Verfahrensinformation

Die Kläger sind als Wohnungsinhaber rundfunkbeitragspflichtig. Sie wenden sich gegen die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den Beklagten und begehren hilfsweise die Feststellung, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Beklagte hat in seiner Beitragssatzung geregelt, dass der Rundfunkbeitrag nur durch Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann. Hierin sehen die Kläger einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind, sowie gegen die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts. In den Vorinstanzen sind die Klagen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ein Verbot von Regelungen zur bargeldlosen Zahlungsweise, das nur durch eine gleichrangige bundesgesetzliche Bestimmung aufgehoben oder geändert werden könnte, nicht zu entnehmen. Werde die Barzahlung lediglich für einen Teilbereich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität ausgeschlossen, tangiere dies den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht. Dies gelte entsprechend auch für die unionsrechtlichen Regelungen. Mit den vom Verwaltungsgerichtshof jeweils zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger ihre Begehren weiter.


Pressemitteilung Nr. 23/2019 vom 28.03.2019

EuGH soll Fragen zur Annahmeverpflichtung für Euro-Banknoten klären

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zur Auslegung des Begriffs des gesetzlichen Zahlungsmittels im Unionsrecht und zur Reichweite der ausschließlichen Kompetenz der Union im Bereich der Währungspolitik vorgelegt.


Die Kläger der beiden Ausgangsverfahren sind als Wohnungsinhaber rundfunkbeitragspflichtig. Sie wenden sich gegen die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den beklagten Hessischen Rundfunk und begehren hilfsweise die Feststellung, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Beklagte hat die von den Klägern jeweils angebotene Barzahlung unter Verweis auf seine Beitragssatzung abgelehnt. Darin ist geregelt, dass der Rundfunkbeitrag nur durch Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann. In den Vorinstanzen sind die Klagen erfolglos geblieben.


Die Entscheidung über die Revisionen der Kläger setzt die Klärung der Frage voraus, ob die Festlegung der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel in Art. 128 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - und weiteren Vorschriften des Unionsrechts ein Verbot für öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats enthält, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht mit solchen Banknoten abzulehnen, oder das Unionsrecht Raum für Regelungen lässt, die für bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen.


Weiter soll der EuGH klären, ob die ausschließliche Zuständigkeit, die die Union im Bereich der Währungspolitik für die Mitgliedstaaten hat, deren Währung der Euro ist (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV), einem Rechtsakt eines dieser Mitgliedstaaten entgegensteht, der eine Verpflichtung öffentlicher Stellen des Mitgliedstaats zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten vorsieht. Einen solchen Annahmezwang regelt nach der - von den Vorinstanzen abweichenden - Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind. Zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses der Barzahlungsmöglichkeit in der Beitragssatzung des Beklagten führt diese bundesrechtliche Regelung jedoch nur dann, wenn die ausschließliche Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik den Mitgliedstaaten noch eine Gesetzgebungskompetenz für die Bestimmung von Rechtsfolgen der Qualifizierung der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel lässt.


Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht die Revisionsverfahren ausgesetzt.


Fußnote:

Die Vorlagefragen lauten wie folgt:


1. Steht die ausschließliche Zuständigkeit, die die Union gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV im Bereich der Währungspolitik für diejenigen Mitgliedstaaten hat, deren Währung der Euro ist, einem Rechtsakt eines dieser Mitgliedstaaten entgegen, der eine Verpflichtung öffentlicher Stellen des Mitgliedstaats zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten vorsieht?


2. Enthält der in Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV, Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sowie Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro festgelegte Status der auf Euro lautenden Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel ein Verbot für öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht mit solchen Banknoten abzulehnen, oder lässt das Unionsrecht Raum für Regelungen, die für bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen?


3. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht und Frage 2 verneint wird: Kann ein im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Union für die Währungspolitik erlassener Rechtsakt eines Mitgliedstaates, dessen Währung der Euro ist, angewendet werden, soweit und solange die Union von ihrer Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat?


BVerwG 6 C 5.18 - Beschluss vom 27. März 2019

Vorinstanzen:

VGH Kassel, 10 A 116/17 - Urteil vom 13. Februar 2018 -

VG Frankfurt/Main, 1 K 1259/16.F - Urteil vom 31. Oktober 2016 -

BVerwG 6 C 6.18 - Beschluss vom 27. März 2019

Vorinstanzen:

VGH Kassel, 10 A 2929/16 - Urteil vom 13. Februar 2018 -

VG Frankfurt/Main, 1 K 2903/15.F - Urteil vom 31. Oktober 2016 -


Beschluss vom 27.03.2019 -
BVerwG 6 C 5.18ECLI:DE:BVerwG:2019:270319B6C5.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.03.2019 - 6 C 5.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:270319B6C5.18.0]

Beschluss

BVerwG 6 C 5.18

  • VG Frankfurt am Main - 31.10.2016 - AZ: VG 1 K 1259/16.F
  • VGH Kassel - 13.02.2018 - AZ: VGH 10 A 116/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Möller und Hahn sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Steiner
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Es wird eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:
  3. 1. Steht die ausschließliche Zuständigkeit, die die Union gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV im Bereich der Währungspolitik für diejenigen Mitgliedstaaten hat, deren Währung der Euro ist, einem Rechtsakt eines dieser Mitgliedstaaten entgegen, der eine Verpflichtung öffentlicher Stellen des Mitgliedstaats zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten vorsieht?
  4. 2. Enthält der in Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV, Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sowie Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro festgelegte Status der auf Euro lautenden Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel ein Verbot für öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht mit solchen Banknoten abzulehnen, oder lässt das Unionsrecht Raum für Regelungen, die für bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen?
  5. 3. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht und Frage 2 verneint wird:
  6. Kann ein im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Union für die Währungspolitik erlassener Rechtsakt eines Mitgliedstaates, dessen Währung der Euro ist, angewendet werden, soweit und solange die Union von ihrer Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat?

Gründe

I

1 Der Kläger ist Inhaber einer Wohnung, die sich im Bereich des Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalt, befindet. Der Beklagte hat die vom Kläger angebotene Zahlung des Rundfunkbeitrags mit Bargeld unter Verweis auf seine Beitragssatzung abgelehnt. Darin ist geregelt, dass der Rundfunkbeitrag nur bargeldlos durch Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann. Mit Bescheid vom 1. September 2015 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge für das zweite Quartal 2015 in Höhe von 52,50 € und einen Säumniszuschlag von 8 € fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2016 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

2 Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Festsetzungsbescheid vom 1. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2016 aufzuheben, hilfsweise - sinngemäß - festzustellen, dass er berechtigt ist, Rundfunkbeiträge kostenfrei in bar an den Beklagten zu leisten. Mit Urteil vom 31. Oktober 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 13. Februar 2018 zurückgewiesen.

3 Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG und Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV sähen jeweils eine unbedingte und unbeschränkte Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten als Mittel zur Tilgung von Geldschulden vor. Diese Verpflichtung könne nur durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten oder aufgrund einer bundesgesetzlichen bzw. unionsrechtlichen Ermächtigung eingeschränkt werden. Dies gelte auch dann, wenn Gründe der Praktikabilität im Rahmen von Massenverfahren für den Ausschluss der Bargeldzahlung sprächen.

II

4 Der Rechtsstreit ist auszusetzen, weil sein Ausgang von einer vorab einzuholenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Auslegung der Verträge abhängt (Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -).

5 Am innerstaatlichen Recht gemessen hat die Revision Erfolg. Hiernach sind die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bescheide rechtswidrig, weil der in der Beitragssatzung des Beklagten geregelte Ausschluss der Möglichkeit, Rundfunkbeiträge mit Euro-Banknoten zu zahlen, gegen die bundesrechtliche Bestimmung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG verstößt, die öffentliche Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten verpflichtet (1.). Der Senat kann jedoch ohne eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht feststellen, ob § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG mit der ausschließlichen Zuständigkeit, die die Union gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Art. 127 ff. AEUV im Bereich der Währungspolitik für diejenigen Mitgliedstaaten hat, deren Währung der Euro ist, in Einklang steht (2.). Diese Frage wäre nur dann nicht entscheidungserheblich, wenn entweder das Unionsrecht eine mit § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG übereinstimmende Regelung der Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten enthält (3.) oder wenn § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG auch bei fehlender Zuständigkeit der Mitgliedstaaten angewendet werden kann, soweit und solange die Union von ihrer Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat (4.). Auch diese weiteren Fragen lassen sich jedoch ohne eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht abschließend klären.

6 1. Nach innerstaatlichem Recht erweisen sich der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 31. März 2016, deren Aufhebung der Kläger mit seinem Hauptantrag begehrt, als rechtswidrig.

7 a) Das gerichtliche Prüfprogramm ergibt sich im Wesentlichen aus den Bestimmungen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und 2003 I S. 738), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396), des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1782), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981), des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (Art. 1 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, RBStV), dem das Land Hessen mit Gesetz vom 23. August 2011 (GVBl. I 382) zugestimmt hat, sowie der Satzung des Hessischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 5. Dezember 2012 (StAnz. Nr. 51-52/2012 S. 1434, Beitragssatzung).

8 Art. 31 GG lautet:
Bundesrecht bricht Landesrecht.

9 § 286 BGB lautet:
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. (...)
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
(...)

10 § 293 BGB lautet:
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

11 § 294 BGB lautet:
Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

12 § 295 BGB lautet:
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. (...)

13 § 14 Abs. 1 BBankG lautet:
Die Deutsche Bundesbank hat unbeschadet des Artikels 128 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union das ausschließliche Recht, Banknoten im Geltungsbereich dieses Gesetzes auszugeben. Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. (...)

14 § 2 Abs. 1 RBStV lautet:
Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.

15 § 7 Abs. 3 RBStV lautet:
Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten.

16 § 9 Abs. 2 RBStV lautet:
Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens
(...)
2. zur Leistung des Rundfunkbeitrags, zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht oder zu deren Ermäßigung,
(...)
durch Satzung zu regeln. (...)

17 § 10 RBStV lautet:
(...)
(2) Der Rundfunkbeitrag ist an die zuständige Landesrundfunkanstalt als Schickschuld zu entrichten. (...)
(...)
(5) Rückständige Rundfunkbeiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. (...)

18 § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung lautet:
Der Beitragsschuldner kann die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos mittels folgender Zahlungsformen entrichten:
1. Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift bzw. künftiger SEPA-Basislastschrift,
2. Einzelüberweisung,
3. Dauerüberweisung.

19 b) Auf der Grundlage allein der genannten Vorschriften des nationalen Rechts lagen die Voraussetzungen für den Erlass des Festsetzungsbescheids des Beklagten vom 1. September 2015 nicht vor. Wird das Unionsrecht nicht berücksichtigt, waren die festgesetzten Beiträge nicht im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV rückständig, da kein Schuldnerverzug im Sinne der in den §§ 286 ff. BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken vorlag.

20 Zwar war der Kläger als Inhaber einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV verpflichtet, einen Rundfunkbeitrag zu entrichten. Die im privaten Bereich an Wohnungen anknüpfende Rundfunkbeitragspflicht ist im Wesentlichen mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - NJW 2018, 3223 Rn. 49 ff.). Die Beiträge des Klägers für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 30. Juni 2015 waren am 15. Mai 2015 fällig, weil der Rundfunkbeitrag nach § 7 Abs. 3 RBStV in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist. Da die Leistungszeit jedenfalls mittelbar nach dem Kalender bestimmt ist, war eine Mahnung für den Eintritt des Verzugs entbehrlich (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

21 Der Beklagte befand sich jedoch bei Erlass der angefochtenen Bescheide in einem - den Schuldnerverzug ausschließenden - Annahmeverzug (§ 293 BGB). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat er die vom Kläger angebotene Begleichung der Rundfunkbeiträge im Wege der Barzahlung abgelehnt. Zwar hat der Kläger nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen die Zahlung nicht - wie nach § 10 Abs. 2 Satz 1 RBStV erforderlich - am Sitz des Beklagten, sondern lediglich an seinem Wohnort angeboten. Wenn der Gläubiger die Leistung des Schuldners - wie hier - unabhängig vom Erfüllungsort deshalb ablehnt, weil er bereits die Erfüllungstauglichkeit der Leistung bestreitet, kann es jedoch für die Frage des Annahmeverzuges nicht darauf ankommen, dass das nach § 295 Satz 1 Alt. 1 BGB erforderliche wörtliche Angebot hinsichtlich der sonstigen Leistungsmodalitäten beanstandungsfrei ist. Die Nichtannahme der Leistung war auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es wegen des Ausschlusses der Möglichkeit der Barzahlung in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung an einem ordnungsgemäßen Angebot des Klägers gefehlt hätte (§§ 294, 295 Satz 1 BGB). Denn der auf die landesrechtliche Ermächtigung in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV gestützte Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung verstößt gegen die bundesrechtliche Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG und ist deshalb - sofern das Unionsrecht außer Betracht bleibt - unwirksam.

