Beschluss vom 28.11.2024 -
BVerwG 5 PB 2.24ECLI:DE:BVerwG:2024:281124B5PB2.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.11.2024 - 5 PB 2.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:281124B5PB2.24.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 2.24

  • VG Köln - 08.09.2022 - AZ: 33 K 1555/18.PVB
  • OVG Münster - 13.10.2023 - AZ: 33 A 2029/22.PVB

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. November 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen - vom 13. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage (1.) und der Divergenz (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Nach § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 23. Mai 2019 - 5 PB 7.18 - juris Rn. 15 m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

4 a) Soweit die Beschwerde die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält,
"ob Praktikanten Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne sind",
genügt sie den Darlegungsanforderungen schon deshalb nicht, weil sie sich nicht mit den Gründen auseinandersetzt, aus denen das Oberverwaltungsgericht den entsprechenden, zutreffend als Globalantrag interpretierten (aa) Feststellungsantrag des Antragstellers für unbegründet hält (bb).

5 aa) Das Oberverwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass es sich bei dem Antrag festzustellen, dass Praktikanten nicht Beschäftigte im Sinne des § 116 Abs. 4 BPersVG sind, um einen Globalantrag und nicht, wie der Antragsteller meint, um einen abstrakten Feststellungsantrag handelt.

6 Ein abstrakter Feststellungsantrag kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach Erledigung eines konkreten Feststellungsbegehrens losgelöst von einem konkreten Fall zu den Rechtsfragen gestellt werden, die hinter dem anlassgebenden Vorgang stehen, dem konkreten Vorgang zugrunde liegen oder durch den konkreten Anlass als entscheidungserheblich aufgeworfen werden. Er muss sich auf künftige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt des anlassgebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen. Es können nur solche Rechtsfragen einer Klärung zugeführt werden, die sich an dem konkreten Vorgang ausrichten, durch ihn ausgelöst und auch begrenzt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 2008 - 6 PB 18.08 - Buchholz 251.7 § 79 NWPersVG Nr. 7 Rn. 7 und vom 15. Dezember 2016 - 5 P 9.15 - BVerwGE 157, 117 Rn. 12, jeweils m. w. N.). Daran fehlt es hier.

7 Der im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gestellte Antrag des Antragstellers festzustellen, dass Praktikanten nicht Beschäftigte im Sinne des § 116 Abs. 4 BPersVG sind, der als prozessuale Willenserklärung ohne Bindung an eine Auslegung durch die Vorinstanz der eigenständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegen würde (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Mai 2018 - 5 P 6.16 - Buchholz 250 § 25 BPersVG Nr. 20 Rn. 15 und vom 20. Mai 2020 - 5 PB 24.19 - juris Rn. 6), ist vielmehr gemäß §§ 133, 157 BGB als Globalantrag auszulegen. Damit will der Antragsteller losgelöst von einem konkreten Sachverhalt, der den Anlass des Streites bot, für alle denkbaren oder eine Vielzahl von Fallgestaltungen festgestellt wissen, dass eine Rechtsposition nach einer bestimmten Vorschrift besteht oder nicht besteht (BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2018 - 5 P 7.16 - BVerwGE 161, 164 Rn. 16 und vom 20. Mai 2020 - 5 PB 24.19 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.). Für ein solches Verständnis spricht nicht nur die abstrakte, vom Einzelfall losgelöste Formulierung des Antrags. Vielmehr gab es nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auch keinen konkreten Anlassfall für das Feststellungsbegehren des Antragstellers, sondern es bestand seit längerer Zeit Uneinigkeit darüber, ob es sich bei den in der Dienststelle tätigen Praktikanten um Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne handelt. Auch die Beschwerde spricht lediglich davon, dass die Frage "zwischen den Beteiligten in einer Vielzahl von Fällen umstritten" sei, ohne sich auf einen konkreten Anlassfall zu beziehen. Insofern kann der Senat offenlassen, ob die Beschwerde des Antragstellers, soweit sie sich gegen die vom Oberverwaltungsgericht befürwortete Auslegung des Feststellungsantrags als Globalantrag wendet, schon deshalb ohne Erfolg bleiben muss, weil solche Einwände nur im Wege einer Verfahrensrüge (etwa nach § 92a, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG wegen einer Verletzung rechtlichen Gehörs durch einen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. dazu BAG, Beschluss vom 21. Juli 2022 - 2 AZN 801/21 - EzA § 72a ArbGG 1979 Nr. 140 Rn. 5 f. m. w. N.) geltend gemacht werden können, die hier nicht erhoben wurde.

