Beschluss vom 31.03.2011 -
BVerwG 4 BN 18.10ECLI:DE:BVerwG:2011:310311B4BN18.10.0
Beschluss
BVerwG 4 BN 18.10
- Hessischer VGH - 05.02.2010 - AZ: VGH 11 C 1549/08.N
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:
- Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2 1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zeigt die Beschwerde nicht auf.
3 a) Die Beschwerde meint, die Revision hätte bereits deshalb zugelassen werden müssen, weil sich im vorliegenden Fall nach der eigenen Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs „grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Fach- und Landesentwicklungsplanung stellen“; mit dieser Begründung habe der Verwaltungsgerichtshof die Revision gegen sein Urteil vom 21. August 2009 in den Musterklageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten zugelassen (Beschwerdebegründung S. 2). Diese Einschätzung mache sie sich zu eigen.
4 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist damit nicht dargetan. Der Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Allein mit dem Hinweis auf „grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Fach- und Landesentwicklungsplanung“ genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht.
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b) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,
ob bei der Festlegung von Vorranggebieten auch die vorrangige Nutzung ein Ziel der Raumordnung und damit eine verbindliche Vorgabe für nachgeordnete Planungsträger ist oder ob es sich insoweit nur um einen Grundsatz der Raumordnung handelt (I.; Beschwerdebegründung S. 2 ff.).
6 Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantworten.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat Nr. III.1 der LEP-Änderung 2007 dahin ausgelegt, dass die Erweiterungsflächen für den Flughafen Frankfurt Main als Vorranggebiete zielförmig festgelegt worden seien (BA S. 23). Mit einer Festlegung dieses Inhalts - so der Verwaltungsgerichtshof weiter - werde die Vorrangnutzung nicht selbst in den Rang eines Ziels der Raumnutzung erhoben mit der Folge, dass nur innerhalb des Vorranggebiets eine Erweiterung des Flughafens erfolgen dürfe. Eine in diesem Sinne abschließende landesplanerische Standortentscheidung könne der Vorranggebietsfestlegung nicht entnommen werden. Eine derartige zielförmige Festlegung enthalte die LEP-Änderung auch im Übrigen nicht (BA S. 23 f.). In seinem Urteil vom 21. August 2009 über die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main (- 11 C 227/08.T u.a. -) hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass in der LEP-Änderung 2007 deutlich der landesplanerische Wille zum Ausdruck komme, „den Flughafen Frankfurt Main räumlich zu erweitern und zwar durch den Bau einer Landebahn auf der Vorrangfläche im Nordwesten des Flughafens. Hierbei handelt es sich um einen Grundsatz der Raumordnung“. Der Verwaltungsgerichtshof hat die LEP-Änderung 2007 also dahin ausgelegt, dass die Erweiterungsflächen für den Flughafen Frankfurt Main zwar durch die zielförmige Festlegung von Vorrangflächen gesichert seien, dass die Standortentscheidung für die Erweiterung auf der Ebene der Landesplanung aber noch nicht zielförmig und deshalb mit bindender Wirkung für die Planfeststellungsbehörde gefallen sei. Was die Standortfestlegung betrifft, geht er lediglich von einem Grundsatz aus. Dagegen wendet sich die Beschwerde. Sie sieht bei der Festlegung von Vorranggebieten den Ausschluss konkurrierender Nutzungen und die (abschließende) Standortfestlegung als zwei Seiten derselben Medaille und hält es für zweifelhaft, die eine Seite als letztverbindliche Entscheidung, die andere hingegen als bloßen Grundsatz anzusehen (Beschwerdebegründung S. 7).
