Urteil vom 26.02.2003 -
BVerwG 9 A 1.02ECLI:DE:BVerwG:2003:260203U9A1.02.0
Urteil
BVerwG 9 A 1.02
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
V a l l e n d a r , Prof. Dr. R u b e l ,
Dr. E i c h b e r g e r und G a t z
für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
I
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Südverbundes Teil II, 2. Bauabschnitt, in Chemnitz. Sie sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten und an der Augustusburger Straße gelegenen Grundstücks. An das Grundstück der Kläger schließen sich sechs weitere Grundstücke an, die mit ebenfalls in den dreißiger Jahren entstandenen Wohnhäusern bzw. in einem Fall mit einer massiven Gartenlaube bebaut sind.
Der geplante Südverbund soll als Teil eines neu konzipierten Verkehrsnetzes dazu beitragen, das seit der Einheit Deutschlands ständig gestiegene Verkehrsaufkommen in Chemnitz zu bewältigen. Er ergänzt zusammen mit einem neu zu schaffenden inneren Stadtring das bisher ausschließlich aus zum Stadtzentrum führenden Radialstraßen bestehende Verkehrsnetz (u.a. die Augustusburger Straße) mit dem Ziel, die Verkehrsströme zwischen den Stadtteilen sowie den Fernverkehr so zu leiten, dass eine spürbare Minderung der Umweltbeeinträchtigungen vor allem in den Wohnbereichen und in der Innenstadt erreicht werden kann. Dem Südverbund kommt dabei die Aufgabe zu, als tangentiale leistungsfähige innerstädtische Bundesstraße den von Süden auf das Stadtgebiet treffenden regionalen und überregionalen Verkehr abzufangen und auf direktem Weg zu den Autobahnen A 72 und A 4 zu leiten und - überwiegend - innerstädtische Funktionen (verteilende und stadtteilverbindende Wirkung für Ziel- und Quellverkehr) zu erfüllen. Der westliche Abschnitt des Südverbundes (Teil I) wurde bereits Ende 1999 dem Verkehr
übergeben, der Weiterbau Richtung Osten über die Augustusburger Straße hinaus befindet sich noch im Planungsstadium.
Den Bau des Südverbundes Teil II beantragte der Baulastträger am 20. Mai 1998. Die Planunterlagen lagen in der Stadt Chemnitz vom 17. Juni bis zum 17. Juli 1998 aus. Auf die Auslegung und die Möglichkeit zur Einsichtnahme wurde durch ortsübliche Bekanntmachung hingewiesen. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift beim Regierungspräsidium Chemnitz oder bei der Stadt Chemnitz Einwendungen gegen den Plan erhoben werden könnten und Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen seien.
Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 4. Juli 1998 Einwendungen gegen das Vorhaben. Sie beanstandeten die Feststellungen des Lärmschutzgutachtens und rügten das Fehlen aktiver Lärmschutzmaßnahmen. Der Erörterungstermin fand vom 14. bis 19. Juli 1999 statt. Mit Schreiben vom 18. Juli 1999 legten die Kläger ihre Einwendungen nochmals dar und verlangten zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen entlang der Augustusburger Straße.
