Verfahrensinformation

Die Klägerin ist Herausgeberin des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL". Sie begehrt auf der Grundlage ihres Grundrechts auf Pressefreiheit vom Bundesnachrichtendienst (BND) Auskunft zu sämtlichen sog. konspirativen Linien vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre, insbesondere die Mitteilung der entsprechenden Namen sowie Umfang, Qualität und die Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem BND. Der BND hat die beantragte Auskunft verweigert und geltend gemacht, eine Offenlegung würde insbesondere den Grundsatz des Quellenschutzes und damit seine Arbeitsfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Dem Auskunftsanspruch stehe ferner das Recht der betreffenden Personen und ihrer Angehörigen auf informationelle Selbstbestimmung bzw. der Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts entgegen. Ein Teil der von der Klägerin gestellten Fragen könne zudem nicht anhand der aktuell vorliegenden Informationen beantwortet werden, sondern sei auf eine Informationsbeschaffung durch den BND gerichtet, zu der er nicht verpflichtet sei. Zur Erforschung des Themenkomplexes der sog. Pressesonderverbindungen habe er eine Unabhängige Historikerkommission eingesetzt, deren Arbeit noch nicht abgeschlossen sei. Für die Klage ist das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich zuständig.


Verfahrensinformation

Die Klägerin, ein Luftverkehrsunternehmen, wendet sich gegen die Genehmigung der Entgeltordnung, die ab dem 1. Januar 2015 am Flughafen Berlin-Tegel angewendet wird. Darin werden die Entgelte geregelt, die die Luftverkehrsunternehmen für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen des Flughafens zu zahlen haben, die mit der Beleuchtung, dem Starten und Landen und dem Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Entgeltordnung nicht den Vorgaben des § 19b des Luftverkehrsgesetzes (LVG) für das einzuhaltende Verfahren und die Höhe der Entgelte entspreche und daher nicht habe genehmigt werden dürfen.


Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Klage als unzulässig verworfen. Die Klägerin könne durch die Genehmigung der Entgeltordnung nicht in eigenen Rechten verletzt werden; weder habe die Genehmigung eine privatrechtsgestaltende Wirkung noch komme den Regelungen des § 19b LuftVG drittschützende Wirkung zugunsten der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsunternehmen zu.


Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision der Klägerin.


Pressemitteilung Nr. 21/2018 vom 12.04.2018

Flughafenentgelte: EuGH soll Reichweite der Genehmigung der Flughafenentgelte durch die unabhängige Aufsichtsbehörde klären

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der EU-Richtlinie 2009/12/EG vom 11. März 2009 über Flughafenentgelte vorgelegt.


Im Ausgangsverfahren hatte das beklagte Land Berlin - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt - auf Antrag des beigeladenen Flughafenbetreibers mit Bescheid vom 13. Oktober 2014 eine Änderung der Entgeltordnung für den Flughafen Berlin - Tegel genehmigt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die hiergegen gerichtete Klage eines Luftverkehrsunternehmens mit Urteil vom 22. Juni 2016 als unzulässig abgewiesen. Das Luftverkehrsunternehmen könne nicht geltend machen, durch Erteilung der Genehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein; deshalb fehle ihm die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Umsetzung der Flughafenentgelte-Richtlinie in § 19b LuftVG habe insoweit an der bisherigen, höchstrichterlich bestätigten Rechtslage nichts geändert. Die Genehmigung der Entgeltordnung habe nach wie vor keine privatrechtsgestaltende Wirkung. Die Regelungen zu den Flughafenentgelten in § 19b LuftVG seien auch nicht dazu bestimmt, die Interessen der Flughafennutzer zu schützen. Die auf privatrechtlicher Grundlage gezahlten Entgelte unterlägen einer ausreichenden zivilgerichtlichen Kontrolle am Maßstab des § 315 BGB.


Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf ein Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 2017 (C-489/15) zu Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:


1. Ist eine nationale Vorschrift, die vorsieht, dass die vom Flughafenleitungsorgan beschlossene Flughafenentgeltregelung der unabhängigen Aufsichtsbehörde zur Billigung vorzulegen ist, ohne dem Flughafenleitungsorgan und dem Flughafennutzer zu verbieten, andere als die von der Aufsichtsbehörde gebilligten Entgelte festzusetzen, mit der Richtlinie 2009/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über Flughafenentgelte (ABl. L 70 S 11), insbesondere deren Art. 3, Art. 6 Abs. 3 bis 5 sowie Art. 11 Abs. 1 und 7, zu vereinbaren?


2. Ist eine Auslegung des nationalen Rechts mit der genannten Richtlinie vereinbar, wonach es einem Flughafennutzer verwehrt ist, die Billigung der Entgeltordnung durch die unabhängige Aufsichtsbehörde anzufechten, er aber gegen das Flughafenleitungsorgan Klage erheben und dort geltend machen kann, dass das in der Entgeltordnung festgelegte Entgelt nicht der Billigkeit entspreche?


BVerwG 3 C 20.16 - Beschluss vom 12. April 2018

Vorinstanz:

OVG Berlin-Brandenburg, 6 A 3.15 - Urteil vom 22. Juni 2016 -


Beschluss vom 17.11.2016 -
BVerwG 6 A 3.15ECLI:DE:BVerwG:2016:171116B6A3.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.11.2016 - 6 A 3.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:171116B6A3.15.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 3.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. November 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller, Hahn, Dr. Tegethoff sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

Der Beklagten wird aufgegeben, dem Senat bis 17. Februar 2017 die bei dem Bundesnachrichtendienst den Signaturen 1107 und 151888 zugeordneten Unterlagen sowie - soweit anfragegegenständlich - die den Signaturen 1598, 2603, 2768, 22630, 22631, 23476, 23477, 100156, 101994,150059, 150090 und 151200 zugeordneten Unterlagen vollständig und ungeschwärzt vorzulegen.

Gründe

I

1 Die Klägerin ist Herausgeberin des Nachrichtenmagazins "DER SPIEGEL".

2 Unter dem 31. Mai 2013 begehrte sie vom Bundesnachrichtendienst unter Berufung auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch aus Art. 5 GG u.a. Auskunft zu sämtlichen konspirativen Linien vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre.

3 Auf das - unabhängig von dem Aktennutzungsanspruch geltend gemachte - Auskunftsbegehren teilte der Bundesnachrichtendienst der Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2014 ausgehend von der in dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen BVerwG 6 A 1.15 erwähnten Definition des Begriffes der "konspirativen Linien" mit, dass der Bundesnachrichtendienst vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre zu zwei Personen Kontakt gehabt habe, bei denen die Möglichkeit bestehe, dass es auch zu einer konspirativen Tätigkeit gegen den SPIEGEL gekommen sei. Der Nennung der Personen als nachrichtendienstliche Verbindungen des Bundesnachrichtendienstes stünden grundsätzlich vorrangige Belange des Staatswohls in Gestalt des Informantenschutzes sowie schützenswerte Belange Dritter in Gestalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und des postmortalen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 GG) entgegen. Auch Auskünfte zu Details der Zusammenarbeit könnten nicht gewährt werden, da sie Rückschlüsse auf die Identität der Personen zuließen.

4 Mit Schreiben vom 14. April 2015 präzisierte die Klägerin ihren Antrag dahingehend, dass folgende Auskünfte zu erteilen seien: 1.) Wie viele Pressesonderverbindungen des SPIEGEL-Verlages für den BND gab es vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre und welche Personen waren das konkret? 2.) Welche Informationen wurden zwischen den einzelnen Pressesonderverbindungen und dem BND ausgetauscht? Dies gilt für beide Richtungen. 3.) Wie bewertete der BND die Informationen, die er von den einzelnen Pressesonderverbindungen des SPIEGEL erhielt? 4.) Welche Auskünfte begehrte der BND von den Pressesonderverbindungen im SPIEGEL? Also: Was wollte er von Ihnen wissen? 5.) Wurden die Pressesonderverbindungen vom Spiegel honoriert?

5 Mit Schreiben vom 3. August 2015 führte der Bundesnachrichtendienst aus, dass die in der Behörde tatsächlich vorhandenen Informationen nicht geeignet seien, die Fragen vollständig zu beantworten. Vielmehr bedürfte es hierzu einer eingehenden Erforschung des gesamten Themenkomplexes. Der Bundesnachrichtendienst sei weder verpflichtet, noch in der Lage, diese im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu leisten. Da die Klägerin parallel auch einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt habe, könne sie sich selbst ein Bild von der Aktenlage machen.