8 Die LEP-Änderung 2007 ist Teil des nicht revisiblen Landesrechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). An das Ergebnis der Auslegung dieser Rechtsnorm durch den Verwaltungsgerichtshof wäre der Senat deshalb in einem Revisionsverfahren grundsätzlich gebunden (§ 560 ZPO i.V.m. § 173 VwGO). Das Revisionsgericht darf nur überprüfen, ob die Vorinstanz bei der Auslegung nicht revisibler Vorschriften des Landesrechts Bundesrecht verletzt hat, sei es, weil das Ergebnis der Auslegung gegen Bundesrecht verstößt (Urteil vom 26. Januar 1993 - BVerwG 1 C 33.89 - BVerwGE 92, 24 <25 f.>) oder weil die Vorinstanz die Auslegung der Norm wesentlich von einem unzutreffenden Verständnis bundesrechtlicher Vorschriften abhängig gemacht hat (Urteil vom 6. September 1984 - BVerwG 3 C 16.84 - BVerwGE 70, 64 <65>). Beides trifft hier nicht zu. Um dies festzustellen, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens.
9 Der Senat hat im Parallelverfahren - BVerwG 4 BN 19.10 - mit Beschluss vom selben Tag bestätigt, dass der Träger der Landesplanung nicht kraft Bundesrechts verpflichtet ist, den Standort für die Erweiterung eines Großflughafens wie des Flughafens Frankfurt Main mit bindender Wirkung für die Fachplanung zielförmig festzulegen und dass sich die Festlegung von Vorranggebieten im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG (vom 18. August 1997, BGBl I S. 2081, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl I S. 2833; im Folgenden: ROG a.F.) eignet, um Standorte für Verkehrsinfrastruktur der Aufgabe von Raumordnungsplänen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a ROG a.F. entsprechend zu sichern.
10 Die Auffassung der Beschwerde, dass der Rechtsbegriff des Vorranggebiets über die Standortsicherung hinaus gleichsam zwangsläufig eine abschließende, die nachfolgenden Planungsebenen bindende landesplanerische Standortfestlegung zur Folge hat, findet auch im Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 4 ROG a.F. keine Stütze. Nach dieser Vorschrift können die Festlegungen nach § 7 Abs. 2 ROG a.F. auch Vorranggebiete bezeichnen, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen und Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Klar zum Ausdruck kommt hierdurch der verbindliche Ausschluss von mit der Vorrangnutzung konkurrierenden Nutzungen. Für einen Ausschluss der Vorrangnutzung an anderen Standorten lässt sich der bundesrahmenrechtlichen Definition des Vorranggebiets indes nichts entnehmen. Hiergegen spricht auch die in § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG a.F. vorgesehene Möglichkeit, Vorranggebiete mit Eignungsgebieten im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG a.F. zu kombinieren, deren Steuerungswirkung gerade darin besteht, die betreffenden Maßnahmen an anderer Stelle im Planungsraum auszuschließen. Mit dem Rechtsbegriff des Vorranggebiets im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG a.F. notwendigerweise verbunden ist also nur die Sicherung des Gebiets für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen, die den Ausschluss konkurrierender Nutzungen rechtfertigt (vgl. z.B. auch Spannowsky, in: Bielenberg/Runkel/ Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Stand X/2005, K § 7 Rn. 103). Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass der Träger der Landesplanung weitergehende Regelungsziele verfolgt und in landesplanerischen Festlegungen umsetzt.
11 Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116). In diesem Urteil hat der Senat zwar angenommen, dass die Entscheidung zugunsten des Flughafenstandorts Berlin-Schönefeld bereits auf der Ebene der Landesentwicklungsplanung gefallen ist (a.a.O. Rn. 54). Abgesehen davon, dass in diesem Urteil von einem Vorranggebiet nicht die Rede ist, hat er dies - in erstinstanzlicher Zuständigkeit - mit landesrechtlichen Erwägungen begründet (a.a.O. Rn. 59). Rückschlüsse auf den bundesrechtlichen Begriff des Vorranggebiets lassen sich daraus nicht ziehen. Aus eben diesem Grunde eignen sich auch die von der Beschwerde in Bezug genommenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs München (Beschwerdebegründung S. 5 ff.) nicht als Beleg für ihre Auffassung.
