Urteil vom 22.02.2024 -
BVerwG 5 C 7.22ECLI:DE:BVerwG:2024:220224U5C7.22.0
Begehren eines kirchlichen Trägers auf Neubescheidung des Antrags auf staatliche Finanzierung einer Kindertageseinrichtung nach dem nordrhein-westfälischen Kinderbildungsgesetz 2016
Leitsätze:
1. Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz in der Fassung vom 8. Juli 2016, nach der kirchliche Träger für die von ihnen betriebenen Kindertagesstätten im Vergleich zu anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe einen um drei Prozentpunkte niedrigeren Zuschuss von (nur) 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 erhalten, ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen die Gleichheitssätze des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des Art. 3 Abs. 1 GG (i. V. m. § 4 Abs. 2 SGB VIII).
2. Der in § 4 Abs. 2 SGB VIII normierte Funktionsschutz der freien Jugendhilfe gehört zu den Strukturprinzipien des bundesrechtlichen Jugendhilferechts, die vermittelt über Art. 3 Abs. 1 GG Maßstabsqualität für die Ausgestaltung eines landesrechtlichen Förderungssystems erlangen (Ergänzung der Rechtsprechung des BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - und vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 -).
3. Der Funktionsschutz der freien Jugendhilfe nach § 4 Abs. 2 SGB VIII verpflichtet den Landesgesetzgeber im Sinne eines Schutzes vor Verdrängung, die Finanzierung von Kindertagesstätten so zu regeln, dass die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe durch die öffentliche Förderung in die Lage versetzt werden, ihre Aufgabe sachgerecht zu erfüllen und ein nach Art und Umfang von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellendes Betreuungsangebot anzubieten.
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Rechtsquellen
SGB VIII § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und 2 Satz 2, § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 9 Nr. 1, §§ 24, 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3, § 74a Satz 1, § 75 Abs. 3, § 79 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 GG Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 19 Abs. 3, Art. 140 WRV Art. 137 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 und 6 KiBiz NW 2016 §§ 19, 20 Abs. 1 Satz 1, 2, 3, 5, § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, 4 -
Instanzenzug
VG Düsseldorf - 29.08.2018 - AZ: 24 K 9389/17
OVG Münster - 12.01.2021 - AZ: 21 A 3824/18
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 22.02.2024 - 5 C 7.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:220224U5C7.22.0]
Urteil
BVerwG 5 C 7.22
- VG Düsseldorf - 29.08.2018 - AZ: 24 K 9389/17
- OVG Münster - 12.01.2021 - AZ: 21 A 3824/18
In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und Dr. Harms und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
für Recht erkannt:
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Januar 2021 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
- Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrags auf staatliche Finanzierung einer Kindertageseinrichtung.
2 Die Klägerin, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung und anerkannte Trägerin der freien Jugendhilfe, betrieb im Kindergartenjahr 2016/2017 die im Stadtgebiet der Beklagten gelegene Kindertageseinrichtung ... Dafür bewilligte ihr die Beklagte als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe in Anwendung der Finanzierungsregelungen des nordrhein-westfälischen Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) mit mehreren Leistungsbescheiden für das genannte Kindergartenjahr einen staatlichen Zuschuss in Höhe von insgesamt 572 299,56 €. Die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Förderungsantrags gerichtete Klage der Klägerin blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos.
3 Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe nach §§ 18 bis 24 KiBiz keinen Anspruch auf eine weitere, über die bisher gewährten Zuschüsse und Pauschalen hinausgehende staatliche Förderung. Soweit die Klägerin ihr Begehren auf Neubescheidung des Förderungsantrags auf § 74 SGB VIII stütze, stehe dem die Sperrwirkung des § 74a Satz 1 SGB VIII entgegen. Der Landesgesetzgeber habe mit den vorgenannten Regelungen des Kinderbildungsgesetzes von der ihm nach § 74a Satz 1 SGB VIII eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und eine eigenständige und umfassende Regelung zur Finanzierung von Tageseinrichtungen geschaffen. Die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz über die Höhe des staatlichen Zuschusses für kirchliche Träger sei nicht verfassungswidrig. Sie verstoße nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, weil sie für kirchliche Träger von Tageseinrichtungen einen Zuschuss von 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz vorsehe, während den anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe nach § 20 Abs. 1 Satz 3 KiBiz ein Zuschuss in Höhe von 91 Prozent der Kindpauschalen zu gewähren sei. Der geringere staatliche Zuschuss und damit höhere finanzielle Eigenanteil für kirchliche Träger knüpfe nicht ausdrücklich am Merkmal des Glaubens oder der religiösen Anschauung an. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob die tatbestandliche Anknüpfung an die Organisationsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts mittelbar diskriminierend zulasten der Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts wirke. Denn es fehle jedenfalls an dem nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erforderlichen Kausalzusammenhang. Es lasse sich nicht feststellen, dass die in Rede stehende Benachteiligung gerade die Folge des Habens eines Glaubens oder einer religiösen Anschauung sei. Dagegen spreche, dass über den Körperschaftsstatus an das Steuererhebungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts angeknüpft werde, über das andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe nicht verfügten. Ebenso wenig verstießen die landesrechtlichen Finanzierungsregelungen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Strukturprinzipien des Kinder- und Jugendhilferechts für ein plurales, bedarfsgerechtes Leistungsangebot und das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz folge des Weiteren auch nicht aus den Ausführungen der Klägerin zu § 4 Abs. 2 SGB VIII, denn aus dieser Vorschrift ergäben sich keine Vorgaben für die landesgesetzlichen Finanzierungsregelungen. Ferner lägen ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG als solchen oder eine Verletzung der über diese Verfassungsnorm zu berücksichtigenden jugendhilferechtlichen Grundsätze der Subsidiarität und der Trägerpluralität auch nicht darin, dass die nach den Finanzierungsregelungen des Kinderbildungsgesetzes im streitigen Kindergartenjahr 2016/2017 gewährte staatliche Finanzierung für die Mehrzahl der Träger nicht auskömmlich gewesen sei. Denn der Landesgesetzgeber sei - wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der (Neu-)Regelung komplexer Sachverhalte gefordert - seiner Überprüfungspflicht nachgekommen und habe Anpassungen vorgenommen, um der Unauskömmlichkeit der Finanzierung abzuhelfen. Dass die Nachbesserung das Problem der Unterfinanzierung zahlreicher Träger im Kindergartenjahr 2016/2017 nicht endgültig gelöst habe, gebe keinen Anlass, die Finanzierungsregelungen als verfassungswidrig anzusehen. Denn der Zeitraum, der dem Landesgesetzgeber für die Nachbesserung zuzugestehen sei, sei insbesondere in Ansehung der in die richtige Richtung weisenden Änderungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen gewesen. Soweit der geltend gemachte Neubescheidungsantrag der Klägerin überdies auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet sei, im Ermessenwege über die Gewährung eines weiteren Zuschusses aus Mitteln des kommunalen Haushalts zu entscheiden, finde dieser in Art. 3 Abs. 1 GG und § 4 Abs. 2 SGB VIII keine Anspruchsgrundlage.
4 Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und rügt insbesondere, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung von Bundesrecht Folgendes verkannt: Die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz verstoße gegen den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, da der niedrigere Zuschuss für kirchliche Träger im Vergleich zu anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe eine Benachteiligung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung darstelle. Zudem führe die Unauskömmlichkeit der staatlichen Finanzierung zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Träger der freien Jugendhilfe gegenüber den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Infolge der Verfassungswidrigkeit der landesrechtlichen Finanzierungsregelungen sei der Rückgriff auf § 74 SGB VIII nicht gesperrt, wonach ihr ein Anspruch auf weitergehende Förderung für das streitige Kindergartenjahr zustehe. In jedem Fall habe sie gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewilligung zusätzlicher Finanzierungsleistungen im Kindergartenjahr 2016/2017 aus kommunalen Haushaltsmitteln.
5 Die Beklagte und die Vertreterin des Bundesinteresses verteidigen das angefochtene Urteil.
II
6 Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsverstoß einen Anspruch der Klägerin auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses für die von ihr im Kindergartenjahr 2016/2017 betriebene Kindertagesstätte ... in W. verneint.
7 Das Neubescheidungsbegehren der Klägerin ist der Sache nach auf die Gewährung eines Zuschusses gerichtet, der über den Betrag hinausgeht, den ihr die Beklagte für die genannte Kindertagesstätte und das genannte Kindergartenjahr auf der Grundlage der §§ 18 bis 24 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - KiBiz) vom 30. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 462) in der für das in Rede stehende Kindergartenjahr maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 622; im Folgenden KiBiz 2016) zu gewähren hatte und - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - auch gewährt hat. Die Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2016 hat, soweit sie für die Entscheidung von Bedeutung ist, den gleichen Wortlaut und Regelungsgehalt wie die im angefochtenen Urteil fehlerhafterweise in Bezug genommene Fassung des Gesetzes vom 17. Juni 2014 (GV. NRW. S. 336). Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend dahin erkannt, dass § 74 Abs. 3 SGB VIII als Rechtsgrundlage für eine weitere staatliche Förderung der Klägerin ausscheidet (1.). Ebenso hat es zu Recht entschieden, dass der Klägerin weder aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. § 4 Abs. 2 SGB VIII noch unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses aus kommunalen Haushaltsmitteln gegenüber der Beklagten zusteht (2.).
8 1. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 74 Abs. 3 SGB VIII auf eine Neubescheidung über eine weitere staatliche Förderung zu den Kosten der genannten Kindertageseinrichtung im Kindergartenjahr 2016/2017. Nach Satz 1 dieser Bestimmung entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art und Höhe der Förderung. Diese bundesrechtliche Vorschrift scheidet wegen einer Sperrwirkung des Landesrechts als Rechtsgrundlage aus, wenn der Landesgesetzgeber von der ihm in § 74a Satz 1 SGB VIII eingeräumten Kompetenz zur Regelung der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen Gebrauch gemacht und eine eigenständige und abschließende Finanzierungsregelung getroffen hat (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - Buchholz 436.511 § 74a SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 1 Rn. 20 f.; Beschluss vom 28. Mai 2014 - 5 B 4.14 - juris Rn. 7). Das ist hier nach den vom Senat nicht zu beanstandenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Hinblick auf das Kinderbildungsgesetz des Landes der Fall. Der Einwand der Klägerin, die Sperrwirkung des Landesrechts für den Rückgriff auf § 74 Abs. 3 SGB VIII greife nicht ein, weil das Land Nordrhein-Westfalen wegen der teilweisen Verfassungswidrigkeit der Finanzierungsregelung nicht wirksam von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht habe, hat keinen Erfolg. § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 ist entgegen der Auffassung der Klägerin mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Verfassungsrecht, vereinbar.