Die Planfeststellung für den die Kläger betreffenden 2. Bauabschnitt des Südverbundes Teil II von der Bernsdorfer bis zur Augustusburger Straße erfolgte am 22. August 2001. Die Einwendungen der Kläger wies die Planfeststellungsbehörde zurück. Die vorgelegte schalltechnische Untersuchung sei nicht zu beanstanden. Die nach der 16. BImSchV maßgeblichen Grenzwerte würden eingehalten. Insoweit sei lediglich auf die zusätzlich durch den neu gebauten Verkehrsweg verursachten Immissionen abzustellen.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Aufgrund der Überschreitung der Grenzwerte der 16. BImSchV, die nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen ohnehin den Schutz vor Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr sicherstellten und deswegen gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verstießen, stehe ihnen ein Anspruch auf aktiven Schallschutz zu. Ihr Grundstück liege nicht im Außenbereich, sondern in einem für die Entstehungszeit und das damalige sozialpolitische Anliegen typischen Kleinsiedlungsgebiet. Die hierfür geltenden Grenzwerte seien nach den Feststellungen des Lärmschutzgutachtens überschritten. In jedem Fall gehe das Gutachten von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Sie beträfen insbesondere die Verkehrsprognose, die zu Aussagen im Schadstoffgutachten und in der Netzbelastungsprognose des Freistaates Sachsen in Widerspruch stehe. Zu Unrecht werde der LKW-Anteil auf den Südverbund auf lediglich 10 % festgesetzt. Gerade im Hinblick auf seine Autobahn-Zubringerfunktion sei dieser Anteil vielmehr mit 20 % zu berechnen. Die Verkehrsverhältnisse auf der Augustusburger Straße seien unzureichend betrachtet worden. Der Planfeststellungsbeschluss gehe von einer Verkehrsentlastung von 20 % aus. Wie auf der ebenfalls radial nach außen führenden Zschopauer Straße müsse aber mit einer Zunahme um 15 bis 20 % gerechnet werden. Dies gelte vor allem, solange der Südverbund nicht weiter in Richtung Westen fertig gestellt sei. Im Übrigen dränge sich aufgrund des eigentümlichen Verlaufs der Grenzlinien in der Schallimmissionskarte der Schluss auf, dass das Kleinsiedlungsgebiet aus dem Grenzüberschreitungsbereich gezielt herausgenommen worden sei.
Die nach der Richtlinie 1999/30/EG vom 22. April 1999 maßgeblichen Grenzwerte für Luftschadstoffe seien ebenfalls überschritten. Dieser Einwand sei von ihrem Einwendungsschreiben, das die Themen Lärmschutz und Verkehrssicherheit nur beispielhaft erwähne, erfasst und mithin nicht präkludiert.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Chemnitz, Az. 14-0513.26/97-23, für den Bau des Südverbundes Teil II, 2. Bauabschnitt von der Bernsdorfer Straße bis zur Augustusburger Straße in Chemnitz mit Datum vom 22. August 2001, bekannt gemacht im Amtsblatt Chemnitz mit Datum 19. September 2001, aufzuheben,
hilfsweise
eine Planänderung bzw. –ergänzung dahingehend vorzunehmen, dass im Kreuzungsbereich Augustusburger Straße/Südverbund Maßnahmen des aktiven Schallschutzes durchgeführt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses könnten die Kläger schon deswegen nicht verlangen, weil das allein in Betracht kommende Fehlen von Schutzauflagen jedenfalls nicht von so großem Gewicht sei, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt werde. Auch ein Anspruch auf Schutzauflagen bestehe nicht. Der gemäß § 2 Abs. 2 der 16. BImSchV wegen der Außenbereichslage maßgebende Grenzwert für Mischgebiete werde am Wohngebäude und im Außenwohnbereich der Kläger eingehalten. Der Normgeber habe keine Veranlassung gesehen, etwaige wissenschaftliche Erkenntnisse in geltendes Recht umzusetzen. Die 16. BImSchV sei daher nach wie vor anwendbar. Die schalltechnische Untersuchung sei nicht zu beanstanden. Der zugrunde gelegte LKW-Anteil von 10 % ergebe sich aus der von der Vorhabenträgerin vorgelegten Untersuchung zur Ermittlung des Schwerlastverkehrs. Mit ihrer Rüge einer Überschreitung der Grenzwerte für Luftschadstoffe seien die Kläger präkludiert. Im Übrigen sei eine Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe nach dem dazu eingeholten Gutachten nicht zu besorgen. Die Richtlinie 1999/30/EG sei im Planfeststellungsverfahren nicht zu berücksichtigen gewesen.
