihm pro­to­kol­lier­ten Be­weis­an­re­gung des Klä­gers sind mit der Be­schwer­de nicht an­ge­grif­fen wor­den; sie sind auch nicht zu be­an­stan­den.

14 So­weit nun­mehr vor­ge­tra­gen wird, der Klä­ger ha­be "wört­lich oder sinn­ge­mäß" et­was an­de­res an­ge­regt, als im Pro­to­koll der münd­li­chen Ver­hand­lung an­ge­ge­ben - näm­lich die Bei­zie­hung der Un­ter­la­gen des Nach­bar­schafts­heims über die Lie­fe­rung der Ver­kehrs­zei­chen durch die her­an­ge­zo­ge­ne Fach­fir­ma - kann of­fen­blei­ben, ob die­ser so we­der schrift­sätz­lich an­ge­kün­dig­te noch im Pro­to­koll ver­merk­te Hin­weis tat­säch­lich er­folgt ist. Auch aus ei­ner der­ge­stalt ver­stan­de­nen Be­weis­an­re­gung er­gä­be sich kei­ne wei­te­re Auf­klä­rungs­pflicht des Be­ru­fungs­ge­richts. Un­ab­hän­gig von der Fra­ge, ob aus den be­nann­ten Un­ter­la­gen tat­säch­lich Rück­schlüs­se auf die Hö­he der auf­ge­stell­ten Halt­ver­bots­schil­der hät­ten ent­nom­men wer­den kön­nen - und sich ei­ne ent­spre­chen­de Be­weis­er­he­bung trotz des Feh­lens jeg­li­cher An­halts­punk­te hier­zu hät­te auf­drän­gen müs­sen -, wa­ren wei­te­re Auf­klä­rungs­maß­nah­men nach der ma­ß­geb­li­chen Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts je­den­falls ent­behr­lich. In Über­ein­stim­mung mit den Grund­sät­zen im Se­nats­ur­teil vom 6. April 2016 ist das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass sich die hin­rei­chen­de Wahr­nehm­bar­keit des Ver­kehrs­zei­chens auch dann er­ge­ben kann, wenn das Schild nicht in der vor­ge­se­he­nen Hö­he von 2 m über Stra­ßen­ni­veau an­ge­bracht war.

15 Im Üb­ri­gen könn­te das Be­ru­fungs­ur­teil auf ei­nem ent­spre­chen­den Ver­fah­rens­man­gel auch nicht be­ru­hen. Denn es ist in Wür­di­gung der Um­stän­de des Ein­zel­falls da­von aus­ge­gan­gen, dass das ma­ß­geb­li­che Ver­kehrs­schild auch bei der vom Klä­ger vor­ge­tra­ge­nen Auf­stel­lungs­hö­he hin­rei­chend er­kenn­bar war.

16 Auch die nun­mehr ver­miss­te Par­tei­ver­neh­mung des Klä­gers ist im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung nicht be­an­tragt wor­den; hin­sicht­lich der Ver­fah­rens­rü­ge gilt das Vor­ge­nann­te da­her ent­spre­chend. Auf die Fra­ge, ob das Ver­kehrs­zei­chen iso­liert mit ei­nem ei­ge­nen Fuß auf­ge­stellt oder an den Mast ei­nes be­reits vor­han­de­nen Ver­kehrs­schil­des an­ge­bracht wor­den ist, kam es nach der ma­ß­geb­li­chen Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts im Üb­ri­gen nicht an. Wo­zu ei­ne Be­weis­auf­nah­me hier­zu er­for­der­lich oder auch nur hilf­reich ge­we­sen sein könn­te, legt die Be­schwer­de nicht dar; es ist auch sonst nicht er­sicht­lich.

17 c) Die ge­rüg­te Ver­let­zung des An­spruchs auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs liegt nicht vor. Das Be­ru­fungs­ge­richt war nicht ver­pflich­tet, den Klä­ger vor­ab über die be­ab­sich­tig­te Wür­di­gung der Zeu­gen­aus­sa­gen zu in­for­mie­ren.