9 Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 beträgt der vom Jugendamt beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 KiBiz 2016 zu gewährende Zuschuss zu den Kosten einer Kindertageseinrichtung 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016, wenn es sich bei dem Träger der Einrichtung um eine Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts handelt (kirchliche Trägerschaft). Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 KiBiz 2016 im genannten Kindergartenjahr erfüllt waren, das heißt die Klägerin mit der in Rede stehenden Kindertageseinrichtung Aufgaben nach dem Kinderbildungsgesetz wahrgenommen und ihren Finanzierungsanteil an den Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 geleistet hat. Die Klägerin gehört auch zu den kirchlichen Trägern im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 und nicht zu den anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, denen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 KiBiz 2016 ein Zuschuss von 91 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 zu gewähren ist (a). Der im Vergleich zu anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe für kirchliche Träger um drei Prozentpunkte niedrigere Zuschuss verstößt nicht gegen den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (b). Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 und so auch dessen hier allein maßgeblicher Satz 2 verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (c) Ebenso wenig verletzt sie einfaches Bundesrecht (d).
10 a) Bei der Klägerin handelt es sich - wovon im Ergebnis auch die Vorinstanzen ausgegangen sind - trotz ihres Status als juristische Person des Privatrechts (gGmbH) um eine "Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts [...] (kirchliche Trägerschaft)" im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016.
11 Der Begriff der "Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts" im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist in dem erweiterten Sinne des verfassungsrechtlichen Sprachgebrauchs (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschlüsse vom 16. Oktober 1968 - 1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236 <246 f.>, vom 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 <85 ff.>, vom 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 <391>, vom 17. Februar 1981 - 2 BvR 384/78 - BVerfGE 57, 220 <242>, vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 u. a. - BVerfGE 70, 138 <162> und vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - BVerfGE 137, 273 Rn. 91) zu verstehen. Er erfasst dementsprechend nicht nur Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV) und deren Untergliederungen. Vielmehr erstreckt er sich ohne Rücksicht auf die Rechtsform auf alle rechtlich selbstständigen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, die den verfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften nach den Grundsätzen des Staatskirchen- bzw. Religionsverfassungsrechts zuzuordnen sind. Das sind in einem funktionell-organisatorischen Sinne alle Träger der freien Jugendhilfe, die einer Kirche oder anderen Religionsgemeinschaft des öffentlich-rechtlichen Rechts so nahestehen, dass sie nach deren glaubensdefiniertem Selbstverständnis ihrem Zweck und ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des religiösen Sendungsauftrags wahrzunehmen und zu erfüllen. Das ergibt die Auslegung der landesrechtlichen Norm anhand der anerkannten Auslegungsmethoden, zu der das Revisionsgericht befugt ist, obgleich § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 dem grundsätzlich nicht revisiblen Landesrecht angehört (§ 137 Abs. 1 VwGO). Denn das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorschrift in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zwar genannt, sich aber zum Inhalt des Begriffs "Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts" nicht geäußert (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2019 - 5 CN 1.18 - Buchholz 436.511 § 90 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 10 Rn. 20 m. w. N.).
12 aa) Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 ist insoweit zwar nicht eindeutig, weil mit der Formulierung "Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts" zunächst nur Religionsgemeinschaften angesprochen sind, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehaben (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV). Die Erläuterung im zusammenfassenden Klammerzusatz "kirchliche Trägerschaft" ermöglicht aber ein erweitertes funktionell-organisatorisches Verständnis. Vom Wortsinn können danach auch alle Einrichtungen erfasst sein, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft mit öffentlich-rechtlichem Status nach den Grundsätzen des Staatskirchen- bzw. Religionsverfassungsrechts zuzuordnen sind.
13 bb) Dieses erweiterte Verständnis wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Insoweit können die Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch herangezogen werden, dessen Ausführung das nordrhein-westfälische Kinderbildungsgesetz dient, wie sich bereits aus dessen zusätzlicher Bezeichnung als "Viertes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes - SGB VIII" ergibt. Gemäß § 75 Abs. 3 SGB VIII sind unter anderem "Kirchen und Religionsgemeinschaften" bereits kraft Gesetzes anerkannte Träger der freien Jugendhilfe. Aus der Gesetzesbegründung zu § 75 SGB VIII ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Formulierung das verfassungsrechtliche Begriffsverständnis aufgreifen wollte, wie es sich aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV ergibt (vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 99, s. a. Hauck, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, 3. Ergänzungslieferung 2023, § 75 Rn. 10, Wiesner, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 75 Rn. 17 und Trésoret, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand August 2022, § 75 Rn. 87 ff.). Die wortgleiche Übernahme der Formulierung durch den nordrhein-westfälischen Landesgesetzgeber lässt darauf schließen, dass auch die inhaltliche Reichweite des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV zu bestimmen ist. Nach Art. 137 Abs. 3 WRV ist den Religionsgemeinschaften, also auch den Kirchen die Freiheit garantiert, ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. Als Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV sind dementsprechend neben den in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts verfassten Kirchen insbesondere auch deren karitative (römisch-katholische Kirche) bzw. diakonische (evangelische Landeskirchen) Verbände in privater Rechtsform anerkannt (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 <85 ff.>, vom 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 <391 ff.>, vom 17. Februar 1981 - 2 BvR 384/78 - BVerfGE 57, 220 <242>, vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 u. a. - BVerfGE 70, 138 <162 ff.> und vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - BVerfGE 137, 273 <Rn. 91 ff.>).
14 cc) Das erweiterte Begriffsverständnis entspricht auch allein dem speziellen Zweck des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016. Der in dieser Vorschrift für die einzelnen Trägergruppen in unterschiedlicher Höhe festgesetzte pauschalierte Zuschuss zu den Kosten einer Kindertagesstätte soll nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Willen des Landesgesetzgebers die Beteiligungsgerechtigkeit der Träger an der Finanzierung der Kindertageseinrichtungen stärken. Alle Träger sollen - gemessen an ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit - gleichwertig behandelt werden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 23. Mai 2007, LT-Drs. 14/4410 S. 38). Der Höhe des für Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts geregelten Zuschusses liegt dabei die typisierende Annahme des Landesgesetzgebers zugrunde, dass die korporierten kirchlichen Träger, vor allem die Katholische Kirche und die Evangelischen (Landes-)Kirchen (vgl. Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP vom 23. Oktober 2007, LT-Drs. 14/5264 S. 2), über eine höhere Finanzkraft verfügen als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, weil sie als Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV berechtigt sind, Steuern zu erheben. Diesem Normzweck liefe es zuwider, wenn die Anwendung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 und damit die Zuschusshöhe von 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 auf die als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften beschränkt wäre. Denn bei typisierender Betrachtung können auch alle in privater Rechtsform (etwa als GmbH, eingetragener Verein oder Stiftung) organisierten Träger der freien Jugendhilfe, die den korporierten Kirchen nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts zuzuordnen sind, von der mit dem Steuererhebungsrecht der korporierten Religionsgemeinschaften verbundenen höheren Finanzkraft profitieren. Insbesondere besteht die Möglichkeit, dass sie die von den korporierten Kirchen selbst in eigener Zuständigkeit und nach eigenen Vorstellungen eröffnete Möglichkeit des innerkirchlichen Finanzausgleichs nutzen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 10. August 1989 - 7 B 205.88 , 7 B 206.88 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 43 S. 22; Wiesner, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 74 Rn. 47).
15 Ein engeres Begriffsverständnis würde demgegenüber dazu führen, dass der Zweck des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 zum Teil leerliefe. Der Senat kann insoweit die im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 291 ZPO offenkundige und mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterte Tatsache berücksichtigen, dass die Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen in einem großen Umfang von den Kirchen und diesen zuzuordnenden Trägern betrieben werden. Das ist - wie ebenfalls mit den Beteiligten erörtert - bei wertender Betrachtung allgemein zugänglichen Quellen zu entnehmen (vgl. etwa https://www.laendermonitor.de/de/vergleich-bundeslaender-daten/personal-und-einrichtungen/traeger/kitas-nach-traeger-1; s. a. zur Trägerstruktur in Nordrhein-Westfalen Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1383 vom 27. Juni 2013 <LT-Drs. 16/3661 S. 2>). Dabei sind dies teilweise - wie im Bereich der Beklagten - überwiegend privatrechtlich organisierte Träger der freien Jugendhilfe (Caritas, Diakonie; vgl. zur Trägerstruktur in der Stadt W. die als Anlage 2 mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 6. Juli 2023 vorgelegten Grafiken "Anzahl der TfK" und "Anzahl der Plätze gesamt"). Dies wird auch von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. Wäre die Vorschrift nur auf Kirchen und Religionsgemeinschaften anwendbar, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst sind, würde sie zu einem nicht unerheblichen Umfang leerlaufen.
16 dd) Dass § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 in dem dargelegten weiten Sinne zu verstehen ist, wird schließlich durch die historische Auslegung bekräftigt. Nach dem bis zum 31. Juli 2008 geltenden Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) vom 29. Oktober 1991 (GV. NRW. S. 380), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2006 (GV. NRW. S. 631), gewährte der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe (allen) Trägern der freien Jugendhilfe unter einer näher bezeichneten Voraussetzung grundsätzlich einen Zuschuss von 79 Prozent der Betriebskosten der Einrichtung. Der Zuschuss erhöhte sich - soweit hier von Interesse - für Träger der freien Jugendhilfe, die ohne einen besonderen Zuschuss die Tageseinrichtungen nicht führen konnten, weil alle zumutbaren anderen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft waren, auf mindestens 91 Prozent (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 GTK). Zu diesen finanzschwachen Trägern gehörten ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 20 KiBiz anerkanntermaßen (allein) die Träger der freien Jugendhilfe, die nicht zugleich in kirchlicher Trägerschaft waren. Diese Wertung hat der Gesetzgeber des Kinderbildungsgesetzes übernommen und den Zuschuss insoweit auf 91 Prozent festgesetzt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 23. Mai 2007, LT-Drs. 14/4410 S. 55 f.). Auch daraus wird deutlich, dass sich § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 auf alle Träger erstrecken soll, denen aufgrund ihrer nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts gebotenen Zuordnung zu einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts bereits unter Geltung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder typischerweise eine höhere Finanzkraft beigemessen wurde.
17 ee) Unter Zugrundelegung des erweiterten Begriffsverständnisses ist die in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Klägerin eine kirchliche Trägerin im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016. Sie gehört zum sozialen Dienst der Evangelischen Kirche im Rheinland (Diakonie) und nimmt mit dem Betrieb der in Rede stehenden Tageseinrichtung nach dem glaubensbezogenen Selbstverständnis der Evangelischen Kirche im Rheinland ein Stück von deren Sendungsauftrag sowohl auf diakonischem Gebiet wie auch dem der religiösen Bildung und Erziehung wahr.
18 b) Die Beschränkung des Zuschusses für kirchliche Träger nach § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 auf 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 verletzt - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Danach darf niemand - soweit hier von Interesse - wegen seines Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist gesondert zu prüfen, da es der Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber im Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG eingeräumt ist, engere Grenzen zieht (vgl. insoweit etwa BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 2 BvR 524/01 - BVerfGE 114, 357 <364> m. w. N.; s. a. BVerwG, Urteil vom 16. April 2014 - 6 C 11.13 - Buchholz 421.10 Schulrecht Nr. 7 Rn. 22 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909, 1981/06, 288/07 - BVerfGE 133, 377 Rn. 77; s. a. Nußberger, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 78; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 131; a. A. etwa Kingreen, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand 222. Lieferung November 2023, Art. 3 GG Rn. 111). Es verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz und die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Glaubensfreiheit (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471, 1181/10 - BVerfGE 138, 296 Rn. 125 und vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17 - BVerfGE 153, 1 Rn. 116). Die Klägerin kann sich als kirchliche Trägerin im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 auf den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG berufen (aa). Der nach § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 gegenüber dem Zuschuss für andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe um drei Prozentpunkte niedrigere Zuschuss für Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts stellt keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen dar (bb). Die damit verbundene mittelbar diskriminierende Wirkung ist auch bei Anlegung eines strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstabes gerechtfertigt (cc).