II
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Der zulässige Hauptantrag, mit dem die Kläger die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begehren, ist unbegründet. Ein Aufhebungsanspruch (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht den Klägern im Hinblick auf die von ihnen gerügten Beeinträchtigungen durch Lärm (a) bzw. Schadstoffe (b) nicht zu.
a) Die Kläger sehen sich in ihren Rechten verletzt, weil der Planfeststellungsbeschluss für ihr Grundstück keinen hinreichenden Lärmschutz vorsehe. Das ist jedoch nicht der Fall. Den Klägern steht ein Anspruch auf Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes nach §§ 41 und 42 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV nicht zu, weil die danach maßgeblichen Grenzwerte auf dem Grundstück der Kläger eingehalten werden.
aa) Die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte ergeben sich trotz der ausschließlichen Wohnnutzung nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB A tagsüber und 49 dB A nachts), sondern aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 der 16. BImSchV (64 dB A tagsüber und 54 dB A nachts), weil es sich um eine bauliche Anlage im Außenbereich handelt, der grundsätzlich nicht für eine Bebauung bestimmt ist, so dass hier gelegene Wohnhäuser weniger schutzbedürftig sind als Wohngebiete (BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1997 - BVerwG 11 A 10.96 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32 S. 164 m.w.N.).
Der von den Klägern vertretenen Auffassung, ihr Grundstück liege nicht im Außenbereich, sondern - mangels Bebauungsplans - in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, der den dargelegten Grenzwerten des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV unterfalle, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Unter einem "Ortsteil" ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Bebauungskomplex zu verstehen, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwGE 31, 22 <26 f.>). Beide Voraussetzungen sind hier auf der Grundlage der vom Berichterstatter durchgeführten Ortsbesichtigung und des von den Beteiligten vorgelegten Kartenmaterials zu verneinen.
Einer Ansammlung von nur vier Häusern hat das Bundesverwaltungsgericht das für einen Ortsteil erforderliche "Gewicht" abgesprochen, ohne dass damit eine Obergrenze bezeichnet worden wäre (BVerwG, Beschluss vom 19. April 1994 - BVerwG 4 B 77.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 169). Für das Siedlungsgebiet der Kläger gilt nichts anderes, und zwar unabhängig davon, ob dieser Bereich - je nach Zählweise im Hinblick auf die Erfassung von Doppelhäusern und die dort befindliche ausgebaute Gartenlaube - fünf oder sieben Gebäude umfasst. Ob solche Ansiedlungen in Sachsen häufiger zu beobachten sind, wie die Kläger geltend machen, kann dahingestellt bleiben, weil hieraus für die Einordnung als "Ortsteil" nichts folgt. Jedenfalls dann, wenn eine derartige Ansiedlung nicht in einem abgelegenen, dünn besiedelten Gebiet, sondern - wie hier - im unmittelbaren Randbereich einer größeren Stadt liegt, weist sie das für einen Ortsteil erforderliche Gewicht nicht auf.
Darüber hinaus fehlt es diesem Siedlungsbereich an einer organischen Siedlungsstruktur. Infrastruktureinrichtungen bestehen nicht. Bebauung findet sich nur auf einer Straßenseite und dort nur in unregelmäßiger Form, zum Teil als Grenzbebauung, zum Teil als Bebauung im rückwärtigen Grundstücksteil, was den Eindruck einer "Splittersiedlung" festigt. Schließlich fehlt es der Ansiedlung auch an einer besonderen Ortsbezeichnung.