6 Die Klägerin hat bereits am 14. Juli 2015 Klage erhoben, mit der sie das Auskunftsbegehren weiterverfolgt. Im Verfahren hat sie ihren Klageantrag dahingehend konkretisiert, die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu sämtlichen sog. konspirativen Linien vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre zu erteilen, insbesondere die entsprechenden Namen sowie Umfang, Qualität und die Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst mitzuteilen, soweit diese Informationen Inhalt der Signaturen 1107, 1598, 2603, 2768, 22630, 22631, 23476, 23477, 100156, 150059, 101994, 150090, 151200 und 151888 sind.

7 Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Dem Anspruch der Klägerin auf Auskunftserteilung stehe ein genereller "abwägungsfester" Ausschlussgrund entgegen, da operative Vorgänge im Bereich des Bundesnachrichtendienstes betroffen seien. Unabhängig davon sei die Auskunft wegen berechtigter schutzwürdiger Vertraulichkeitsinteressen in Form von Staatswohlgründen unter den Gesichtspunkten des Quellenschutzes, des Schutzes der Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit anderen Nachrichtendiensten und des Schutzes nachrichtendienstlicher Arbeitsweisen des Bundesnachrichtendienstes zu verweigern. Ein Ausschlussgrund bestehe auch wegen des Rechtes der Betroffenen sowie ihrer Familienangehörigen auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG sowie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen nach Art. 1 Abs. 1 GG. Auf den Komplex der sog. "Pressesonderverbindungen" habe sich der Antrag der Klägerin auf Auskunftserteilung zu den sog. "konspirativen Linien" nicht bezogen. Die im Bundesnachrichtendienst aktuell vorliegenden Informationen wären überdies nicht geeignet, das Auskunftsbegehren der Klägerin zu erfüllen. Eine Beantwortung der Fragen zu Anzahl, Rolle, Tätigkeit etc. der sog. "Pressesonderverbindungen" im Verhältnis des Bundesnachrichtendienstes bzw. der Vorgängerorganisation zum Spiegel-Verlag bedürfte einer eingehenden Erforschung des gesamten Themenkomplexes. Der Mangel an entsprechenden Kenntnissen sei der Auslöser für die Einsetzung einer Unabhängigen Historikerkommission gewesen, deren Arbeit noch nicht abgeschlossen sei. Die Fragen nach Umfang, Qualität und Motivation der Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst seien auf eine Informationsbeschaffung durch den Bundesnachrichtendienst gerichtet, zu der er nicht verpflichtet sei.

II

8 Der Beklagten ist die Vorlage der Unterlagen, die bei dem Bundesnachrichtendienst unter den im Tenor des Beschlusses bezeichneten Signaturen erfasst sind, gemäß § 86 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 VwGO aufzugeben. Der Senat muss diese Unterlagen unter unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten prüfen, um über das Auskunftsbegehren der Klägerin entscheiden zu können. Da die Klage zulässig ist (1.), ist entscheidungserheblich, ob sich das Auskunftsbegehren auf Informationen bezieht, die beim Bundesnachrichtendienst vorhanden sind (2.) und ob der von der Klägerin begehrten Auskunftserteilung berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen entgegenstehen (3.).

9 1. Die auf Erteilung einer Auskunft gerichtete Klage ist in der Form der allgemeinen Leistungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 15) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt nicht mangels vorheriger Antragstellung teilweise das Rechtsschutzbedürfnis. Dies gilt auch in Bezug auf den Komplex der sog. "Pressesonderverbindungen".

10 Bereits der ursprüngliche Antrag der Klägerin zielte mit der weiten Formulierung "sämtliche sog. konspirativen Linien" erkennbar darauf ab, auch Auskunft zu dem Komplex der Pressesonderverbindungen zu erlangen. Diese Einschätzung steht im Einklang mit den Erkenntnissen des Senats aus früheren Verfahren. In seinem - den Beteiligten bekannten - Beweisbeschluss in dem Verfahren BVerwG 6 A 8.14 (Rn. 18) ist der Senat davon ausgegangen, dass eine kategoriale Unterscheidung zwischen den nachrichtendienstlichen Verbindungen und den Pressesonderverbindungen nicht möglich ist; vielmehr sei anhand der Unterlagen jeweils im Einzelfall zu klären, ob und in welchem Umfang die betroffenen Personen für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind. Auf den Quellenschutz könne sich die Beklagte nur berufen, wenn eine Person zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden sei. Grundlage für diese Einschätzung waren die Angaben der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung in den Verfahren BVerwG 6 A 8.14 und 6 A 10.14 , wonach der Bundesnachrichtendienst die Qualifizierung der Verbindungen als nachrichtendienstliche oder als Pressesonderverbindung danach vorgenommen habe, ob sie für die Informationsgewinnung gezielt oder nicht gezielt eingesetzt worden sei. Dabei seien die Grenzen in diesem Bereich fließend gewesen mit der Folge, dass zunächst als Pressesonderverbindungen eingesetzte Personen zu nachrichtendienstlichen Verbindungen werden konnten. Eine klare Abgrenzung dieser Gruppen habe es aber nicht gegeben, sodass es an einer einheitlichen Handhabung gefehlt habe. Damals seien jedenfalls beide Gruppen wie Quellen behandelt worden. Angesichts dieser Angaben der Beklagten in den Verfahren BVerwG 6 A 8.14 und 6 A 10.14 erscheint es nicht plausibel, wenn sie im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertritt, die Thematik der "Pressesonderverbindungen" sei von dem Begriff der "konspirativen Linien", mit dem die Klägerin ihr Auskunftsbegehren umschrieben hat, nicht erfasst. Vielmehr hat die Klägerin mit der Verwendung dieses eher weit gefassten Begriffs berechtigterweise den Versuch unternommen, den unterschiedlichen und ihr naturgemäß nicht im Einzelnen bekannten Ausgestaltungen der Kontakte zwischen dem Bundesnachrichtendienst und Mitarbeitern des SPIEGEL Rechnung zu tragen und diese möglichst umfassend in ihr Auskunftsbegehren einzubeziehen. Durch die ausdrückliche Einbeziehung der Pressesonderverbindungen im Rahmen des Klageantrags zu 2 wird der bereits vorgerichtlich gestellte Antrag daher nur präzisiert.

11 2. Ob die Klage begründet ist und der Klägerin der auf der Grundlage des Grundrechts der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) geltend gemachte Anspruch zusteht, hängt zunächst davon ab, ob sich das Auskunftsbegehren auf Informationen bezieht, die beim Bundesnachrichtendienst tatsächlich vorhanden sind und nicht erst generiert werden müssen. Dies kann nur durch Einsichtnahme in die in den Klageanträgen genannten Unterlagen geklärt werden.

12 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verleiht das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des Bundesgesetzgebers, soweit auf sie die Landespressegesetze wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht anwendbar sind (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​160316U6C65.14.0] - NVwZ 2016, 1020 Rn. 13 m.w.N.). Der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Informationszugang ist jedoch auf die bei der informationspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen Informationen beschränkt. Das sind diejenigen Informationen, die zum Zeitpunkt des begehrten Informationszugangs tatsächlich vorliegen. Aus der Pflicht der Behörde, die Pressetätigkeit ausschließlich durch Offenlegung bestimmter Fakten und Tatsachen aufgrund konkreter Fragen zu unterstützen, folgt eine Begrenzung des Auskunftsrechts der Presse; denn diesem Recht auf Auskunft korrespondiert die Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung. Die Frage darf nicht so allgemein gehalten sein und ohne Bezug zu einem konkreten Tatsachenkomplex, dass zu ihrer Beantwortung eine Sachverhaltserforschung und Untersuchung seitens der Behörde erforderlich wird. Das Auskunftsrecht führt also nicht zu einer Informationsbeschaffungspflicht zu Lasten der Behörde. Müssen Informationen erst durch Untersuchungen generiert werden, sind sie als Gegenstand eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs noch nicht vorhanden (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 30).