12 Die Entscheidung zugunsten eines Flughafenstandorts kann also - wie im Fall des Flughafens Berlin-Schönefeld - bereits auf der Ebene der Landesentwicklungsplanung abschließend und mit bindender Wirkung für die Fachplanung fallen. Den bundesrechtlichen Vorgaben ist aber auch dann Genüge getan, wenn die Landesplanung einen Standort für Verkehrsinfrastruktur - wie vom Verwaltungsgerichtshof für die Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main angenommen (BA S. 23 f.) - lediglich durch Festlegung von Vorranggebieten sichert und die endgültige Standortentscheidung der Fachplanung überlässt; dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung der LEP-Änderung 2007 bundesrechtswidrige Auslegungsmaßstäbe zugrunde gelegt hätte, ist nicht ersichtlich.
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c) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde ferner die Frage,
ob eine landesplanerische Standortentscheidung für die Erweiterung eines Verkehrsflughafens im Sinne der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 zum Flughafen Berlin-Schönefeld auch in Gestalt der Festlegung von Vorranggebieten erfolgen kann (II.; Beschwerdebegründung S. 8 ff.).
14 Diese Frage würde sich in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nicht stellen. Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen, ob eine abschließende landesplanerische Standortentscheidung, von der der Senat im Falle des Flughafens Berlin-Schönefeld ausgegangen ist (a.a.O. Rn. 53 ff.), für die Erweiterung eines Verkehrsflughafens auch in Gestalt der Festlegung von Vorranggebieten erfolgen kann. Von einer abschließenden landesplanerischen Standortentscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Flughafens Frankfurt Main - wie ausgeführt - aber gerade nicht ausgegangen (BA S. 23 f.). Dass der Träger der Landesplanung die Vorrangnutzung in den Rang eines Ziels der Raumordnung hätte erheben können, hat er nicht in Abrede gestellt.
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d) Im Zusammenhang mit der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass die LEP-Änderung 2007 nicht wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 Satz 4 ROG a.F. unwirksam sei, wirft die Beschwerde die Fragen auf (III.),
ob die in § 7 Abs. 5 Satz 4 ROG a.F. (jetzt § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ROG n.F.) enthaltene Vorschrift, wonach die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen eines Raumordnungsplans berührt werden kann, bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts (sog. Scoping) zu beteiligen sind, einer „am Gesetzeszweck orientierten einschränkenden Interpretation“ in dem Sinne bedarf, dass Gemeinden nicht zu beteiligen sind (Beschwerdebegründung S. 12),
und weiter,
ob die Planerhaltungsvorschriften des § 12 Abs. 1 bis 4 ROG n.F. gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ROG n.F. ohne Weiteres auf Raumordnungspläne entsprechend anwendbar seien, die vor dem 30. Juni 2009 auf der Grundlage der Raumordnungsgesetze der Länder in Kraft getreten sind (Beschwerdebegründung S. 14).
16 Diese Fragen rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Annahme, dass die LEP-Änderung 2007 nicht wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 Satz 4 ROG a.F. unwirksam sei (BA S. 13), auf drei jeweils selbständig tragende Gründe gestützt: Zum einen hat er sich auf den Standpunkt gestellt, dass die unterbliebene Beteiligung der Kommunen nach den Planerhaltungsvorschriften des § 12 Abs. 1 bis 4 ROG n.F., die gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ROG n.F. entsprechend anzuwenden seien, nicht zu einem beachtlichen Verfahrensfehler führe, weil weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass der Umweltbericht durch die Nichtbeteiligung der Gemeinden in wesentlichen Punkten unvollständig geblieben sei (BA S. 14). „Unabhängig davon“ bedürfe § 7 Abs. 5 Satz 4 ROG a.F., wonach öffentliche Stellen, deren Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen der Planung berührt werden, bei der Festlegung des Umfangs und Detaillierungsgrades des Umweltberichts zu beteiligen sind, einer am Gesetzeszweck orientierten einschränkenden Interpretation; die Kommunen seien keine öffentlichen Stellen, die die Umweltauswirkungen der Planung zu beurteilen hätten; ihre Beteiligung sei daher im Stadium der Öffentlichkeitsbeteiligung verortet und nicht im Scoping (BA S. 15 f.). „Im Übrigen“ bestünden in dem Verfahrensstadium des Scoping keine Verfahrensrechte Planungsbetroffener, deren Verletzung zu einem Verfahrensfehler führen könne; dies folge zwangsläufig aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 26), wonach dem Scoping keine Rechtsschutzfunktion zukomme, sondern die im Scoping erfolgende Festlegung von Inhalt und Umfang der Unterlagen für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung ausschließlich der Information des Vorhabenträgers diene (BA S. 16).
