Beschluss vom 31.03.2008 -
BVerwG 9 B 30.07ECLI:DE:BVerwG:2008:310308B9B30.07.0
Beschluss
BVerwG 9 B 30.07
- OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 06.03.2007 - AZ: OVG 14 A 608/05
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und Domgörgen
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. März 2007 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 480 € festgesetzt.
Gründe
1 Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine Zulassung der Revision nicht.
2
Der Rechtssache kommt nicht die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die Klägerin meint, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, dass
„das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass die Steuersatzung rückwirkend zum 01. Januar 2003 geändert werden darf.“
3 Für sie sei die rückwirkende Erhebung von Daten faktisch nicht zu leisten. Dieses Problem hätten außer ihr noch sehr viele Automatenaufsteller. Sie sei auch in ihrem Vertrauen auf die bestehende Norm schutzwürdig, weil niemand vorausahnen könne, welche Voraussetzungen der Gesetzgeber an zu erhebende Daten knüpfe. Darüber hinaus werde die Erhebung von Vergnügungssteuern in einzelnen Städten von derart unterschiedlichen Anforderungen abhängig gemacht, dass es zu einer großen Rechtsunsicherheit komme.
4 Es mag dahinstehen, ob die Klägerin den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) genügt hat. Jedenfalls hat sie damit eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts nicht aufgeworfen (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Sie will rügen, sie hätte darauf vertrauen dürfen, dass für rückwirkende Zeiträume die Spielapparatesteuer nicht aufgrund der erst in den Jahren 2005/2006 geänderten Vergnügungssteuersatzung erhoben werde. Damit macht sie geltend, Landesrecht sei unter Verstoß gegen Verfassungsrecht des Bundes angewandt worden. Die Klägerin zeigt so jedoch keine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts auf. In einem derartigen Fall muss vielmehr zusätzlich dargelegt werden, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des Bundes(verfassungs-)rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (Beschlüsse vom 21. September 2001 - BVerwG 9 B 51.01 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44 S. 28 und vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49 S. 27). Entsprechende Darlegungen sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
5 Im Übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Heilung kommunaler Satzungen - gegebenenfalls unter Anordnung der Rückwirkung - in erster Linie Fragen aufwirft, die sich im kommunalen Abgabenrecht an das Recht der Länder richten (Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36 S. 4). Der Rückwirkung von Rechtssätzen sind durch das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 und 28 GG) verankerte Gebot des Vertrauensschutzes Grenzen gezogen, die sich nicht mit Hilfe nur eines einzigen Merkmals bestimmen lassen, sondern von Fallgruppe zu Fallgruppe festgelegt werden müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261 <272>; BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - BVerwG 8 C 170.81 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 S. 7 f.). Bei der Würdigung des Schutzes eines etwaigen Vertrauens der Betroffenen ist der Umstand von besonderer Bedeutung, dass der nach der Auslegung des irrevisiblen Landesrechts gültigen Satzungsregelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorangegangen sind und deshalb dem etwaigen Vertrauen der Betroffenen, eine Steuer nicht zahlen zu müssen, die Schutzwürdigkeit fehlt (zu Beiträgen vgl. Beschluss vom 7. Februar 1996 a.a.O.). Hier erhebt der Beklagte mit der Vergnügungssteuersatzung 2006 nicht eine neue Steuer, sondern ändert lediglich den Steuermaßstab. Welche klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts diesbezüglich aufzuwerfen ist, wird von der Beschwerde nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.