13 Dass die von der Klägerin begehrten Informationen beim Bundesnachrichtendienst bereits vorhanden sind, ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn sie den in den Klageanträgen genannten Unterlagen entnommen werden können. Nach den Angaben der Beklagten im Parallelverfahren BVerwG 6 A 1.15 sind von den in den Klageanträgen genannten Unterlagen jedenfalls diejenigen der Signaturen 2603, 23476, 23477, 100156 und 101994 anfragegegenständlich zu der Thematik "konspirative Linien im BND". Sie sind demnach auch für das im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Auskunftsbegehren von Bedeutung. Ferner hat die Beklagte in Bezug auf die Signaturen 1598, 2768, 150059, 151200 und 150090 im Parallelverfahren mitgeteilt, dass diese im Rahmen des Antrags auf Akteneinsicht zu "Pressesonderverbindungen" anfragegegenständlich seien. Im Hinblick auf diese Angaben ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass den genannten Unterlagen Informationen nicht nur zu den Namen der "konspirativen Linien", sondern auch über den Umfang, die Qualität und die Motivation für eine Zusammenarbeit der betreffenden Personen mit dem Bundesnachrichtendienst zu entnehmen sind. Abschließend klären lässt sich dies jedoch nur durch Einsichtnahme in die vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen.

14 Gleiches gilt im Ergebnis auch hinsichtlich der Signaturen 1107, 22630, 22631 und 151888, zu denen sich die Beklagte noch nicht abschließend geäußert hat. Es bestehen jedenfalls gewichtige Anhaltspunkte, dass auch diese Signaturen Informationen enthalten, die von dem Auskunftsbegehren der Klägerin erfasst werden. Diesen Anhaltspunkten muss der Senat durch Einsichtnahme in die vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen nachgehen. Hinsichtlich der Signatur 151888 hat die Klägerin im Parallelverfahren BVerwG 6 A 1.15 geltend gemacht, dass diese - wie sich aus dem geschwärzten Prüfbericht vom 10. Februar 2014 ergebe - Kontakte des Bundesnachrichtendienstes zu (ehemaligen) SPIEGEL-Journalisten belege und daher zum Themenkomplex Pressesonderverbindungen anfragegegenständlich sei. Dies erscheint plausibel, da es in dem Prüfbericht ausdrücklich heißt: "In der Sachakte, die zu Pressekontakten der Pressestelle zu Journalisten, hier [geschwärzt] angelegt wurde, wird der Kontakt zu [geschwärzt] erwähnt". Die Signaturen 1107, 22630 und 22631 hat die Klägerin dem Werk "Geheimdienstkrieg in Deutschland - Die Konfrontation von DDR-Staatssicherheit und Organisation Gehlen 1953" der Autoren Heidenreich, Münkel und Stadelmann-Wenz entnommen, das Anfang Oktober 2016 als Ergebnis der Tätigkeit der vom Bundesnachrichtendienst eingesetzten Unabhängigen Historikerkommission erschienen ist. Auf Seite 346 des genannten Werks wird unter Bezugnahme auf die Signatur 1107 über den Inhalt einer Besprechung zwischen dem späteren BND-Präsidenten Worgitzky und dem Chefredakteur des SPIEGEL, Augstein, im November 1953 im Zusammenhang mit einer geplanten kritischen Veröffentlichung berichtet. Darüber hinaus wird dort unter Bezugnahme auf "BND-Archiv, 22631" ausgeführt, dass der Autor des kritischen Artikels, Hans Lindemann, "über Informationen aus erster Hand verfügte, die er dem Berliner SPIEGEL-Büro anbot". Dasselbe Dokument wird auf Seite 347 als Beleg dafür zitiert, dass ein "vorgesehener Artikel über Gehlen und Fall Geyer durch Übereinkunft zwischen der Org. und Augstein nicht veröffentlicht" worden sei, dass man in Pullach hierüber "sichtlich erleichtert" gewesen sei, dass die abgewendete öffentliche Blamage "auch dem parallelen Einsatz des V-Mannes Hans Georg Schulz in der Westberliner SPIEGEL-Dependance zu verdanken" gewesen sei, dass Kurt Blauhorn, ein Berliner Vertreter des Blattes, als "der Org. gegenüber freundlich und bejahend eingestellt" gewesen sei, was als möglicher Verdienst "unseres V-5477" gewertet worden sei, und dass ein "in besonders gehässiger Weise gegen die Arbeitsweise der Org." gerichteter Artikel "von Quelle", d.h. durch Hans Georg Schulz, habe "gestoppt" werden können. Es drängt sich auf, dass die beschriebenen Vorgänge und insbesondere der erwähnte V-Mann Hans Georg Schulz auf weitere "konspirative Linien" zwischen der Organisation Gehlen und dem SPIEGEL hindeuten. Dass diese Unterlagen, die der vom Bundesnachrichtendienst eingesetzten Unabhängigen Historikerkommission vorgelegen haben, auch beim Bundesnachrichtendienst im Sinne der Senatsrechtsprechung "vorhanden" sind, kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ernstlich bezweifelt werden. Es erscheint auch zumindest möglich, dass darin weitergehende Informationen auch zu den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zu Umfang, Qualität und Motivation der Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst enthalten sind.

15 Da sie auf den Inhalt der genannten Dokumente und damit auf ein relativ überschaubares Datenmaterial beschränkt werden, sind die im Klageantrag zu 1 formulierten Fragen der Klägerin folglich nicht auf eine unzulässige Informationsbeschaffung durch die Beklagte gerichtet. Gleiches gilt für die im Klageantrag zu 2 gestellten Fragen, wie viele Pressesonderverbindungen des SPIEGEL-Verlages es für den Bundesnachrichtendienst vor, während und nach der SPIEGEL-Affäre gegeben hat und welche Personen das konkret waren, welche Informationen zwischen den einzelnen Pressesonderverbindungen und dem Bundesnachrichtendienst ausgetauscht wurden, wie der Bundesnachrichtendienst die Informationen, die er von den einzelnen Pressesonderverbindungen des SPIEGEL erhielt, bewertet hat, welche Auskünfte der Bundesnachrichtendienst von den Pressesonderverbindungen im SPIEGEL begehrt hat und ob die Pressesonderverbindungen beim SPIEGEL vom Bundesnachrichtendienst honoriert wurden.

16 Dass die Klägerin den Auskunftsanspruch auch auf die Signaturen 2603 und 101994 erstreckt hat, die nach den Angaben der Beklagten keine Unterlagen enthalten, die älter als 30 Jahre sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn der unmittelbar auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gestützte verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse setzt - anders als der archivrechtliche Nutzungsanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 8 Satz 1 BArchG - nicht voraus, dass bei den Unterlagen, denen die begehrten Informationen zu entnehmen sind, die 30-Jahresfrist überschritten ist. Ebenso wie die Informationsfreiheitsgesetze (IFG, UIG, VIG) begründet das Bundesarchivgesetz Informationszugangsansprüche, die nicht grundrechtlich fundiert sind. In der Rechtsprechung des Senats ist in diesem Zusammenhang geklärt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, zugunsten bestimmter Vertraulichkeitsinteressen den informationsfreiheitsrechtlichen Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz oder nach bereichsspezifischen Gesetzen auszuschließen, nicht besagt, dass es verfassungskonform wäre, diesen Interessen auch Vorrang vor dem Informationsinteresse der Presse einzuräumen. Ob ein solcher Vorrang zulässig wäre, bedarf vielmehr der eigenständigen Prüfung anhand der Maßgabe der Sicherung einer effektiven funktionsgemäßen Betätigung der Presse (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2015:​250315U6C12.14.0] - BVerwGE 151, 348 Rn. 29). Entsprechendes muss für die archivrechtlichen Benutzungsfristen gelten. Im vorliegenden Fall ist daher ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch der Klägerin auch bei solchen Unterlagen nicht von vornherein ausgeschlossen, bei denen die 30-Jahresfrist des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 8 Satz 1 BArchG noch nicht abgelaufen ist. Das Alter der Unterlagen wird zwar typischerweise im Rahmen der Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall (vgl. hierzu unten zu 3.) zu berücksichtigen sein. Je älter die Unterlagen sind, aus denen Auskunft begehrt wird, desto geringer wird regelmäßig die Schutzbedürftigkeit sein. Der 30-Jahresfrist des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 8 Satz 1 BArchG mag insoweit auch eine gewisse Orientierungsfunktion zukommen. Im Rahmen der Geltendmachung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse handelt sich bei dieser Frist jedoch nicht um eine absolut einzuhaltende gesetzliche Vorgabe, sondern allenfalls um eine im Rahmen der Einzelfallabwägung heranzuziehende Orientierungshilfe. Gleiches gilt im Übrigen auch in Bezug auf die Benutzungsfrist für personenbezogenes Archivgut nach § 5 Abs. 2 BArchG. Ob den genannten Unterlagen die von der Klägerin begehrten Informationen zu entnehmen sind, kann jedoch ebenfalls nur durch Einsichtnahme in die vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen geklärt werden.