18 Ist eine Entscheidung - wie hier - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 132 VwGO nur Erfolg haben, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargelegt und gegeben ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr). Daran fehlt es hier. Hinsichtlich des dritten Begründungselements - fehlende Verfahrensrechte Planbetroffener, die zu einem Verfahrensfehler führen könnten - ist ein Zulassungsgrund nicht dargelegt worden. Die anderen beiden Begründungselemente können deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
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e) Klären lassen möchte die Beschwerde ferner (IV.),
welche Anforderungen die Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 ROG (zu ergänzen: a.F.) an die landesplanerische Abwägung über Zielfestlegungen zur Erweiterung eines internationalen Verkehrsflughafens stellt (Beschwerdebegründung S. 16).
20 Diese Frage ist einer fallübergreifenden Klärung nicht zugänglich. Welche Anforderungen die Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung an die landesplanerische Abwägung über Zielfestlegungen zur Erweiterung eines internationalen Verkehrsflughafens stellt, insbesondere, welche Belange mit welchem Gewicht aufgrund dieses Leitbildes in die Abwägung einzustellen sind, lässt sich nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf den jeweiligen Einzelfall klären.
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f) Schließlich möchte die Beschwerde rechtsgrundsätzlich geklärt wissen (V.),
ob es nach dem Inkrafttreten des neuen Fluglärmgesetzes noch zulässig ist, ein über die auf dessen Grundlage festzusetzenden Lärmschutzbereiche räumlich deutlich hinausgehendes Siedlungsbeschränkungsgebiet für einen Flughafen zielförmig festzulegen, oder ob hierin nunmehr ein unverhältnismäßiger Eingriff in die kommunale Planungshoheit liegt (Beschwerdebegründung S. 18).
22 Diese Frage würde sich in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die LEP-Änderung 2007 dahin ausgelegt, dass sie selbst keine Siedlungsbeschränkungsgebiete festlegt, sondern dies der Regionalplanung überlässt (BA S. 61). An diese Auslegung des Landesrechts wäre der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden. Dass es zu einer Festlegung eines Siedlungsbeschränkungsgebiets kommen wird, das deutlich über den nach dem Fluglärmschutzgesetz festzusetzenden Lärmschutzbereich hinausgeht, steht mithin nicht fest. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Beklagte dem zuständigen Träger der Regionalplanung inhaltliche Vorgaben für die Festlegung des Siedlungsbeschränkungsgebiets gemacht hätte. Das gilt insbesondere auch für die Methode, anhand derer der Fluglärm zu berechnen ist. Insoweit hat es der Verwaltungsgerichtshof lediglich gebilligt, im Rahmen der LEP-Änderung die Auswirkungen einer Landebahn Nordwest auf die Siedlungsflächenpotentiale der Gemeinde methodisch in gleicher Weise zu ermitteln wie bei der Aufstellung des RPS 2000 (BA S. 60 f.).
23 2. Den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat die Beschwerde ebenfalls nicht dargetan.
24 Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz (u.a.) des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712; stRspr). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Fall, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird; eine bloß fehlerhafte Anwendung eines höchstrichterlichen Rechtssatzes kann eine Divergenz nicht begründen (Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.; stRspr).