19 aa) Die Klägerin ist als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die der Evangelischen Landeskirche im Rheinland nach den Grundsätzen des Staatskirchen- bzw. Religionsverfassungsrechts zuzuordnen ist, Trägerin des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Zwar können einen Glauben oder eine religiöse Weltanschauung an sich nur natürliche Personen haben (zur Problematik z. B. Eckertz-Höfer, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 3 GG Rn. 97; Nußberger, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 3 GG, Rn. 238; Reimer, in: Stern/Sodan/Möstl, Staatsrecht, 2. Aufl. 2022, § 130 Rn. 25; Baer/Markard, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 413, jeweils m. w. N.). Gleichwohl sind auch inländische juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen Träger des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn sie dem Schutzbereich der kollektiven Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG unterfallen. Aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist abzuleiten, dass insbesondere auch die kollektive Religionsfreiheit durch den speziellen Gleichheitssatz eine Verstärkung erfährt und sich der Schutz der kollektiven Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG auch auf die von den verfassten Kirchen selbstständigen Vereinigungen erstreckt, wenn und soweit sich diese die Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben. Voraussetzung dafür ist, dass der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist und eine hinreichende institutionelle Verbindung zu einer Religionsgemeinschaft besteht (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - BVerfGE 137, 273 Rn. 99; s. a. bezüglich einer Religionsgemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 890/06 - BVerfGE 123, 148 <171>; bezüglich einer Religionsgemeinschaft in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts etwa BVerfG, Beschluss vom 28. April 1965 - 1 BvR 346/61 - BVerfGE 19,1 <5>; bezüglich der Fähigkeit einer privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaft Trägerin des Grundrechts aus Art. 4 GG zu sein etwa BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <383>; Beschlüsse vom 16. Oktober 1968 - 1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236 <246 f.>, vom 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 <386 f.> und Kammerbeschluss vom 30. April 2015 - 1 BvR 2274/12 - ZTR 2015, 539 Rn. 9). Letzteres trifft auf die Klägerin zu, die - wie bereits dargelegt - in einem funktionell-organisatorischen Sinne ebenfalls als Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV anzusehen ist (vgl. auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 4 Rn. 16).
20 bb) Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 führt nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.
21 Das Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG setzt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Bevorzugung oder der Benachteiligung und den in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Merkmalen voraus; die Bevorzugung oder Benachteiligung muss mithin gerade wegen eines dieser Merkmale erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 BvR 898, 1132, 1150, 1333, 1181/79, 83, 416/80, 1117/79, 603/80 - BVerfGE 59, 128 <157>; BVerwG, Urteile vom 12. Februar 1988 - 8 C 16.86 - BVerwGE 79, 62 <65>, vom 3. November 1992 - 9 C 6.92 - BVerwGE 91, 140 <148> und vom 30. März 2010 - 1 C 8.09 - BVerwGE 136, 231 Rn. 54 m. w. N.). Daran fehlt es hier.
22 Durch die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 werden innerhalb der Gruppe der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in Nordrhein-Westfalen bei der Gewährung eines Zuschusses zu den Betriebskosten einer Kindertagesstätte zwar die kirchlichen Träger im Vergleich zu nicht kirchlichen Trägern der freien Jugendhilfe ungleich behandelt, weil sie danach einen um drei Prozentpunkte niedrigeren Zuschuss von (nur) 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 erhalten. Diese rechtliche Ungleichbehandlung erfolgt aber nicht gerade wegen deren inhaltlicher Ausrichtung an einem Glauben oder einer religiösen Anschauung. Maßgebend für die unterschiedliche Zuschusshöhe ist vielmehr - wie dargelegt - die vom Landesgesetzgeber aus dem verfassungsrechtlich verankerten Steuererhebungsrecht der als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Religionsgemeinschaften abgeleitete höhere ökonomische Leistungsfähigkeit kirchlicher Träger.
23 cc) Die durch die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 bewirkte mittelbare bzw. faktische Ungleichbehandlung der kirchlichen Jugendhilfeträger ist, soweit sie durch Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfasst wird, jedenfalls bei Anlegung des dann anzuwendenden strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstabes verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
24 (1) Aus der Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 ergibt sich eine mittelbare bzw. faktische Ungleichbehandlung kirchlicher Träger wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung. Eine solche liegt vor, wenn eine Regelung - wie hier - an andere als die in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufgeführten Merkmale anknüpft, dies aber überwiegend oder typischerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung der in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Merkmalsträger führt (vgl. Nußberger, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 248). Der Senat kann insoweit als offenkundige Tatsache im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 291 ZPO berücksichtigen, dass - wie bereits erwähnt - ein Großteil der in Nordrhein-Westfalen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betriebenen Kindertagesstätten in der Trägerschaft der Katholischen Kirche und der Evangelischen Landeskirchen stehen. Kindertagesstätten in der Trägerschaft anderer Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus (z. B. Alt-Katholische Kirche und Jüdische Gemeinden) gibt es in Nordrhein-Westfalen nur vereinzelt. Dies ergibt sich - wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - aus den bereits zitierten allgemein zugänglichen Quellen und wird als solches von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt. Daraus ist zu folgern, dass sich das Differenzierungskriterium der kirchlichen Trägerschaft faktisch jedenfalls ganz überwiegend auf Kindertagesstätten auswirkt, deren Träger nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts der Katholischen Kirche und den Evangelischen Landeskirchen zuzuordnen sind. Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 betrifft demnach typischerweise und vor allem die von den Bekenntnissen der beiden christlichen Großkirchen geleistete Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen, sodass ihr eine mittelbar diskriminierende Wirkung im Sinne des speziellen Gleichheitssatzes zukommt.
25 (2) Insbesondere mit Blick auf den Schutzzweck des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG spricht viel dafür, dass dieses Grundrecht auch nicht gerechtfertigte mittelbar-faktische Benachteiligungen wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung verbietet (offengelassen in BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Februar 1999 - 1 BvL 26/97 - NVwZ 1999, 756; für alle in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufgeführten Kriterien und somit auch für den Glauben und die religiöse Anschauung allgemein bejaht etwa in BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. August 2003 - 2 BvR 2032/01 - BVerfGK 1, 331 <334>; vgl. aus der Literatur: bejahend etwa Eckertz-Höfer, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 3 GG Rn. 108 ff.; Baer/Markard, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 430; Nußberger, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 248; von Achenbach, in: Dreier, GG, 4. Aufl. 2023, Art. 3 Abs. 2 Rn. 41 und 47; verneinend etwa Langenfeld, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 102. Ergänzungslieferung August 2023, Art. 3 Abs. 3 Rn. 38, s. aber auch Rn. 36; Sachs, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2010, § 182 Rn. 32 und 95). Dies bedarf jedoch hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn die durch die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 bewirkte mittelbare Ungleichbehandlung der Träger, die der Katholischen Kirche oder den Evangelischen Landeskirchen zuzuordnen sind, erweist sich jedenfalls - auch unter Zugrundelegung eines strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstabs - als gerechtfertigt (vgl. zur Maßstabsfrage z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471, 1181/10 - BVerfGE 138, 296 Rn. 129, vom 5. April 2005 - 1 BvR 774/02 - BVerfGE 113, 1 <20 f.>, vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - BVerfGE 121, 241 <255>, vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 - BVerfGE 126, 29 <54>, vom 10. Juli 2012 - 1 BvL 2, 3, 4/10, 3/11 - BVerfGE 132, 72 Rn. 58 sowie aus der Literatur Sacksofsky, in: Herdegen/Masing/Poscher/Gärditz, Handbuch des Verfassungsrechts, 1. Aufl. 2021, § 19 Gleichheitsrechte Rn. 119 ff.; Baer/Markard, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 434; Nußberger, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 250 und 255; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 3 Rn. 153).
26 Für die Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes spricht, dass eine mittelbar-faktische Ungleichbehandlung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung, wenn sie vom sachlichen Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und damit von dessen höherem Schutzniveau erfasst wird, jedenfalls nicht hinter dem Rechtfertigungsmaßstab zurückbleiben darf, der für die vorliegende Konstellation im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehen wäre. Im letzteren Falle wäre eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strenge Bindung des Gesetzgesetzgebers an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen anzunehmen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. In diesen Fällen liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz schon dann vor, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Überdies verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten annähern. Des Weiteren sind die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG umso strenger, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100>, vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68 f.>, vom 19. November 2019 - 2 BvL 22, 23, 24, 25, 26, 27/14 - BVerfGE 152, 274 Rn. 98 m. w. N.). In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben wäre bei einer Prüfung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung in jedem Fall deshalb geboten, weil die der Katholischen Kirche und den Evangelischen Landeskirchen zuzuordnenden Träger mit der Förderung von Kindern in den von ihnen betriebenen Tagesstätten nach dem Selbstverständnis der Katholischen Kirche und der Evangelischen Landeskirchen an der Verwirklichung des durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten religiösen Auftrags dieser Kirchen teilnehmen. Für eine am Maßstab des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zu prüfende mittelbare Ungleichbehandlung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung kann im Ergebnis nichts Anderes gelten.
27 Die am strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstab ausgerichtete Prüfung ergibt, dass die durch § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 bewirkte mittelbare Benachteiligung von Trägern, die den genannten beiden christlichen Kirchen zuzuordnen sind, gerechtfertigt ist. Sie dient einem legitimen Ziel ((aa)), zu dessen Erreichung sie geeignet ((bb)) sowie erforderlich ist ((cc)) und wahrt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ((dd)).
28 (aa) Die Beschränkung des Zuschusses für kirchliche Träger auf 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 verfolgt einen legitimen und mit der Verfassung im Einklang stehenden Zweck.
29 Die Neuregelung der Finanzierung im Kinderbildungsgesetz soll ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs vom 23. Mai 2007 ein bedarfsgerechtes und flexibles System der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen sicherstellen und die Planungssicherheit für alle Beteiligten erhöhen (vgl. LT-Drs. 14/4410 S. 2 und 37). Sie soll namentlich die Arbeit der Träger von Kindertageseinrichtungen sichern und ihnen die notwendigen Perspektiven geben. Der spezielle Zweck der Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 besteht dabei - wie bereits dargelegt - darin, die Beteiligungsgerechtigkeit der Träger an der Finanzierung zu stärken, indem alle Träger entsprechend ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit gleichwertig gefördert werden (vgl. LT-Drs. 14/4410 S. 38). Als finanzschwach anerkannte freie Träger sollen demgemäß eine erhöhte Förderung erhalten (vgl. LT-Drs. 14/4410 S. 56). Dies hat gleichsam als Kehrseite zur Folge, dass die Träger nur in dem Umfang zu einem Finanzierungsanteil herangezogen werden, der ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit entspricht, was dem Schutz finanzschwacher Träger dient.