17 3. Soweit den im Tenor genannten Unterlagen die Namen der "konspirativen Linien" sowie Informationen über den Umfang, die Qualität und die Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst zu entnehmen sind, kann schließlich ebenfalls nur durch Einsichtnahme in die Unterlagen geklärt werden, ob der von der Klägerin begehrten Auskunftserteilung entsprechend der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 29 und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 24) berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen. Hierbei bedarf es regelmäßig einer Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - NVwZ 2016, 1020 Rn. 16 f., vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 - NVwZ 2016, 50 Rn. 12). Im Rahmen dieser Abwägung kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - NVwZ 2016, 1020 Rn. 16 f.). Dies lässt sich nur anhand der vollständigen und ungeschwärzten Akten überprüfen. Denn allein auf der Grundlage der Angaben der Beklagten im Klageverfahren kann der Senat weder zu dem Ergebnis gelangen, dass hinsichtlich bestimmter Unterlagen schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht vorliegen, dass sie den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen, noch dass das Gegenteil der Fall ist.

18 a) Die Beklagte hält dem Informationsinteresse der Presse vor allem den Quellenschutz entgegen. Die Erteilung von Auskünften, die aus Gründen der zugesagten Vertraulichkeit gegenüber Quellen schutzbedürftig seien, ließe eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Bundesnachrichtendienstes und damit des Staatswohls befürchten.

19 Dass sich die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Quellenschutzes auf die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung zum Wohl des Staates als Verweigerungsgrund sowohl für die nachrichtendienstlichen Verbindungen als auch die Pressesonderverbindungen berufen kann, steht grundsätzlich außer Zweifel. Behörden wie der Bundesnachrichtendienst sind bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben auf Angaben Dritter angewiesen und dürfen zum Schutz des Informanten grundsätzlich dessen Identität geheim halten. Dem Wohl des Bundes würden Nachteile bereitet, wenn diese Daten unter Missachtung einer zugesagten oder vorausgesetzten Vertraulichkeit an Dritte bekanntgegeben würden. In Bezug auf noch lebende Informanten gilt dies ohne zeitliche Einschränkungen. Denn der Bruch einer zugesagten lebenslangen Vertraulichkeit gegenüber Informanten wäre generell geeignet, die Aufgabenwahrnehmung des Bundesnachrichtendienstes zu beeinträchtigen, indem die künftige Anwerbung von Informanten erschwert würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE, 136, 345 Rn. 17). Aber auch in Bezug auf bereits verstorbene Informanten kann grundsätzlich ein Geheimhaltungsbedürfnis bestehen, das dem Informationsinteresse der Presse gegebenenfalls entgegengehalten werden kann.

20 Eine Einschränkung des Quellenschutzes folgt im konkreten Fall auch noch nicht ohne weiteres daraus, dass in der bereits erwähnten Publikation der Unabhängigen Historikerkommission ("Geheimdienstkrieg in Deutschland" der Autoren Heidenreich, Münkel und Stadelmann-Wenz) wörtlich aus Unterlagen des BND-Archivs zitiert wird. Dies hat nur zur Folge, dass die in der Publikation konkret offengelegten Daten - wie z.B. der Klarname des in Verbindung zum SPIEGEL stehenden V-Mannes Hans Georg Schulz - nicht mehr geheimhaltungsbedürftig sind. Die Nutzung der Unterlagen durch die Unabhängige Historikerkommission lässt hingegen nicht die Schutzbedürftigkeit anderer darin möglicherweise enthaltener Informationen entfallen. Der Bundesnachrichtendienst hat die Kommission zur Erforschung seiner eigenen Geschichte eingesetzt, ihre Mitglieder einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen und sie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Kommissionsmitglieder hatten sich ihrerseits verpflichtet, ihre Manuskripte durch den Bundesnachrichtendienst mit Blick auf heute noch relevante Sicherheitsbelange überprüfen und freigeben zu lassen. Soweit die Klägerin geltend macht, der Bundesnachrichtendienst habe den Kreis der Kenntnishabenden unumkehrbar auf Dritte erstreckt und den absoluten Quellenschutz damit durchbrochen, verkennt sie diese besondere Stellung der Kommissionsmitglieder.

21 Allerdings reicht die bloße Geltendmachung des Quellenschutzes auch nach Auffassung des Senats nicht aus. Um einen Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse zu rechtfertigen, muss die betreffende Person tatsächlich zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden sein. Anhand der Unterlagen muss daher geklärt werden, ob und in welchem Umfang die nachrichtendienstlichen Verbindungen und die Pressesonderverbindungen für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind. Handelt es sich bei den Verbindungen um bereits verstorbene Informanten, die bei lange zurückliegenden, abgeschlossenen Vorgängen - wie hier der sog. "Spiegel-Affäre" - eingesetzt worden sind, muss ferner eine Prognose getroffen werden, ob die Offenlegung zu einer aktuellen Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung der Beklagten führt. Denn ob die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch die Preisgabe der Identität des Dritten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde, lässt sich bei lange zurückliegenden Vorgängen nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles beantworten. Vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung, dass auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Die Einsichtnahme in die im Tenor genannten Unterlagen ist nach alledem erforderlich, um anhand der Klarnamen - etwa mittels einer Melderegisterabfrage - klären zu können, ob die als Informanten des Bundesnachrichtendienstes eingesetzten Personen bereits verstorben sind und bejahendenfalls ob und in welchem Umfang die fraglichen Personen als nachrichtendienstliche Verbindungen oder Pressesonderverbindungen für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind und ob auch in Ansehung der inzwischen verstrichenen Zeit nach Abschluss der operativen Vorgänge eine Nennung der Informanten und die Offenlegung von Informationen zu Umfang, Qualität und Motivation ihrer Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags des Bundesnachrichtendienstes aus § 1 Abs. 2 BNDG und damit die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

22 b) Bei einem Teil der Unterlagen macht die Beklagte zusätzlich zum Quellenschutz geltend, die Einsichtnahme wäre geeignet, nach wie vor schützenswerte nachrichtendienstliche Arbeitsweisen zu offenbaren.

23 Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich insoweit nicht deshalb um einen generell "abwägungsfesten" Ausschlussgrund für die Auskunftserteilung, weil die in den Klageanträgen genannten Unterlagen operative Vorgänge im Bereich des Bundesnachrichtendienstes betreffen. Zwar ist der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Senats unter besonderen Umständen berechtigt, einzelne behördliche Funktionsbereiche von Auskunftspflichten auszunehmen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 30). Auch ohne gesetzliche Regelung ist bei Vorliegen solcher Umstände von einem "abwägungsfesten" Ausschlussgrund auszugehen. Derartige besondere Umstände bestehen insbesondere für operative Vorgänge im Bereich des Bundesnachrichtendienstes, nämlich die Beschaffung und Auswertung von Informationen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung. Der Gesetzgeber darf deshalb für diesen behördlichen Funktionsbereich Auskünfte an die Presse generell ausschließen, ohne insoweit eine einzelfallbezogene Abwägung mit gegenläufigen Informationsinteressen der Presse vorsehen zu müssen (BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 - 6 VR 1.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2015:​200715B6VR1.15.0] - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 5). Dieser Grundsatz bedarf jedoch im Hinblick auf die Sicherung einer effektiven funktionsgemäßen Betätigung der Presse (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 29) einer Einschränkung in zeitlicher Hinsicht.