25 Die Beschwerde führt aus, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1001.04 – (Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 145, mit dem Verweis „im Folgenden identisch mit Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 -“ a.a.O., dort Rn. 53) die Rechtssätze aufgestellt, dass eine landesplanerische Standortentscheidung für einen internationalen Verkehrsflughafen auch durch Festlegung eines Vorranggebiets getroffen werden kann und dass die Fachplanungsbehörde nicht befugt ist, die vorangegangene raumordnerische Alternativenprüfung durch eine eigene zu ersetzen, zu bestätigen oder zu korrigieren. Demgegenüber habe der Verwaltungsgerichtshof den Rechtssatz aufgestellt, dass die bloße Festlegung von Vorranggebieten keine (abschließende) Standortentscheidung sei, weil sie eine Flughafenerweiterung an anderen Standorten nicht ausschließe, weshalb er die Planfeststellungsbehörde entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für berechtigt und sogar für verpflichtet halte, eine eigenständige Alternativenprüfung vorzunehmen (Beschwerdebegründung S. 22).
26 Abgesehen davon, dass sich die von der Beschwerde formulierten Aussagen mit diesem Wortlaut weder in der zitierten Entscheidung des Senats zum Flughafen Berlin-Schönefeld noch im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs finden, zeigt sie damit eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht auf. Das gilt bereits deshalb, weil die Beschwerde nicht Rechtssätze, sondern Ergebnisse der Rechtsanwendung gegenüber stellt. Im Übrigen liegt die behauptete Divergenz auch der Sache nach nicht vor. Denn - wie ausgeführt - gehen die beiden Entscheidungen von unterschiedlichen Sachverhalten aus: Im Verfahren Flughafen Berlin-Schönefeld hat der Senat die Annahme, dass die Entscheidung zugunsten des Flughafens bereits auf der Ebene der Landesentwicklungsplanung gefallen ist, in erstinstanzlicher Zuständigkeit mit landesrechtlichen Erwägungen begründet (a.a.O. Rn. 59). Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof - wie ebenfalls ausgeführt - angenommen, dass der Vorranggebietsfestlegung im Falle des Frankfurter Flughafens eine abschließende landesplanerische Standortentscheidung gerade nicht entnommen werden könne (BA S. 23 f.). Rückschlüsse auf einen bundesrechtlichen Rechtssatzwiderspruch lassen sich hieraus nicht ziehen.
27 3. Ohne Erfolg bleiben schließlich die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
28 a) Soweit die Beschwerde einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 138 Nr. 3 und 6 VwGO geltend macht, weil der Verwaltungsgerichtshof ohne Angabe von Gründen durch Beschluss gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entschieden habe, ist ein entsprechender Verfahrensmangel nicht dargetan.
29 Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluss. Die Entscheidungsform des Beschlusses soll es dem Normenkontrollgericht ermöglichen, in dafür geeigneten Fällen in vereinfachter und beschleunigter Weise ohne mündliche Verhandlung über die Gültigkeit der Rechtsvorschrift zu befinden (Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 3.88 - BVerwGE 81, 139 <142> m.w.N.). Darüber, ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, entscheidet das Normenkontrollgericht nach richterlichem Ermessen, das im Grundsatz an keine gesetzlich normierten Voraussetzungen geknüpft ist (Beschluss vom 2. Januar 2001 - BVerwG 4 BN 13.00 - juris). § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO macht eine Entscheidung durch Beschluss auch nicht davon abhängig, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt. Unerheblich ist ferner, ob die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden waren (Beschluss vom 2. Januar 2001 a.a.O.). Es kommt vielmehr darauf an, ob der Entscheidung ein unstreitiger oder umfassend aufgeklärter Sachverhalt zugrunde liegt und ob die entscheidungserheblichen Rechtsfragen in den Schriftsätzen der Beteiligten eingehend und ausreichend erörtert worden sind (zutreffend J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 47 Rn. 87). Außerdem darf das Normenkontrollgericht dann nicht durch Beschluss entscheiden, wenn zwingende rechtliche Vorschriften wie insbesondere Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (dazu Urteil vom 16. Dezember 1999 - BVerwG 4 CN 9.98 - BVerwGE 110, 203) entgegen stehen. Dass entsprechende, die Entscheidungsmöglichkeit durch Beschluss einschränkende Gründe vorgelegen hätten, macht die Beschwerde selbst nicht geltend; sie sind auch nicht ersichtlich.
