Beschluss vom 18.12.2023 -
BVerwG 3 BN 11.22ECLI:DE:BVerwG:2023:181223B3BN11.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.12.2023 - 3 BN 11.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:181223B3BN11.22.0]

Beschluss

BVerwG 3 BN 11.22

  • OVG Berlin-Brandenburg - 19.07.2022 - AZ: 12 A 2/21

In der Normenkontrollsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Juli 2022 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller ist Mitpächter des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ... (Landkreis Teltow-Fläming) und Jagdausübungsberechtigter. Er wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Vorschriften der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdDV) vom 28. Juni 2019 (GVBl. II Nr. 45 vom 4. Juli 2019). Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dem Antrag teilweise stattgegeben und § 4 Abs. 1 Satz 7, § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 BbgJagdDV für unwirksam erklärt. Im Übrigen - hinsichtlich § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 6, Abs. 4 und Abs. 6 BbgJagdDV - hat es den Antrag abgelehnt. Die Vorschrift des § 4 BbgJagdDV lautet wie folgt:
§ 4
Regelung der Bejagung
(zu § 29 Absatz 10 BbgJagdG)
(1) Die Jagdausübungsberechtigten haben den von ihnen für ihren Jagdbezirk vorgeschlagenen Abschussplan je Jagdjahr vom 1. März bis spätestens 1. April der unteren Jagdbehörde nach einem von der obersten Jagdbehörde bestimmten Muster vorzulegen. Bei der Abschussplanung ist der Wildschadenssituation und der Körperentwicklung des Wildes Rechnung zu tragen. Eine erhöhte Wildschadenssituation im Wald liegt in der Regel dann vor, wenn der Wildbestand eine flächige, mindestens einen Hektar große künstliche Verjüngung oder eine natürliche Verjüngung der Gemeinen Kiefer, Rotbuche, Stieleiche, Traubeneiche, Gemeinen Birke sowie Eberesche nicht zulässt und daher die gemäß der einschlägigen forstlichen Förderrichtlinie vorgesehenen Mindestpflanzenzahlen nicht erreicht werden. Die Feststellung von erhöhten Wildschäden erfolgt durch die Inhaber der Eigenjagdbezirke und der Eigenjagdbezirke des Landes sowie die Jagdvorstände der Jagdgenossenschaften. In Zweifelsfällen entscheidet die untere Jagdbehörde. Bei Wildschäden im Wald soll die untere Forstbehörde beteiligt werden. (...)
(...)
(4) Für Rot-, Dam- und Muffelwild gilt der Abschussplan für die Altersklasse 0 und 1 als Mindestabschuss.
(...)
(6) Bei einer erhöhten Wildschadenssituation gemäß Absatz 1 erfolgt die Bestätigung oder Festsetzung von Abschussplänen für weibliches Rot-, Dam- und Muffelwild als Mindestabschussplan.

2 Zur Begründung der Antragsablehnung hat das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. Juli 2022 im Wesentlichen ausgeführt: Die angegriffenen Regelungen seien rechtmäßig. § 4 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdDV habe seine Rechtsgrundlage in § 29 Abs. 10 Nr. 1 des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdG). Danach könnten durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften über die Abschussplanung sowie über die Bestätigung und Festsetzung der Abschusspläne erlassen werden. § 4 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdDV sei dahin auszulegen, dass der Verordnungsgeber die in die Abschussplanung einzubeziehenden Gesichtspunkte nicht auf die Wildschadenssituation und die Körperentwicklung des Wildes habe beschränken wollen. Die Bestimmung regele nur einen Ausschnitt dessen, was bei der Abschussplanung gemäß § 21 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) zu berücksichtigen sei. Die in § 4 Abs. 1 Satz 3 bis 6 BbgJagdDV getroffenen Regelungen seien von der Verordnungsermächtigung ebenfalls gedeckt und auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Das Gleiche gelte für die Mindestabschussregelungen in § 4 Abs. 4 und 6 BbgJagdDV. Der Begriff des Mindestabschusses sei hinreichend klar. Bei Eingreifen der Regelungen könnten mehr Tiere erlegt werden als im Abschussplan vorgesehen. Eine Mindestabschussregelung stelle dem Jagdausübungsberechtigten nicht frei, den gesamten Bestand zur Strecke zu bringen. Vielmehr habe er stets seine Verantwortung für die Hege des Wildes (§ 1 Abs. 2 BJagdG) wahrzunehmen.