24 Abgesehen von dem Schutz noch lebender Quellen (vgl. oben zu a) führt daher auch die drohende Offenlegung operativer Vorgänge im Bereich des Bundesnachrichtendienstes nicht ohne weiteres zu einem Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruchs, sondern nur dann, wenn sich hieraus Rückschlüsse auf die gegenwärtige Organisation der Sicherheitsbehörden, die Art und Weise ihrer Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder die praktizierten Methoden ihrer Zusammenarbeit mit anderen Stellen ableiten lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 2015 - 20 F 7.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2015:​301115B20F7.15.0] - juris Rn. 20 m.w.N.). Bei abgeschlossenen Vorgängen, die - wie hier - bereits mehrere Jahrzehnte zurückliegen, dürfte diese Voraussetzung regelmäßig nicht erfüllt sein. Ob die streitgegenständlichen Unterlagen operative Vorgänge betreffen, bei denen noch die Möglichkeit von Rückschlüssen auf die heutige nachrichtendienstliche Arbeitsweise und Aufklärungsarbeit besteht, muss durch Einsichtnahme in die vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen geklärt werden. Nichts anderes gilt für das Vorbringen der Beklagten, dass eine Offenlegung von nachrichtendienstlichen Kooperationen die vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit anderen Nachrichtendiensten beeinträchtigen könnte. Jedenfalls bei - wie hier - lange zurückliegenden Vorgängen kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass ein hinreichender Bezug zu einer aktuell noch bestehenden Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten besteht. Auch dies lässt sich ohne Einsichtnahme in die anfragegegenständlichen Unterlagen nicht abschließend klären.

25 c) Soweit die Beklagte dem geltend gemachten Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG das Recht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen sowie ihrer Familienangehörigen entgegenhält, muss zunächst ebenfalls geklärt werden, ob die fraglichen Personen noch leben. Denn der postmortale Persönlichkeitsschutz bereits verstorbener Betroffener kann nicht als Ausschlussgrund für die Auskunftserteilung anerkannt werden. Die Schutzwirkungen des verfassungsrechtlichen postmortalen Persönlichkeitsrechts sind nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Der postmortale Persönlichkeitsschutz erfasst zum einen postmortal den allgemeinen Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht und den Verstorbenen insbesondere davor bewahrt, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden. Zum anderen erstreckt sich der postmortale Persönlichkeitsschutz auf den sittlichen, personalen und sozialen Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat, und schützt vor einer "Verfälschung" des Lebensbildes. Beide Ausprägungen des postmortalen Persönlichkeitsschutzes werden nicht durch die Offenlegung wahrer Tatsachen berührt, da hiermit weder eine herabwürdigende oder erniedrigende oder vergleichbare Behandlung noch eine Verfälschung des Lebensbildes verbunden ist.

26 Auch soweit der von der Klägerin auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begehrten Auskunftserteilung grundsätzlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch lebender Personen aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG entgegenhalten werden kann, reicht die bloße Geltendmachung durch die Beklagte nicht aus. Denn der Schutz persönlicher Daten greift nicht unterschiedslos, sondern nur soweit, als diese Daten tatsächlich (noch) schutzwürdig sind (BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 22). Daran fehlt es namentlich dann, wenn es sich um Personen der Zeitgeschichte handelt, die in den Unterlagen nur in ohnehin bereits bekannten Zusammenhängen angeführt werden, oder wenn es sich um persönliche Daten handelt, die in allgemein zugänglichen Quellen erwähnt worden sind, und diese Quellen, etwa Zeitungsberichte oder sonstige Publikationen, in den Unterlagen lediglich wiedergeben sind, ohne dass dadurch weiterführende Rückschlüsse ermöglicht werden. Einem überwiegenden Interesse Dritter am Schutz dieser Daten ist durch ihre Schwärzung hinreichend Rechnung getragen. Ob dem verfassungsrechtlich fundierten Informationsinteresse der Presse im vorliegenden Einzelfall das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch lebender Personen entgegengehalten werden kann, lässt sich folglich ebenfalls nicht ohne Einsichtnahme in die Unterlagen, auf die sich das Auskunftsbegehren bezieht, klären.

Beschluss vom 12.09.2017 -
BVerwG 6 A 3.15ECLI:DE:BVerwG:2017:120917B6A3.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.09.2017 - 6 A 3.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:120917B6A3.15.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 3.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. September 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Möller, Hahn und Dr. Tegethoff
beschlossen:

  1. Der Tenor des Beschlusses vom 17. November 2016 wird geändert und wie folgt neu gefasst:
  2. "Der Beklagten wird aufgegeben, dem Senat die nachfolgend aufgeführten, bei dem Bundesnachrichtendienst den Aufbewahrungseinheiten mit den angegebenen Signaturen zugeordneten Unterlagen ungeschwärzt vorzulegen:
  3. Signatur 1107: Seiten 116 bis 119,
  4. Signatur 1598: Seiten 34 und 35,
  5. Signatur 2603: Seiten 3 bis 7, 20 bis 30, 32 bis 40, 45 bis 46, 48 bis 54, 56, 59 bis 60, 62 bis 65, 67, 71 bis 76, 78, 85, 89 bis 102, 107 und 111 bis 112,
  6. Signatur 2768: vollständig,
  7. Signatur 22631: Seiten 9, 18, 20 bis 26, 38 bis 39, 41 bis 45, 52 bis 56, 73 bis 77, 79, 81 bis 83, 85 bis 92, 105 bis 112, 146 bis 159, 162, 164 bis 165, 169 bis 171, 181 bis 186, 199 bis 201, 203 bis 208, 213 bis 216, 219 bis 220, 222a bis 232, 254, 259 bis 261, 266 und 295,
  8. Signatur 23476: Seiten 1, 3 bis 17, 19 bis 44, 48 bis 58, 60 bis 63, 66 bis 68, 70 bis 72, 74 bis 80, 82 bis 120, 126 bis 180, 182 bis 185, 187 bis 249, 250R bis 281R, 283 bis 322, 324 bis 345, 347 bis 361, 363 bis 487, 491 bis 512, 518 bis 571,
  9. Signatur 23477: Seiten 1 bis 36, 38 bis 44, 46 bis 53, 55, 61 bis 119, 124 bis 131, 139 bis 145, 150 bis 206, 208 bis 214, 216 bis 229, 231, 237, 241, 245 bis 247, 249 bis 264, 269 bis 286, 287 bis 320, 323, 325 bis 326, 328 bis 353, 356 bis 375, 376, 377, 379 bis 387, 388 bis 389, 390 bis 405, 410, 412 bis 415, 420 bis 421, 423 bis 425, 426 bis 428, 431 bis 432, 434, 436, 439, 442 bis 443, 444, 446, 449 bis 450, 452, 455 bis 456, 460 bis 480, 481 bis 487, 488 bis 495, 500 bis 502, 504 bis 507, 512 bis 516, 519, 523, 528 bis 537, 539 bis 541, 542 bis 546, 547 bis 602 und 609 bis 613,
  10. Signatur 100156: vollständig,
  11. Signatur 101994: vollständig,
  12. Signatur 150090: Seiten 4, 7 bis 8 und 10,
  13. Signatur 151200: Seiten 52, 64, 76 bis 77, 82 bis 83 und 97,
  14. Signatur 151888: vollständig."

Gründe

1 Der Beweisbeschluss des Senats vom 17. November 2016 ist nach Prüfung der Anfragegegenständlichkeit der geschwärzt vorgelegten Unterlagen und aufgrund der Angaben in der Sperrerklärung des Bundeskanzleramtes vom 16. Mai 2017 sowie des Schreibens des Bundesnachrichtendienstes vom 1. Juni 2017 zu ändern und - wie aus dem Tenor ersichtlich - neu zu fassen. In der Sperrerklärung werden in Bezug auf einen Teil der angeforderten Unterlagen erstmals nähere Angaben zu deren Inhalt und zu den Gründen geltend gemacht, die der von der Klägerin begehrten Auskunftserteilung entgegenstehen können. Der Senat hat deshalb die Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Unterlagen aufgrund der Angaben in der Sperrerklärung des Bundeskanzleramtes nochmals überprüft (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 20 F 2.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​210116B20F2.15.0] - NVwZ 2016, 467 Rn. 6) und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es der Vorlage der ungeschwärzten Unterlagen lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang weiterhin bedarf, damit der Senat über das Auskunftsbegehren entscheiden kann, das die Klägerin mit der anhängig gemachten Klage verfolgt.