22 § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG verpflichtet öffentliche Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten. Ausnahmen lassen sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht ohne weiteres auf Gründe der Verwaltungspraktikabilität oder Kostenersparnis stützen, sondern setzen eine Ermächtigung durch ein Bundesgesetz voraus. Dies folgt zwar nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Jedoch sprechen systematische Erwägungen und vor allem die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck der Vorschrift dafür, dass die Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG mit einem Zwang zur Annahme von Euro-Banknoten zur Tilgung von Geldschulden verbunden ist.

23 Im Rahmen der systematischen Auslegung kommt vor allem dem Umstand Bedeutung zu, dass diejenigen bundesrechtlichen Regelungen, welche die Möglichkeit der Zahlung mit Bargeld an staatliche Stellen ausschließen oder beschränken (vgl. z.B. § 224 Abs. 4 Satz 1 Abgabenordnung oder § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz), weitgehend ins Leere gingen, wenn § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG den Ausschluss der Möglichkeit, hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten mit Euro-Banknoten zu erfüllen, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität ohne weiteres zuließe.

24 Die Gesetzesmaterialien lassen deutlich erkennen, dass mit dem Begriff des gesetzlichen Zahlungsmittels die Vorstellung verbunden wurde, dass ein solches Zahlungsmittel grundsätzlich von jedem Gläubiger einer Geldschuld akzeptiert werden muss. In der Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank wird zu § 10, dem späteren § 14, ausgeführt, dass "Noten der Bundesbank in unbeschränkter Höhe angenommen werden" müssen (BT-Drs. 2/2781 S. 34). Aus der Anpassung des Wortlauts des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG durch das Gesetz über die Änderung währungsrechtlicher Vorschriften infolge der Einführung des Euro-Bargeldes vom 16. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2402) haben sich insoweit keine Änderungen ergeben. Vielmehr geht die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung weiterhin von einer "Annahmepflicht für jedermann" als Kennzeichen eines gesetzlichen Zahlungsmittels aus (BT-Drs. 14/1673 S. 9).

25 Die teleologische Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass öffentliche Stellen Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten annehmen müssen. Diese Verpflichtung dient in erster Linie der Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs, indem sie die Akzeptanz des Euro-Bargeldes und damit dessen Funktion als Zahlungsmittel sichert (vgl. Hahn/Häde, Währungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn 16; Ohler, JZ 2008, 317 <321>). Ein genereller Ausschluss der Annahme von Euro-Banknoten bei der Erhebung bestimmter öffentlicher Abgaben kann sich auf dieses Ziel nachteilig auswirken. Dass im Privatrechtsverkehr eine Geldschuld auch durch Zahlung von "Buchgeld" erfüllt werden kann, wenn die Parteien dies - sei es auch stillschweigend - vereinbart haben (vgl. BGH, Urteile vom 25. März 1983 - V ZR 168/81 - BGHZ 87, 156 <163>, vom 5. Mai 1986 - II ZR 150/85 - BGHZ 98, 24 <29 f.> und vom 20. Mai 2010 - Xa ZR 68/09 - BGHZ 185, 359 Rn. 29), steht dem nicht entgegen. Die Dispositionsbefugnis der Parteien über das taugliche Erfüllungsmittel für Geldschulden hat ihre rechtliche Grundlage in der verfassungsrechtlich gewährleisteten Privatautonomie. Eine Befugnis für öffentliche Stellen, die Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung abzulehnen, kann hierauf nicht gestützt werden.

26 Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG geregelte Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten gilt auch und gerade in Bezug auf sog. Massenverfahren wie die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit, den Rundfunkbeitrag bar zu zahlen, die verfassungsrechtlich gebotene Finanzausstattung der Rundfunkanstalten (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. - BVerfGE 119, 181 <218 ff.>) gefährden könnte, sind nicht erkennbar. Dass die mit der Annahme von Bargeld verbundenen Kosten gegebenenfalls den Rundfunkbeitrag erhöhen und damit auch die Beitragspflichtigen belasten, die eine Möglichkeit zur Barzahlung nicht in Anspruch nehmen würden, ist nach innerstaatlicher Rechtslage hinzunehmen. Der bundesrechtliche Normbefehl des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG könnte nur durch eine gleichrangige Norm des Bundesrechts außer Kraft gesetzt werden. Auf eine landesrechtliche Regelung wie § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung bzw. § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 7 Satz 2 RBStV als Ermächtigungsgrundlage kann der Ausschluss der Möglichkeit der Zahlung mit Euro-Banknoten wegen des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 31 GG) nicht gestützt werden, solange eine bundesrechtliche Ermächtigung (vgl. z.B. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden) fehlt.

27 2. Die Revision gegen das Berufungsurteil ist allerdings zurückzuweisen, wenn § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG seinerseits mit der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik nicht in Einklang steht. Diese Frage lässt sich ohne eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht klären.

28 Gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV hat die Union die ausschließliche Zuständigkeit im Bereich der Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist. Nach Art. 2 Abs. 1 AEUV kann daher nur die Union in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen. Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich gemäß Art. 2 Abs. 6 AEUV aus den Bestimmungen der Verträge zu den einzelnen Bereichen. Für die Währungspolitik ist insoweit vor allem auf Art. 127 ff. AEUV abzustellen.

29 Der Inhalt des in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV genannten Begriffs der Währungspolitik und damit der Umfang der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Union ist noch nicht abschließend geklärt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteile vom 27. November 2012 - C-370/12 [ECLI:​EU:​C:​2012:​756], Pringle - Rn. 53 ff., vom 16. Juni 2015 - C-62/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​400], Gauweiler u.a. - Rn. 42 ff. und vom 11. Dezember 2018 - C-493/17 [ECLI:​EU:​C:​2018:​1000], Weiss u.a. - Rn. 50 ff.) enthält der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union keine genaue Definition der Währungspolitik, sondern legt zugleich die Ziele der Währungspolitik und die Mittel fest, über die das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) zur Ausführung dieser Politik verfügt. Nach Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV ist das vorrangige Ziel der Währungspolitik der Union die Gewährleistung der Preisstabilität. Mittel zur Gewährleistung der Preisstabilität sind z.B. die Festsetzung der Leitzinssätze für das Euro-Währungsgebiet sowie die Ausgabe von Euro-Münzen oder -Banknoten (EuGH, Urteil vom 27. November 2012 - C-370/12, Pringle - Rn. 96). Ferner führt das Kapitel IV des Protokolls über das ESZB und die EZB die Instrumente auf, derer sich das ESZB im Rahmen der Währungspolitik bedienen kann (EuGH, Urteile vom 16. Juni 2015 - C-62/14, Gauweiler u.a. - Rn. 45 und vom 11. Dezember 2018 - C-493/17, Weiss u.a. - Rn. 52). Schließlich hat der Gerichtshof klargestellt, dass es zur Qualifizierung als währungspolitische Maßnahme nicht ausreicht, wenn eine Maßnahme mittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Euro haben kann (EuGH, Urteile vom 27. November 2012 - C-370/12, Pringle - Rn. 56, 97 und vom 16. Juni 2015 - C-62/14, Gauweiler u.a. - Rn. 52).

30 Von dieser Rechtsprechung ausgehend kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob sich die ausschließliche Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik auf die Regelung der Rechtsfolgen erstreckt, die - wie insbesondere die Bestimmung einer Verpflichtung öffentlicher Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten - mit dem Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel verbunden sind, und ob daher gemäß Art. 2 Abs. 1 AEUV insoweit eine Sperrwirkung für die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten besteht. Zwar betrifft die genannte Verpflichtung weder das Ziel der Gewährleistung der Preisstabilität, noch besteht ein unmittelbarer Bezug zu den im Primärrecht aufgeführten Mitteln zur Erreichung dieser Ziele. Insbesondere wird das der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken in Art. 128 Abs. 1 AEUV eingeräumte Recht zur Ausgabe von Euro-Banknoten nicht eingeschränkt oder modifiziert. Andererseits lässt die Rechtsprechung des Gerichtshofs Raum für die Annahme, dass auch Regelungen, welche die Akzeptanz der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel und damit die Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs sichern sollen, dem Bereich der Währungspolitik zuzuordnen sind. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass ein derartiger Rechtsakt als Maßnahme, der für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung erforderlich ist, auf Art. 133 AEUV gestützt werden könnte und daher auch insoweit gemäß Art. 2 Abs. 1 und 6 AEUV von einer ausschließlichen Zuständigkeit der Union auszugehen ist.

31 3. Die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber eine Vorschrift wie § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik überhaupt erlassen durfte, stellt sich allerdings dann nicht, wenn bereits das geltende materielle Unionsrecht ein Verbot für öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats enthält, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht mit Euro-Banknoten abzulehnen. Denn auch in diesem Fall wäre § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht rechtswidrig mit der Folge, dass der Revision des Klägers stattzugeben wäre. Jedoch lässt sich auch die Frage, ob das vorhandene primäre oder sekundäre Unionsrecht solchen Regelungen entgegensteht, die für bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten eine Zahlung mit Euro-Banknoten ausschließen, ohne eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht mit hinreichender Gewissheit beantworten.

32 Nach Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV sowie - wortgleich - Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Ferner bestimmt - auf sekundärrechtlicher Ebene - Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (ABl. L 139 S. 1), dass die auf Euro lautenden Banknoten unbeschadet des Art. 15 dieser Verordnung, d.h. nach dem Ende der Übergangszeit, als einzige in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben. Aus dem Begriff des gesetzlichen Zahlungsmittels lässt sich ein Annahmezwang für auf Euro lautende Banknoten - wie bereits für das deutsche Recht ausgeführt - nicht ohne weiteres herleiten. Der Begriff wird weder in den einschlägigen primärrechtlichen Normen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder der Satzung des ESZB und der EZB noch in der Verordnung (EG) Nr. 974/98 definiert. Erwägungsgrund 19 der genannten Verordnung deutet lediglich darauf hin, dass Beschränkungen der Möglichkeit der Barzahlung nach Ansicht des Unionsgesetzgebers nicht ohne weiteres den Status des Euro-Bargeldes als gesetzliches Zahlungsmittel berühren. Denn danach sind von den Mitgliedstaaten aus Gründen der öffentlichen Ordnung eingeführte Begrenzungen für Zahlungen in Banknoten und Münzen mit der den Euro-Banknoten und Euro-Münzen zukommenden Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels nicht unvereinbar, sofern andere rechtliche Zahlungsmittel für die Begleichung von Geldschulden bestehen.