8 bb) Den Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzbedeutung genügt die Beschwerde schon deshalb nicht, weil sie nicht aufzeigt, dass sich die von ihr aufgeworfene allgemeine Rechtsfrage nach der Beschäftigteneigenschaft von Praktikanten in einem Rechtsbeschwerdeverfahren in der aufgeworfenen Form entscheidungserheblich stellt und vom Bundesverwaltungsgericht geklärt werden kann. Die Beschwerde setzt sich nicht mit der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts und den dafür angeführten tragenden Gründen auseinander, dass der Globalantrag bereits deshalb unbegründet sei, weil jedenfalls Praktikanten, die mit abgeschlossenem Hochschulstudium länger als sechs Monate mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden Arbeitsleistungen in den Fremdsprachenredaktionen der Deutschen Welle erbringen, als Beschäftigte im Sinne des § 116 Abs. 4 Satz 1 BPersVG anzusehen sind. Das Vorbringen der Beschwerde, der formale Status eines Praktikanten schließe bereits begrifflich deren Beschäftigteneigenschaft aus, weil "die Kategorie des Praktikums als eines spezifischen Status für eine nur vorübergehende praktische Tätigkeit grundsätzlich anerkannt" sei, genügt insoweit nicht. Denn die Beschwerde legt weder dar, dass es "Praktikanten" in diesem abstrakten Sinne überhaupt gibt, noch zeigt sie auf, dass sich die aufgeworfene Frage in dieser Allgemeinheit in einem Rechtsbeschwerdeverfahren beantworten ließe. Ebenso wenig geht sie auf den Beschäftigtenbegriff des Bundespersonalvertretungsgesetzes ein, den das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverwaltungsgerichts seiner Entscheidung zugrunde legt, oder erläutert, aus welchen Gründen dieser auf Personen, die als Praktikanten in einer Dienststelle tätig sind, nicht anwendbar sein sollte.

9 b) Auch hinsichtlich der weiteren als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage,
"ob lokal Beschäftigte Beschäftigte im Sinne von § 116 Abs. 4 BPersVG sind",
genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzbedeutung. Sie geht auf die vom Oberverwaltungsgericht und auch in der Literatur überwiegend vertretene Auslegung zu der entscheidungserheblichen Regelung des § 116 Abs. 4 BPersVG (und der aus systematischen Gründen abgelehnten Anwendbarkeit des § 119 Abs. 2 BPersVG) nicht ein, nach der es mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes nicht vereinbar sei, lokal Beschäftigte der Deutschen Welle nicht als Beschäftigte im Sinne des § 116 Abs. 4 BPersVG anzusehen. Der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts hält die Beschwerde vielmehr nur entgegen, der Bundesgesetzgeber sei in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. Mai 1996 für ein Gesetz über den deutschen Auslandsrundfunk (BT-Drs. 13/4708 S. 36), durch den mit § 90 Nr. 5 BPersVG a. F. die Vorgängerregelung des heutigen § 116 Abs. 4 BPersVG eingeführt wurde, ausdrücklich davon ausgegangen, dass Ortskräfte, die in einer Einrichtung der Deutschen Welle im Ausland eingesetzt seien, schon gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG a. F. (§ 119 Abs. 2 BPersVG) nicht Beschäftigte im Sinne des Bundesvertretungsgesetzes seien. Daran habe auch die Neufassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes 2021 nichts geändert, wo es in der Gesetzesbegründung heiße, diese entspreche im Wesentlichen § 90 BPersVG a. F., ohne dass insofern eine Klarstellung erfolge. Die Beschwerde legt jedoch nicht schlüssig dar, warum es darauf ankommen sollte. Sie setzt sich auch in diesem Zusammenhang nicht mit den Gründen des Oberverwaltungsgerichts auseinander, das unter zutreffender Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgeht, dass bei einer Diskrepanz zwischen dem (tatsächlichen oder vermutlichen) Willen des Gesetzgebers und der Gesetzauslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik Letzterer der Vorrang gebühre (BVerwG, Urteil vom 5. April 2006 - 9 C 1.05 - BVerwGE 125, 370 Rn. 18; vgl. auch Urteile vom 21. März 2002 - 5 C 4.01 - BVerwGE 116, 161 <166 f.> und vom 23. April 2019 - 5 C 2.18 - BVerwGE 165, 235 Rn. 21). In diesem Zusammenhang fehlt es namentlich an einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Argument des Oberverwaltungsgerichts, dass § 116 Abs. 4 Satz 4 BPersVG insbesondere aus systematischen Gründen die Beschäftigteneigenschaft auch der nicht entsandten Beschäftigten der Deutschen Welle im Ausland voraussetze.

10 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht gemäß § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zu dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2015 (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 5 P 11.14 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 43 Rn. 14) zuzulassen, wonach auf einen abstrakten Feststellungsantrag nicht die Regeln über den Globalantrag angewendet werden können. Das gilt schon deshalb, weil es sich bei dem Antrag des Antragstellers nicht, wie dieser meint, um einen abstrakten Feststellungsantrag, sondern - wie oben unter 1. a) aa) dargelegt - um einen Globalantrag handelt.