2 1. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 1107 ist lediglich noch die Unterlage auf den Seiten 116 bis 119 vollständig und ungeschwärzt vorzulegen. Der Senat hat die in dem Beschluss vom 17. November 2016 (Rn. 16) als klärungsbedürftig bezeichnete Frage der Anfragegegenständlichkeit anhand der vorgelegten Unterlagen dieser Signatur geprüft und hierbei trotz der vereinzelten Schwärzungen feststellen können, dass außer dem genannten Dokument nur die Unterlage auf den Seiten 348 bis 350 anfragegegenständlich ist, welche die Beklagte bereits ungeschwärzt vorgelegt hat. Die übrigen der Signatur 1107 zugeordneten Unterlagen weisen offensichtlich keinen Bezug zu der Thematik der konspirativen Linien vor, während und nach der Spiegel-Affäre auf. Hinsichtlich der Unterlage auf den Seiten 116 bis 119 ist die Einsichtnahme jedoch nunmehr deshalb erforderlich, um klären zu können, ob es sich bei der in der Sperrerklärung in Verbindung mit der diese Signatur betreffenden Anlage erstmals geltend gemachten Beeinträchtigung der künftigen Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen um ein schutzwürdiges Interesse von solchem Gewicht handelt, dass es den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließt. Insoweit hat der Senat in dem Beschluss vom 17. November 2016 (Rn. 24) ausgeführt, dass jedenfalls bei - wie hier - lange zurückliegenden Vorgängen nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass ein hinreichender Bezug zu einer aktuell noch bestehenden Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten besteht. Zudem muss erkennbar sein, dass und warum auf ausländischer Seite ein noch fortdauerndes Geheimhaltungsinteresse besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14). Ob das Bekanntwerden der Identität einzelner Mitarbeiter eines anderen Nachrichtendienstes trotz des Zeitablaufs die vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit anderen Nachrichtendiensten beeinträchtigen könnte, erschließt sich weder aus den Angaben in der Sperrerklärung noch aus den ungeschwärzten Teilen der vorgelegten Unterlage und kann daher nur durch Einsichtnahme in die vollständige und ungeschwärzte Unterlage geklärt werden.

3 2. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 1598 sind nur die Seiten 34 und 35 vorzulegen, nachdem in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 klargestellt worden ist, dass nur diese beiden Seiten anfragegegenständlich sind. Der ungeschwärzten Vorlage dieses (zweiseitigen) Dokuments bedarf es jedoch nunmehr zur Klärung, ob der in der Sperrerklärung erstmals geltend gemachte Quellenschutz oder schutzwürdige Belange Dritter zu einem Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruchs führen können. Insoweit hat der Senat in dem Beschluss vom 17. November 2016 (Rn. 21) in Bezug auf diejenigen Signaturen, deren Anfragegegenständlichkeit bereits zu diesem Zeitpunkt feststand, ausgeführt, dass anhand der Unterlagen geklärt werden muss, ob und in welchem Umfang die nachrichtendienstlichen Verbindungen, deren Schutz geltend gemacht wird, für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind. Handelt es sich bei den Verbindungen um bereits verstorbene Informanten, die bei lange zurückliegenden, abgeschlossenen Vorgängen - wie hier der sog. Spiegel-Affäre - eingesetzt worden sind, muss ferner eine Prognose getroffen werden, ob die Offenlegung zu einer aktuellen Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung der Beklagten führt. Denn ob die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch die Preisgabe der Identität des Dritten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde, lässt sich bei lange zurückliegenden Vorgängen nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles beantworten. Vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung, dass auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Auch dies lässt sich nur durch Einsichtnahme in die fraglichen Unterlagen klären.

4 Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Senat dem Klagebegehren nicht teilweise - ggf. im Wege eines Teilurteils gemäß § 110 VwGO - ohne Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen auf der Grundlage der abstrakten Umschreibung in der Sperrerklärung stattgeben. Soweit sich das Bundeskanzleramt in der Sperrerklärung unter dem Gesichtspunkt des Schutzes nachrichtendienstlicher Verbindungen des BND lediglich darauf beruft, es sei den Betroffenen nicht nur lebenslange, sondern unbefristete Vertraulichkeit zugesagt worden, steht dies in dieser Allgemeinheit zwar - wie die Klägerin zutreffend ausführt - nicht in Einklang mit der Rechtsauffassung, die den Beweisbeschlüssen des Senats vom 17. November 2016 zugrunde liegt. Danach setzt der in Anspruch genommene Weigerungsgrund bei solchen Unterlagen, die sich auf weit zurückliegende Vorgänge beziehen, in der Regel voraus, dass der geschützte Informant noch am Leben ist. Unabhängig von der allgemein gehaltenen Beschreibung des Auskunftsverweigerungsgrundes in der Sperrerklärung bedarf es jedoch in den Fällen, in denen sich die Behörde auf den Informantenschutz beruft, stets einer Einzelfallprüfung. Dies folgt nunmehr auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In dem Beschluss vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 [ECLI:​DE:​BVerfG:​2017:​es20170613.2bve000115] - hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Reichweite des Frage- und Informationsrechts des Deutschen Bundestages ausgeführt, dass sich die Bundesregierung angesichts der Bedeutung, die dem Einsatz verdeckter Quellen bei der Informationsbeschaffung der Nachrichtendienste zukommt, zur Auskunftsverweigerung trotz des erheblichen Informationsinteresses des Parlaments in diesem Bereich in der Regel auf eine Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte verdeckt handelnder Personen berufen kann, wenn deren Identität bei der Erteilung der begehrten Auskünfte offenbart würde oder ihre Identifizierung möglich erscheint. Nur in eng begrenzten, besonders gelagerten Ausnahmekonstellationen kann, wenn die Gefährdung verfassungsrechtlich geschützter Belange ausgeschlossen ist oder zumindest fernliegend erscheint, das Informations- gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse überwiegen (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 - juris Rn. 109).

5 Zur Begründung weist das Bundesverfassungsgericht darauf hin, die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste könne auch über den konkreten Einzelfall hinaus für die Zukunft generell beeinträchtigt werden, wenn quellenbezogene Informationen bekannt werden. Zum einen könne es sich um Informationen handeln, die für die Arbeitsweise und Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste von Bedeutung sind, insbesondere wenn sie das Vorgehen der Behörden bei der Anwerbung und Führung von sowie der Kommunikation mit V-Leuten und sonstigen Quellen betreffen. Zum anderen sei der Quellenschutz eine Voraussetzung für die weitere Nutzung aktiver und die Gewinnung neuer Informationsquellen. In diesem Zusammenhang hebt das Bundesverfassungsgericht die besondere Bedeutung der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen hervor. Sie sei unverzichtbare Voraussetzung für die Anwerbung und Führung von V-Personen. Die Effektivität der Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste unter Einsatz von V-Personen sei davon abhängig, dass das Vertrauen in die Einhaltung gegebener Vertraulichkeitszusagen nicht erschüttert wird. Würden Informationen über V-Leute und sonstige verdeckte Quellen herausgegeben, schwäche dies das Vertrauen in die Wirksamkeit von Geheimhaltungszusagen. Das gelte insbesondere für den Fall, dass eine V-Person oder eine sonstige Quelle enttarnt wird. Darüber hinaus könne auch in diesem Zusammenhang bereits der (subjektive) Eindruck ausreichen, die Vertraulichkeit sei nicht gesichert, um aktive Quellen von einer weiteren Zusammenarbeit abzuhalten und die Gewinnung neuer Quellen zu erschweren (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 - juris Rn. 114). Bei Fragen zum Einsatz konkreter Personen als V-Leute hält das Bundesverfassungsgericht lediglich eng begrenzte Ausnahmefälle für denkbar, in denen das parlamentarische Informationsinteresse überwiege. Dies sei insbesondere der Fall, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Belange ausgeschlossen sei oder zumindest fernliegend erscheine und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nicht ernsthaft zu befürchten sei. Bei dieser Abwägung sei der Zeitablauf ein bedeutsamer - wenn auch nicht allein ausschlaggebender - Faktor. So könne sich im Einzelfall bei weit zurückliegenden Vorgängen die Geheimhaltungsbedürftigkeit erheblich vermindert oder erledigt haben (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2017 - 2 BvE 1/15 - juris Rn. 124).