18 Der An­spruch auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 Vw­GO) soll si­cher­stel­len, dass ein Ver­fah­rens­be­tei­lig­ter Ein­fluss auf den Gang des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens und des­sen Aus­gang neh­men kann. Zu die­sem Zweck muss er Ge­le­gen­heit er­hal­ten, sich zu al­len tat­säch­li­chen und recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten zu äu­ßern, die ent­schei­dungs­er­heb­lich sein kön­nen. Mit die­sem Äu­ße­rungs­recht kor­re­spon­diert kei­ne um­fas­sen­de Fra­ge-, Auf­klä­rungs- und Hin­weis­pflicht des Ge­richts. Viel­mehr kann re­gel­mä­ßig er­war­tet wer­den, dass die Be­tei­lig­ten von sich aus er­ken­nen, wel­che Ge­sichts­punk­te Be­deu­tung für den Fort­gang des Ver­fah­rens und die ab­schlie­ßen­de Sach­ent­schei­dung des Ge­richts er­lan­gen kön­nen, und ent­spre­chend vor­tra­gen. Je­doch ver­langt der Schutz vor ei­ner Über­ra­schungs­ent­schei­dung, dass das Ge­richt nicht oh­ne vor­he­ri­gen Hin­weis auf ei­nen recht­li­chen Ge­sichts­punkt ab­stellt, mit dem auch ein ge­wis­sen­haf­ter und kun­di­ger Pro­zess­be­tei­lig­ter selbst un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Viel­falt ver­tret­ba­rer Rechts­auf­fas­sun­gen nicht zu rech­nen braucht (BVerfG, Be­schluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerf­GE 86, 133 <144 f.>; Kam­mer­be­schluss vom 15. Fe­bru­ar 2011 - 1 BvR 980/10 [ECLI:​DE:​BVerfG:​2011:​rk20110215.1b­vr098010] - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

19 Aus­ge­hend hier­von war das Be­ru­fungs­ge­richt nicht ver­pflich­tet, auf die Mög­lich­keit hin­zu­wei­sen, dass es die An­ga­ben der Zeu­gen zur Hö­he der auf­ge­stell­ten Ver­kehrs­schil­der für glaub­haft hal­ten könn­te. Dies er­gibt sich schon dar­aus, dass im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ge­nau hier­über ge­strit­ten wor­den ist. Ins­be­son­de­re aber muss ein Pro­zess­be­tei­lig­ter stets da­mit rech­nen, dass die An­ga­ben ei­nes in der münd­li­chen Ver­hand­lung ver­nom­me­nen Zeu­gen als glaub­haft be­wer­tet wer­den. Dies wür­de selbst dann gel­ten, wenn der Vor­sit­zen­de in der münd­li­chen Ver­hand­lung "zwei­feln­de Aus­füh­run­gen" ge­macht ha­ben soll­te, wo­zu die Nie­der­schrift kei­ner­lei An­halts­punk­te ent­hält. Der­ar­ti­ge Nach­fra­gen be­grün­den kei­nen Ver­trau­ens­tat­be­stand da­hin, dass das Ge­richt die An­ga­ben des Zeu­gen im Er­geb­nis der Be­ra­tung nicht für glaub­haft hal­ten wer­de. Im Üb­ri­gen hat­te der Klä­ger Ge­le­gen­heit, sei­ne Ein­wän­de ge­gen die Glaub­haf­tig­keit der von den Zeu­gen ge­mach­ten Aus­sa­gen und ih­rer Glaub­wür­dig­keit in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­zu­tra­gen.

20 d) Dem Be­schwer­de­vor­brin­gen ist schlie­ß­lich kein Ver­stoß ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO) zu ent­neh­men.