33 Welche Bedeutung der Empfehlung (2010/191/EU) der Kommission vom 22. März 2010 über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel (ABl. L 83 S. 70) in diesem Zusammenhang zukommt, ist ebenfalls unklar. Zwar trägt Nr. 1 dieser Empfehlung die Überschrift "Allgemeine Definition des Begriffs gesetzliches Zahlungsmittel". Zu den Merkmalen, die der Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel danach beinhalten sollte, wenn eine Zahlungsverpflichtung besteht, gehört nach Nr. 1 Buchst. a der Empfehlung die "Verpflichtende Annahme". Hierzu führt die Empfehlung erläuternd aus: "Sofern sich die Parteien nicht auf andere Zahlungsmittel geeinigt haben, ist der Empfänger einer Zahlungsverpflichtung nicht befugt, eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen abzulehnen". Als weiteres Merkmal der allgemeinen Definition des Begriffs gesetzliches Zahlungsmittel wird unter Nr. 1 Buchst. c der Empfehlung die "Entlastung von Zahlungsverpflichtungen" genannt. Hierzu wird erläuternd ausgeführt: "Ein Schuldner kann sich selbst von einer Zahlungsverpflichtung entlasten, indem er dem Zahlungsempfänger eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen anbietet". Bei Einzelhandelstransaktionen sollen nach Nr. 2 und Nr. 3 der Empfehlung Ausnahmen von der Annahme von Euro-Banknoten "aus Gründen im Zusammenhang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben" möglich sein, z.B. wenn der Einzelhändler über kein Wechselgeld verfügt, bei Banknoten in hoher Stückelung oder wenn der Nennwert der angebotenen Banknote im Vergleich zu dem Betrag, der dem Zahlungsempfänger geschuldet wird, unverhältnismäßig ist. Weitere Ausnahmen von der verpflichtenden Annahme, insbesondere für hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten, werden in der Empfehlung nicht erwähnt.

34 Hervorzuheben ist jedoch, dass Empfehlungen der Unionsorgane nach Art. 288 Abs. 5 AEUV nicht verbindlich sind. Auch wenn die nationalen Gerichte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verpflichtet sind, Empfehlungen bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie Aufschluss über die Auslegung zu ihrer Durchführung erlassener nationaler Vorschriften geben oder wenn sie verbindliche Unionsvorschriften ergänzen sollen, bleibt eine Abweichung von der Empfehlung aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles zulässig (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C 28/15 [ECLI:​EU:​C:​2016:​692], KPN - Rn. 41 f.).

35 Zudem zeigt die Entstehungsgeschichte der Empfehlung (2010/191/EU) der Kommission vom 22. März 2010, dass der Erlass eines förmlichen Rechtsakts gerade vermieden werden sollte. Nach ihrem Erwägungsgrund 4 stützt sich die Empfehlung auf die wichtigsten Schlussfolgerungen aus einem Bericht, der von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Finanzministerien und nationalen Zentralbanken des Eurogebiets ausgearbeitet wurde. In diesem Bericht mit dem Titel "Report of the Euro Legal Tender Expert Group (ELTEG) on the definition, scope and effects of legal tender of euro banknotes and coins" (http://ec.europa.eu/economy_finance/articles/euro/documents/elteg_en.pdf) wird festgehalten, dass ein Dissens in Bezug auf die Frage besteht, ob der Union eine - von ihr noch nicht wahrgenommene - ausschließliche Zuständigkeit zur Festlegung einer allgemeinen Definition des gesetzlichen Zahlungsmittels und der sich hieraus ergebenden Auswirkungen zusteht oder ob insoweit die nationalen Gesetzgeber regelungsbefugt sind. Aus diesem Grund empfiehlt der Bericht im Ergebnis nicht den Erlass einer rechtsverbindlichen Regelung z.B. durch Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 974/98, sondern regt lediglich den Erlass einer Kommissionsempfehlung als "soft law" an. Auch dieser Hintergrund spricht dagegen, der Empfehlung maßgebliche Bedeutung für die Auslegung des Begriffs des gesetzlichen Zahlungsmittels im Sinne der genannten Vorschriften des primären und sekundären Unionsrechts beizulegen. Anderenfalls wäre im Übrigen auch nicht verständlich, dass die Kommission in Erwägungsgrund 5 der Empfehlung (2010/191/EU) ankündigt, die Umsetzung der Empfehlung drei Jahre nach ihrer Annahme zu überprüfen und zu beurteilen, ob Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind. Derartige Maßnahmen sind bisher nicht ergangen.

36 Im Hinblick darauf, dass die Kommission in Erwägungsgrund 3 der Empfehlung (2010/191/EU) vom 22. März 2010 selbst eine "gewisse Unsicherheit" im Eurogebiet in Bezug auf den Geltungsbereich des gesetzlichen Zahlungsmittels und dessen Auswirkungen feststellt, kann die Frage, ob das geltende Unionsrecht öffentliche Stellen eines Mitgliedstaats zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten verpflichtet und welche Ausnahmen es gegebenenfalls zulässt, letztlich nur durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt werden.

37 4. Die Entscheidungserheblichkeit der zuerst genannten Frage, ob der deutsche Gesetzgeber § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik überhaupt erlassen durfte, ist ferner auch dann zu verneinen, wenn zwar dem geltenden materiellen Unionsrecht eine Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten nicht zu entnehmen ist, eine nationale Regelung mit diesem Inhalt jedoch gleichwohl angewendet werden kann, soweit und solange die Union von ihrer ausschließlichen Zuständigkeit keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat, wofür die genannte Empfehlung der Kommission vom 22. März 2010 spricht. Auch diese weitere Frage bedarf mangels einer gesicherten Rechtsprechung der Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

38 Zwar bestimmt Art. 2 Abs. 1 AEUV, dass die Mitgliedstaaten in einem Bereich, für den die Verträge der Union eine ausschließliche Zuständigkeit übertragen, nur gesetzgeberisch tätig werden dürfen, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen. Weiter ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs seit langem geklärt, dass das Unionsrecht Vorrang vor Gesetzgebungsakten der Mitgliedstaaten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964 - Rechtssache 6/64 [ECLI:​EU:​C:​1964:​66], Costa/ENEL - Slg. 1964, 1259 <1270>). Ebenso ist geklärt, dass nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts die Vertragsbestimmungen und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Unionsorgane in ihrem Verhältnis zum internen Recht der Mitgliedstaaten zur Folge haben, dass allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden staatlichen Rechts ohne weiteres unanwendbar wird und ein wirksames Zustandekommen neuer staatlicher Gesetzgebungsakte insoweit verhindert wird, als diese mit dem Unionsrecht unvereinbar wären (vgl. EuGH, Urteil vom 9. März 1978 - Rechtssache 106/77 [ECLI:​EU:​C:​1978:​49], Simmenthal - Rn. 17/18). Die grundlegenden Entscheidungen des Gerichtshofs zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts beziehen sich jedoch auf solche Fälle, in denen einem nationalen Rechtsakt eine materielle Norm des primären oder sekundären Unionsrechts entgegensteht. Der vorhandenen Rechtsprechung kann jedoch nicht mit der Gewissheit, die für ein Absehen von der Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderlich ist, entnommen werden, ob ein nationaler Rechtsakt auch bereits dann nicht angewendet werden darf, wenn er mangels eines gesetzgeberischen Tätigwerdens der Union lediglich unter Verstoß gegen die Sperrwirkung der ausschließlichen Zuständigkeit der Union zustande gekommen ist.

Urteil vom 27.04.2022 -
BVerwG 6 C 2.21ECLI:DE:BVerwG:2022:270422U6C2.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.04.2022 - 6 C 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:270422U6C2.21.0]

Urteil

BVerwG 6 C 2.21

  • VG Frankfurt am Main - 31.10.2016 - AZ: VG 1 K 1259/16.F
  • VGH Kassel - 13.02.2018 - AZ: VGH 10 A 116/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hahn und Dr. Tegethoff sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp und Hellmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Inhaber einer Wohnung im räumlichen Zuständigkeitsbereich der beklagten öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalt. Bis einschließlich März 2015 zahlte er die Rundfunkbeiträge mittels Banküberweisung. Hinsichtlich der Beiträge für das zweite Quartal 2015 wandte sich der Kläger nach einer Zahlungserinnerung an den Beklagten und bat um Mitteilung, wo er den Rundfunkbeitrag an seinem Wohnort in bar bezahlen könne. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 13. August 2015 darauf hin, dass der Rundfunkbeitrag gemäß § 9 Abs. 2 RBStV i. V. m. § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung bargeldlos zu zahlen sei. Nach Ausbleiben der Zahlung setzte er mit Bescheid vom 1. September 2015 für das zweite Quartal 2015 einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 52,50 € und einen Säumniszuschlag von 8,00 € fest. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2016 zurück. Mit seiner am 19. April 2016 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2016 aufzuheben. Hilfsweise hat er beantragt, festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, schon eingeforderte oder noch einzufordernde Rundfunkbeiträge jedenfalls solange verzugsfrei nicht an den Beklagten zu leisten, wie dieser ihm keine von sonstigen Transaktionskosten freie Möglichkeit eröffnet und benennt, Beitragszahlungen in bar an ihn zu zahlen.

2 Mit Urteil vom 31. Oktober 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 13. Februar 2018 zurückgewiesen. Die Klage sei im Hauptantrag unbegründet. Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. September 2015 sowie der Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2016 seien rechtmäßig. Die vom Kläger zu zahlenden Rundfunkbeiträge für die Monate April bis Juni 2015 seien "rückständig" im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV). Dass der Beklagte die vom Kläger angebotene Begleichung im Wege der Barzahlung abgelehnt habe, stehe dem nicht entgegen. Nach § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten könne der Beitragsschuldner die Rundfunkbeiträge nur mittels Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichten. Barzahlung sei danach unzulässig. Die Regelung sei formell und materiell rechtmäßig. Die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV geregelte Ermächtigung zur Regelung von Einzelheiten des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrags erfasse auch die Zahlungsmodalitäten. Die in der Satzung getroffene Regelung sei sinnvoll, um den Verwaltungsaufwand in Massenverfahren und damit die Kosten gering zu halten. Zudem werde die Gefahr des Verlusts des Bargelds durch kriminelle Handlungen minimiert. Die Handlungsfreiheit der Beitragsschuldner werde nur sehr geringfügig eingeschränkt. Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG liege nicht vor. Diese Vorschrift diene der Klarstellung, dass etwa Sachwährungen, Wertpapiere und Banknoten ausländischer oder historischer Währungen in der Bundesrepublik keine gesetzlichen Zahlungsmittel seien. Dass jedermann Eurobanknoten als ordnungsgemäße Erfüllung einer monetären Verbindlichkeit zu akzeptieren habe, gelte nur, soweit in der jeweils zu beurteilenden Rechtsbeziehung eine Begleichung im Wege der Barzahlung vereinbart, vorgeschrieben oder nach der Verkehrssitte allgemein üblich und zu erwarten sei. So wie im Privatrechtsverkehr vertraglich die Begleichung einer Schuld durch Banküberweisung bestimmt oder zumindest erlaubt werden könne, werde § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG durch die Vorgabe einer von der Barzahlung abweichenden Zahlungsweise im öffentlich-rechtlichen Bereich nicht tangiert. Aus Art. 128 Abs. 1 Satz 1 AEUV und Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro könne der Kläger ebenfalls kein Recht herleiten, jegliche Geldschuld in bar zu begleichen. Die Verwendung von Euro-Banknoten sei nur dann erforderlich, wenn in bar gezahlt werde, sei es nach entsprechender Vereinbarung, Rechtsvorschrift oder nach allgemeiner Übung. Die unionsrechtlichen Regelungen enthielten kein Verbot, eine Barzahlungsmöglichkeit durch gesetzliche oder untergesetzliche nationale Rechtsvorschriften auszuschließen. Aus den genannten Gründen könne auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag keinen Erfolg haben.

3 Auf die Revision des Klägers hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 27. März 2019 (BVerwG 6 C 5.18 ) ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) eingeholt. Die angefochtenen Bescheide seien nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig. Bleibe das Unionsrecht außer Betracht, seien die festgesetzten Beiträge nicht im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV rückständig. Denn der auf die landesrechtliche Ermächtigung in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV gestützte Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung verstoße gegen die bundesrechtliche Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG und sei deshalb - sofern das Unionsrecht außer Betracht bleibe - unwirksam.