3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Antragstellers.

II

4 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

5 1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des angegriffenen Urteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zuzulassen.

6 Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der in Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht bzw. das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift oder desselben Rechtsgrundsatzes aufgestellt hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2021 - 3 B 9.20 - juris Rn. 26 und vom 18. Juli 2022 - 3 B 37.21 - juris Rn. 9, jeweils m. w. N.). Die Divergenzrüge ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde die ihrer Auffassung nach divergierenden Rechtssätze einander präzise gegenüberstellt. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts genügt den Darlegungsanforderungen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2017 - 3 B 15.16 - NVwZ 2018, 830 Rn. 30 m. w. N.). Danach liegen die Voraussetzungen einer die Revision eröffnenden Divergenz nicht vor.

7 a) Der Antragsteller trägt vor, das vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegte Normverständnis von § 4 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdDV (UA S. 18) beruhe auf dem Rechtssatz, dass eine Verordnungsregelung, die nach ihrem Wortlaut als rechtswidrig zu beurteilen wäre, nicht für unwirksam erklärt werden müsse, sondern im Wege einer als Auslegung bezeichneten Anpassung an das einschlägige Bundesrecht - hier: § 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG - als rechtskonform bewertet werden könne. Damit bezeichnet der Antragsteller keinen die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz. Das Oberverwaltungsgericht hat den behaupteten Rechtssatz weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Es hat angenommen, dass die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdDV im Lichte umfassenderer bundes- und landesgesetzlicher Vorgaben nicht dahin zu verstehen sei, dass der Blickwinkel bei der Abschussplanung auf die benannten Gesichtspunkte der Wildschadenssituation und der Körperentwicklung des Wildes zu beschränken sei. Dass der Verordnungsgeber eine Regelung hätte treffen wollen, die in Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben stehe, hat das Oberverwaltungsgericht nicht für naheliegend gehalten. Es hat dies deshalb nicht angenommen (UA S. 18). Der Antragsteller rügt mit seinem Beschwerdevorbringen in der Sache einen Rechtsanwendungsfehler, indem er unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 - (NVwZ 2005, 695) beanstandet, dass das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts die durch Art. 20 Abs. 3 GG gezogenen Grenzen der Normauslegung überschreite.

8 Darüber hinaus ist die behauptete Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 - nicht dargelegt. Gegenstand der Entscheidung war ein Normenkontrollantrag gegen eine Abfallwirtschaftssatzung (AWS). Die Antragstellerinnen hatten unter anderem geltend gemacht, die Auslegung von § 14 Abs. 7 AWS durch den Verwaltungsgerichtshof überschreite den durch Wortlaut und Zweck bestimmten Sinn der Satzungsvorschrift. Das Bundesverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Normauslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht gegen das bundesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsgebot verstoße. Unter Berücksichtigung der Auslegung der Ermächtigungsnorm und der Tatsache, dass § 14 Abs. 7 AWS ausdrücklich auf diese Norm verweise, seien die Grenzen rechtsstaatlich zulässiger Auslegung nicht überschritten; denn das Normverständnis des Verwaltungsgerichtshofs knüpfe damit an einen Umstand an, der sich erkennbar aus der auszulegenden Norm selbst ergebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695 <697> = juris Rn. 26). Der Antragsteller trägt vor, das Bundesverwaltungsgericht habe sich konkret mit der angegriffenen Satzungsregelung befasst und zum Verständnis der Vorschrift den rechtlichen Kontext der Ermächtigungsnorm herangezogen. Es lege seiner Norminterpretation den Rechtssatz zugrunde, dass die Grenzen rechtsstaatlicher Auslegung einzuhalten seien und sich das Normverständnis erkennbar aus der auszulegenden Norm selbst ergeben müsse. Das Oberverwaltungsgericht löse sich hingegen völlig vom Wortlaut der Verordnungsregelung und lege seiner Auslegung die Annahme zugrunde, der Verordnungsgeber habe keine bundesrechtswidrige Regelung erlassen wollen. Für diese Annahme biete weder der Verordnungstext eine Grundlage, noch benenne das Oberverwaltungsgericht andere Anknüpfungspunkte, die die Annahme stützten. Mit diesem Vorbringen zeigt der Antragsteller nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hätte, der in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Auslegung nicht den Rechtssatz zugrunde gelegt, die Grenzen rechtsstaatlich zulässiger Normauslegung dürften überschritten werden. Es hat auch nicht angenommen, mit seinem Normverständnis die Auslegungsgrenzen überschritten zu haben. Der Antragsteller rügt mit seiner in das Gewand der Divergenzrüge gekleideten Kritik am Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts - wie bereits dargelegt - eine (angeblich) fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts.