21 Die Sach­ver­halts- und Be­weis­wür­di­gung ei­ner Tat­sa­chen­in­stanz ist der Be­ur­tei­lung des Re­vi­si­ons­ge­richts nur in­so­weit un­ter­stellt, als es um Ver­fah­rens­feh­ler im Sin­ne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO geht. Rü­ge­fä­hig ist da­mit nicht das Er­geb­nis der Be­weis­wür­di­gung, son­dern nur ein Ver­fah­rens­vor­gang auf dem Weg dort­hin. Der­ar­ti­ge Män­gel lie­gen vor, wenn das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil von ei­nem fal­schen oder un­voll­stän­di­gen Sach­ver­halt aus­geht, al­so et­wa ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Ak­ten­in­halt über­geht oder auf ei­ner ak­ten­wid­ri­gen Tat­sa­chen­grund­la­ge ba­siert (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 20. De­zem­ber 2013 - 2 B 35.13 - Buch­holz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 19 m.w.N.). Das Er­geb­nis der ge­richt­li­chen Be­weis­wür­di­gung selbst ist vom Re­vi­si­ons­ge­richt im Rah­men ei­ner Ver­fah­rens­rü­ge nur dar­auf­hin nach­zu­prü­fen, ob es ge­gen Denk­ge­set­ze ver­stö­ßt, lo­gi­sche oder ge­dank­li­che Brü­che und Wi­der­sprü­che ent­hält (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 26. Sep­tem­ber 2014 - 2 B 14.14 - Buch­holz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 8 m.w.N.).

22 Ei­nen der­ar­ti­gen Ver­fah­rens­man­gel zeigt die Be­schwer­de nicht auf. Die Rü­ge, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be die Zeu­gen­aus­sa­gen "un­kri­tisch über­nom­men", be­inhal­tet be­reits kei­ne schlüs­si­ge Dar­le­gung ei­nes Ver­fah­rens­ver­sto­ßes. Mit der Be­haup­tung, im Vor­feld des Stra­ßen­fes­tes im Jahr 2010 ha­be es über­durch­schnitt­lich vie­le Fahr­zeu­g­um­set­zun­gen ge­ge­ben, nimmt die Be­schwer­de auf ei­nen vom Be­ru­fungs­ge­richt so nicht fest­ge­stell­ten Sach­ver­halt Be­zug. Im Üb­ri­gen ist nicht er­sicht­lich, war­um und in­wie­fern sich hier­aus ein Ver­stoß des Be­ru­fungs­ur­teils ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz er­ge­ben soll­te. Dies gilt um­so mehr, als sich nach dem un­wi­der­spro­che­nen Vor­trag des be­klag­ten Lan­des nur der Klä­ger ge­gen die ge­büh­ren­recht­li­che In­an­spruch­nah­me ge­wandt hat.

23 So­weit die Be­schwer­de die Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts da­zu rügt, dass dem Klä­ger das be­vor­ste­hen­de Stra­ßen­fest aus den Hin­wei­sen der ver­gan­ge­nen Jah­re hät­te be­kannt sein müs­sen, be­trifft dies die vom Be­ru­fungs­ge­richt nur hilfs­wei­se be­jah­te Nach­schau­pflicht. Die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung könn­te auf ei­nem et­wai­gen Ver­stoß al­so nicht be­ru­hen (BVer­wG, Be­schluss vom 2. März 2016 - 2 B 66.15 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2016:​020316B2B66.15.0] - Buch­holz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Vw­GO Nr. 62 Rn. 9 f.). Un­ab­hän­gig hier­von er­füllt der Hin­weis dar­auf, dass der Klä­ger dies be­strit­ten ha­be, nicht die oben aus­ge­führ­ten An­for­de­run­gen an die Dar­le­gung ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen die (ver­fah­rens­recht­li­chen) Grund­sät­ze der recht­li­chen Wür­di­gung.

24 Ent­spre­chen­des gilt für die Aus­füh­run­gen zu den eben­falls nur die hilfs­wei­se Ar­gu­men­ta­ti­on zur Nach­schau be­tref­fen­den Aus­füh­run­gen über die auf der ge­gen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te be­find­li­chen Halt­ver­bots­schil­der. Auch hier­bei über­sieht die Be­schwer­de über­dies, dass das Be­ru­fungs­ge­richt von ei­ner hin­rei­chen­den Wahr­nehm­bar­keit trotz ei­ner un­ter­stell­ten Nicht­ein­hal­tung der grund­sätz­lich vor­ge­se­he­nen Auf­stel­lungs­hö­he für Ver­kehrs­zei­chen aus­ge­gan­gen ist.