30 Die Heranziehung der ökonomischen Leistungsfähigkeit als Rechtfertigungsgrund der Differenzierung ist nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere im Sozialrecht (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. April 2022 - 1 BvL 3/18, 1 BvR 717, 2257/16, 2824/17 - BVerfGE 161, 163 Rn. 253, vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 Rn. 39, 45, 50, 52 und 53 und vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25 <43>) und Steuerrecht (vgl. etwa BVerfG, Urteile vom 3. November 1982 - 1 BvR 620, 1335/78, 1104/79, 363/80 - BVerfGE 61, 319 <343 f.>, vom 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08 - BVerfGE 122, 210 <231, 233, 237> und Beschluss vom 8. Juni 2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412 <433 f.>) anerkannt. Dessen ungeachtet dient sie im vorliegenden Kontext auch insoweit einem legitimen Zweck, als die Versorgung mit Kindertagesbetreuungsplätzen zu den öffentlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - Buchholz 436.511 § 74a SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 1 Rn. 34) und die Bemessung der Förderung in Abhängigkeit von der ökonomischen Leistungsfähigkeit der Träger nach der gesetzgeberischen Intention darauf ausgerichtet ist, ein bedürfnis- und bedarfsgerechtes Angebot an Kindertagesbetreuungsplätzen bereit- und sicherzustellen. Dies ist mit Blick auf das in § 3 Abs. 1 SGB VIII normierte Pluralitätsgebot von nicht unerheblicher Bedeutung, an das der Landesgesetzgeber im Rahmen des ihm nach § 74a SGB VIII zuzubilligenden Gestaltungsspielraums gebunden ist, weil die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen auf ein Angebot von Jugendhilfe im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuch bezogen bleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - Buchholz 436.511 § 74a SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 1 Rn. 31 und vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 - juris Rn. 23). Denn die Förderung beziehungsweise Heranziehung der Träger nach ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit trägt zur Gewährleistung der gebotenen Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen bei. Sie ermöglicht bei anerkanntermaßen nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln, dass auch solche Träger, die über eine geringere Finanzkraft als andere verfügen, ein Betreuungsangebot machen und aufrechterhalten können (so im Ergebnis auch OVG Bremen, Urteil vom 14. Juli 2021 - 2 LC 112/20 - juris Rn. 61 f.; s. a. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 8. Aufl. 2022, § 74 Rn. 41). Darüber hinaus greift § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 mit der ökonomischen Leistungsfähigkeit die anerkannte Wertung des § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 SGB VIII auf. Danach soll die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe gefördert werden, wenn der jeweilige Träger eine angemessene Eigenleistung erbringt, bei deren Bemessung auch die unterschiedliche Finanzkraft der Träger zu berücksichtigen ist.
31 An der Legitimität der Heranziehung der ökonomischen Leistungsfähigkeit als Rechtfertigungsgrund bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht auch insofern keine Bedenken, als die Beschränkung des Finanzierungsanteils der Träger auf das ihrer jeweiligen ökonomischen Leistungsfähigkeit Angemessene und Zumutbare der Bindung des Gesetzgebers an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht zu dem Vorgängergesetz des Achten Buches Sozialgesetzbuch, dem Gesetz für Jugendwohlfahrt, der Sache nach bereits entschieden, dass es zulässig ist, die Höhe der Förderung von Maßnahmen freier Träger von der Erbringung einer Eigenleistung abhängig zu machen, die ihrer Finanzkraft angemessen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1967 - 2 BvF 3, 4, 5, 6, 7, 8/62, 2 BvR 139, 140, 334, 335/62 - BVerfGE 22, 180 <208>).
32 Schließlich ist es auch deshalb legitim, die höhere ökonomische Leistungsfähigkeit der Träger zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts der Katholischen Kirche und der Evangelischen Landeskirchen zuzuordnen sind, weil diese mit den von ihnen betriebenen Kindertageseinrichtungen auch eine eigene Aufgabe wahrnehmen. Sie verwirklichen - wie dargelegt - mit der Erziehung und Bildung von Kindern nach kirchlichem Selbstverständnis ein Stück des christlichen Sendungsauftrags (vgl. insoweit auch Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 2. Ergänzungslieferung 2023, § 4 Rn. 5).
33 (bb) Die mit § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 verbundene mittelbare Ungleichbehandlung ist zur Erreichung der genannten Ziele geeignet.
34 Ein im Rahmen einer Ungleichbehandlung eingesetztes Mittel ist dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg in jedem Einzelfall auch tatsächlich erreicht wird oder jedenfalls erreichbar ist; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Ein Optimierungsgebot besteht nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167 <234> m. w. N.). Gemessen daran ist die Beschränkung des Zuschusses für kirchliche Träger auf 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 geeignet, die damit angestrebte Beteiligungsgerechtigkeit der Träger an der Finanzierung zu stärken und die Trägerpluralität zu gewährleisten. Indem § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 nur Religionsgemeinschaften erfasst, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert oder einer derartigen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts zuzuordnen sind, knüpft die Regelung ersichtlich an die den korporierten Kirchen verfassungsrechtlich eingeräumte Möglichkeit zur Steuererhebung an und verbindet damit die Annahme, dass diese Religionsgemeinschaften typischerweise finanziell leistungsfähiger sind als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die nicht berechtigt sind, Steuern zu erheben, sondern allenfalls Mitgliedsbeiträge verlangen können. Der gegenüber dem Zuschuss für andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe um drei Prozentpunkte niedrigere Zuschuss für kirchliche Träger schlägt sich auf die Höhe des von den kirchlichen Trägern nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KiBiz 2016 zu leistenden Finanzierungsanteils entsprechend durch. Diese müssen sich danach mit 12 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 an den Finanzierungskosten beteiligen, während andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe nur zu einem Finanzierungsanteil von 9 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 herangezogen werden (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 3 KiBiz 2016). Auf diese Weise fördert die prozentuale Staffelung bei der Höhe des Zuschusses die Beteiligungs- bzw. Belastungsgerechtigkeit.
35 Der Landesgesetzgeber durfte - entgegen der Auffassung der Klägerin - im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative in tatsächlicher Hinsicht typisierend annehmen, dass korporierte Religionsgemeinschaften und die ihnen unabhängig von ihrer Rechtsform zuzuordnenden Träger der freien Jugendhilfe finanziell leistungsfähiger sind als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe. Diese Typisierung findet in dem verfassungsrechtlich verankerten Steuererhebungsrecht der korporierten Religionsgemeinschaften einen hinreichend tragfähigen Grund. Die Möglichkeit, Steuern aufgrund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen zu erheben (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV), erlaubt den korporierten Religionsgemeinschaften, sich der Höhe nach selbstbestimmte, regelmäßige und berechenbare Einnahmen zu verschaffen. Anders als etwa Einnahmen allein aus Mitgliedsbeiträgen oder freiwilligen Zahlungen lässt sich deshalb das Aufkommen aus Kirchensteuern verlässlicher prognostizieren, was den korporierten Religionsgemeinschaften überdies prinzipiell eine höhere Planungssicherheit bietet. Das Steuererhebungsrecht der korporierten Religionsgemeinschaften stellt auch ansonsten eine zuverlässigere Finanzierungsgrundlage dar, die den Schluss auf eine höhere Finanzkraft rechtfertigt. Die Anbindung an das staatliche Steuersystem bietet die Gewähr dafür, dass die an das individuelle Leistungsvermögen der Steuerpflichtigen anknüpfende Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer weitgehend ausgeschöpft werden kann, was bei einem auf freiwilliger Mitwirkung beruhenden entsprechend ausgestalteten Beitrag jedenfalls nicht ohne Weiteres zu erwarten ist. Denn die Finanzämter übernehmen - jedenfalls soweit es um die durch § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 hauptsächlich betroffenen beiden christlichen Kirchen geht - in Nordrhein-Westfalen auf Antrag der Diözesen der Katholischen Kirche oder der Evangelischen Landeskirchen die Verwaltung, das heißt Festsetzung und Einziehung der Kirchensteuer (vgl. §§ 9 ff. des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen <Kirchensteuergesetz - KiStG> in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1975 <GV. NRW. S. 438>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. November 2019 <GV. NRW. S. 860>). Dies bedingt, dass der Hauptteil der ihnen zustehenden Kirchensteuer als prozentualer Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer erhoben wird (vgl. § 4 KiStG). Von diesem Vorteil, der als spezifische (wirtschaftliche) Fördermaßnahme zugunsten der öffentlich-rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften zu verstehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1977 - 1 BvR 33/76 - BVerfGE 44, 103 <104>), welche den anderen freien Trägern nicht zugutekommt, können über einen innerkirchlichen Finanzausgleich auch die den korporierten Religionsgemeinschaften nach den Grundsätzen des Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts zuzuordnenden privatrechtlich organisierten Einrichtungen profitieren.
36 Da das Recht der Steuererhebung unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entscheidungsprärogative eine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme des Landesgesetzgebers bietet, kirchliche Träger seien typischerweise finanziell leistungsfähiger als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, kommt es auch nicht darauf an, ob die im Einzelfall betroffenen Religionsgemeinschaften tatsächlich Kirchensteuern erheben oder in welcher Weise dies geschieht. Aus dem gleichen Grund musste der Landesgesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht weiter aufklären und ermitteln, ob kirchliche Träger von Kindertagesstätten tatsächlich in der Mehrzahl der Fälle leistungsfähiger sind als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe. Vielmehr durfte er uneingeschränkt auf die Zuordnung nach dem Staatskirchen- und Religionsverfassungsrecht zu einer korporierten Religionsgemeinschaft abstellen. Abgesehen davon machen die Katholische Kirche und die Evangelischen Landeskirchen als die Hauptbetroffenen der Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 jedenfalls - wie dargelegt - von ihrem Steuererhebungsrecht Gebrauch (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 19. Januar 2021 - 15 A 3047/19 - NVwZ 2021, 1798 Rn. 24). Anhaltspunkte dafür, dass es in Nordrhein-Westfalen daneben eine nennenswerte Anzahl von weiteren korporierten Religionsgemeinschaften gibt, die keine Kirchensteuern erheben und Kindertagesstätten betreiben, fehlen.
37 (cc) Die durch § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 bewirkte mittelbare Ungleichbehandlung stellt sich auch als zur Zielerreichung erforderlich dar.
38 Eine Regelung verletzt das Gebot der Erforderlichkeit, wenn das Ziel der staatlichen Maßnahme auch durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, das Grundrechte nicht oder deutlich weniger fühlbar einschränkt (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167 <252 f.>). Hier durfte der Landesgesetzgeber unter Berücksichtigung der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative davon ausgehen, dass kein anderes Mittel gleich effektiv das von ihm verfolgte Ziel verwirklichen kann. Die Prüfung der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Trägers scheidet als milderes Mittel, welches das Ziel der Maßnahme auf gleich effektive Weise erreichen könnte, aus. Das gesetzliche Anliegen, die Beteiligungsgerechtigkeit zu stärken, könnte durch die Prüfung der Leistungsfähigkeit in jedem Einzelfall jedenfalls nicht in gleich wirksamer Weise erreicht werden. Sie wäre bei der Vielzahl der Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen und der Vielfalt der Trägerstrukturen (Träger der öffentlichen Jugendhilfe, unterschiedliche Träger der freien Jugendhilfe, Elterninitiativen) mit einem enormen Zeit- und Verwaltungsaufwand verbunden. Außerdem würde das verfassungsrechtlich durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantierte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften durch das mit einer Einzelfallprüfung verbundene Erfordernis, von den Trägern die Darlegung ihrer Finanz- und Vermögensverhältnisse zu verlangen, eher nachteiliger tangiert als ohne eine solche Prüfung.