6 Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet demnach beim Informantenschutz unter dem Aspekt der Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden nicht schematisch zwischen lebenden und verstorbenen Quellen, sondern geht davon aus, dass in der Regel das Staatswohl gefährdet wird, wenn die Identität verdeckt handelnder Personen bei der Erteilung der begehrten Auskünfte offenbart würde oder ihre Identifizierung möglich erscheint. Ausnahmen hiervon setzen stets eine Prüfung im Einzelfall voraus, ob aufgrund besonderer Umstände eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Belange ausgeschlossen ist oder zumindest fernliegend erscheint und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nicht ernsthaft zu befürchten ist. Sind diese Grundsätze im Verhältnis zu dem durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten parlamentarischen Informationsinteresse maßgeblich, kann im Verhältnis zu Einzelpersonen, die sich auf ihr Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stützen, nicht von einem niedrigeren Niveau des Informantenschutzes ausgegangen werden.

7 Hiervon ausgehend ist es ausgeschlossen, der Klage ohne Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen stattzugeben, soweit die Beklagte die Verweigerung der Vorlage der vollständigen Akten schematisch auf eine - ausdrückliche oder konkludente - Vertraulichkeitszusage auch über den Tod hinaus stützt. Vielmehr bedarf es auch insoweit jeweils einer Einzelfallprüfung, die letztlich nur der Fachsenat in dem Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO vornehmen kann.

8 Soweit die Beklagte dem Auskunftsanspruch der Klägerin in Bezug auf die anfragegegenständlichen Unterlagen der Signatur 1598 zusätzlich den Schutz personenbezogener Daten entgegenhält, muss - wie der Senat in dem Beschluss vom 17. November 2016 (Rn. 25) ausgeführt hat - zum einen geklärt werden, ob die fraglichen Personen noch leben; denn der postmortale Persönlichkeitsschutz bereits verstorbener Betroffener kann nicht als Auskunftsverweigerungsgrund anerkannt werden. Zum anderen kann selbst dann, wenn die Betroffenen noch leben, das Recht dieser Personen auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) der von der Klägerin auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begehrten Auskunftserteilung nur dann mit Erfolg entgegengehalten werden, wenn die fraglichen persönlichen Daten tatsächlich (noch) schutzwürdig sind. Daran fehlt es namentlich dann, wenn es sich um Personen der Zeitgeschichte handelt, die in den Unterlagen nur in ohnehin bereits bekannten Zusammenhängen angeführt werden, oder wenn es sich um persönliche Daten handelt, die in allgemein zugänglichen Quellen erwähnt worden sind, und diese Quellen, etwa Zeitungsberichte oder sonstige Publikationen, in den Unterlagen lediglich wiedergeben sind, ohne dass dadurch weiterführende Rückschlüsse ermöglicht werden (vgl. Rn. 26 des Beschlusses vom 17. November 2016). Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht ohne Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen klären. Dies gilt ebenso bei Personen, in denen der Bundesnachrichtendienst nach den Angaben in der Sperrerklärung kein Sterbedatum ermitteln konnte und deshalb darauf abgestellt hat, ob das Geburtsjahr weniger als 90 Jahre zurückliegt. Auch in diesen Fällen bedarf es der Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen, um die fortdauernde Schutzwürdigkeit der fraglichen persönlichen Daten feststellen zu können.

9 3. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 2603 sind die Seiten 3 bis 7, 20 bis 30, 32 bis 40, 45 bis 46, 48 bis 54, 56, 59 bis 60, 62 bis 65, 67, 71 bis 76, 78, 85, 89 bis 102, 107 und 111 bis 112 vorzulegen, denn diese Unterlagen sind nach den Angaben in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 anfragegegenständlich. Die ungeschwärzte Vorlage dieser Unterlagen, die nach den Angaben in der Sperrerklärung zu einer Sachakte der Leitung zu operativen Vorgängen aus dem Zeitraum 1992 bis 1996 gehören, ist erforderlich, um umfassend prüfen zu können, ob der von der Beklagten geltend gemachte Informantenschutz dem verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruch mit Erfolg entgegengehalten werden kann. Zwar ergibt sich aus den Einzelbegründungen der vorgenommenen Schwärzungen, dass das Todesjahr der betreffenden nachrichtendienstlichen Verbindung nicht festgestellt werden konnte und noch keine 90 Jahre seit der Geburt der betreffenden Person abgelaufen sind. Diese Angabe reicht jedoch für sich genommen nicht aus, um eine Einschränkung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse ohne Einsichtnahme in die Unterlagen zu rechtfertigen. Der Senat muss zum einen anhand des Klarnamens - etwa mittels einer Melderegisterabfrage - klären, ob die betroffene Person bereits verstorben ist und dem Informantenschutz in Folge dessen geringeres Gewicht zukommt (vgl. Rn. 21 des Beschlusses vom 17. November 2016). Auf die Vermutung, dass der betroffene Informant nicht mehr schutzwürdig ist, wenn seit seiner Geburt mehr als 90 Jahre vergangen sind (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 20 F 10.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​201216B20F10.15.0] - juris Rn. 13), kann erst abgestellt werden, wenn andere Aufklärungsmaßnahmen, die der Senat aufgrund seiner Ermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO treffen muss, nicht zum Erfolg führen. Selbst wenn in Bezug auf die Signatur 2603 der grundsätzlich ohne zeitliche Einschränkungen geltende Quellenschutz bei noch lebenden Informanten in Betracht kommt, ist ein Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse zum anderen nur dann gerechtfertigt, wenn die betreffende Person tatsächlich zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden ist. Anhand der ungeschwärzten Unterlagen muss daher geklärt werden, ob und in welchem Umfang die nachrichtendienstliche Verbindung für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden ist.

10 4. Die Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen der Signatur 2768 ist weiterhin zur Prüfung erforderlich, ob auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Zwar handelt es sich bei der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 2768 nach den Angaben der Beklagten in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 um eine Akte, die aufgrund ihres Inhalts als personenbezogen gewertet worden ist und nahezu ausschließlich die Dokumentation der ehemaligen Pressestelle des Bundesnachrichtendienstes zu Kontakten mit einer nachrichtendienstlichen Verbindung enthält. Ferner ergibt sich aus der Einzelbegründung der vorgenommenen Schwärzungen, dass das Todesjahr der nachrichtendienstlichen Verbindung nicht festgestellt werden konnte und noch keine 90 Jahre seit der betreffenden Person Geburt abgelaufen sind. Wie bereits ausgeführt, reicht diese Angabe jedoch für sich genommen nicht aus, um eine Einschränkung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse ohne Einsichtnahme in die Unterlagen zu rechtfertigen.

11 5. Die bei dem Bundesnachrichtendienst der Signatur 22630 zugeordneten Unterlagen müssen abweichend von dem Beschluss vom 17. November 2016 nicht mehr vorgelegt werden, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Juni 2017 klargestellt hat, dass diese Unterlagen in Gänze nicht anfragegegenständlich sind.

12 6. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 22631 sind nur die Seiten 9, 18, 20 bis 26, 38 bis 39, 41 bis 45, 52 bis 56, 73 bis 77, 79, 81 bis 83, 85 bis 92, 105 bis 112, 146 bis 159, 162, 164 bis 165, 169 bis 171, 181 bis 186, 199 bis 201, 203 bis 208, 213 bis 216, 219 bis 220, 222a bis 232, 254, 259 bis 261, 266 und 295 ungeschwärzt vorzulegen, nachdem in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 klargestellt worden ist, dass diese Seiten anfragegegenständlich sind. Die Vorlage der genannten Unterlagen der Signatur 22631 ist jedoch weiterhin deshalb erforderlich, um klären zu können, ob der in der Sperrerklärung erstmals geltend gemachte Quellenschutz dem Informationsinteresse der Presse entgegengehalten werden kann. Um einen Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruchs zu rechtfertigen, muss die betreffende Person - wie bereits ausgeführt - tatsächlich zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden sein. Anhand der Unterlagen muss daher geklärt werden, ob und in welchem Umfang die nachrichtendienstlichen Verbindungen, deren Schutz geltend gemacht wird, für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind. Handelt es sich bei den Verbindungen um bereits verstorbene Informanten, die bei lange zurückliegenden, abgeschlossenen Vorgängen - wie hier der sog. Spiegel-Affäre - eingesetzt worden sind, muss ferner eine Prognose getroffen werden, ob die Offenlegung zu einer aktuellen Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung der Beklagten führt. Denn ob die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch die Preisgabe der Identität des Dritten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde, lässt sich bei lange zurückliegenden Vorgängen nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles beantworten. Vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung, dass auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Auch dies lässt sich nur durch Einsichtnahme in die fraglichen Unterlagen klären.