4 Für klärungsbedürftig durch den EuGH hat es der Senat jedoch gehalten, ob § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG mit der ausschließlichen Zuständigkeit, die die Union gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Art. 127 ff. AEUV im Bereich der Währungspolitik für diejenigen Mitgliedstaaten habe, deren Währung der Euro sei, in Einklang stehe bzw. ob das Unionsrecht eine mit § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG übereinstimmende Regelung der Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten enthalte oder ob § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG angewendet werden könne, soweit und solange die Union von ihrer Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht habe.

5 Mit Urteil vom 26. Januar 2021 (verbundene Rechtssachen C-422/19 und C-423/19) hat der EuGH die Vorlage wie folgt beschieden:
"1. Art. 2 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c, Art. 128 Abs. 1 und Art. 133 AEUV sowie mit Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ist dahin auszulegen, dass er unabhängig davon, ob die Europäische Union ihre ausschließliche Zuständigkeit im Bereich der Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ausgeübt hat, einen Mitgliedstaat daran hindert, eine Vorschrift zu erlassen, die in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel determiniert. Hingegen hindert er einen Mitgliedstaat nicht daran, in Ausübung einer ihm eigenen Zuständigkeit, wie etwa der Organisation seiner öffentlichen Verwaltung, eine Vorschrift zu erlassen, die diese Verwaltung verpflichtet, die Erfüllung der von ihr auferlegten Geldleistungspflichten in bar zu akzeptieren.
2. Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV, Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sowie Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die die Möglichkeit ausschließt, eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht mit Euro-Banknoten zu erfüllen, nicht entgegenstehen, vorausgesetzt erstens, dass diese Regelung nicht zum Zweck oder zur Folge hat, die rechtliche Ausgestaltung des Status dieser Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel zu determinieren, zweitens, dass sie weder rechtlich noch faktisch zu einer Abschaffung dieser Banknoten führt, insbesondere, indem sie die Möglichkeit untergräbt, eine Geldleistungspflicht in der Regel mit solchem Bargeld zu erfüllen, drittens, dass sie aus Gründen des öffentlichen Interesses erlassen wurde, viertens, dass die durch diese Regelung bewirkte Beschränkung von Barzahlungen geeignet ist, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen, und fünftens, dass sie die Grenzen dessen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, insofern nicht überschreitet, als andere rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, um die Geldleistungspflicht zu erfüllen."

6 In dem fortgeführten Revisionsverfahren rügt der Kläger im Wesentlichen, die Entscheidung des EuGH reduziere den kategorischen Normbefehl des Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV ohne normative Anknüpfung zu einer nur grundsätzlichen Rechtspflicht, angebotene Banknoten mit schuldbefreiender Wirkung anzunehmen. § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG stehe mit dem Unionsrecht in Einklang. Dem Beklagten sei es nach der Entscheidung des EuGH verwehrt, die Entgegennahme von Beitragszahlungen in Gestalt von Euro-Banknoten oder Euro-Münzen prinzipiell abzulehnen. Werde für eine wiederkehrende Zahlungsverpflichtung in millionenfachen Fällen die Möglichkeit der Begleichung mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel ausgeschlossen, determiniere dies dessen rechtliche Ausgestaltung und ziehe das gesetzliche Zahlungsmittel teilweise aus dem Verkehr. Hieran bestehe kein öffentliches Interesse. Die Begleichung von Geldschulden mittels Einzugsermächtigung, Basislastschrift oder Überweisung erfordere die Inanspruchnahme von Bezahldiensten, die zum einen kostenpflichtig und zum anderen mit Datenerhebungen und -verarbeitungen verbunden seien, die letztlich zu einer nahtlosen Überwachung führten. Mangels substantiierter Erläuterungen des Beklagten könne der durch die Barzahlungsmöglichkeit entstehende zusätzliche Kostenaufwand nicht gewichtet und abgewogen werden. Dass der allein zuständige Unionsgesetzgeber den Beklagten währungsrechtlich ermächtigt hätte, ein weiteres gesetzliches Zahlungsmittel zu bestimmen, sei nicht erkennbar. Es fehle jedenfalls an der landesgesetzlichen Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Satzung.

7 Der Kläger beantragt,
unter Abänderung der Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Februar 2018 sowie des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 31. Oktober 2016 den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2016 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, schon eingeforderte oder noch einzufordernde Rundfunkbeiträge kostenfrei in bar an den Beklagten zu leisten.

8 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9 Er verteidigt das Berufungsurteil und führt ergänzend aus: § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG solle den unionsrechtlichen Begriff der den Banknoten zukommenden Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels ergänzen. Die Norm stehe daher mit der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik nicht im Einklang und sei nicht anwendbar. § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten sei hingegen mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Vorschrift regele nicht die den Euro-Banknoten zukommende Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel, sondern betreffe die Organisation der öffentlichen Verwaltung. Die vom EuGH formulierten Bedingungen für den Rechtsnormerlass seien erfüllt. Die Einziehung fälliger Rundfunkbeiträge könnte ohne geeignete Regelungen mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung nur mit einem außerordentlich hohen Personal- und Kostenaufwand bewältigt werden, der zu Lasten der Beitragspflichtigen gehen würde. § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung sei geeignet und erforderlich, den Zweck der Effizienz der Verwaltung in sog. Massenverfahren zu erreichen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sei ebenfalls gewahrt. Der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit schränke die Ausübung der Grundrechte der Beitragspflichtigen nicht ein. Die dem Bargeld gegenüber anderen Zahlungsmitteln zukommende höhere Anonymität könne hier keine Rolle spielen, da dem Beklagten die Daten der Beitragsschuldner bereits bekannt seien. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit einzelner Beitragspflichtiger sei marginal und müsse hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einer kostengünstigen und praktikablen Einziehung der Rundfunkbeiträge zurücktreten. Für Beitragspflichtige, die trotz des gesetzlichen Anspruchs auf den Abschluss eines Basiskontovertrags keinen Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen hätten, bestehe die Möglichkeit, bei einem Kreditinstitut eine Bareinzahlung auf das Beitragsabwicklungskonto von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu leisten. Die hiermit verbundenen Kosten hätten keinen prohibitiven Charakter. Ein Großteil der sozial schutzwürdigen Personen werde zudem einen Befreiungstatbestand von der Rundfunkbeitragspflicht in Anspruch nehmen können.

10 Die Vertreterin des Bundesinteresses führt aus: Im Lichte der Aussagen des EuGH komme § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG eine Auffangfunktion für die Fälle zu, in denen für das betroffene Rechtsverhältnis kein anderes Zahlungsmittel vereinbart oder vorgeschrieben worden sei. Den Gesichtspunkten der Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs und der Akzeptanz des Euro-Bargeldes werde dadurch Rechnung getragen, dass Abweichungen von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Annahme von Bargeld nur unter Beachtung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit und der weiteren vom EuGH genannten Anforderungen in Betracht kämen.

II

11 Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO), soweit der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten verstoße nicht gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG (1.). Die Zurückweisung der Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.).

12 1. Die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Ausschluss der Möglichkeit der Barzahlung in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten sei mit § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG vereinbar, da diese Vorschrift kein Verbot enthalte, eine anderweitige Regelung durch untergesetzliche Rechtsvorschriften zu treffen, verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

13 Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1782), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981) sind auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Wie der Senat bereits in seinem Vorabentscheidungsersuchen (Beschluss vom 27. März 2019 - 6 C 5.18 - juris Rn. 22 ff.) näher ausgeführt hat, verpflichtet die Vorschrift öffentliche Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten. Ausnahmen lassen sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht ohne Weiteres auf Gründe der Verwaltungspraktikabilität oder Kostenersparnis stützen, sondern setzen eine Ermächtigung durch ein Bundesgesetz voraus. An dieser auf Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm gestützten Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG hält der Senat auch unter Berücksichtigung der hieran geäußerten Kritik fest. Insbesondere ist der einseitig zivilrechtlich geprägten Ansicht entgegenzutreten, der Schuldner einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht habe bei sog. Massenverfahren mit Blick auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen generellen Ausschluss der Annahme von Bargeld ohne gesetzliche Grundlage hinzunehmen (a. A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Juni 2020 - 6 VA 24/19 - NJW-RR 2020, 1180 Rn. 21 f.).

14 2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), denn § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ist mit dem Unionsrecht unvereinbar und daher nicht anwendbar (a)). § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten steht zwar seinerseits nicht vollständig in Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben (b)) und verstößt partiell auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG (c)), ist jedoch übergangsweise mit einer den rechtlichen Mängeln Rechnung tragenden Maßgabe weiter anzuwenden (d)). Diese Maßgabe ist allerdings im Fall des Klägers nicht einschlägig, sodass die Klage hinsichtlich Haupt- und Hilfsantrag im Ergebnis unbegründet ist (e)).

15 a) Die bundesrechtliche Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG kann dem Barzahlungsausschluss in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten deshalb nicht entgegengehalten werden, weil sie mit dem Unionsrecht unvereinbar und daher nicht anwendbar ist.

16 Mit dem auf die Vorlage des Senats ergangenen Urteil vom 26. Januar 2021 in den verbundenen Rechtssachen C-422/19 und C-423/19 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) unter 1. entschieden, dass Art. 2 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c, Art. 128 Abs. 1 und Art. 133 AEUV sowie mit Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vom 7.  Februar 1992 (ABl. C 191 S. 68) dem Erlass einer Vorschrift entgegenstehen, die in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel determiniert. Hingegen wird ein Mitgliedstaat durch das Unionsrecht nicht daran gehindert, in Ausübung einer ihm eigenen Zuständigkeit, wie etwa der Organisation seiner öffentlichen Verwaltung, eine Vorschrift zu erlassen, die diese Verwaltung verpflichtet, die Erfüllung der von ihr auferlegten Geldleistungspflichten in bar zu akzeptieren.

17 Die dem Senat obliegende Prüfung, ob § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG in Anbetracht seines Ziels und seines Inhalts als eine Maßnahme der vom EuGH beschriebenen Art zu verstehen ist, die im Rahmen der eigenen Befugnisse der Mitgliedstaaten erlassen wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 [ECLI:​EU:​C:​2021:​63] - Rn. 57) führt zu dem Ergebnis, dass die Vorschrift in die ausschließliche Regelungskompetenz der Union im Bereich der Währungspolitik im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV eingreift. Denn weder den Gesetzesmaterialien noch der Gesetzessystematik lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Normierung der Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten der Verfolgung solcher Regelungszwecke gedient haben könnte, für die die Mitgliedstaaten weiterhin zuständig sind.

18 Um eine Regelung der Organisation der öffentlichen Verwaltung handelt es sich bei § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG schon deshalb nicht, weil sich die Vorgabe, dass auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind, nicht auf die Erfüllung von Zahlungsansprüchen öffentlicher Stellen beschränkt, sondern grundsätzlich auch für private Zahlungsempfänger gilt, sofern nicht im Rahmen der grundrechtlich geschützten Privatautonomie abweichende Regelungen getroffen werden. § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG kann auch nicht als eine Regelung der Modalitäten der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Rechts qualifiziert werden, für die nach der Begründung der Entscheidung des EuGH ebenfalls die Mitgliedstaaten zuständig sind (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 56). Denn diese - im Kern das Zivilrecht betreffende - Zuständigkeit kann sich bei sachgerechtem Verständnis der Ausführungen des EuGH nur auf die Modalitäten konkret bestimmter Zahlungsverpflichtungen beziehen. Der Normbefehl des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ist jedoch gerade nicht auf bestimmte Zahlungsverpflichtungen beschränkt, sondern beansprucht allgemeine Geltung.