bb) Zu Unrecht meinen die Kläger, die in der 16. BImSchV festgelegten und hier maßgeblichen Grenzwerte seien im Blick auf die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende staatliche Pflicht zum Schutz der menschlichen Gesundheit unzureichend und deswegen verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638) kommt dem Verordnungsgeber bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. In diesem Rahmen ist der Normgeber der 16. BImSchV tätig geworden. Dabei war er nicht verpflichtet, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Ob die bisherigen Annahmen zur Gesundheitsgefährdung durch Lärm aufgrund der von den Klägern angeführten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse in Frage gestellt werden, kann offen bleiben. Eine Verletzung der Nachbesserungspflicht durch den Verordnungsgeber könnte gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich untragbar geworden ist (BVerfG, a.a.O. m.w.N.). Das ist im Hinblick auf die Grenzwerte der 16. BImSchV schon deswegen nicht der Fall, weil sie nicht den Übergang zur Gesundheitsgefährdung markieren, sondern - wie sich aus § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV, § 41 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt - bereits vor erheblichen Belästigungen schützen wollen und deswegen bewusst niedriger angesetzt sind. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Gesundheitsgefährdungen durch Lärm können daher die in der 16. BImSchV geregelten Grenzwerte nicht automatisch in Frage stellen. Im Übrigen kann nach der Erfahrung des Senats aus anderen Verfahren nicht die Rede davon sein, dass sich ein - auch von den Klägern nicht behaupteter - einheitlicher wissenschaftlicher Erkenntnisstand dazu herausgebildet hätte, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV im Hinblick auf den Gesundheitsschutz unzureichend wären. Auf dieser Grundlage besteht für den Senat jedenfalls keine Veranlassung, die Verbindlichkeit der hier maßgeblichen Grenzwerte anzuzweifeln.
cc) Die mithin maßgeblichen Grenzwerte von 64 bzw. 54 dB A werden bei den Klägern eingehalten. Die höchsten Beurteilungspegel betragen an der Nord-West-Fassade ihres Wohnhauses im zweiten Obergeschoss am Tage 58,9 dB A, in der Nacht 51,5 dB A. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, bei den schalltechnischen Berechnungen hätte ein Lkw-Anteil von 20 % und nicht lediglich von 10 % zugrunde gelegt werden müssen. Ihr Einwand greift schon deswegen nicht durch, weil er nicht geeignet ist, eine Grenzwertüberschreitung zu begründen. Nach dem eigenen Vorbringen der Kläger steigt der Beurteilungspegel bei einem Lkw-Anteil von 20 % um 2,2 dB A und überstiege somit weder am Tag noch in der Nacht die dargelegten Grenzwerte.
Auch in der Sache selbst geht der Einwand fehl. Zwar ergibt sich aus Tabelle 3 i.V.m. Abschnitt 4.4.1.1.1 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90), die gemäß Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV für die Beurteilung der Pegeländerung maßgeblich ist, dass bei Bundesstraßen ein Lkw-Anteil von 20 % zugrunde zu legen ist. Davon kann aber abgewichen werden, "wenn geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse vorliegen, die zur Ermittlung ... des mittleren Lkw-Anteils p
(über 2,8 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) in % am Gesamtverkehr ... herangezogen werden können". Diese Voraussetzungen sind aufgrund der vom Straßenbaulastträger durchgeführten Analyse von Verkehrszählungen aus vergleichbaren Abschnitten des Straßenhauptnetzes in Chemnitz erfüllt.
Der Beklagte hat hierzu nachvollziehbar vorgetragen, dass der Schwerlastanteil im städtischen Straßenhauptnetz generell unter 10 % des Gesamtverkehrsaufkommens liege. Geringfügige Überschreitungen in der Zeit bis 1995 seien auf vermehrte Bautätigkeit in den Jahren nach der Wende zurückzuführen und in den letzten Jahren nicht mehr zu verzeichnen. Vielmehr sei ein Rückgang des Schwerlastanteiles nachweisbar. Dagegen erreiche der Schwerlastanteil auf der Autobahn A 72 etwa doppelt so hohe Werte. Außerdem sei festzustellen, dass im Straßenhauptnetz die niedrigsten Werte in den Früh- und Abendstunden zu registrieren seien. Auch hier zeige die Autobahn erhebliche Abweichungen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse seien mit Hilfe entsprechender Computerprogramme die Prognosen der Kraftfahrzeugbelegungszahlen erstellt worden. Diese Ergebnisse würden durch eine neuere landesbezogene Untersuchung gestützt.