9 Für seinen Vortrag, die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der Verordnungsregelung stehe in Widerspruch zum Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Normauslegung den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügen müsse (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695 <698> = juris Rn. 29), gilt Entsprechendes.

10 b) Der Antragsteller macht des Weiteren geltend, das angegriffene Urteil weiche von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2006 ‌- 1 BvR 2084/05 - (NVwZ 2007, 808) ab, weil es auf dem Rechtssatz beruhe, dass die Bejagung von Rehwild ohne Abschussplan mit Art. 20a GG in Einklang stehe.

11 Mit diesem Beschwerdevorbringen zeigt der Antragsteller keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das Bundesverfassungsgericht hat in der in Bezug genommenen Entscheidung angenommen, die in § 1 Abs. 2 BJagdG festgelegten Gesetzeszwecke stünden nicht in Widerspruch zu dem Verfassungsauftrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gemäß Art. 20a GG. Ein dem Gedanken der Hege verpflichtetes Jagdrecht, das unter anderem Abschussregelungen in einem Umfang vorschreibe, die dazu beitragen sollten, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zeit erhalten bleibe und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert sei, deren Bestand bedroht erscheine (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG), diene im Gegenteil dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Dezember 2006 - 1 BvR 2084/05 - NVwZ 2007, 808 Rn. 15). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Ermächtigung des § 29 Abs. 10 Nr. 1 BbgJagdG zum Erlass von Verordnungsregelungen über die Abschussplanung unterliege nicht deshalb Gültigkeitsbedenken, weil nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG für Rehwild kein Abschussplan einzureichen sei (UA S. 18). Danach liegt die vom Antragsteller behauptete Rechtssatzdivergenz nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht verhält sich nicht zur Vereinbarkeit einer Regelung wie in § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG mit Art. 20a GG. Das Oberverwaltungsgericht hat auch keinen abstrakten Rechtssatz in Bezug auf Art. 20a GG aufgestellt, mit dem es der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts widersprochen hätte.

12 c) Die außerdem gerügte Abweichung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 1992 - 3 C 62.89 - (NVwZ-RR 1992, 588) rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht.

13 Der Antragsteller trägt vor, das angegriffene Urteil beruhe auf dem Rechtssatz, dass die Jagd auf Rehwild keiner staatlichen Ordnung und Aufsicht in Form eines Abschussplans bedürfe, weil der Jagdausübungsberechtigte sich auch ohne Abschussplan an die Vorgaben halten müsse, die gälten, wenn eine Abschussfestsetzung vorläge. Demgegenüber sei das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, es sei die Aufgabe der Jagdbehörde, über den Abschussplan zu entscheiden und bei der Entscheidung die in § 21 Abs. 1 BJagdG benannten Belange abzuwägen. Damit zeigt der Antragsteller keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

