Beschluss vom 21.02.2023 -
BVerwG 9 B 1.23ECLI:DE:BVerwG:2023:210223B9B1.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.02.2023 - 9 B 1.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:210223B9B1.23.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 1.23

  • VG Regensburg - 04.03.2021 - AZ: RO 11 K 20.401
  • VGH München - 24.10.2022 - AZ: 4 B 22.155

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Februar 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2022 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht in einer den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

2 1. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss in der Begründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

3 Die für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erforderliche grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Eine den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung setzt daher die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

4 Eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts kommt nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht sich in Anwendung derselben Rechtsvorschrift des revisiblen Rechts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (BVerwG, Beschlüsse vom 16. Februar 1976 - 7 B 18.76 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 143 S. 24 und vom 14. August 2019 - 9 B 13.19 - Buchholz 346 LandesVerwVollstrR Nr. 6 Rn. 9 und 12 m. w. N.). Der Zulassungsgrund ist deshalb nur dann nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerdebegründung einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem von einem der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das bloße Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung eines solchen Rechtssatzes genügt hingegen weder für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung noch für die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil abweicht, den Begründungsanforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

5 Ein Verfahrensmangel ist schließlich nur dann den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn vermeintlich begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

6 2. Die Beschwerdebegründung erfüllt hinsichtlich keiner der Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO die Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Abgesehen davon, dass der Kläger keinen Zulassungsgrund ausdrücklich benennt, lassen sich seinen Ausführungen auch der Sache nach Zulassungsgründe nicht entnehmen.

7 a) Mit der Rüge, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verstoße gegen den Rechtssatz, dass bei der Bewertung und Auslegung einer gemeindlichen Satzung auf die zum Zeitpunkt der Antragstellung gültige Satzung bzw. den zum Zeitpunkt der Antragstellung gültigen Satzungsstand abzustellen ist und nicht auf die gültige Satzung zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung durch das Gericht, ist ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO nicht dargelegt.

8 Der Kläger macht damit der Sache nach geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe über seinen Anspruch auf kostenlosen Anschluss seines Grundstücks an die Wasserversorgungsanlage der Beklagten zu Unrecht auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Satzungsrechts entschieden. Er zeigt damit lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung auf, was, wie ausgeführt, weder für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung noch für die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil abweicht, den Begründungsanforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

9 Auch die Formulierung des Rechtssatzes, gegen den der Verwaltungsgerichtshof verstoßen haben soll, reicht für die Darlegung eines Zulassungsgrundes nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht aus. Zwar bezeichnet die Beschwerdebegründung mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Februar 1985 - 4 C 46.82 - (Buchholz 406.11 § 42 BBauG Nr. 1 S. 1 ff.) eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich dieser Rechtssatz nach Ansicht des Klägers entnehmen lässt. Sie benennt aber keinen bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das Berufungsgericht diesem Rechtssatz widersprochen hätte. Schon aus diesem Grund ist auch eine Abweichung vom Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2009 - 20 ZB 09.17 65 - und von dessen Urteil vom 31. Mai 2013 - 20 N 12.10 60 - nicht dargelegt. Insoweit kommt hinzu, dass die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nur zuzulassen ist, wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht, nicht jedoch bei einer Divergenz zu Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe.

10 b) Soweit der Kläger einen Verstoß des Berufungsurteils gegen den allgemeinen Rechtssatz geltend macht, dass ein Anschluss an das gemeindliche Leitungsnetz, wenn er technisch möglich ist, nicht versagt werden darf, weil ein Benutzungsrecht vermeintlich fehlt und deshalb kein Nutzen aus dem Anschluss gezogen werden kann, ist ein Zulassungsgrund ebenfalls nicht in einer den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Denn auch insoweit beschränkt sich die Beschwerdebegründung der Sache nach lediglich darauf, eine fehlerhafte Rechtsanwendung aufzuzeigen.

11 Ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist auch nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt, soweit der Kläger sich zur Begründung des Rechtsverstoßes auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2011 - VIII ZR 23/11 -, vom 24. März 1988 - VII ZR 81/87 -, vom 28. Februar 2007 - VIII ZR 156/06 -, vom 26. September 2007 - VIII ZR 17/07 - und vom 13. Juli 2018 - V ZR 308/17 - beruft. Denn abgesehen davon, dass eine Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, die auf Fälle der Divergenz zu Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverfassungsgerichts beschränkt ist, wegen einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht kommt, benennt die Beschwerdebegründung keinen bestimmten, abstrakten Rechtssatz, der für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend war und mit diesen Urteilen nicht im Einklang steht. Schon aus diesem Grund ist auch eine Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Oktober 1989 - 8 C 52/87 - (BVerwGE 82, 350) nicht in einer den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargetan.

12 c) Auch ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Anhaltspunkte für einen Verfahrensmangel lassen sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.