19 Dass der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ein der Gesetzgebungskompetenz der Mitgliedstaaten entzogener währungspolitischer Regelungszweck zugrunde liegt, lässt der Standort der Regelung in dem vierten Abschnitt des Bundesbankgesetzes, der die "währungspolitischen Befugnisse" zum Gegenstand hat, klar erkennen. Auch die amtliche Überschrift "Notenausgabe" spricht für den währungsrechtlichen Charakter der Norm. Dieser wird zudem durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zwar verweist die Begründung des Dritten Euro-Einführungsgesetzes in ihrem Allgemeinen Teil darauf, dass die Verordnungen (EG) Nr. 974/98 und Nr. 975/98 in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar geltendes Recht seien und u. a. gesetzliche Zahlungsmittel, Annahmepflicht und die technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen regelten; nationale Vorschriften seien insoweit weder notwendig noch zulässig (BT-Drs. 14/1673 S. 9). Andererseits geht aus der Begründung zu der Neufassung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG die Absicht des Bundesgesetzgebers hervor, eine Regelung zur Ausgestaltung des Euro-Bargeldes zu treffen. Denn die Beibehaltung des Hinweises auf den Charakter der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG begebenen Banknoten als "unbeschränktes" gesetzliches Zahlungsmittel wurde auf "Gründe der Rechtsklarheit" sowie darauf gestützt, dass hierzu eine ausdrückliche Regelung im Gemeinschaftsrecht fehle (BT-Drs. 14/1673, S. 15). Der Gesetzgeber ist folglich von einer fortbestehenden Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ergänzung der unionsrechtlichen Regelungen in den Fällen ausgegangen, in denen diese Regelungen aus seiner Sicht Lücken aufweisen. Eine solche Regelungslücke hat er in Bezug auf die im Unionsrecht fehlende Qualifizierung der Euro-Banknoten als "unbeschränktes" gesetzliches Zahlungsmittel angenommen. Der Zweck der Regelung einer Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten als Zahlungsmittel in § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG besteht mithin gerade in der rechtlichen Ausgestaltung des gesetzlichen Zahlungsmittels (so im Ergebnis auch Groß/Klamet, EuZW 2021, 554 <560>).

20 Der Annahme der Vertreterin des Bundesinteresses, der Inhalt des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG gehe im Licht der Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2021 nicht über die maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben hinaus, steht bereits entgegen, dass der Wortlaut der Regelung von demjenigen des Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV sowie des Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank in wesentlicher Hinsicht abweicht. Denn zum einen sehen die unionsrechtlichen Bestimmungen nicht vor, dass das gesetzliche Zahlungsmittel "unbeschränkt" sein muss. Zum anderen haben die unionsrechtlichen Vorschriften und die nationale Bestimmung unterschiedliche Bezugspunkte, nämlich einerseits "Banknoten" und anderseits sämtliche "Zahlungsmittel" (vgl. auch Wienbracke, EuZW 2019, 608 <609 f.>). Im Übrigen würde selbst eine lediglich deklaratorisch wirkende Wiedergabe der maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben an dem kompetenzwidrigen währungspolitischen Regelungszweck des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG nichts ändern.

21 b) Verstößt § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten wegen der Unionsrechtswidrigkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG somit nicht gegen einfaches Bundesrecht, trägt die Satzungsbestimmung allerdings ihrerseits den maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben nicht vollständig Rechnung.

22 Nach der den Senat bindenden Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2021 beinhaltet der Status als gesetzliches Zahlungsmittel lediglich eine grundsätzliche Verpflichtung zur Annahme von Euro-Bargeld zu Zahlungszwecken und belässt den Mitgliedstaaten die Befugnis, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Ausnahmen von der Annahmepflicht vorzusehen (aa)). Diese Voraussetzungen sind bei § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung zwar überwiegend erfüllt (bb)). Ein Unionsrechtsverstoß liegt jedoch darin, dass diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, mangels einer Ausnahmeregelung unverhältnismäßig beeinträchtigt werden (cc)).

23 aa) Gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV sowie Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des ESZB und der EZB sind die von der Europäischen Zentralbank ausgegebenen Banknoten die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Entsprechend bestimmt Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (ABl. L 139 S. 1), dass die auf Euro lautenden Banknoten als Einzige in den teilnehmenden Mitgliedstaaten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben. Nach der auf die Vorlage des Senats ergangenen Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2021 sind diese Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die die Möglichkeit ausschließt, eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht mit Euro-Banknoten zu erfüllen, nicht entgegenstehen, vorausgesetzt erstens, dass diese Regelung nicht zum Zweck oder zur Folge hat, die rechtliche Ausgestaltung des Status dieser Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel zu determinieren, zweitens, dass sie weder rechtlich noch faktisch zu einer Abschaffung dieser Banknoten führt, insbesondere, indem sie die Möglichkeit untergräbt, eine Geldleistungspflicht in der Regel mit solchem Bargeld zu erfüllen, drittens, dass sie aus Gründen des öffentlichen Interesses erlassen wurde, viertens, dass die durch diese Regelung bewirkte Beschränkung von Barzahlungen geeignet ist, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen, und fünftens, dass sie die Grenzen dessen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, insofern nicht überschreitet, als andere rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, um die Geldleistungspflicht zu erfüllen. Der EuGH hat in der Begründung seiner Entscheidung klargestellt, dass der Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel nicht etwa eine absolute, sondern nur eine grundsätzliche Annahme von Euro-Banknoten als Zahlungsmittel erfordert. Zudem ist es für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung und spezieller für die Wahrung der Wirksamkeit des Status des Euro-Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel auch nicht erforderlich, dass der Unionsgesetzgeber die Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Verpflichtung erschöpfend und einheitlich festlegt, sofern die Möglichkeit für jeden Schuldner, eine Geldleistungspflicht in der Regel mit solchem Bargeld zu erfüllen, gewährleistet ist (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 46 ff., 55, 67).

24 Die Einwände des Klägers gegen diese Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH sind für die im vorliegenden Revisionsverfahren zu treffende Entscheidung des Senats unbeachtlich. Denn ein Urteil des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren bindet nach dessen ständiger Rechtsprechung das nationale Gericht hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit der fraglichen Handlungen der Unionsorgane bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015 - C-62/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​400], Gauweiler - Rn. 16 m. w. N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. September 2019 - 6 C 15.18 - Buchholz 403.1 Allg. DatenschutzR Nr. 20 Rn. 22). Eine erneute Befassung des EuGH in derselben Angelegenheit kommt nur in Betracht, wenn das nationale Gericht beim Verständnis oder der Anwendung des Urteils Schwierigkeiten hat, wenn es dem EuGH eine neue Rechtsfrage stellt oder wenn es ihm neue Gesichtspunkte unterbreitet, die ihn dazu veranlassen könnten, eine bereits gestellte Frage abweichend zu beantworten (EuGH, Beschluss vom 5. März 1986 - C-69/85 [ECLI:​EU:​C:​1986:​104], Wünsche - Rn. 15). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

25 bb) § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten, wonach die Rundfunkbeiträge nur mittels Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift bzw. SEPA-Basislastschrift, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden können, erfüllt lediglich vier der vom EuGH genannten fünf Voraussetzungen für die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung, die eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Annahme von Euro-Bargeld zu Zahlungszwecken vorsieht, mit dem Unionsrecht.

26 (1) Bei § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten handelt es sich nicht um eine Vorschrift, die in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel determiniert. Vielmehr werden lediglich Zahlungsmodalitäten für die Erhebung des Rundfunkbeitrags, also einer konkreten Geldleistungspflicht geregelt. Dass dies eine Vielzahl von Zahlungsvorgängen betrifft, ist entgegen der Auffassung des Klägers ohne Belang. Dafür, dass der Beklagte als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ausschließlich oder auch nur ergänzend währungspolitische Zwecke verfolgt haben könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Ein Eingriff in die ausschließliche Kompetenz der Union für die Währungspolitik liegt damit - anders als bei § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG - nicht vor.

27 (2) Die Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten führt nicht zu einer rechtlichen oder faktischen Abschaffung der Euro-Banknoten. Von einer "Abschaffung" im Sinne dieser Vorgabe des EuGH ist zwar nicht nur in dem - praktisch kaum denkbaren - Fall auszugehen, dass die Möglichkeit, Euro-Banknoten als Zahlungsmittel einzusetzen, vollständig entfällt. Dies zeigt der erläuternde Hinweis des EuGH, es dürfe insbesondere nicht die Möglichkeit untergraben werden, eine Geldleistungspflicht in der Regel mit solchem Bargeld zu erfüllen. Entscheidend ist daher, ob die nationale Regelung bei wertender Betrachtung dazu führt, dass sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der grundsätzlich gewährleisteten Möglichkeit, hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten mit Euro-Banknoten zu erfüllen, und dem Ausschluss dieser Möglichkeit umkehrt. Der EuGH nimmt insoweit nur die konkrete Regelung in den Blick (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 62). Ob unterschiedliche Ausschlüsse oder Beschränkungen der Barzahlungsmöglichkeit in ihrer Summe die genannte Wirkung entfalten, ist daher in diesem Zusammenhang unerheblich. Für sich genommen hat § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten offensichtlich nicht zur Folge, dass die Möglichkeit, eine Geldleistungspflicht mit Euro-Bargeld zu erfüllen, nicht mehr in der Regel, sondern nur noch als Ausnahme besteht.

28 (3) § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten ist aus Gründen des öffentlichen Interesses erlassen worden. Diese Voraussetzung ist weit zu verstehen; denn der EuGH grenzt den der englischen und französischen Fassung des von ihm herangezogenen 19. Erwägungsgrundes der Verordnung (EG) Nr. 974/98 entnommenen Ausdruck "Gründe des öffentlichen Interesses" ausdrücklich von dem engeren Begriff der "Gründe der öffentlichen Ordnung" ab, auf die die deutsche Sprachfassung an dieser Stelle Bezug nimmt (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 65 f.). Im Rahmen seiner sachdienlichen Hinweise für die vom Senat zu treffende Entscheidung hat der EuGH darüber hinaus ausgeführt, es liege im öffentlichen Interesse, dass die Begleichung von Geldschulden gegenüber öffentlichen Stellen dergestalt erfolgen könne, dass diesen keine unangemessenen Kosten entstünden, die sie daran hindern würden, ihre Leistungen kostengünstiger zu erbringen. Daher sei davon auszugehen, dass der Grund des öffentlichen Interesses, der sich aus der Notwendigkeit ergebe, die Erfüllung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht zu gewährleisten, eine Beschränkung der Barzahlungen rechtfertigen könne, insbesondere, wenn die Zahl der Beitragspflichtigen, bei denen die Forderungen einzutreiben seien, sehr hoch sei (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 73 f.). Dieser Hinweis lässt erkennen, dass der EuGH im vorliegenden Zusammenhang sowohl die Kostenersparnis als auch die effiziente Durchsetzung der Beitragserhebung als Gründe des öffentlichen Interesses ansieht. Auf beide Gründe kann der in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten vorgesehene Ausschluss der Barzahlung im Ergebnis gestützt werden.

29 In Bezug auf den Gesichtspunkt der Kostenersparnis hat der Beklagte vorgetragen, angesichts von bundesweit fast 40 Millionen und in Hessen fast 3 Millionen zahlungspflichtigen Beitragskonten im privaten wie nichtprivaten Bereich handele es sich bei der Einziehung fälliger Rundfunkbeiträge um ein "Massenverfahren", das ohne geeignete Regelungen mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung nur mit einem außerordentlich hohen Personal- und Kostenaufwand zu bewältigen wäre. Diese Ausführungen sind ohne Weiteres plausibel. Dass der Umfang der zu erzielenden Kosteneinsparungen im Einzelfall ermittelt wird, ist nicht erforderlich.

30 Der in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten vorgesehene Ausschluss der Barzahlung dient darüber hinaus dem öffentlichen Interesse an einer effizienten und dadurch auch belastungsgleichen Durchsetzung der Abgabenerhebung. Durch eine Dauerüberweisung oder die Erteilung einer Einzugsermächtigung bzw. Zustimmung zur SEPA-Lastschrift erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Rundfunkbeitragspflicht auch tatsächlich erfüllt wird, da die fristgemäße periodische Zahlung des Rundfunkbeitrags nicht von der Initiative des Beitragspflichtigen abhängt. Dass der Rundfunkbeitrag wahlweise auch mittels Einzelüberweisungen gezahlt werden kann, lässt den durch den Barzahlungsausschluss insgesamt ermöglichten Effizienzgewinn bei der Beitragserhebung nicht entfallen.