14 Das Bundesverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Jagdbehörde bei der gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG zu treffenden Entscheidung über den Abschussplan verpflichtet sei, die in § 21 Abs. 1 BJagdG aufgeführten Belange in ihre Entscheidung einzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1992 - 3 C 62.89 - NVwZ-RR 1992, 588 <S. 588 f.> = juris Rn. 24 ff.). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, der Verordnungsgeber habe bei der Abschussregelung neben den landesgesetzlichen Vorgaben des § 29 Abs. 10 Nr. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG auch die Vorgaben des § 21 Abs. 1 BJagdG und die dazu vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. März 1992 - 3 C 62.89 -) zu beachten (vgl. UA S. 18 sowie S. 12 f.). Danach hat das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf § 21 Abs. 1 BJagdG keinen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. In Bezug auf § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG verfehlt das Beschwerdevorbringen die Darlegungsanforderungen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass die in § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG bestimmte Ausnahmeregelung für Rehwild im Hinblick auf § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG Gültigkeitsbedenken unterliegt. Dass der angegriffenen Entscheidung ungeachtet dessen ein divergierender Rechtssatz zugrunde liegt, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Die Frage, ob die in § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG getroffene Ausnahmeregelung für Rehwild in Widerspruch zu § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG steht, stellt sich nicht, wenn ein Fall des Anwendungsvorrangs der landesgesetzlichen Regelung gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GG vorliegt (zur Befugnis der Länder zur Abweichungsgesetzgebung auf dem Gebiet des Jagdwesens vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2016 - 3 B 29.15 - ‌NVwZ-RR 2016, 484 Rn. 5 ff.). Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass das Land Brandenburg von seiner Abweichungsgesetzgebungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat. Der Antragsgegner hat insoweit vorgetragen, dass das Land Brandenburg durch die am 12. Juli 2014 in Kraft getretene Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG von dieser Befugnis Gebrauch gemacht habe (vgl. Schriftsatz vom 16. August 2021, S. 3).

15 Aus den gleichen Gründen rechtfertigt die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 - 3 C 31.04 - ‌(NVwZ 2006, 92) keine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

16 d) Ebenso wenig zeigt der Antragsteller mit seinem Vorbringen auf S. 32 der Beschwerdebegründung auf, dass das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 1992 - 3 C 62.89 - abweicht. Er trägt vor, dem angegriffenen Urteil liege der Rechtssatz zugrunde, dass es für eine Abschussfestsetzung nicht darauf ankomme, dass die untere Jagdbehörde revierbezogen die berechtigten Ansprüche auf Schutz vor Wildschäden mit den weiteren im Gesetz genannten Belangen abwäge, sondern es sei ausreichend, wenn allein durch die Bewertung des Aufwuchses durch Waldeigentümer eine erhöhte Wildschadenssituation festgestellt werde. Einen solchen Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es hat angenommen, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdDV der Gesichtspunkt der Wildschadenssituation bei der Abschussplanung zu berücksichtigen sei. Die Wildschadenssituation sei ein Belang, der bereits nach § 21 Abs. 1 BJagdG verpflichtend bei der Abschussregelung zu beachten sei (UA S. 18). Es hat weiter angenommen, dass der gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 BbgJagdG einzureichende Abschussplan eine Abwägungsentscheidung sei, bei der die in § 21 Abs. 1 BJagdG genannten Interessen entsprechend der gesetzlich vorgegebenen Gewichtung in Ausgleich zu bringen seien. Die Jagdbehörde sei bei ihrer Entscheidung, ob sie dem Abschussplan des Jagdausübungsberechtigten folge oder davon abweiche, verpflichtet, die gesetzlich bestimmten Belange in ihre Interessenabwägung einzustellen (UA S. 12 f.). Danach ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Wildschadenssituation ein von der Jagdbehörde in ihre Abwägungsentscheidung einzustellender Belang ist. Eine erhöhte Wildschadenssituation im Wald (§ 4 Abs. 1 Satz 3 BbgJagdDV) hat es davon nicht ausgenommen. Es hat zudem angenommen, dass die Feststellung einer erhöhten Wildschadenssituation der jagdbehördlichen Kontrolle unterliege (§ 4 Abs. 1 Satz 5 BbgJagdDV; vgl. UA S. 20 f.).

