Beschluss vom 28.06.2005 -
BVerwG 2 B 29.05ECLI:DE:BVerwG:2005:280605B2B29.05.0
Beschluss
BVerwG 2 B 29.05
- Hamburgisches OVG - 03.03.2005 - AZ: OVG 12 Bf 277/04.F
In dem Disziplinarverfahren hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r und Dr. H e i t z
beschlossen:
- Der Antrag des Obersekretärs im Strafvollzugsdienst a.D.
- C., ihm zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. März 2005 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm eine Rechtsanwältin beizuordnen, wird abgelehnt.
- Die Beschwerde des Ruhestandsbeamten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird verworfen.
- Der Ruhestandsbeamte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I
Dem Antrag des Ruhestandsbeamten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin kann nicht entsprochen werden. Wie sich aus den nachstehenden Gründen ergibt, bietet seine beabsichtigte Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg (§ 65 Abs. 1, § 22 HmbDG, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
II
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 89 Abs. 3 Satz 1 des Hamburgischen Disziplinargesetzes (HmbDG) vom 18. Februar 2004 (HmbGVBl S. 69 ff.) werden noch nicht unanfechtbar oder rechtskräftig abgeschlossene, bei dem Disziplinargericht Hamburg und dem Disziplinarhof Hamburg anhängige Disziplinarverfahren unter Anwendung des bisherigen Rechts, d.h. nach der Hamburgischen Disziplinarordnung (HmbDO) vom 8. Juli 1971 (HmbGVBl S. 133), fortgeführt und a b g e s c h l o s s e n ; zuständig sind hierfür nunmehr das Verwaltungsgericht Hamburg und das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (§ 89 Abs. 3 Satz 2 HmbDG). Diese Grundregel der Fortgeltung alten Verfahrensrechts gilt auch dann, wenn in einem vor In-Kraft-Treten des Hamburgischen Disziplinargesetzes am 1. März 2004 eingeleiteten, noch nicht bei einem Disziplinargericht anhängigen förmlichen Disziplinarverfahren der Sachverhalt im Rahmen einer Untersuchung nach bisherigem Recht vollständig aufgeklärt war (vgl. § 89 Abs. 4 Satz 1 HmbDG). Nach § 81 HmbDO werden die Urteile des Disziplinarhofs - hier des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts als Nachfolgegericht - mit der Verkündung rechtskräftig. Gegen sie ist folglich kein Rechtsmittel gegeben (vgl. dazu Beschluss vom 4. Februar 2004 - BVerwG 2 B 2.04 -; ebenso zum Überleitungsrecht nach dem Bremischen Disziplinargesetz: Beschluss vom 20. Mai 2003 - BVerwG 1 DB 8.03 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 1). So verhält es sich auch im vorliegenden, nach altem Recht eingeleiteten und mit Anschuldigungsschrift vom 21. Juli 2003 beim damaligen Disziplinargericht Hamburg anhängig gemachten Disziplinarverfahren.
Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf die Regelung des § 89 Abs. 6 Satz 1 HmbDG. Danach bestimmen sich Statthaftigkeit, Form und Frist eines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels gegen eine Entscheidung, die vor dem In-Kraft-Treten des Hamburgischen Disziplinargesetzes ergangen ist, nach bisherigem Recht. Satz 1 des Absatz 6 darf nicht isoliert betrachtet, sondern es muss der Zusammenhang mit Satz 2 gesehen werden. Dieser Zusammenhang ergibt, dass sich Absatz 6 insgesamt nicht nur auf die jeweils anstehende Instanz bezieht. Nach Satz 2 der Vorschrift gelten im weiteren Verfahren ebenfalls die Bestimmungen des bisherigen Rechts - entsprechend der oben dargestellten Grundregel -. In Satz 2 ist nicht etwa eingeschränkt von einem Rechtsbehelfs- oder Rechtmittelverfahren die Rede, sondern ganz allgemein davon, was "im weiteren Verfahren" zu gelten hat. Damit kann nur das Verfahren insgesamt gemeint sein, das erst mit der Bestands- oder Rechtskraft einer Entscheidung endet. Mit dieser Regelung wird letztlich eine Verfahrensaufspaltung vermieden, dass also ein in Anlehnung an strafprozessuale Grundsätze mit einer Anschuldigungsschrift eingeleitetes disziplinargerichtliches Verfahren nach neuem Recht, d.h. kontradiktorisch, fortgeführt wird. Nichts anderes lässt sich aus der Rechtsprechung des 1. Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts herleiten. Dieser hat mit Beschluss vom 31. Januar 2002 - BVerwG 1 DB 33.01 - Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 21 - lediglich entschieden, dass Bescheide über die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge als Entscheidungen im Sinne von § 85 Abs. 5 BDG anzusehen sind; sind diese Entscheidungen v o r dem In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes ergangen, sind sie im Verfahren nach § 121 BDO anzugreifen und es gelten auch im weiteren Verfahren die Bestimmungen des bisherigen Rechts (§ 85 Abs. 5 Satz 2 BDG); sind die Bescheide erst nach In-Kraft-Treten des neuen Rechts ergangen, gilt ausschließlich das neue Recht. Rückschlüsse darauf, wie das eigentliche Disziplinarverfahren zu Ende zu führen ist, lässt diese Entscheidung, da sie zum anders strukturierten Verlustfeststellungsverfahren ergangen ist, nicht zu.
2. Die auf den Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 65 Abs. 1 HmbDG, rechtsgrundsätzliche Bedeutung, gestützte Beschwerde ist auch deshalb unzulässig, da ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Mit der Grundsatzrüge muss eine bestimmte konkrete Rechtsfrage bezeichnet werden, deren Klärung im Interesse der Vereinheitlichung oder der Fortbildung des Rechts geboten ist und die in dem angestrebten Revisionsverfahren in verallgemeinerungsfähiger Weise zu beantworten sein wird. An der Formulierung einer derartigen klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage lässt es das Beschwerdevorbringen fehlen. Vor dem Hintergrund, dass dem Ruhestandsbeamten wegen schuldhaften Rückfalls in die Alkoholabhängigkeit mit der Folge dauernder Dienstunfähigkeit disziplinargerichtlich das Ruhegehalt aberkannt worden ist, bezeichnet die Beschwerde als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig
die Frage der Schuldfähigkeit im Falle des Vorliegens einer Vorerkrankung, welche letztlich für die Alkoholkrankheit ursächlich ist.
Damit ist keine in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortbare konkrete Rechtsfrage formuliert. Jedenfalls fehlt es an Ausführungen, worin der allgemeine, weit über den Einzelfall hinausreichende Klärungsbedarf liegen soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 76 Abs. 4 Satz 1 HmbDG.