Die Kläger meinen allerdings, der zugrunde gelegte Lkw-Anteil von 10 % widerspreche der Funktion und dem Ausbauzustand des Südverbundes, der als vierspurig ausgebaute Bundesstraße die Verbindung zwischen zwei Autobahnen herstellen und den vom Erzgebirge nach Chemnitz einströmenden Verkehr auffangen und ableiten soll. Der Lkw-Anteil des Südverbundes werde deswegen zwischen demjenigen einer Autobahn und einer Bundesstraße und mithin höher als 10 % liegen. Diese Argumentation übersieht jedoch, dass dem Südverbund nach der Funktionsbeschreibung im Planfeststellungsbeschluss (S. 14) sowohl eine regionale und
überregionale als auch - und zwar "vor allem" - eine innerstädtische Funktion zukommen soll. Das erscheint plausibel, weil er innerhalb des Stadtgebietes verläuft und Ringverbindungen zwischen den Einfallstraßen und zwischen den Stadtteilen bisher nicht existierten. Es spricht daher viel dafür, dass der Südverbund zukünftig dieselben Verkehrsströme aufnehmen wird, die bisher auf den radialen Hauptverkehrsnetzen durch Chemnitz flossen. Auf dieser Grundlage ist die Annahme des Beklagten nicht zu beanstanden, die Verkehrszusammensetzung auf dem Südverbund werde sich von derjenigen auf dem bisherigen Hauptverkehrsnetz nicht unterscheiden und der LKW-Anteil mithin auch zukünftig weniger als 10 % betragen. Gerade der vom Beklagten vorgetragene Umstand, dass der Lkw-Anteil auf dem bisherigen Hauptverkehrsstraßennetz in den Früh- und Abendstunden deutlich zurückgehe, macht deutlich, dass dieser Verkehr nicht etwa die Charakteristika von Bundesautobahnen oder Bundesstraßen aufweist, bei denen die Tabelle 3 der RLS-90 von erhöhten bzw. zumindest gleich bleibenden Lkw-Anteilen zur Nachtzeit ausgeht. Kam dem Hauptverkehrsstraßennetz deswegen schon bisher nicht die Funktion einer "Ersatzautobahn" zu, ist die Annahme des Beklagten gerechtfertigt, dass sich daran auch zukünftig nichts ändert, zumal Länge und Trassenführung des Südverbundes ihn als Abkürzung für die Benutzer des nördlich und westlich an Chemnitz vorbeiführenden Teilringes aus den Autobahnen A 72 und A 4 ungeeignet erscheinen lassen.
Die Berechtigung eines Lkw-Anteils von 10 % wird auch durch den Hinweis der Kläger, das Schadstoffgutachten gehe selbst von einem höheren Lkw-Anteil aus, nicht in Frage gestellt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Annahmen auf abweichenden Untersuchungen oder Berechnungen beruhen. Vielmehr ist es dem Vorhabenträger und der Planfeststellungsbehörde unbenommen, Prognosewerte zugrunde zu legen, die - wie hier aufgrund des unstreitig gegenüber Personenkraftwagen höheren Lkw-Schadstoffausstoßes - zu für den Betroffenen günstigeren Bewertungen führen.
dd) Auch die sonstigen Einwände der Kläger gegen die tatsächlichen Grundlagen der Lärmprognose greifen nicht durch.