17 2. Die Revision ist auch nicht wegen eines geltend gemachten Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

18 a) Der Antragsteller rügt einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht habe im Rahmen seiner Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 3 bis 6 BbgJagdDV (UA S. 18 ff.) tatsächliche Feststellungen getroffen, die in offensichtlichem Widerspruch zum Akteninhalt stünden. Zudem verstießen die Schlüsse, die das Gericht aus den aktenwidrig zugrunde gelegten Tatsachen gezogen habe, gegen Denkgesetze.

19 Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der tatrichterlichen Würdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung der Vorinstanz von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Das Ergebnis der gerichtlichen Würdigung ist vom Revisionsgericht im Rahmen einer Verfahrensrüge nur daraufhin zu überprüfen, ob es gegen allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder objektiv willkürlich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 2020 - 3 B 34.19 - juris Rn. 21 und vom 24. August 2022 - 3 B 36.21 - juris Rn. 13, jeweils m. w. N.). Einen solchen Mangel legt der Antragsteller nicht dar.

20 aa) Die Rüge einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung setzt die schlüssig vorgetragene Behauptung voraus, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt bestehe ein Widerspruch. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 2009 - 6 B 73.08 - ‌juris Rn. 4, vom 28. November 2013 - 9 B 14.13 - juris Rn. 28 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - juris Rn. 16, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzungen erfüllt das Beschwerdevorbringen nicht. Der Antragsteller macht geltend, das Oberverwaltungsgericht lege seinen rechtlichen Überlegungen als Tatsache zugrunde, dass die in § 4 Abs. 1 Satz 3 BbgJagdDV benannten Baumarten allesamt in Brandenburg vorhanden und für den Waldumbau geeignet und erforderlich seien. Damit gibt er die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nicht korrekt wieder (vgl. UA S. 19 f.). Zudem verweist er zum Beleg der behaupteten Aktenwidrigkeit nicht auf unstreitigen Akteninhalt. Er beanstandet vielmehr, dass das Oberverwaltungsgericht seinem Vortrag nicht gefolgt sei.

21 Soweit der Antragsteller rügt, das Oberverwaltungsgericht habe sein Vorbringen zur örtlichen Situation in seinem Jagdbezirk nicht zur Kenntnis genommen, legt er damit weder eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung noch einen Gehörsverstoß der Vorinstanz dar. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, § 4 Abs. 1 Satz 3 BbgJagdDV könne und solle sich nur auf Forstkulturen der genannten Holzarten beziehen, wenn diese nicht in dem konkreten Jagdbezirk vorkämen, wobei Vorkommen in diesem Sinne nicht vereinzelte Pflanzen, sondern ein Vorhandensein in forstwirtschaftlich nennenswerter Größenordnung meine. Es hat weiter angenommen, die Verordnungsregelung dürfte damit im Wesentlichen für Forstkulturen entsprechender Größe mit revierfremden von der Aufzählung erfassten Holzarten von Bedeutung sein (UA S. 19). Diese Annahmen betreffen die Auslegung der Regelung und enthalten keine tatsächliche Feststellung zur örtlichen Situation im Jagdbezirk des Antragstellers. Danach greift die Rüge der Aktenwidrigkeit nicht durch. Ebenso wenig zeigt der Antragsteller auf, dass das Oberverwaltungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag übergangen hätte.