31 (4) Die durch § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten geregelte Beschränkung der Barzahlungsmöglichkeit ist sowohl geeignet als auch erforderlich, um die genannten Ziele zu erreichen. Denn mit ihr kann verhindert werden, dass die Verwaltung in Anbetracht der Kosten, die es mit sich brächte, ein allen Beitragspflichtigen zugängliches Verfahren zur Barzahlung des Rundfunkbeitrags einzuführen, einer unangemessenen finanziellen Belastung ausgesetzt wird (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 76).

32 cc) Ein Unionsrechtsverstoß liegt jedoch darin, dass der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, mangels einer Ausnahmeregelung unverhältnismäßig beeinträchtigt.

33 (1) In dem auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats ergangenen Urteil vom 26. Januar 2021 hat der EuGH im Rahmen seiner Antwort auf die zweite Vorlagefrage die unionsrechtliche Zulässigkeit einer nationalen Regelung, die die Möglichkeit ausschließt, eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht mit Euro-Banknoten zu erfüllen, an die weitere Voraussetzung geknüpft, die Beschränkung von Barzahlungen dürfe die Grenzen dessen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, insofern nicht überschreiten, als andere rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, um die Geldleistungspflicht zu erfüllen. Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn die nationale Regelung überhaupt andere rechtliche Mittel als Bargeld für die Zahlung vorsieht. Trotz der das Prüfprogramm scheinbar verengenden Formulierung ("insofern nicht überschreitet, als") fordert der EuGH eine umfassende Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Dies folgt schon aus der Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung, nach der der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die fraglichen Maßnahmen zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 7o).

34 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dient seit jeher insbesondere auch dem Schutz individueller Rechte einschließlich der in der Unionsrechtsordnung gewährleisteten Grundrechte (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 19. Juni 1980 - C-41/79 [ECLI:​EU:​C:​1980:​163], Testa - Rn. 18, 21). In diesem Sinne nimmt der EuGH mit der fünften Voraussetzung insbesondere die Zumutbarkeit des Bargeldausschlusses für die Zahlungspflichtigen in den Blick, nachdem dessen Geeignetheit und Erforderlichkeit bereits zuvor im Rahmen der vierten Bedingung geprüft worden sind. Er hebt ausdrücklich hervor, dass die anderen rechtlichen Mittel zur Zahlung des Rundfunkbeitrags möglicherweise nicht allen beitragspflichtigen Personen leicht zugänglich sind, was bedeuten würde, dass für Personen, die keinen Zugang zu diesen Mitteln haben, eine Möglichkeit der Barzahlung vorgesehen werden müsste (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 77). Diese Erwägungen knüpfen an die Schlussanträge des Generalanwalts an, der im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit insbesondere die Belange der schutzbedürftigen Personen ohne Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen und die mit der Verwendung von Bargeld verbundene Funktion sozialer Eingliederung hervorgehoben hat (Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzzella vom 29. September 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-422/19 und C-423/19 [ECLI:​EU:​C:​2020:​756], Rn. 130 ff., 133 ff., 138).

35 (2) Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass die Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten unionsrechtlich geschützte Individualbelange unverhältnismäßig beeinträchtigt. Denn sie sieht keine Ausnahmen für diejenigen Beitragspflichtigen vor, die mangels Zugangs zu einem Girokonto von den in der Vorschrift genannten Zahlungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen können. Dass eine nicht unerhebliche Zahl von Personen über kein eigenes Girokonto verfügt, ist eine allgemeinkundige Tatsache. Der Senat nimmt insoweit auf die in den Schlussanträgen des Generalanwalts Giovanni Pitruzzella vom 29. September 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-422/19 und C-423/19 (a. a. O. Rn. 136 mit Fn. 76) zitierte Studie der EZB von 2017 Bezug, nach der zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland 0,96 % und in der gesamten Eurozone sogar 3,64 % der Haushalte keinen Zugang zu Bank-/Finanzdienstleistungen hatten ("unbanked households", vgl. Ampudia/Ehrmann, "Financial inclusion: what’s it worth?", Working Paper Series der EZB, Nr. 1990, Januar 2017, Tabelle 1; https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpwps/ecbwp1990.en.pdf). Da die Existenz eines Kontos bei einem Kreditinstitut oder einem Finanzinstitut ähnlicher Art jedoch gegenwärtig eine unerlässliche Voraussetzung für die Verwendung von Währung in einer anderen Form als der physischen des Bargelds ist (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Giovanni Pitruzzella vom 29. September 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-422/19 und C-423/19, Rn. 135), sind die genannten Personen darauf angewiesen, hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten mit Euro-Banknoten erfüllen zu können.

36 Zwar sieht § 31 Abs. 1 Zahlungskontengesetz (ZKG) vom 11. April 2016 (BGBl. I S. 720) in Umsetzung der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. L 257 S. 214) grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen vor. Danach hat ein Institut, das Zahlungskonten für Verbraucher anbietet, mit einem Berechtigten grundsätzlich einen Basiskontovertrag zu schließen, wobei Berechtigter jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union ist. Dass alle Rundfunkbeitragspflichtigen, die dies wollen, auch tatsächlich ein Konto eröffnen können, wird hierdurch jedoch nicht sichergestellt. Denn nach § 34 Abs. 1 ZKG kann der Antrag eines Berechtigten auf Abschluss eines Basiskontovertrags aus den in den §§ 35 bis 37 ZKG genannten Gründen abgelehnt werden.

37 Beitragspflichtige, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, können entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht auf die Möglichkeit der Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio verwiesen werden; denn diese Art der Zahlung ist für die betroffenen Beitragspflichtigen mit nicht unerheblichen Zusatzkosten verbunden. Bei der ungefähren Größenordnung dieser Kosten handelt es sich ebenfalls um eine allgemeinkundige Tatsache. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass bei einer Bareinzahlung des Rundfunkbeitrags z. B. bei der Postbank für Personen, die dort kein Konto unterhalten, Kosten in Höhe von 6 € entstehen. Von der Marktüblichkeit dieses Entgelts ist auszugehen. Diese für die Bareinzahlung anfallenden Mehrkosten können im Verhältnis zur Höhe des Rundfunkbeitrags im hier maßgeblichen privaten Bereich (§ 2 RBStV) offensichtlich nicht als vernachlässigbar angesehen werden. Denn selbst wenn man darauf abstellt, dass der Beitrag nicht monatlich in Höhe von - im hier maßgeblichen Zeitraum - 17,50 €, sondern nach § 7 Abs. 3 Satz 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (Art. 1 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, RBStV), dem das Land Hessen mit Gesetz vom 23. August 2011 (GVBl. I 382) zugestimmt hat, in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate, also in Höhe von 52,50 € zu leisten ist, betragen die zusätzlichen Transaktionskosten im Fall der Bareinzahlung deutlich mehr als 10 Prozent der jeweils zu erfüllenden Beitragsforderung. Eine derartige Mehrbelastung ist mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.

38 Dass der in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten geregelte Barzahlungsausschluss mangels einer Ausnahmeregelung diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, unverhältnismäßig beeinträchtigt, wird schließlich auch nicht dadurch kompensiert, dass ein Großteil der betroffenen schutzwürdigen Personen die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 4 Abs. 1 RBStV erfüllen dürfte. Denn selbst wenn die Behauptung des Beklagten zutrifft, dass die Gruppe derjenigen Personen, die nicht über ein eigenes Bankkonto verfügen, obwohl sie als Wohnungsinhaber gemäß § 2 RBStV rundfunkbeitragspflichtig sind und auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV haben, sehr klein ist, sind solche Fälle keinesfalls ausgeschlossen. So kann es beispielsweise zu einem die Kündigung eines Basiskontovertrags und entsprechend die Ablehnung eines Neuabschlusses nach sich ziehenden Zahlungsverzug (vgl. § 37 i. V. m. § 42 Abs. 3 Nr. 2 ZKG) insbesondere in solchen Fällen kommen, in denen zwar eine Überschuldungssituation besteht, aber etwa wegen zu berücksichtigenden Einkommens des Partners (vgl. § 9 Abs. 2 SGB II, § 27 Abs. 2 SGB XII) weder Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII noch die Gewährung von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II geltend gemacht werden kann. Eine Beitragsbefreiung wegen eines besonderen Härtefalls nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV kommt grundsätzlich nur zum Schutz des Existenzminimums in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - BVerwGE 167, 20 Rn. 25), das im Fall einer unfreiwilligen "Kontolosigkeit" nicht zwangsläufig gefährdet ist.

39 c) § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten steht darüber hinaus auch nicht uneingeschränkt in Einklang mit nationalem Verfassungsrecht. Die ungeachtet des unionsrechtlichen Kontexts am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes zu prüfende (aa)) Satzungsbestimmung verletzt zwar weder die Eigentumsgewährleistung (bb)) noch die Berufsfreiheit (cc)), die allgemeine Handlungsfreiheit (dd)) oder das informationelle Selbstbestimmungsrecht (ee)). Mangels einer Ausnahmeregelung für diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, ist sie jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar (ff)). Eine verfassungskonforme Auslegung ist nicht möglich (gg)).

40 aa) In der vorliegenden Fallkonstellation einer nicht der ausschließlichen Kompetenz der Union für die Währungspolitik unterfallenden Barzahlungsbeschränkung bilden nicht die Unionsgrundrechte, also insbesondere die Grundrechtecharta, den unmittelbaren Prüfungsmaßstab, sondern die Grundrechte des Grundgesetzes.

41 Seit den beiden Beschlüssen zum "Recht auf Vergessen" vom November 2019 ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass Akte der deutschen öffentlichen Gewalt an den Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen sind, soweit die zu entscheidende Rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist; anderenfalls werden die Grundrechte des Grundgesetzes geprüft und im Licht der EU-Grundrechtecharta interpretiert (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - BVerfGE 152, 152 Rn. 42 - Recht auf Vergessen I; Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - BVerfGE 152, 216 Rn. 42 ff. – Recht auf Vergessen II). Ob eine Rechtsfrage vollständig unionsrechtlich determiniert ist, richtet sich in aller Regel nach den Normen, aus denen die Rechtsfolgen für den streitgegenständlichen Fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche Rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden Rechtsfolgen durch das Unionsrecht oder das nationale Recht festgelegt werden. Maßgeblich sind die im konkreten Fall anzuwendenden Vorschriften in ihrem Kontext, nicht eine allgemeine Betrachtung des in Rede stehenden Regelungsbereichs (BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 - 2 BvR 206/14 - NVwZ 2021, 1211 Rn. 42; vgl. auch bereits Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - BVerfGE 152, 216 Rn. 78). Die Frage nach der vollständigen unionsrechtlichen Determinierung eines Rechtsverhältnisses ist auf der Grundlage einer methodengerechten Auslegung des Unionsrechts zu entscheiden. Sie hat sich daran zu orientieren, ob die in Rede stehenden Normen des Unionsrechts auf die Ermöglichung von Vielfalt und die Geltendmachung unterschiedlicher Wertungen angelegt sind oder ob eingeräumte Spielräume nur dazu dienen sollen, besonderen Sachgegebenheiten hinreichend flexibel Rechnung zu tragen, und das unionale Fachrecht vom Ziel einer gleichförmigen Rechtsanwendung getragen ist (BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 - 2 BvR 206/14 - NVwZ 2021, 1211 Rn. 44; vgl. auch bereits Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - BVerfGE 152, 216 Rn. 80).

