Beschluss vom 08.12.2022 -
BVerwG 8 B 51.22ECLI:DE:BVerwG:2022:081222B8B51.22.0

Beschluss

BVerwG 8 B 51.22

  • VG Greifswald - 18.08.2022 - AZ: 5 A 184/20 HGW

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Dezember 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Meister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. August 2022 wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wurde nicht wirksam erhoben, weil die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. August 2022 nicht wirksam in Papierform eingelegt werden konnte.

2 § 55d Satz 1 VwGO verpflichtet Rechtsanwälte, die Beschwerdeschrift als elektronisches Dokument einzureichen. Eine Übermittlung in Papierform ist nur zulässig, wenn eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (vgl. § 55d Satz 3 und 4 VwGO). Wird die elektronische Form des § 55d Satz 1 VwGO nicht beachtet, ohne dass die Voraussetzungen des § 55d Satz 3 und 4 VwGO erfüllt sind, führt dies zur Unwirksamkeit der in Papierform eingereichten Erklärungen und zur Unzulässigkeit damit erhobener Rechtsmittel (vgl. Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 55d Rn. 5; Buchheister, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 55d Rn. 2 f.).

3 So liegt es hier. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat gegen das am 26. August 2022 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts mit Schreiben vom 31. August 2022 am 2. September 2022 Beschwerde in Papierform eingelegt. Eine den Anforderungen des § 55d Satz 1 VwGO genügende elektronische Übermittlung der Beschwerdeschrift erfolgte nicht. Eine vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen gemäß § 55d Satz 3 und 4 VwGO hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger weder geltend noch glaubhaft gemacht. Wegen des Ablaufs der Beschwerdefrist kann die Beschwerde auch nicht mehr rechtzeitig formgerecht eingelegt werden. Die einmonatige Beschwerdefrist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO wurde gemäß § 58 Abs. 1 VwGO mit Zustellung des Urteils am 26. August 2022 in Lauf gesetzt und endete am Montag, den 26. September 2022. Die dem Urteil des Verwaltungsgerichts beigefügte Rechtsmittelbelehrung entspricht den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO. Sie ist insbesondere nicht mangels Hinweises auf die Formvorschrift des § 55d VwGO unvollständig, denn die nach § 58 Abs. 1 VwGO gebotene Belehrung über den Rechtsbehelf schließt dessen Form nicht ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2021 - 9 C 8.19 - BVerwGE 171, 194 Rn. 28 m. w. N.).

4 Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Kläger haben keine Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht; solche Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich. Die behauptete verwaltungsgerichtliche Praxis der Aktenführung ist nicht geeignet, die Missachtung des § 55d VwGO zu entschuldigen. Von der gesetzlichen Pflicht zur elektronischen Übermittlung kann sie den Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht entbinden.

5 Auf die Formunwirksamkeit der in Papierform eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde und die daraus folgende Unzulässigkeit der Beschwerde ist der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben der Vorsitzenden vom 24. Oktober 2022 hingewiesen worden.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Beschluss vom 12.01.2023 -
BVerwG 8 B 51.22ECLI:DE:BVerwG:2023:120123B8B51.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.01.2023 - 8 B 51.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:120123B8B51.22.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 51.22

  • VG Greifswald - 18.08.2022 - AZ: 5 A 184/20 HGW

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Meister
beschlossen:

  1. Die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 8. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.
  2. Die "außerordentliche" Beschwerde wird verworfen.

Gründe

1 1. Die Gegenvorstellung der Kläger hat keinen Erfolg. Unabhängig davon, ob eine solche Gegenvorstellung nach Einführung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO noch zulässig ist, bietet sie jedenfalls keinen Anlass, den angegriffenen Beschluss vom 8. Dezember 2022 zu ändern. Die Kläger wiederholen im Wesentlichen ihr bereits beschiedenes Beschwerdevorbringen, ohne neue sachliche Gesichtspunkte vorzutragen. Ihr Einwand, verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsverfahren seien nicht nach der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen, sodass § 55d VwGO nicht anwendbar sei, findet in der Rechtsordnung keine Stütze (vgl. § 16 Abs. 1 VwRehaG).

2 2. Die zugleich erhobene "außerordentliche" Beschwerde ist nicht statthaft. Für einen derartigen in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht geregelten Rechtsbehelf besteht nach Inkrafttreten des § 152a VwGO kein Raum mehr (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 8 KSt 1.10 - juris Rn. 3 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <416>). Soweit sich die Kläger auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur außerordentlichen Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" berufen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1992 - VII ZB 3/92 - BGHZ 119, 372), hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2002 - IX ZB 11/02 - BGHZ 150, 133 <137>). Abgesehen davon betraf sie nur eine Befassung des nächsthöheren Gerichts mit außerordentlichen Rechtsbehelfen (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 24. April 2020 - 1 B 18.20 - juris Rn. 2), nicht aber die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung durch dasjenige Gericht, das - wie hier - die Entscheidung erlassen hat.

3 3. Sollte das Begehren der Kläger vom 28./30. Dezember 2022 als Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO auszulegen sein, hätte diese keinen Erfolg. Die Anhörungsrüge ist kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Sie ist vielmehr ein formelles Recht, das greift, wenn das Gericht wesentliches Vorbringen der Prozessbeteiligten nicht zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in gebotener Weise auseinandergesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 8 KSt 12.10 - juris Rn. 4). Das ist hier nicht der Fall.