Soweit die Kläger auf Diskrepanzen bei den die Augustusburger Straße betreffenden Verkehrszahlen verweisen, verkennen sie, dass der dort verlaufende Verkehr mangels baulicher Änderung für die Lärmpegelberechnung nicht erheblich ist. Im Übrigen überzeugt die von den Klägern nicht substantiiert in Frage gestellte Einlassung des Beklagten, die zugrunde gelegten städtischen Prognosezahlen seien aufgrund ihrer deutlich differenzierteren Erhebungsgrundlage den gröberen Landesprognosen vorzuziehen.
Soweit die Kläger Einwände gegen die prognostizierten Verkehrszahlen auf dem Südverbund mit der Begründung erheben, aus den im Planfeststellungsbeschluss angeführten Zahlen der "Leistungsfähigkeit" des Südverbundes (S. 15) ergäben sich höhere Werte, ist festzustellen, dass es für die Verkehrsprognose grundsätzlich nicht auf die Vollauslastung, sondern die - regelmäßig deutlich darunter liegende - durchschnittliche Verkehrsdichte ankommt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13). Gründe für das Vorliegen eines Ausnahmefalles sind weder dargelegt noch erkennbar.
Schließlich gibt auch die Darstellung der Lärmausbreitung auf der das klägerische Grundstück betreffenden Schallimmissionskarte (Planfeststellungsunterlage 11.3, Blatt 15) keinen Anlass zu Zweifel an der Richtigkeit der schalltechnischen Berechnungen. Die Kläger meinen, der auffällige Verlauf der Schalllinie im Bereich ihres Grundstücks spreche dafür, dass dieser willkürlich festgelegt worden sei, um Ansprüche der Kläger auszuschließen. Das trifft jedoch nicht zu. Der gelbe Bereich, der Schallimmissionen von 49 bis 54 dB A darstellen soll, trifft nach der Darstellung in der Schallimmissionskarte unmittelbar auf das Haus der Kläger. Die abschirmende Wirkung des Hauses führt dazu, dass die Immissionen im dahinter gelegenen Bereich unter 59 dB A (grün dargestellter Bereich) liegen. Für das Haus der Kläger ist dies jedoch ohne Bedeutung. Die dort gemessenen Pegel bis max. 51,5 dB A werden durch den gelben Bereich zutreffend dargestellt.
b) Mit ihrem weiteren Einwand, der Planfeststellungsbeschluss beachte die sich aus der EG-Richtlinie 1999/30/EG ergebenden Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe nicht, sind die Kläger präkludiert (§ 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG). Diesen Einwand haben sie erstmals in ihrer Klagebegründung erhoben. Weder in ihrem Einwendungsschreiben vom 4. Juli 1998 noch in der ergänzenden Stellungnahme vom 18. Juli 1999 haben die Kläger das Thema Luftschadstoffe angesprochen. Der Ansicht der Kläger, ihre im Anhörungsverfahren erhobenen Einwendungen bezögen sich "insgesamt gegen das Planfeststellungsverfahren" und würden die Themen Lärmschutz und Verkehrssicherheit "nur beispielhaft" nennen, so dass sie hinsichtlich der Luftschadstoffproblematik nicht präkludiert seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Einwendungen müssen hinreichend substantiiert sein, damit die Planfeststellungsbehörde hierauf angemessen reagieren kann. Hierzu sind pauschale Einwendungen gegen das Gesamtvorhaben und seine Auswirkungen nicht geeignet. Die Einwendung muss zumindest erkennen lassen, welche Rechtsgüter der Einwender als gefährdet ansieht und welche Rechtsbeeinträchtigungen er befürchtet (BVerwGE 80, 207 <219 f.>). Die Rüge mangelnden Lärmschutzes und mangelnder Verkehrssicherheit gab der Planfeststellungsbehörde jedenfalls keine Veranlassung zu der Annahme, die Kläger wollten sich auch gegen die Beeinträchtigung durch Schadstoffe wenden.
2. Der zulässige Hilfsantrag, mit dem die Kläger Maßnahmen des aktiven Schallschutzes erstreben, ist ebenfalls unbegründet. Aus den dargelegten Gründen besteht kein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.