42 Hiervon ausgehend ist § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes zu messen. Eine vollständige unionsrechtliche Determinierung des hier in Rede stehenden Regelungsbereichs besteht nur insoweit, als die Mitgliedstaaten in der Eurozone aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der Währungspolitik daran gehindert sind, Vorschriften mit dem Ziel und Inhalt einer rechtlichen Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel zu erlassen. Im Übrigen bleiben die Mitgliedstaaten nach der Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2021 jedoch befugt, in Ausübung einer ihnen eigenen Zuständigkeit, wie etwa der Organisation ihrer öffentlichen Verwaltung, Vorschriften zu erlassen, die die Verwaltung verpflichten, die Erfüllung der von ihr auferlegten Geldleistungspflichten in bar zu akzeptieren oder - umgekehrt - die Möglichkeit auszuschließen, eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht mit Euro-Banknoten zu erfüllen. In den zuletzt genannten Fällen sind zwar die vom EuGH genannten weiteren Voraussetzungen für derartige nationale Regelungen zu beachten. Hieraus ergibt sich jedoch keine vollständige unionsrechtliche Determinierung im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Denn die unionsrechtlichen Vorgaben sind darauf angelegt, unterschiedliche Wertungen in den einzelnen Mitgliedstaaten zu ermöglichen und die sich daraus ergebende Vielfalt von Regelungen zur Möglichkeit der Erfüllung von Geldleistungspflichten mit Bargeld lediglich insoweit zu begrenzen, als dies zur Bewahrung des unionsrechtlich vorgegebenen Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel erforderlich ist. Von den ihnen nach diesen Maßgaben verbleibenden Regelungsspielräumen dürfen die Mitgliedstaaten von vornherein nur Gebrauch machen, wenn sie eigene, gerade nicht vom Unionsrecht vorgegebene Regelungszwecke verfolgen.

43 bb) Die in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten geregelte Verpflichtung zur unbaren Zahlung des Rundfunkbeitrags stellt keinen Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 Abs. 1 GG dar. Zwar gewährleistet die Eigentumsgarantie auch das Recht, Geldeigentum zu besitzen, zu nutzen, es zu verwalten und darüber zu verfügen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31. März 1998 - 2 BvR 1877/97, 50/98 - BVerfGE 97, 350 <370> und vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305, 348/93 - BVerfGE 105, 17 <30>). Durch einen bereichsspezifischen Barzahlungsausschluss wird jedoch weder das Sacheigentum an Banknoten und Münzen entzogen noch die Nutzungsmöglichkeit - im Wesentlichen also die Verwendung als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel (vgl. zu den unterschiedlichen Geldfunktionen allgemein: Ohler, JZ 2008, 317 <318>) – beeinträchtigt. Betrifft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst die Pflicht zur Erteilung einer privatrechtlichen Einzugsermächtigung zur Duldung des Lastschriftverfahrens kein vermögenswertes Recht und berührt daher nicht den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Dezember 1991 - 1 BvR 852/90 - juris Rn. 3), gilt dies erst recht für eine Vorschrift, die wie § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten auch andere bargeldlose Zahlungsweisen zulässt.

44 cc) Ein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht gegeben. Ein solcher liegt nicht schon dann vor, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen, die sich nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten. Die Berufsfreiheit ist ausnahmsweise dann berührt, wenn solche Maßnahmen die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298, 1299/94, 1332/95, 613/97 - BVerfGE 111, 191 <213>). Da die Verpflichtung zur bargeldlosen Zahlung des Rundfunkbeitrags sowohl Wohnungs- als auch Betriebsinhaber betrifft, ist ein solcher Berufsbezug nicht erkennbar.

45 dd) Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) wird durch den Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten ebenfalls nicht verletzt. Zwar kann ein Eingriff in die als Teil der Privatautonomie geschützte negative Vertragsfreiheit darin zu sehen sein, dass die Grundrechtsträger durch Bargeldbeschränkungen gezwungen werden, Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die bargeldlose Zahlungen abwickeln. Zudem gewährleistet das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG im Rahmen der Schranken des 2. Halbsatzes die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinne. Werden für die Erfüllung einer Abgabenforderung besondere Zahlungsmodalitäten zwingend vorgeschrieben, liegt daher auch insoweit ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG vor. Dieser Eingriff hat allerdings nur ein sehr geringes Gewicht und ist aus den bereits genannten Gründen des öffentlichen Interesses auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

46 ee) Der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten verletzt die Beitragspflichtigen auch nicht in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG).

47 Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Begleichung von Geldschulden mittels Einzugsermächtigung, Basislastschrift oder Überweisung zwangsläufig mit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Intermediäre verbunden ist. Für die Abwicklung der bargeldlosen Zahlung des Rundfunkbeitrags durch private Finanzdienstleister werden Daten erhoben und gespeichert, die die Identifikation von Zahler und Zahlungsempfänger ermöglichen und die Zahlungsbeträge sowie den Zahlungszweck erkennen lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist grundsätzlich anerkannt, dass die Erhebung von Kontoinhalten und Kontobewegungen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift. Derartige Kontoinformationen können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein und werden vom Grundrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <346>). Wird eine Vielzahl unterschiedlicher Zahlungsdaten gesammelt und mit anderen Daten verknüpft, besteht die Gefahr der Erstellung aussagekräftiger Persönlichkeits- und Bewegungsprofile. Grundrechtsträger, die die Auswertung ihrer Zahlungsdaten fürchten, könnten sich deshalb zu einer Anpassung ihrer von der Geldnutzung abhängigen Freiheitsbetätigung veranlasst sehen (vgl. Eibl, Privatheit durch Bargeld?, 2020, S. 352). Der bei privaten Finanzdienstleistern vorhandene Bestand an Zahlungsdaten, auf den der Staat auf der Grundlage gesetzlicher Befugnisse zur Datenerhebung und -verarbeitung gegebenenfalls zugreifen kann, wächst mit der Zahl und dem Umfang zukünftig hinzutretender Beschränkungen von Barzahlungsmöglichkeiten an. Wegen dieses Summationseffekts ist in Betracht zu ziehen, dass ab einer bestimmten Schwelle nach den Grundsätzen der sog. Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975 - 2 BvR 883/73 und 379, 497, 526/74 - BVerfGE 40, 237 <249 f.>) das Erfordernis einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber entsteht.

48 Die Intensität des mit dem Zwang zur Nutzung bargeldloser Bezahlverfahren nach § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ist indes als gering zu qualifizieren. Anders als z. B. eine allgemeine Obergrenze für sämtliche Barzahlungen betrifft der hier in Rede stehende Barzahlungsausschluss lediglich eine bestimmte hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht. Vor allem aber steht die Erfüllung der Rundfunkbeitragspflicht von vornherein nicht im Zusammenhang mit einer von der Geldnutzung abhängigen Freiheitsbetätigung.

49 Selbst bei Verknüpfung mit anderen personenbezogenen Daten sind die Angaben über Zahler, Zahlungsempfänger, Zahlbetrag und Zahlungszweck in diesem Fall zudem schon im Ansatz nicht geeignet, einen Einblick in die Vermögensverhältnisse, sozialen Kontakte oder Verhaltensweisen des Betroffenen zu geben. Da der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich allein an das Innehaben einer Wohnung anknüpft (vgl. § 2 Abs. 1 RBStV), lässt sich den durch die bargeldlose Zahlung mittels Überweisung oder SEPA-Lastschrift zwangsläufig entstehenden Zahlungsdaten letztlich nur der Umstand der Wohnungsinhaberschaft sowie der Umstand der Nichterteilung einer Befreiung gemäß § 4 Abs. 1 und 6 RBStV oder der Umstand einer Ermäßigung des Rundfunkbeitrages gemäß § 4 Abs. 2 RBStV entnehmen. Im nichtprivaten Bereich lässt sich aufgrund der Höhe des Zahlbetrags allenfalls grob auf die ungefähre Zahl der Beschäftigten einer Betriebsstätte rückschließen (vgl. § 5 Abs. 1 RBStV). Den beteiligten Kreditinstituten werden damit kaum nennenswerte Informationen zur Kenntnis gebracht. Der zuständigen Rundfunkanstalt liegen alle diese Angaben aufgrund der Anzeigepflicht des Beitragsschuldners (§ 8 Abs. 4 RBStV) sowie des Auskunftsrechts der Rundfunkanstalt (§ 9 Abs. 1 RBStV) ohnehin vor. Auch der mit der Angabe einer Bankverbindung verbundene Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist als geringfügig anzusehen. Die Annahme des Klägers, die wegen des gesetzlichen Teilnahmezwangs nicht aus eigenem, freien Entschluss offengelegten Daten seien in besonderem Maße schutzbedürftig, trifft daher nicht zu. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Gerade, weil grundsätzlich für alle Wohnungs- bzw. Betriebsinhaber die Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags besteht, haben die darauf bezogenen Zahlungsdaten praktisch keinerlei Persönlichkeitsbezug, sodass ein Schutzbedarf nicht erkennbar ist. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Berücksichtigung bereits bestehender gesetzlicher Regelungen, welche - wie z. B. § 224 Abs. 4 Satz 1 AO oder § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KraftStG - die Möglichkeit der Zahlung mit Bargeld an staatliche Stellen ausschließen oder beschränken.

50 Angesichts seiner Geringfügigkeit ist der Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG aus den bereits genannten Gründen der Kostenersparnis und effizienten Durchsetzung der Beitragserhebung ohne Weiteres gerechtfertigt.

51 ff) § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten ist jedoch mangels einer Ausnahmeregelung für diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

52 Der Verwaltungsgerichtshof hat § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten dahingehend ausgelegt, dass eine Barzahlung nicht vorgesehen und damit unzulässig ist. Da es sich bei der Beitragssatzung um irrevisibles Landesrecht handelt (§ 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO), ist der Senat an diese Auslegung gebunden. Ohne eine Ausnahmeregelung für Personen ohne Zugang zu einem Girokonto verstößt die Regelung jedoch gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

53 Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Hieraus folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Indem § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten für diejenigen Beitragspflichtigen, die mangels Zugangs zu einem Bankkonto von den in der Vorschrift genannten Zahlungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen können, keine Ausnahmen von dem Barzahlungsausschluss vorsieht, sodass nur die mit erheblichen Zusatzkosten verbundene Möglichkeit der Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio verbleibt, werden wesentlich ungleiche Sachverhalte gleich behandelt. Durch diese Gleichbehandlung wird die betroffene Personengruppe gegenüber allen anderen Beitragspflichtigen benachteiligt. Die Schlechterstellung der Gruppe der Beitragspflichtigen ohne Zugang zu einem Girokonto gegenüber denjenigen Beitragspflichtigen, die über ein solches Konto verfügen, ist durch keinen hinreichenden Sachgrund gerechtfertigt. Sie findet ihre sachliche Rechtfertigung insbesondere nicht in der Möglichkeit, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 11/94, 33/95, 1 BvR 1560/97 - BVerfGE 100, 138 <174>; Beschluss vom 16. März 2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 <280>). Hierzu wäre unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich, dass die mit der Typisierung verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv wäre (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 11/94, 33/95, 1 BvR 1560/97 - a. a. O. <174>; Kammerbeschluss vom 19. Januar 2022 - 1 BvR 1089/18 - NVwZ 2022, 481 Rn. 24).

54 Diese kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen liegen nicht vor. Für die Gruppe der Beitragspflichtigen ohne Zugang zu einem Girokonto liegt ein intensiver Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, für dessen Beurteilung insbesondere die Beitragsbelastung maßgeblich ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Januar 2022 - 1 BvR 1089/18 - NVwZ 2022, 481 Rn. 25). Wie bereits ausgeführt, betragen die zusätzlichen Transaktionskosten im Fall der Bareinzahlung deutlich mehr als 10 Prozent der jeweils zu erfüllenden Beitragsforderung im privaten Bereich. Eine derartige Mehrbelastung, die andere Beitragspflichtige nicht zu tragen haben, übersteigt jedenfalls die Grenze des aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Kostenersparnis Hinzunehmenden.

55 gg) Eine verfassungskonforme Auslegung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil ihr der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegensteht. Kann der Beitragsschuldner die Rundfunkbeiträge danach nur mittels Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift bzw. SEPA-Basislastschrift, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichten, würde die Annahme einer Ausnahmemöglichkeit im Wege der Auslegung die Wortlautgrenze überschreiten.