13 7. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 23476 sind nur die Seiten 1, 3 bis 17, 19 bis 44, 48 bis 58, 60 bis 63, 66 bis 68, 70 bis 72, 74 bis 80, 82 bis 120, 126 bis 180, 182 bis 185, 187 bis 249, 250R bis 281R, 283 bis 322, 324 bis 345, 347 bis 361, 363 bis 487, 491 bis 512, 518 bis 571 ungeschwärzt vorzulegen, nachdem in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 klargestellt worden ist, dass diese Seiten anfragegegenständlich sind. Die Vorlage dieser Unterlagen, die nach den Angaben in der Sperrerklärung eine personenbezogene Akte zu einer weiterhin schützenswerten nachrichtendienstlichen Verbindung bilden, ist jedoch weiterhin erforderlich, um umfassend prüfen zu können, ob auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des - bereits verstorbenen - Informanten und die Offenlegung zu Umfang, Qualität und Motivation seiner Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst die öffentliche Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Eine teilweise Klagestattgabe ohne Einsichtnahme in die ungeschwärzten Unterlagen ist entgegen der Auffassung der Klägerin insoweit ausgeschlossen. Zwar hat sich das Bundeskanzleramt in der Sperrerklärung auch in Bezug auf die Unterlagen der Signatur 23476 im Wesentlichen nur darauf berufen, es sei den Betroffenen nicht nur lebenslange, sondern unbefristete Vertraulichkeit zugesagt worden. Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch in den Fällen, in denen sich die Behörde auf den Informantenschutz beruft, stets einer Einzelfallprüfung.

14 8. Von den der Signatur 23477 zugeordneten Unterlagen sind nur die Seiten 1 bis 36, 38 bis 44, 46 bis 53, 55, 61 bis 119, 124 bis 131, 139 bis 145, 150 bis 206, 208 bis 214, 216 bis 229, 231, 237, 241, 245 bis 247, 249 bis 264, 269 bis 286, 287 bis 320, 323, 325 bis 326, 328 bis 353, 356 bis 375, 376, 377, 379 bis 387, 388 bis 389, 390 bis 405, 410, 412 bis 415, 420 bis 421, 423 bis 425, 426 bis 428, 431 bis 432, 434, 436, 439, 442 bis 443, 444, 446, 449 bis 450, 452, 455 bis 456, 460 bis 480, 481 bis 487, 488 bis 495, 500 bis 502, 504 bis 507, 512 bis 516, 519, 523, 528 bis 537, 539 bis 541, 542 bis 546, 547 bis 602 und 609 bis 613 ungeschwärzt vorzulegen, denn in der Sperrerklärung wird klargestellt, dass diese Seiten anfragegegenständlich sind. Die Vorlage dieser Unterlagen, die der Sperrerklärung zufolge eine personenbezogene Akte zu einer weiterhin schützenswerten nachrichtendienstlichen Verbindung bilden, ist jedoch weiterhin erforderlich, um umfassend prüfen zu können, ob auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des - bereits verstorbenen - Informanten die öffentliche Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Insoweit kann auf die Ausführungen oben zu 7. verwiesen werden.

15 9. Die Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen der Signatur 100156 ist weiterhin erforderlich, um umfassend prüfen zu können, ob auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Zwar handelt es sich bei der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 100156 nach den Angaben der Beklagten in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 um eine personenbezogene operative Sachakte zu einer nachrichtendienstlichen Verbindung. Ferner ergibt sich aus der Einzelbegründung der vorgenommenen Schwärzungen, dass das Todesjahr der nachrichtendienstlichen Verbindung nicht festgestellt werden konnte und noch keine 90 Jahre seit der Geburt abgelaufen sind. Wie oben (unter 3.) bereits ausgeführt, kann der Senat auf die Vermutung, dass der betroffene Informant nicht mehr schutzwürdig ist, wenn seit seiner Geburt mehr als 90 Jahre vergangen sind, jedoch erst abstellen, wenn die nach § 86 Abs. 1 VwGO anhand des Klarnamens vorzunehmende Ermittlung, ob die betroffene Person noch lebt, nicht zum Erfolg führt. Zudem muss anhand der ungeschwärzten Unterlagen geklärt werden, ob und in welchem Umfang die nachrichtendienstliche Verbindung für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden ist; denn ein Ausschluss des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes kommt in jedem Fall nur in Bezug auf Personen in Betracht, die tatsächlich zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden sind.

16 10. Die Unterlagen der Signatur 101994 sind vollständig und ungeschwärzt vorzulegen, damit der Senat überprüfen kann, ob der von der Beklagten geltend gemachte Schutz der Identität nachrichtendienstlicher Verbindungen oder der Schutz personenbezogener Daten den auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten Auskunftsanspruch der Klägerin ausschließen. Die Einsichtnahme in die Akten ist - wie ausgeführt - auch nicht insoweit entbehrlich, als die Beklagte die Schutzbedürftigkeit von Quellen mangels Kenntnis des Todesjahres im Hinblick darauf bejaht hat, dass die betreffenden Informanten vor weniger als 90 Jahren geboren wurden. Nichts anderes gilt in Bezug auf diejenigen Personen, bei denen nach den Angaben in der die Signatur 101994 betreffenden Anlage zur Sperrerklärung nicht einmal ein Geburtsdatum verfügbar ist und bei denen die Beklagte daher einen Schutz für die Dauer von 69 Jahren seit dem Entstehen der Unterlagen angenommen hat.

17 11. Hinsichtlich der Unterlagen der Signatur 150059 ist der Beweisbeschluss vom 17. November 2016 erfüllt. Durch die Angaben in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 ist geklärt, dass insoweit die Seiten 259 bis 336, 350 bis 361 und 380 bis 391 anfragegegenständlich sind. Diese Seiten hat die Beklagte ungeschwärzt vorgelegt.

18 12. Aus der Aufbewahrungseinheit mit der Signatur 150090 sind nur die Seiten 4, 7 bis 8 und 10 vorzulegen, nachdem in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 klargestellt worden ist, dass nur diese Seiten anfragegegenständlich sind. Die Vorlage dieser Unterlage ist weiterhin jedenfalls deshalb erforderlich, um klären zu können, ob in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des - nach den Angaben in der Sperrerklärung bereits verstorbenen - Informanten die öffentliche Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

19 13. Von den der Signatur 151200 zugeordneten Unterlagen sind die Seiten 52, 64, 76 bis 77, 82 bis 83 und 97 vorzulegen. Die ungeschwärzte Vorlage dieser Unterlagen, die nach den Angaben in der Sperrerklärung vom 16. Mai 2017 als Bestandteile einer Sachakte aus dem Zeitraum 1993 bis 1999 anfragegegenständlich sind, ist erforderlich, um klären zu können, ob - wie von der Beklagten geltend gemacht - der Schutz der Identität nachrichtendienstlicher Verbindungen, der Schutz personenbezogener Daten sowie der Schutz geheimhaltungsbedürftiger nachrichtendienstlicher Methodik dem verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruch mit Erfolg entgegengehalten werden kann. Soweit sich die Beklagte auf den Quellenschutz beruft, muss der Senat aus den bereits genannten Gründen nicht nur in Bezug auf die bereits verstorbenen Informanten Einsicht in die ungeschwärzten Akten nehmen, sondern auch in Bezug auf diejenigen Quellen, deren Todesjahr nicht festgestellt werden konnte und die vor weniger als 90 Jahren geboren wurden, sowie in Bezug auf diejenigen Personen, bei denen die Beklagte mangels Kenntnis des Geburtsdatums die Schutzwürdigkeit für die Dauer von 69 Jahren seit dem Entstehen der Unterlagen angenommen hat.

20 14. Die Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Unterlagen der Signatur 151888, bei der es sich nach den Angaben in der Sperrerklärung um eine Sachakte aus dem Zeitraum 1993 bis 2000 handelt, ist zur Prüfung erforderlich, ob der von der Beklagten geltend gemachte Schutz der Identität nachrichtendienstlicher Verbindungen dem verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruch mit Erfolg entgegengehalten werden kann. Dies gilt - wie ausgeführt - sowohl in Bezug auf die bereits verstorbenen Informanten als auch hinsichtlich derjenigen Quellen, deren Todesjahr nicht festgestellt werden konnte und die vor weniger als 90 Jahren geboren wurden.