39 (dd) Die mit dem niedrigeren Zuschuss verbundene mittelbare Ungleichbehandlung steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem erstrebten Ziel.
40 Angemessen beziehungsweise verhältnismäßig im engeren Sinne ist eine Ungleichbehandlung, wenn die mit ihr einhergehende Schlechterstellung nach Ausmaß und Intensität in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zu dem Ausmaß und Grad der Zielerreichung steht. Eine übermäßige und unzumutbare Belastung ist unangemessen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 Rn. 156). Bei der hierauf bezogenen Prüfung sind zunächst die Auswirkungen der Ungleichbehandlung auf die in Rede stehenden Rechtsgüter zu erheben. Dabei ist auch die Art und Schwere der Beeinträchtigung festzustellen. Anschließend sind die Auswirkungen auf die Betroffenen einerseits der Bedeutung der Ungleichbehandlung für das mit ihr verfolgte Ziel andererseits gegenüberzustellen. Dabei ist der Rang der verfolgten Interessen und die Intensität ihrer Beeinträchtigung in den Blick zu nehmen. Zu klären ist auch, wie sehr das Ziel durch die Ungleichbehandlung überhaupt gefördert wird. Die gewonnenen Befunde sind schließlich in eine Abwägung einzustellen (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 - juris Rn. 38). Gemessen daran erweist sich die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 als angemessen.
41 Die mit ihr verbundene Heranziehung kirchlicher Träger zu einem höheren Finanzierungsanteil berührt nicht das Steuererhebungsrecht der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV. Die Differenzierung zwischen den kirchlichen Trägern und den anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe beruht zwar auf der aus der Steuererhebungsmöglichkeit abgeleiteten höheren ökonomischen Leistungsfähigkeit kirchlicher Träger. Das Gebrauchmachen von der Steuererhebungsmöglichkeit ist in § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 aber nicht als Anspruchsvoraussetzung normiert. Das Jugendamt gewährt kirchlichen Trägern den ihnen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 KiBiz 2016 zustehenden Zuschuss unabhängig davon, ob die als öffentlich-rechtliche Körperschaften verfassten Kirchen, denen sie zuzuordnen sind, Steuern erheben oder nicht.
42 Ebenso wenig wird das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV im Kern betroffen. Danach ordnet und verwaltet jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Diese Garantie freier Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten ist die notwendige, rechtlich selbstständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Religionsgesellschaften die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 19/84 - BVerfGE 72, 278 <289> m. w. N.). Das Selbstbestimmungsrecht umfasst - soweit im vorliegenden Kontext von Interesse - auch die Vermögensverwaltung und Haushaltsführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 2 C 19.12 - BVerwGE 149, 139 Rn. 16 m. w. N.). Es ist daher Sache der Religionsgemeinschaften zu entscheiden, wie sie ihre Finanzverhältnisse gestalten (BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 - 7 C 21.90 - BVerwGE 90, 112 <116>) und wie bzw. wozu sie insbesondere die eingenommenen Kirchensteuern verwenden. § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 greift in dieses Recht und damit in die interne Finanzverwaltung nicht ein. Er verpflichtet die kirchlichen Träger weder dazu, Kindertageseinrichtungen zu betreiben, noch zu deren Finanzierung bestimmte kirchliche Finanzmittel, insbesondere Teile des Kirchensteueraufkommens einzusetzen. Nach der gesetzlichen Konstruktion des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 obliegt die Entscheidung, wie die gesetzlich vorgesehene Eigenleistung finanziert wird, ausschließlich dem Träger der jeweiligen Einrichtung.
43 Den kirchlichen Trägern im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 ist auch zuzumuten, dass der Landesgesetzgeber bei der Bewertung der Auswirkungen der Ungleichbehandlung auf kirchliche Träger in Rechnung stellt, dass Religionsgemeinschaften, die - wie die hier in Rede stehenden christlichen Kirchen - von ihrem Steuererhebungsrecht Gebrauch machen, Teile ihres Steueraufkommens für die Finanzierung der von ihnen betriebenen Kindertagesstätten einsetzen. Denn die kirchlichen Träger verfolgen mit dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen - wie dargelegt - auch spezifische Eigeninteressen. Im Hinblick darauf ist es ihnen auch zumutbar, wegen ihrer abstrakten höheren Leistungsfähigkeit eine höhere Eigenleistung zu erbringen als andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe. Ein im Vergleich zu anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe höherer Finanzierungsanteil um drei Prozentpunkte bewegt sich dabei mit Blick auf ihre abstrakt höhere Leistungsfähigkeit in einer zumutbaren Größenordnung.
44 Der mit der prozentualen Staffelung der Zuschüsse und damit der Eigenanteile verfolgte Zweck ist demgegenüber von hohem Gewicht. Durch die Finanzierungsbeteiligung der Träger nach ihrer jeweiligen ökonomischen Leistungsfähigkeit soll - wie dargelegt - ein bedürfnis- und bedarfsgerechtes Angebot an Kindertagesbetreuungsplätzen bereit- und sichergestellt werden. Zur Erreichung dieser Ziele darf der Landesgesetzgeber darauf Rücksicht nehmen, dass die Jugendämter nach § 21 Abs. 1 KiBiz 2016 durch das Land lediglich einen Teil der Kosten für die von ihnen zu leistende Trägerförderung refinanziert bekommen. Hinzu kommt, dass die Kommunen als Träger der Jugendämter nur über begrenzte eigene Haushaltsmittel verfügen. Vor diesem Hintergrund ist der um drei Prozentpunkte niedrigere Zuschuss für kirchliche Träger von erheblicher Bedeutung für die Effizienz der Mittelverwendung und damit der Stärkung der Trägerpluralität. Die Jugendämter haben dadurch mehr Mittel für die Förderung finanzschwächerer Träger (anerkannte Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die nicht zugleich in kirchlicher Trägerschaft stehen, Elterninitiativen) zur Verfügung. Das ermöglicht, dass alle Träger mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bestmöglich gefördert werden.
45 c) Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 und somit auch dessen hier allein maßgeblicher Satz 2 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin ist hinsichtlich dieses ebenfalls als verletzt gerügten Grundrechts aus den unter II. 1. b) aa) genannten, hier entsprechend geltenden Gründen grundrechtsfähig. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Die genannte Regelung verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz weder, soweit dieser in Verbindung mit den jugendhilferechtlichen Strukturprinzipien des Achten Buches Sozialgesetzbuch (aa), noch soweit er isoliert (bb) als Prüfungsmaßstab heranzuziehen ist.
46 aa) Die landesrechtliche Zuschussregelung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. § 4 Abs. 2 SGB VIII.
47 Bei der Überprüfung der Ausgestaltung eines landesrechtlichen Finanzierungssystems am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG sind auch die jugendhilferechtlichen Strukturprinzipien des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu beachten, zu denen insbesondere auch der Grundsatz des Funktionsschutzes der freien Jugendhilfe nach § 4 Abs. 2 SGB VIII gehört (1). Dieser verpflichtet den Landesgesetzgeber, sein Fördersystem so zu gestalten, dass die plurale Betreuungsinfrastruktur nicht erkennbar zulasten der Träger der freien Jugendhilfe gefährdet wird (2). Gemessen daran lässt sich weder eine unmittelbare (3) noch eine mittelbare beziehungsweise faktische (4) Ungleichbehandlung der freien Träger der Jugendhilfe gegenüber den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe feststellen.
48 (1) Der in § 4 Abs. 2 SGB VIII normierte Funktionsschutz der freien Jugendhilfe gehört zu den Strukturprinzipien des bundesrechtlichen Jugendhilferechts, die vermittelt über Art. 3 Abs. 1 GG Maßstabsqualität für die Ausgestaltung eines landesrechtlichen Förderungssystems erlangen.
49 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird der Gestaltungsspielraum, der dem Landesgesetzgeber nach § 74a SGB VIII zuzubilligen ist, allein durch verfassungsrechtliche Vorgaben begrenzt. Dementsprechend ist ein - wie hier - in Wahrnehmung der Regelungskompetenz des § 74a SGB VIII durch den Landesgesetzgeber geschaffenes eigenständiges und umfassendes Fördersystem nicht unmittelbar an den im Achten Buch Sozialgesetzbuch einfachgesetzlich geregelten materiellen Zielen und Grundsätzen der Jugendhilfe zu messen. Diese Ziele und Grundsätze sind aber bei der Ausfüllung und Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu beachten. Denn die Regelungsermächtigung des § 74a SGB VIII stellt den Landesgesetzgeber in Anbetracht des Umstandes, dass die Finanzierung von Tageseinrichtungen - wie dargelegt - bezogen bleibt auf ein Angebot der Jugendhilfe im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuch, nicht frei von jeglicher Bindung an die einfachgesetzlich geregelten materiellen Grundentscheidungen des Jugendhilferechts. Das betrifft nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie die in § 3 Abs. 1 SGB VIII geregelte "Pluralität der Jugendhilfe" (BT-Drs. 11/6748 S. 80), das heißt die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen. Das Pluralitätsgebot beschränkt daher den Landesgesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit und der Ausgestaltung der Unterscheidungskriterien für eine Differenzierung der Förderung. Darüber hinaus gehören zu den mittelbar über Art. 3 Abs. 1 GG zu beachtenden materiellen Vorgaben des Jugendhilferechts die weiteren gesetzlichen Ausformungen des Pluralitätsgebots. Als solche sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etwa bereits der Schutz der Selbstständigkeit der freien Jugendhilfe nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII, das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII und das in § 9 Nr. 1 SGB VIII formulierte Gebot anerkannt, bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben die von den Personensorgeberechtigten bestimmte Grundrichtung der Erziehung zu beachten (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - Buchholz 436.511 § 74a SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 1 Rn. 29, 31 und vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 - juris Rn. 23).