25 3. Die Re­vi­si­on ist auch nicht zur Klä­rung ei­ner grund­sätz­lich be­deut­sa­men Rechts­fra­ge zu­zu­las­sen.

26 Ei­ne Rechts­sa­che hat grund­sätz­li­che Be­deu­tung im Sin­ne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO, wenn sie ei­ne - mit der Be­schwer­de dar­zu­le­gen­de (§ 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO) - Fra­ge des re­vi­si­blen Rechts von all­ge­mei­ner, über den Ein­zel­fall hin­aus­rei­chen­der Be­deu­tung auf­wirft, die im kon­kre­ten Fall ent­schei­dungs­er­heb­lich ist. Ein der­ar­ti­ger Klä­rungs­be­darf be­steht nicht, wenn die Rechts­fra­ge be­reits ge­klärt ist oder auf der Grund­la­ge der be­stehen­den Recht­spre­chung mit Hil­fe der an­er­kann­ten Aus­le­gungs­re­ge­lun­gen auch oh­ne Durch­füh­rung ei­nes Re­vi­si­ons­ver­fah­rens ein­deu­tig be­ant­wor­tet wer­den kann (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buch­holz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 Vw­GO Nr. 20 Rn. 9). Die­se Vor­aus­set­zun­gen er­fül­len die von der Be­schwer­de be­zeich­ne­ten Fra­gen nicht.

27 Die mit der Be­schwer­de auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen zur Be­stim­mung der hin­rei­chen­den Sicht­bar­keit ei­nes nicht den Vor­ga­ben der All­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung (VwV-StVO) ent­spre­chend an­ge­brach­ten Ver­kehrs­zei­chens sind, so­weit dies ei­ner grund­sätz­li­chen re­vi­si­ons­ge­richt­li­chen Klä­rung zu­gäng­lich ist, durch das Se­nats­ur­teil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 - (BVer­w­GE 154, 365 Rn. 23) be­ant­wor­tet. Neu­en oder zu­sätz­li­chen Klä­rungs­be­darf hier­zu zeigt die Be­schwer­de nicht auf.

28 Da­nach ist die Ein­hal­tung der Vor­ga­ben die­ser Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Auf­stel­lung und An­brin­gung ein ge­wich­ti­ges In­diz da­für, dass die für die Be­kannt­ga­be er­for­der­li­che Sicht­bar­keit des Ver­kehrs­zei­chens ge­währ­leis­tet ist. Um­ge­kehrt recht­fer­tigt die Nicht­ein­hal­tung die­ser Vor­ga­ben nicht stets die An­nah­me, das be­tref­fen­de Ver­kehrs­zei­chen sei we­der hin­rei­chend sicht­bar noch zu­min­dest so­weit wahr­nehm­bar, dass für den ru­hen­den Ver­kehr An­lass für ei­ne Nach­schau be­stand. Ob die Auf­stel­lung des Ver­kehrs­zei­chens den An­for­de­run­gen des Sicht­bar­keits­grund­sat­zes noch ge­nügt, ist - nach Ma­ß­ga­be der ta­trich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen - von den kon­kre­ten Um­stän­den des je­wei­li­gen Ein­zel­falls ab­hän­gig.

29 Aus­ge­hend hier­von kön­nen die von der Be­schwer­de be­nann­ten Fra­gen ein­deu­tig be­ant­wor­tet wer­den. Es ist für die Be­stim­mung der hin­rei­chen­den Sicht­bar­keit ei­nes Ver­kehrs­zei­chens re­le­vant, ob es den Vor­ga­ben der All­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung ent­spre­chend an­ge­bracht ist oder nicht. Sind die­se An­for­de­run­gen nicht er­füllt, ent­fällt die In­di­z­wir­kung für die An­nah­me ei­ner hin­rei­chen­den Sicht­bar­keit. Die Fra­ge der hin­rei­chen­den Sicht­bar­keit muss dann an­hand der kon­kre­ten Um­stän­de des Ein­zel­falls be­ur­teilt wer­den.