30 Ein Verstoß gegen Verfahrensrecht ist auch nicht darin zu sehen, dass der Verwaltungsgerichtshof - wie die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 31) behauptet - im angefochtenen Beschluss keinerlei Gründe angegeben, sondern lediglich apodiktisch festgestellt habe, dass eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich sei. Im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nicht schon dann, wenn die Begründung falsch, unzulänglich oder oberflächlich ist, sondern erst dann, wenn die Begründung überhaupt oder zu wesentlichen Punkten unterblieben oder unverständlich und verworren ist (Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 4 B 22.10 - ZfBR 2010, 787 <789>; stRspr). Das ist hier weder generell noch in Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung (BA S. 7 f.) der Fall. Eine darüber hinausgehende, speziell auf § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO bezogene, etwa - wie die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 32) meint - aus einem in der Vorschrift angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis herzuleitende Begründungspflicht existiert nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet nicht, die Beteiligten zu der Absicht des Gerichts, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, anzuhören (Beschluss vom 8. September 1988 - BVerwG 4 NB 15.88 - Buchholz 406.11 § 1 BBauG/BauGB Nr. 34 S. 11); aus dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann deshalb auch nicht eine Verpflichtung des Normenkontrollgerichts abgeleitet werden, diese Absicht näher zu begründen.
31 b) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich, dass der Verwaltungsgerichtshof das rechtliche Gehör der Antragstellerin sowie ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe, indem er die Antragstellerin mit Verfügung vom 12. Oktober 2009 pauschal zu einer Stellungnahme zu seinem Urteil vom 21. August 2009 im Verfahren 11 C 318/08.T aufgefordert habe, ohne ihrer Bitte nachzukommen, die Passagen in diesem Urteil zu bezeichnen, die für das Normenkontrollverfahren von Bedeutung seien (Beschwerdebegründung S. 32 f.).
32 Ein Gehörsverstoß ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Zur schlüssigen Darlegung einer Gehörsrüge gehört es, dass innerhalb der Beschwerdefrist substantiiert vorgetragen wird, welche - zur Klärung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs geeigneten - Ausführungen der Kläger bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch gemacht oder welche weitere Beweiserhebung er beantragt hätte (Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 2 B 178.96 - juris L. 3). Daran fehlt es. Entsprechender Darlegungen bedarf es nur dann nicht, wenn die Gehörsrüge den gesamten Streitstoff erfasst (Beschluss vom 18. Juni 2001 - BVerwG 8 B 38.01 - juris Rn. 10). Entsprechendes macht die Beschwerde nicht geltend. Sie beanstandet vielmehr, dass sie an weiterem Vortrag gehindert gewesen sei, weil sie wegen des fehlenden Hinweises des Gerichts nicht habe einschätzen können, zu welchen Punkten weiterer Vortrag erforderlich gewesen sei.
33 Der ebenfalls geltend gemachte Verstoß gegen ein faires Verfahren liegt nicht vor. Dieses aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende allgemeine Prozessgrundrecht erfasst nur diejenigen Beschränkungen Verfahrensbeteiligter, die nicht von spezielleren Verfahrensgarantien erfasst werden (BVerfG, Beschluss vom 5. November 2003 - 2 BvR 1243/03 - BVerfGE 109, 13 <34>). Ein Verstoß scheidet demnach aus, wenn - wie hier - das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) einschlägig ist.
34 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, beizutragen.
35 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.