50 Dies gilt auch für das in § 4 Abs. 2 SGB VIII enthaltene Gebot, dass die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können. Die Vorschrift normiert ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/5948 S. 49 und 100) einen Funktionsschutz der freien Jugendhilfe. Dessen Einordnung als weiteres, bei der Prüfung der landesgesetzlichen Finanzierungsregelungen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachtendes Strukturprinzip ist der Sache nach bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angelegt, die das Gebot des § 4 Abs. 2 SGB VIII als (Subsidiaritäts-)Grundsatz anerkennt, der grundsätzlich alle Handlungsfelder der Jugendhilfe erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - 5 C 16.08 - BVerwGE 135, 150 Rn. 18 m. w. N.). Daraus ist abzuleiten, dass es sich auch bei diesem Gebot um eine grundlegende Vorgabe handelt, die die allgemeine Struktur der Jugendhilfe bestimmt und eine allgemeine Grenze für das Handeln des Staates im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und so auch bei der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen festlegt (vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 25. August 2022 - 4 Bf 19/21 - JAmt 2023, 87 f.; der Sache nach ebenfalls Wabnitz, in: GK-SGB VIII, Stand 1. April 2021, § 74a Rn. 34c; ders., ZKJ 2018, 351 <354>; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand 30. August 2023, § 4 Rn. 44). Maßgebender Grund für Anerkennung des Funktionsschutzes der freien Jugendhilfe als Strukturprinzip ist dessen aus den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Zwecksetzung. Der Funktionsschutz soll danach die im Jugendhilferecht übliche und bewährte partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe gewährleisten (BT-Drs. 11/5948 S. 49 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1967 - 2 BvF 3/62 u. a. - BVerfGE 22, 180 <202>), die Voraussetzung für ein plurales Jugendhilfeangebot und damit für die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts ist (vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 48). Er steht daher mit diesen beiden Strukturprinzipien in einem engen sachlichen Zusammenhang und sichert diese ab (vgl. insoweit auch Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand 30. August 2023, § 4 Rn. 5; Banafsche/Bieritz-Harder/Bohnert/Greßmann/Grube/Hilke/Kirchhoff/Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, 3. Ergänzungslieferung 2023, Gesetzesbegründung - Kinder- und Jugendhilfegesetz S. 11).
51 (2) Der in § 4 Abs. 2 SGB VIII gewährleistete Funktionsschutz der freien Jugendhilfe verpflichtet den Landesgesetzgeber im Sinne eines Schutzes vor Verdrängung, die Finanzierung von Kindertagesstätten so zu regeln, dass die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe durch die öffentliche Förderung in die Lage versetzt werden, ihre Aufgabe sachgerecht zu erfüllen und ein nach Art und Umfang von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellendes Betreuungsangebot anzubieten.
52 (aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 SGB VIII ist keine Finanzierungsregelung (vgl. auch Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand 30. August 2023, § 4 Rn. 35 und 45). Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm. Das Gebot, von eigenen Maßnahmen abzusehen, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben oder rechtzeitig geschaffen werden können, ist dem Wortsinn nach ("betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können") in erster Linie auf den Schutz der Tätigkeit der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe als solches ausgerichtet (vgl. auch Wapler, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 4 Rn. 17). Der systematische Rückschluss aus § 4 Abs. 3 Halbs. 1 SGB VIII bekräftigt diesen Befund. Diese Vorschrift enthält das Gebot, dass die öffentliche Jugendhilfe die freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses Buches fördern soll. Die Formulierung "nach Maßgabe dieses Buches" bringt zum Ausdruck, dass ein Anspruch auf finanzielle Förderung nur besteht, soweit das Achte Buch Sozialgesetzbuch einen solchen Anspruch ausdrücklich vorsieht.
53 (bb) Ungeachtet dessen hat der Funktionsschutz der freien Jugendhilfe im Sinne des § 4 Abs. 2 SGB VIII Bedeutung für und Auswirkungen auf die Regelung der Finanzierung von Kindertagesstätten. Seiner Zweckbestimmung, die Zusammenarbeit zwischen den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe zu gewährleisten, entspricht es, dass der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen grundsätzlich durch ein Nebeneinander von Betreuungsangeboten der öffentlichen und der freien Jugendhilfe zu erfüllen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1967 - 2 BvF 3/62 u. a. - BVerfGE 22, 180 <204>: "So wenig 'der Staat' auf Bundesebene ein Monopol auf soziale Betätigung für sich in Anspruch nehmen kann, so wenig hat er ein solches auf Landesebene."; s. a. Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, Stand 30. August 2023, § 4 Rn. 13 "[k]eine staatliche Alleinherrschaft"; Bieritz-Harder/Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 2. Ergänzungslieferung 2023, § 4 Rn. 9: "kein Aufgabenmonopol der öffentlichen Jugendhilfe"). Es darf also nicht nur Kindertagesstätten in öffentlicher Trägerschaft, sondern es muss grundsätzlich auch Kindertagesstätten in (unterschiedlicher) freier Trägerschaft geben. § 4 Abs. 2 SGB VIII gebietet insbesondere, dass geeignete und bedarfsgerechte Kindertageseinrichtungen, die von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe bereits betrieben werden und in die Bedarfsplanung aufgenommen sind, erhalten bleiben. Schutzgut ist dabei nicht die einzelne Kindertageseinrichtung, sondern sind die Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft als Institution. Um diese wirksam vor einer Verdrängung zu schützen, ist es erforderlich, dass anerkannte Träger der freien Jugendhilfe durch die gewährte staatliche Förderung in die Lage versetzt werden, ein nach Art und Umfang von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellendes Betreuungsangebot anzubieten. Die staatliche Förderung muss mit anderen Worten so bemessen sein, dass sie - unter Berücksichtigung des gesetzlichen Eigenanteils - die Sach- und Personalkosten der Kindertageseinrichtung abdeckt, die üblicherweise für einen in der Kindertagespflege typischen Standard anfallen und auch der Höhe nach marktüblich sind (vgl. für die Sachkosten in der Kindertagespflege BVerwG, Urteile vom 24. November 2022 - 5 C 1.21 - BVerwGE 177, 134 Rn. 36 und - 5 C 9.21 - BVerwGE 177, 154 Rn. 26). Andernfalls blieben angesichts der ungleichen finanziellen Handlungsspielräume und Leistungsfähigkeit der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einerseits und der Träger der freien Jugendhilfe andererseits der Funktionsschutz der freien Jugendhilfe (vgl. insoweit Wapler, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 4 Rn. 15 und 27; Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 5. Aufl. 2016, § 4 Rn. 7 und 16) und damit auch das Pluralitätsgebot (§ 3 Abs. 1 SGB VIII) und das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten (§ 5 SGB VIII) weitgehend wirkungslos. Denn die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verfügen mit den öffentlichen Haushaltsmitteln (unter anderem aus der Grund- und Gewerbesteuer, dem Gemeindeanteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer nach dem Gemeindefinanzreformgesetz, den Finanzzuweisungen des Landes nach den Gemeindefinanzierungsgesetzen) über weitere finanzielle Ressourcen und damit gegenüber den Trägern der freien Jugendhilfe über eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
54 Abgesehen davon und überdies liegt gemäß § 79 Abs. 1 SGB VIII die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung für die Schaffung eines dem Bedarf in qualitativer und quantitativer Hinsicht gerecht werdenden Angebots an Fördermöglichkeiten in Tageseinrichtungen beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Dieser soll insbesondere nach § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII gewährleisten, dass die zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Zu diesen Aufgaben gehört auch die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII). § 79 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII begründet demgemäß eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, eine dem Bedarf entsprechende plurale Betreuungsinfrastruktur sicherzustellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Juli 2009 - 5 C 25.08 - BVerwGE 134, 206 Rn. 44 und vom 26. Oktober 2017 - 5 C 19.16 - BVerwGE 160, 212 Rn. 35), die den unterschiedlichen Wertorientierungen in der Gesellschaft entspricht (§ 3 Abs. 1 SGB VIII), soweit die Leistungsberechtigten dies wünschen (§ 5 Abs. 1 SGB VIII). Die Gesamtverantwortung für die Schaffung einer solchen Angebotsstruktur schließt die Finanzierungsverantwortung ein. Demnach haben die Jugendämter die Pflicht, die für die Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. November 2017 - 2 BvR 2177/16 - BVerfGE 147, 185 Rn. 100 ff. m. w. N.).
55 (cc) Dies schlägt auch auf die Verpflichtung des Landesgesetzgebers durch. Dieser muss in Ausübung der Regelungsermächtigung des § 74a SGB VIII Finanzierungsregelungen erlassen, welche ein Nebeneinander von Betreuungsangeboten der öffentlichen und der freien Jugendhilfe ermöglichen und die Jugendämter in die Lage versetzen, ihrer Gesamtverantwortung nach § 79 SGB VIII nachzukommen. Daran fehlt es, wenn das landesrechtliche Finanzierungssystem der rechtlichen Konzeption nach in seiner Gesamtheit darauf angelegt ist oder sich tatsächlich dahin auswirkt, dass der Fortbestand einer pluralen Betreuungsstruktur zulasten der Träger der freien Jugendhilfe erkennbar gefährdet ist. Denn der Funktionsschutz der freien Jugendhilfe ist - wie dargelegt - auf eine institutionelle Absicherung der freien Jugendhilfe ausgerichtet. Aus diesem Grund reicht - entgegen der Ansicht der Klägerin - allein die bloße Feststellung, dass die staatliche Finanzierung von Kindertageseinrichtungen strukturell nicht kostendeckend ist, für eine unter dem Gesichtspunkt des Funktionsschutzes der freien Jugendhilfe relevante Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht aus. Ebenso wenig genügt es, dass nur vereinzelte in der Trägerschaft der freien Jugendhilfe stehende Einrichtungen infolge unzureichender staatlicher Finanzierung in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet, von einer Schließung bedroht oder gar betroffen sind. Erforderlich, aber auch ausreichend sind vielmehr belastbare Anhaltspunkte für die Gefahr, dass freie Träger der Jugendhilfe infolge der unzureichenden staatlichen Finanzierung in absehbarer Zukunft und nennenswertem Umfang aus dem Anbietermarkt ausscheiden oder nur noch vereinzelt Einrichtungen betreiben. Bei im Wesentlichen unverändert fortbestehendem Bedarf an Kindertagesstättenplätzen ist darüber hinaus entscheidend, dass die öffentlichen Träger der Jugendhilfe solche im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung selbst ersatzweise bereitstellen. Dies kann dadurch geschehen, dass sie die Einrichtungen freier Träger übernehmen oder zusätzliche eigene Plätze einrichten.
56 (3) Diesen Maßstab zugrunde gelegt, scheidet eine unmittelbare Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG zum Nachteil der Träger der freien Jugendhilfe von vornherein aus.
57 Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 unterscheidet zwar in Bezug auf die Höhe des Zuschusses zwischen der Gruppe der Träger der freien Jugendhilfe, also kirchlichen und anderen anerkannten freien Trägern einerseits und der Gruppe der kommunalen Träger andererseits. Die Träger der freien Jugendhilfe werden durch diese Regelung im Verhältnis zu den kommunalen Trägern aber nicht schlechter, sondern nominal sogar bessergestellt. Sie erhalten nach § 20 Abs. 1 Satz 2 (kirchliche Trägerschaft) bzw. Satz 3 (andere freie Trägerschaft) KiBiz 2016 einen um 9 bzw. 12 Prozentpunkte höheren Zuschuss als kommunale Träger nach § 20 Abs. 1 Satz 5 KiBiz 2016 und müssen folglich einen entsprechend niedrigeren Finanzierungsanteil leisten.
58 Auch die in § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 in Bezug genommene Regelung des § 19 KiBiz 2016 über die Kindpauschalen begründet für sich gesehen keine unmittelbare Ungleichbehandlung. Die Regelung unterscheidet nicht zwischen den beiden genannten Vergleichsgruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Einrichtungsträger, sodass die Kindpauschalen für die freien Träger nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht werden.