30 An die­sem im Se­nats­ur­teil vom 6. April 2016 be­reits auf­ge­zeig­ten Stu­fen­ver­hält­nis ge­hen die wei­te­ren Fra­gen vor­bei, ob an die Sicht­bar­keit ei­nes nicht ge­mäß den Vor­ga­ben der Ver­wal­tungs­vor­schrift an­ge­brach­ten Ver­kehrs­zei­chens er­höh­te An­for­de­run­gen zu stel­len sei­en oder sie nur an­hand zu­sätz­li­cher Um­stän­de be­jaht wer­den könn­ten. Er­for­der­lich sind da­nach we­der "er­höh­te" An­for­de­run­gen - was im Üb­ri­gen die von der Be­schwer­de nicht kon­kre­ti­sier­te Be­stim­mung ei­nes Aus­gangs­ni­veaus er­for­der­lich ma­chen wür­de - noch "zu­sätz­li­che" Um­stän­de. Man­gels In­di­z­wir­kung muss zur Be­ur­tei­lung der hin­rei­chen­den Sicht­bar­keit des Ver­kehrs­zei­chens viel­mehr auf die kon­kre­ten Um­stän­de des Ein­zel­falls ab­ge­stellt wer­den.

31 Ei­ne der­ar­ti­ge Wür­di­gung der Um­stän­de des Ein­zel­falls hat das Be­ru­fungs­ge­richt im Streit­fall vor­ge­nom­men und sei­ne Be­ur­tei­lung auf die von ihm fest­ge­stell­te kon­kre­te Ver­kehrs­si­tua­ti­on ge­stützt. Es ist auf Grund­la­ge sei­ner Be­weis­auf­nah­me da­von aus­ge­gan­gen, dass an­ge­sichts der ge­rin­gen Brei­te der ...-Stra­ße ei­ne Ein­fahrt nur in ge­rin­ger Ge­schwin­dig­keit mög­lich war - was von der Be­schwer­de aus­drück­lich zu­ge­stan­den wor­den ist (S. 12 letz­ter Ab­satz). Dies ha­be für den Klä­ger, der auf der Su­che nach ei­nem frei­en Park­platz war, in be­son­de­rer Wei­se ge­gol­ten. Aus­ge­hend hier­von war nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts in der kon­kre­ten Ver­kehrs­si­tua­ti­on auch ein in ei­nem Hö­hen­be­reich zwi­schen 1,3 und 1,9 m an­ge­brach­tes Ver­kehrs­schild hin­rei­chend er­kenn­bar. Die­se Ein­zel­fall­wür­di­gung wi­der­spricht den vom Se­nat auf­ge­stell­ten Grund­sät­zen nicht.

32 So­weit die Be­schwer­de wei­te­re Fra­gen zur Mo­di­fi­ka­ti­on des Sicht­bar­keits­grund­sat­zes und zur Nach­schau­pflicht an­ge­deu­tet hat, fehlt die­sen be­reits die Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit. Nach den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen im Be­ru­fungs­ur­teil, die von der Be­schwer­de nicht mit durch­grei­fen­den Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fen wor­den sind und da­mit auch in ei­nem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ma­ß­geb­lich wä­ren (§ 137 Abs. 2 Vw­GO), war das Halt­ver­bots­schild für den Klä­ger hin­rei­chend sicht­bar. Auf et­wai­ge Fort­ent­wick­lun­gen des Sicht­bar­keits­grund­sat­zes für an­de­re Fall­ge­stal­tun­gen oder Fra­gen der Nach­schau­pflicht kä­me es bei Durch­füh­rung ei­nes Re­vi­si­ons­ver­fah­rens nicht an.

33 Von ei­ner wei­te­ren Be­grün­dung wird ab­ge­se­hen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 Vw­GO).

34 4. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 Vw­GO.

35 Die Fest­set­zung des Streit­werts für das Be­schwer­de­ver­fah­ren be­ruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.