22 bb) Gegen Denkgesetze verstößt ein Tatsachengericht nur, wenn es einen Schluss zieht, der aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann. Dafür genügt es nicht, wenn das Tatsachengericht nach Meinung eines Beteiligten zu unrichtigen oder fernliegenden Schlüssen gelangt ist. Ebenso wenig reichen objektiv nicht überzeugende oder unwahrscheinliche Schlussfolgerungen aus (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 3 B 34.19 - juris Rn. 22 m. w. N.). Danach verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es sei sachgerecht, die Feststellung einer erhöhten Wildschadenssituation den Schadensbetroffenen (Inhaber der Eigenjagdbezirke und Vorstände der Jagdgenossenschaften) zuzuweisen, weil grundsätzlich der Waldeigentümer die Ursachen für den mangelnden Aufwuchs von Forstkulturen kennt bzw. im eigenen Interesse ermitteln werde (UA S. 20), nicht gegen Denkgesetze. Bei der Annahme, ein Waldeigentümer kenne die Ursachen für den mangelnden Aufwuchs oder werde sie im eigenen Interesse ermitteln, handelt es sich nicht um eine Schlussfolgerung, die aus Gründen der Logik ausgeschlossen ist.

23 Ebenso wenig legt der Antragsteller mit seinem Vorbringen, das Oberverwaltungsgericht habe die Begriffe der Wildschadenssituation und des Wildschadens bedeutungsgleich verwendet, einen Verstoß gegen Denkgesetze dar. Mit seiner Kritik an der Auslegung der Begriffe durch das Oberverwaltungsgericht macht er keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, sondern beanstandet eine Verletzung nicht revisiblen materiellen Landesrechts.

24 b) Der Antragsteller rügt des Weiteren, das Oberverwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es sein Vorbringen zum Mindestabschuss in den Schriftsätzen vom 20. Mai 2021 (S. 9 bis S. 11) und vom 28. Oktober 2021 (S. 5 und S. 6) weder im Urteil erwähnt noch sich damit inhaltlich auseinandergesetzt habe.

25 Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen behandeln muss. Vielmehr sind nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2020 - 8 B 2.20 - juris Rn. 7, vom 8. Dezember 2021 - 6 B 6.21 - juris Rn. 7 m. w. N. und vom 28. Juli 2022 - 7 B 15.21 - NVwZ 2022, 1634 Rn. 33 m. w. N.). Danach liegt der geltend gemachte Gehörsverstoß nicht vor.

26 Dem Vortrag des Antragstellers, der Verordnungsbegriff des Mindestabschusses sei unklar, ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Es hat angenommen, nach dem Regelungszusammenhang stehe der Mindestabschuss bestimmter Tiere in Beziehung zu dem bestätigten Abschussplan. Danach könnten bei Eingreifen der Regelungen mehr Tiere erlegt werden, als im Abschussplan vorgesehen seien (UA S. 22). Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch mit dem Vorbringen des Antragstellers auseinandergesetzt, von dieser Berechtigung könne wahllos und ohne Rücksicht auf die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes Gebrauch gemacht werden. Es hat angenommen, eine Mindestabschussregelung sei kein Freibrief, den gesamten Bestand zur Strecke zu bringen. Vielmehr habe jeder Jagdausübungsberechtigte auch bei Eingreifen einer Mindestabschussregelung seine Verantwortung für die Hege des Wildes (§ 1 Abs. 2 BJagdG) in seinem Revier wahrzunehmen. Damit sei es nicht zu vereinbaren, den Bestand bevorzugt nach "Trophäenträgern" zu reduzieren. Vielmehr seien wildbiologische Erfordernisse bei der Auswahl gegebenenfalls über den (Mindest-)Abschussplan hinaus zu erlegender Tiere zu beachten (UA S. 23). Danach kann aus dem Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht nicht ausdrücklich auf den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 60 Abs. 3 BbgJagdG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 BJagdG eingegangen ist, nicht geschlossen werden, es habe den darauf bezogenen Vortrag des Antragstellers nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Mit seiner Annahme, der Jagdausübungsberechtigte sei gemäß § 4 Abs. 4 und 6 BbgJagdDV unter den dargelegten Voraussetzungen befugt, mehr Tiere zu erlegen, als im (Mindest-)Abschussplan vorgesehen seien, hat das Oberverwaltungsgericht erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass ein solches Überschreiten des Abschussplans nicht verboten sei.

27 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

28 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.