59 (4) In Anwendung der dargelegten rechtlichen Vorgaben bewirkt die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 auch keine mittelbare benachteiligende Ungleichbehandlung der Träger der freien Jugendhilfe gegenüber den kommunalen Trägern.
60 Eine derartige Ungleichbehandlung liegt vor, wenn sich aus der praktischen Auswirkung einer gesetzlichen Regelung, deren Wortlaut - wie hier - eine Ungleichbehandlung vermeidet, eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>; s. a. BVerwG, Urteil vom 2. April 2014 - 5 C 40.12 - Buchholz 270.1 § 25 BBhV Nr. 1 Rn. 17). Hierfür ist das landesrechtliche Fördersystem in Anwendung des dargelegten Maßstabes in seiner Gesamtheit zu betrachten (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 - juris Rn. 23). Der auf der Grundlage der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 berechnete und gewährte Zuschuss nach § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 war zwar für die Mehrzahl der Kindertageseinrichtungen im streitigen Kindergartenjahr 2016/2017 nicht kostendeckend (1). Es ist aber nicht festzustellen, dass sich dies typischerweise und damit in aller Regel für die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe nachteilig ausgewirkt hat. Denn es fehlen belastbare Anhaltspunkte für die Gefahr einer Verdrängung von Einrichtungen der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im streitigen Kindergartenjahr (2).
61 (aa) Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 31, 32, 33 und 36) haben die Finanzierungsregelungen des Kinderbildungsgesetzes 2016 der Mehrzahl der Einrichtungsträger im Kindergartenjahr 2016/2017 keine auskömmliche Finanzierung gewährleistet. Grund hierfür war, wie das Oberverwaltungsgericht (UA S. 40) des Weiteren festgestellt hat, dass die pauschalierend und typisierend festgelegten Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 nicht ausreichend bemessen waren. Hiergegen haben die Beteiligten keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben. Die Bindung des Senats an diese Tatsachenfeststellung (§ 137 Abs. 2 VwGO) entfällt auch nicht wegen offensichtlicher Aktenwidrigkeit, die vom Revisionsgericht auch ohne Verfahrensrüge von Amts wegen berücksichtigt werden darf (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. August 1995 - 5 C 11.94 - BVerwGE 99, 158 <161> und vom 24. Juni 2021 - 1 C 30.20 - BVerwGE 173, 37 Rn. 49, jeweils m. w. N.).
62 Eine derartige Aktenwidrigkeit liegt nicht deshalb vor, weil das Oberverwaltungsgericht für die genannte Feststellung auf die Begründung des Entwurfs der Landesregierung zum Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung (Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes) vom 27. April 2016 Bezug nimmt. Darin wird zwar ausgeführt, mit dem nunmehrigen Schritt, das heißt insbesondere der Erhöhung der Kindpauschalen in den Kindergartenjahren 2016/2017, 2017/2018 und 2018/2019 jährlich um drei Prozent (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 KiBiz 2016), solle die Auskömmlichkeit des bestehenden Systems bis zu einer Neustrukturierung des gesamten Finanzierungssystems stabilisiert werden (LT-Drs. 16/11844 S. 19). Dies diene dazu, ein plurales und qualitatives Leistungsangebot in der Kindertagesbetreuung auch künftig sicherzustellen (vgl. LT-Drs. 16/11844 S. 1). Außerdem unterstütze das Land in den genannten drei Kindergartenjahren die Jugendämter durch einen für jedes Kind gewährten zusätzlichen Zuschuss zu den Kindpauschalen pro Kindergartenjahr (vgl. § 21 Abs. 2 KiBiz 2016), was ebenfalls zur Stabilisierung der Finanzsituation der Träger und Einrichtungen beitrage (vgl. LT-Drs. 16/11844 S. 2 und 19). Damit bringt die Landesregierung aber lediglich ihre gesetzgeberische Absicht zum Ausdruck, mit den genannten Änderungen eine auskömmliche Finanzierung zumindest für die Kindergartenjahre 2016 bis 2019 sicherzustellen. Die Ausführungen belegen jedoch nicht, dass infolgedessen eine auskömmliche Finanzierung insbesondere im hier streitigen Kindergartenjahr 2016/2017 auch tatsächlich gewährt wurde. Aus weiteren im Internet allgemein zugänglichen Gesetzesmaterialien und den ihnen zu entnehmenden Äußerungen, die der Senat als offenkundige Tatsachen im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 291 ZPO berücksichtigen darf, erschließt sich im Gegenteil, dass die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts von der fehlenden Auskömmlichkeit der staatlichen Finanzierung im Kindergartenjahr 2016/2017 der Aktenlage entspricht. Das gilt zunächst für die einen breiten Konsens widerspiegelnden Ausführungen in der am 23. Juni 2016 vor dem federführenden Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend sowie dem Ausschuss für Kommunalpolitik erfolgten Sachverständigenanhörung. Ausweislich des diesbezüglichen Protokolls erklärte etwa der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen, die beabsichtigte Dynamisierung und zusätzliche Aufstockung der Landesmittel seien zwar erforderlich, aber nicht ausreichend. Sie könnten die aufgetretenen Defizite der Vergangenheit nicht ausgleichen und lösten nicht das Problem der Unterfinanzierung (vgl. APr 16/1351 S. 4 und 23). Der Vertreter der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie des Landesjugendamtes Westfalen hob hervor, dass mit den beabsichtigten Gesetzesänderungen die Finanzierungslücke bei Weitem nicht geschlossen sei (vgl. APr 16/1351 S. 5). Diese Einschätzung wurde unter anderem auch von der Vertreterin des Evangelischen Büros Nordrhein-Westfalen (vgl. APr 16/1351 S. 6), der Vertreterin von ver.di - Landesbezirk Nordrhein-Westfalen (APr 16/1351 S. 8), der Vertreterin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen (vgl. APr 16/1351 S. 10), dem Vertreter der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Niederrhein e. V. (vgl. APr 16/1351 S. 12) und Prof. Dr. Rainer Strätz (vgl. APr 16/1351 S. 11) ausdrücklich geteilt. Der Vertreter des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen wies darauf hin, die bereitgestellten Mittel reichten allenfalls aus, die klaffenden Lücken nicht noch größer werden zu lassen. Eine Kostendeckung oder gar eine dauerhafte Stabilisierung verspreche der Gesetzesentwurf aber nicht. Nach den eigenen Berechnungen würden sich die Defizite vielmehr weiter entwickeln (vgl. APr 16/1351 S. 7 f., 28 und 50). Die Vertreterin des nordrhein-westfälischen Landesverbandes Bildung und Erziehung führte aus, sie glaube, allen Beteiligten sei bewusst, dass die Finanzierung nicht auskömmlich sei. Von daher könne es mit Blick auf das neue Gesetz nur darum gehen, so schnell wie möglich ein auskömmliches System zu entwickeln, das die tatsächlichen pädagogischen, sächlichen und strukturellen Bedingungen berücksichtige (vgl. APr 16/1351 S. 9). Die Einschätzung der Sachverständigen, dass (auch) die mit dem Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung vorgenommenen Änderungen des Kinderbildungsgesetzes keine auskömmliche Finanzierung von Kindertagesstätten sicherstellten, wurde in der zweiten Lesung des Gesetzes, insbesondere in Redebeiträgen von Abgeordneten der Oppositionsparteien thematisiert und sich zu eigen gemacht (vgl. LT-Protokoll 16/118 S. 12213 f. und 12215). Hinzu kommt, dass der zur Verabschiedung anstehende Gesetzentwurf von der Abgeordneten einer die Regierungskoalition bildenden Parteien selbst als "Überbrückungshilfe" bezeichnet wurde, was diese damit begründete, dass die Tage dieses "unzureichenden Gesetzes" gezählt seien (vgl. LT-Protokoll 16/118 S. 12208). Die zuständige Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport räumte in der zweiten Lesung des Gesetzes zudem ein, der Regierung sei vollkommen klar, dass es eine Reform des jetzigen Finanzierungssystems bräuchte (vgl. LT-Protokoll 16/118 S. 12222). Diese Reform wurde für 2018/2019 angekündigt. Der sich aus der Gesamtschau dieser Aussagen ergebende Befund von der Unauskömmlichkeit der staatlichen Finanzierung nach dem hier anwendbaren Kinderbildungsgesetz 2016 wird schließlich durch die Begründung zu dem Entwurf der Landesregierung für das Gesetz zur Rettung der Trägervielfalt von Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen vom 28. September 2017 bestätigt. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass das Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung vom 8. Juli 2016 an der chronischen Unterfinanzierung zahlreicher Träger (LT-Drs. 17/751 S. 1) beziehungsweise dem strukturellen Finanzierungsdefizit (LT-Drs. 17/751 S. 14), welche auf die Ausgestaltung der Kindpauschalen zurückzuführen seien, nichts geändert habe.
63 (bb) Die damit vom Oberverwaltungsgericht bindend festgestellte Unauskömmlichkeit der staatlichen Finanzierung im Kindergartenjahr 2016/2017 hat nicht zu einer unter dem Gesichtspunkt des Funktionsschutzes der freien Jugendhilfe relevanten Ungleichbehandlung der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe nach Art. 3 Abs. 1 GG geführt. Denn die plurale Betreuungsinfrastruktur war im streitigen Kindergartenjahr infolge der strukturellen Unterfinanzierung nicht erkennbar zulasten der Träger der freien Jugendhilfe bedroht. Es wurde weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen, dass im Geltungsbereich des Kinderbildungsgesetzes 2016 anerkannte Träger der freien Jugendhilfe im streitigen Kindergartenjahr in nennenswertem Umfang aus dem Anbietermarkt ausgeschieden sind, oder dass sie nur noch vereinzelte Kindertagesstätten betrieben haben. Hierfür sind auch ansonsten keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Es gibt im Gegenteil hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Verdrängung der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im Bereich der Kindertagesbetreuung im streitigen Kindergartenjahr ausgeblieben ist. Nahezu alle Jugendämter haben über das landesrechtliche Finanzierungssystem hinaus (aus kommunalen Haushaltsmitteln) freiwillige Zuschüsse an die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe gezahlt. Das ist aus der im Gesetzgebungsverfahren protokollierten und als offenkundige Tatsache im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 291 ZPO vom Senat verwertbaren Erklärung des Vertreters der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie des Landesjugendamtes Westfalen abzuleiten, ihm sei nur ein Jugendamt bekannt, das keine freiwilligen Zuschüsse zahle (vgl. APr 16/1351 S. 47). Dieser Aussage haben die anderen Sachverständigen im Rahmen der Anhörung nicht widersprochen. Soweit sie sich zu diesem Punkt eingelassen haben, haben sie vielmehr ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Kommunen den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe zum Ausgleich ihrer finanziellen Defizite weitere Zahlungen geleistet hätten (vgl. etwa Burkhard Hintzsche, Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen, APr 16/1351 S. 4; Jürgen Otto, Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen, APr 16/1351 S. 29; Bianca Weber, Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen, APr 16/1351 S. 44 und Heinz-Josef Kessmann, Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen, APr 16/1351 S. 45). Die Klägerin hat dies im Ergebnis mit ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag bestätigt, dass die Beklagte - anders als fast alle anderen Kommunen in Nordrhein-Westfalen - den Trägern der freien Jugendhilfe grundsätzlich keine über die ihnen nach den gesetzlichen Finanzierungsregelungen zustehenden Zuschüsse hinausgehenden Leistungen gewährt habe.