56 d) Ungeachtet der festgestellten Verstöße gegen die unionsrechtlichen Vorgaben für Barzahlungsbeschränkungen bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist die Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten übergangsweise bis zu einer Neuregelung weiter anzuwenden. Dies gilt mit der Maßgabe, dass der Beklagte solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht. Die richterliche Anordnung der übergangsweisen Fortgeltung der Satzungsbestimmung mit der genannten Maßgabe steht mit dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts in Einklang (aa)) und überschreitet auch nicht die den Verwaltungsgerichten gesetzlich eingeräumte Entscheidungskompetenz (bb)).

57 (aa) Unter der Bedingung, dass Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht wird, verstößt die weitere Anwendung der Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten für einen Übergangszeitraum bis zu einer unionsrechtskonformen Neuregelung, die auf der Grundlage der in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV geregelten landesrechtlichen Ermächtigung wiederum durch Satzung erfolgen könnte, nicht gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts.

58 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verpflichtet der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts alle mitgliedstaatlichen Stellen, den verschiedenen unionsrechtlichen Vorschriften volle Wirksamkeit zu verschaffen, wobei das Recht der Mitgliedstaaten die diesen Vorschriften zuerkannte Wirkung in ihrem Hoheitsgebiet nicht beeinträchtigen darf. Die Wirkungen des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts sind für alle Einrichtungen eines Mitgliedstaats verbindlich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2021 - C-357/19, C-379/19, C-547/19, C-811/19 und C-840/19 [ECLI:​EU:​C:​2021:​1034], Euro Box Promotion u. a. - Rn. 250 f.). Die volle Wirksamkeit der hier einschlägigen, aus Art. 128 Abs. 1 Satz 3 AEUV sowie Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB und Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 folgenden unionsrechtlichen Vorgaben wird durch die weitere Anwendung der Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten für einen Übergangszeitraum indes nicht beeinträchtigt, wenn sichergestellt ist, dass die Bedingungen vollständig eingehalten werden, die der EuGH in dem auf die Vorlage des Senats ergangenen Urteil vom 26. Januar 2021 festgelegt hat.

59 Zwar verhält sich die Entscheidung des EuGH zu der Frage der übergangsweisen Anwendung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten nicht ausdrücklich. Der EuGH hat es jedoch als Sache des vorlegenden Gerichts bezeichnet, zu prüfen, ob eine Beschränkung der Barzahlungsmöglichkeit im Hinblick auf das Ziel des tatsächlichen Einzugs des Rundfunkbeitrags verhältnismäßig ist, insbesondere in Anbetracht dessen, dass die anderen rechtlichen Mittel zur Zahlung des Rundfunkbeitrags möglicherweise nicht allen beitragspflichtigen Personen leicht zugänglich sind, was bedeuten würde, dass für Personen, die keinen Zugang zu diesen Mitteln haben, eine Möglichkeit der Barzahlung vorgesehen werden müsste (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 - Rn. 77). Der letzte Halbsatz lässt klar erkennen, dass der EuGH eine Barzahlungsmöglichkeit nicht generell, sondern ausschließlich für solche Personen fordert, die keinen Zugang zu anderen - bargeldlosen - Zahlungsmitteln haben. Wird die im Übrigen unionsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung der Zahlungsmodalitäten in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten mit der durch den Senat angeordneten Maßgabe übergangsweise weiter angewandt, durch die den unionsrechtlich geschützten Rechtspositionen des begrenzten Kreises der kontolosen schutzbedürftigen Personen Rechnung getragen wird, beeinträchtigt dies die volle Wirksamkeit der unmittelbar geltenden Normen des Unionsrechts nicht. Vielmehr wird gerade hierdurch ein unionsrechtskonformer Rechtszustand hergestellt.

60 bb) Die richterliche Anordnung der übergangsweisen Fortgeltung der mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vollständig vereinbaren - und insoweit auch keiner verfassungskonformen Auslegung zugänglichen - Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten mit der genannten Maßgabe überschreitet auch nicht die den Verwaltungsgerichten gesetzlich eingeräumte Entscheidungskompetenz.

61 Zwar sind die Verwaltungsgerichte grundsätzlich nicht befugt, eine zeitlich befristete Fortgeltung verfassungswidriger Satzungsbestimmungen anzuordnen (BVerwG, Urteil vom 27. November 2019 - 9 C 4.19 - BVerwGE 167, 137 Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 2 BvL 45/11, 4/13 - BVerfGE 150, 204 Rn. 70). In der abgabenrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist daher anerkannt, dass die Verwaltungsgerichte gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet sind, angefochtene Steuerbescheide aufzuheben, wenn diese keine Grundlage in einer gültigen Satzung finden und deshalb die Steuerschuldner in ihren Rechten verletzen. Allenfalls in besonderen Ausnahmefällen, in denen die Erklärung der Satzung als unwirksam bzw. die darauf beruhende Aufhebung der Steuerbescheide einen "Notstand" zur Folge hätte, könnte etwas anderes gelten (BVerwG, Urteil vom 27. November 2019 - 9 C 4.19 - a. a. O. Rn. 20 m. w. N.).

62 Diese Grundsätze sind indes auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Denn die Erhebung des Rundfunkbeitrags beruht - abgesehen von der Heranziehung der Inhaber von Zweitwohnungen - auf einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundlage (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16, 745, 836, 981/17 - BVerfGE 149, 222). Auch gegen die Regelung der Zahlungsmodalitäten in der - auf die Ermächtigung in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV gestützten - Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten bestehen ganz überwiegend keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Lediglich in Bezug auf eine eng begrenzte Gruppe von Beitragspflichtigen führt die Anwendung der Satzungsbestimmung wegen der abschließenden, Ausnahmen nicht zulassenden Vorgabe bargeldloser Zahlungsverfahren zu einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten ist es sachgerecht, die Grundsätze heranzuziehen, auf die der Senat in vergleichbaren Fallkonstellationen, vor allem im Prüfungsrecht, regelmäßig abstellt. Danach kommt eine übergangsweise Anwendung unwirksamer Satzungs- und Verordnungsregelungen immer dann in Betracht, wenn und soweit ein wirkungsvoller Grundrechtsschutz oder die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung für einen Übergangszeitraum nicht anders als durch die Anwendung der Regelungen gewährleistet werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 2015 - 6 C 35.14 - BVerwGE 152, 330 Rn. 46 ff., vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 - Buchholz 451.33 SprG Nr. 4 Rn. 29, vom 10. April 2019 - 6 C 19.18 - BVerwGE 165, 202 Rn. 20 und vom 28. Oktober 2020 - 6 C 8.19 - BVerwGE 170, 1 Rn. 24; Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 11).

63 Hiervon ausgehend rechtfertigt mit Blick auf die mögliche Gefährdung der wirksamen Erhebung des Rundfunkbeitrags durch eine flächendeckende Eröffnung der Barzahlungsmöglichkeit jedenfalls der Gesichtspunkt eines wirkungsvollen Grundrechtsschutzes die übergangsweise Anwendung der Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten mit einer Maßgabe, die den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes in bestimmten Ausnahmefällen Rechnung trägt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht eine staatliche Gewährleistungspflicht für die funktionsgerechte Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Ausprägung der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, mit der ein grundrechtlicher Finanzierungsanspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten korrespondiert (vgl. BVerfG, Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <91> und vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 - BVerfGE 119, 181 <224>; Beschluss vom 20. Juli 2021 - 1 BvR 2756/20, 2775/20 und 2777/20 - BVerfGE 158, 389 Rn. 67).

64 Nach den plausiblen Angaben des Beklagten wäre das Massenverfahren der Einziehung fälliger Rundfunkbeiträge bei einer generellen Ermöglichung der Barzahlung nur mit einem außerordentlich hohen Personal- und Kostenaufwand zu bewältigen. Dieser Mehraufwand kann mit Blick auf das in den §§ 1 ff. des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags geregelte mehrstufige Verfahren zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags, das unter anderem übereinstimmende Entscheidungen aller Landesregierungen und Landesparlamente voraussetzt, jedenfalls nicht zeitnah über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf die Beitragspflichtigen umgelegt werden. Dem Beklagten stünden deshalb entgegen der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die zur Erfüllung des Rundfunkauftrags benötigten finanziellen Mittel für eine ungewisse Dauer voraussichtlich nicht vollständig zur Verfügung, wenn § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten generell nicht mehr angewendet werden könnte. Auf der anderen Seite führt der mit der Anwendung der Regelung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten verbundene Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit - wie ausgeführt - weder zu einer unionsrechtswidrigen Ausgestaltung des gesetzlichen Zahlungsmittels noch - abgesehen von den genannten Fällen unfreiwillig kontoloser Beitragspflichtiger - zu grundrechtlich relevanten Belastungen.

65 e) Der Kläger gehört nicht zu dem Personenkreis, dem der Beklagte entsprechend der dargelegten Maßgabe des Senats die Zahlung des Rundfunkbeitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglichen muss. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat der Kläger die Rundfunkbeiträge bis einschließlich März 2015 mittels Banküberweisung gezahlt. Erstmals hinsichtlich der Beiträge für das zweite Quartal 2015 hat er gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, den Rundfunkbeitrag bar bezahlen zu wollen. Dass seit April 2015 die bis dahin vorhandene Verfügungsmöglichkeit über ein Girokonto entfallen war, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Im gerichtlichen Verfahren hat sich der Kläger vielmehr ausschließlich auf die Annahme der generellen Rechtswidrigkeit des Barzahlungsausschlusses berufen. Da deshalb in seinem Fall für die Zahlung des Rundfunkbeitrags in der hier maßgeblichen Übergangszeit § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten anzuwenden ist, ist die Klage sowohl hinsichtlich des Hauptantrags (aa)) als auch des Hilfsantrags (bb)) unbegründet.

66 aa) Ist § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten im Fall des Klägers übergangsweise bis zu einer Neuregelung anzuwenden, kann der auf die Aufhebung des Festsetzungsbescheids des Beklagten vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2016 gerichtete Hauptantrag keinen Erfolg haben. Die für das zweite Quartal 2015 in Höhe von 52,50 € festgesetzten Beiträge waren im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV rückständig. Der Kläger war als Inhaber einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV verpflichtet, einen Rundfunkbeitrag zu entrichten. Die Beiträge des Klägers für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2015 waren am 15. Mai 2015 fällig, weil der Rundfunkbeitrag nach § 7 Abs. 3 RBStV in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist. Da die Leistungszeit jedenfalls mittelbar nach dem Kalender bestimmt ist, war eine Mahnung für den Eintritt des Verzugs entbehrlich (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Beklagte befand sich bei Erlass der angefochtenen Bescheide auch nicht in einem - den Schuldnerverzug ausschließenden - Annahmeverzug (§ 293 BGB). Die Ablehnung der vom Kläger angebotenen Begleichung der Rundfunkbeiträge im Wege der Barzahlung war gerechtfertigt, weil wegen des im vorliegenden Fall anwendbaren Ausschlusses der Möglichkeit der Barzahlung in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten kein ordnungsgemäßes Angebot des Klägers vorlag (§§ 294, 295 Satz 1 BGB). Die auf § 11 Abs. 1 der Beitragssatzung des Beklagten gestützte Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von 8 € ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Kläger die geschuldeten Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von 4 Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet hat. Sonstige Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide sind nicht ersichtlich.

67 bb) Ohne Erfolg bleibt die Klage auch, soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, festzustellen, dass er berechtigt ist, schon eingeforderte oder noch einzufordernde Rundfunkbeiträge kostenfrei in bar an den Beklagten zu leisten. Zwar ist der Hilfsantrag als Zwischenfeststellungsklage nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Der Feststellungsantrag ist jedoch ebenfalls unbegründet, weil der Kläger als Inhaber eines Girokontos nicht zu dem Kreis derjenigen Beitragspflichtigen gehört, denen der Beklagte entsprechend der Maßgabe, die der Senat mit der Anordnung der übergangsweisen Anwendung des § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Beklagten verbunden hat, die Zahlung des Rundfunkbeitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglichen muss.

68 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.