64 Für den aus der Sachverständigenanhörung und dem Vorbringen der Klägerin gewonnenen Befund spricht auch, dass der Landesgesetzgeber mit seinen im Kindergartenjahr 2016/2017 geltenden Vorschriften der §§ 20 und 21 KiBiz 2016 einen rechtlichen Anreiz für die Kommunen zum Erhalt von Einrichtungen der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe geschaffen hat. Denn die sich in Anwendung dieser Vorschriften für Kommunen ergebende finanzielle Belastung war bei Einrichtungen in der Trägerschaft der freien Jugendhilfe geringer als bei Einrichtungen kommunaler Träger. Die Gesamtkosten der Förderung von Kindern in einer Tageseinrichtung waren nach dem landesrechtlichen Finanzierungssystem vom Einrichtungsträger, den örtlichen Jugendhilfeträgern und dem Land gemeinsam zu tragen. Kommunale Einrichtungsträger hatten dabei - wie bereits erwähnt - gemäß § 20 Abs. 1 Satz 5 KiBiz 2016 einen Finanzierungsanteil von 21 Prozent der Kindpauschalen zu leisten. Von dem ihnen zu gewährenden Zuschuss in Höhe von 79 Prozent der Kindpauschalen trug das Land gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KiBiz 2016 lediglich 30 Prozent, sodass die restlichen 49 Prozent vom jeweils zuständigen Jugendamt aufzubringen waren. Infolgedessen mussten die Kommunen von der Gesamtsumme der auf kommunale Einrichtungen entfallenden Kindpauschalen insgesamt 70 Prozent aus eigenen Mitteln finanzieren. Im Unterschied dazu konnten die Jugendämter die gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 an kirchliche Träger und gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 KiBiz 2016 an andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe gewährten Zuschüsse in Höhe von 88 beziehungsweise 91 Prozent der Kindpauschalen über die Zuschüsse, die sie vom Land gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KiBiz 2016 für Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft und gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KiBiz 2016 für Einrichtungen in der Trägerschaft anderer anerkannter Träger der freien Jugendhilfe erhielten, zu 36,5 beziehungsweise 36 Prozent refinanzieren. Die gesetzlich vorgesehene Beteiligung der Jugendämter beschränkte sich damit insgesamt auf 51,5 beziehungsweise 55 Prozent der Gesamtsumme der auf die betreffenden Einrichtungen entfallenden Kindpauschalen.
65 Etwas anderes folgt für das streitige Kindergartenjahr auch nicht aus dem Gutachten zur Rechtmäßigkeit einzelner geplanter Neuregelungen im Finanzierungssystem des Kinderbildungsgesetzes NRW (KiBiz-Novelle 2019) von Prof. Dr. Huster und Dr. Kießling vom Mai 2019. Diese führen auf Seite 12 zunächst in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen aus, dass die Kommunen freiwillige Zuschüsse an die Träger zahlten. Des Weiteren weisen sie zwar darauf hin, dass sich unter der Geltung des Kinderbildungsgesetzes Träger von dem Betrieb von Einrichtungen zurückgezogen hätten, wenn Einsparungen innerhalb des Betriebes nicht möglich gewesen seien und unter den Trägern, die den Betrieb aufgegeben hätten, auch "viele kirchliche Träger" gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte, die für eine signifikante Veränderung der pluralen Angebotsstruktur an Kindertageseinrichtungen zulasten der Träger der freien Jugendhilfe sprechen würden, sind dem Gutachten aber nicht zu entnehmen.
66 Schließlich kann dahinstehen, ob für die Verdrängungswirkung auf den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe abzustellen ist. Hierfür mag sprechen, dass die Vielfalt von Trägern und damit die Pluralität des Betreuungsangebots (§ 3 Abs. 1 SGB VIII) sowie die Wahlfreiheit der Leistungsberechtigten (§ 5 SGB VIII) auch vor Ort gesichert sein muss. Aus dem Vorbringen der Beteiligten und dem von ihnen vorgelegten Zahlenmaterial (vgl. die in der Beschwerdeerwiderung der Beklagten vom 29. Juni 2021 enthaltene Tabelle zur "Trägerlandschaft" in W.; die dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 6. Juli 2023 als Anlage 1 beigefügte Tabelle "Gemeindemitglieder und Konfessionsanteil nach Kirchenkreisen" sowie als Anlage 2 beigefügten Grafiken "Anzahl der TfK" und "Anzahl der Plätze gesamt" zur Trägerstruktur in W.) ergeben sich allerdings keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass im streitigen Kindergartenjahr 2016/2017 im Stadtgebiet der Beklagten eine Verdrängung von Einrichtungen freier Träger gedroht oder begonnen hatte. Die von der Klägerin vorgelegten Grafiken "Anzahl der TfK" und "Anzahl der Plätze gesamt" zur Trägerstruktur in W. stellen Zahlen von 2008 und 2016 gegenüber und erlauben schon daher keinen Rückschluss auf die hier maßgebliche Entwicklung nach dem Inkrafttreten des Kinderbildungsgesetzes 2016 am 1. August 2016. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Tabelle zur "Trägerlandschaft" in W. hat sich die Anzahl an Kindertageseinrichtungen der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im Zeitraum von 2016 bis 2018 insgesamt um fünf Einrichtungen und die der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im selben Zeitraum um vier Einrichtungen verringert. Die Tabelle gibt jedoch keinen Aufschluss über die jeweiligen Gründe der Schließungen. Ebenso wenig ist ihr zu entnehmen, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen Zugewinn an Betreuungsplätzen zulasten der freien Träger verzeichnen konnten.
67 bb) Aus den gleichen tatsächlichen Gründen liegt auch keine isolierte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG vor, soweit der Mehrzahl der Träger und so auch der Mehrzahl der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im streitigen Kindergartenjahr auf der Grundlage der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 keine auskömmliche Finanzierung gewährt wurde. Aufgrund der ihnen - wie dargelegt - von der Mehrzahl der nordrhein-westfälischen Kommunen im Kindergartenjahr 2016/2017 freiwillig gewährten zusätzlichen Leistungen wurden diese infolge der zu niedrig bemessenen Kindpauschalen nicht gegenüber den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe faktisch benachteiligt, denen ausnahmsweise auf der Grundlage der Kindpauschalen eine auskömmliche Finanzierung gewährt wurde (a. A. Huster/Kießling, Gutachten zur Rechtmäßigkeit einzelner geplanter Neuregelungen im Finanzierungssystem des Kinderbildungsgesetzes NRW <KiBiz-Novelle 2019> vom Mai 2019 S. 23 f.).
68 Soweit die Klägerin auch dahin zu verstehen sein sollte, dass die Nichtgewährung freiwilliger kommunaler Zuschüsse durch die Beklagte im Unterschied zur Praxis anderer Jugendämter ein Gleichheitsverstoß sei, fehlt es insoweit von vornherein an einer Ungleichbehandlung, weil der allgemeine Gleichheitssatz einen Träger öffentlicher Gewalt nur in seinem Zuständigkeitsbereich bindet (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 - 1 BvL 11, 12/14 u. a. - BVerfGE 148, 147 Rn. 100 m. w. N.).
69 d) Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 verletzt auch nicht einfaches Bundesrecht.
70 Es kann dahinstehen, ob § 24 SGB VIII für die auf der Grundlage des § 74a SGB VIII erlassene landesrechtliche Regelung entgegen der unter Gliederungspunkt II. 1. c) aa) (1) dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts isoliert oder auch allenfalls nur vermittelt über Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab herangezogen werden kann. Denn aus § 24 SGB VIII ist jedenfalls nicht abzuleiten, dass - wie in § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz 2016 vorgesehen - eine (angemessene) Eigenleistung anerkannter Träger der freien Jugendhilfe als Voraussetzung für eine staatliche Finanzierung unzulässig ist (vgl. a. A. etwa Wiesner, LKV 2016, 433 <441 f.>; Hundt, LKV 2018, 529 <532>; Huster/Kießling, Gutachten zur Rechtmäßigkeit einzelner geplanter Neuregelungen im Finanzierungssystem des Kinderbildungsgesetzes NRW <KiBiz-Novelle 2019> vom Mai 2019, S. 22; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, 9. Aufl. 2022, § 74a Rn. 1 und Vorbemerkung zu den §§ 74, 77, 78a-78g Rn. 7). Dagegen spricht bereits, dass es sich bei § 24 SGB VIII nicht um eine Finanzierungsregelung handelt. Die Vorschrift ist vielmehr als Anspruchsnorm des Kindes gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ausgestaltet. Auf welche Weise der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner Leistungsverpflichtung (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) gegenüber dem Kind nachkommt und dessen Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII auf Förderung in einer Tageseinrichtung erfüllt, unterliegt in erster Linie seiner Entscheidung. Zudem erlaubt das Bundesrecht in § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VIII ausdrücklich, die Förderung freier Träger von der Erbringung einer angemessenen Eigenleistung abhängig zu machen. Dem Bundesrecht lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung seines Finanzierungssystems nach § 74a SGB VIII, welches - wie dargelegt - bezogen bleibt auf ein Angebot der Jugendhilfe im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuch, hierzu nicht auch berechtigt sein sollte (s. a. OVG Bremen, Urteil vom 14. Juli 2021 - 2 LC 112/20 - juris Rn. 48 ff. und nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2022 - 5 B 30.21 - juris).
71 2. Die Klägerin kann auch weder aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. § 4 Abs. 2 SGB VIII noch unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch gegen die Beklagte auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung eines weiteren Zuschusses aus kommunalen Haushaltsmitteln herleiten.
72 Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es an einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, soweit die Beklagte - wie von der Klägerin geltend gemacht - die infolge der unauskömmlichen Finanzierung nach dem Kinderbildungsgesetz 2016 entstandenen finanziellen Defizite der in ihrer Trägerschaft stehenden Einrichtungen im streitigen Kindergartenjahr aus kommunalen Haushaltsmitteln ausgeglichen, aber Einrichtungen anerkannter Träger der freien Jugendhilfe nicht mit zusätzlichen Mitteln unterstützt hat. Die Beklagte hat bei der finanziellen Unterstützung der von ihr betriebenen Einrichtungen als Einrichtungsträgerin gehandelt und mit den freiwilligen Zusatzzahlungen eine eigene Aufgabe finanziert. Im Falle der Gewährung eines Defizitausgleichs aus kommunalen Haushaltsmitteln an anerkannte Träger der freien Jugendhilfe handelt es sich im Unterschied dazu um die (Mit-)Finanzierung der Tätigkeit eines Dritten (vgl. so im Ergebnis auch VGH München, Urteil vom 23. Oktober 2013 - 12 BV 13.650 - juris; VGH Kassel, Urteil vom 25. April 2023 - 10 C 1271/19.N - juris Rn. 167).
73 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.