Beschluss vom 24.03.2009 -
BVerwG 1 WB 33.08ECLI:DE:BVerwG:2009:240309B1WB33.08.0
Leitsätze:
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1. Erstellt der Vorgesetzte eine Beurteilung, aus der sich ergibt, dass er den beurteilten Soldaten für die Verwendung auf dem Dienstposten (hier: im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung) für ungeeignet hält, so ergeben sich Zweifel an der Unbefangenheit des beurteilenden Vorgesetzten nicht allein daraus, dass er den Soldaten wegen dessen mangelnder Eignung nicht von seinem Dienstposten abgelöst und die Verwendung vorzeitig beendet hat.
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Rechtsquellen
SLV § 2 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 24.03.2009 - 1 WB 33.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:240309B1WB33.08.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 33.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Motschilnig und
den ehrenamtlichen Richter Major Steffen
am 24. März 2009 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Der Antragsteller wendet sich gegen die ihm im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung erteilte Beurteilung.
2 Der 1969 geborene Antragsteller ist Reserveoffizier und hat bisher 29 Wehrübungen abgeleistet, darunter drei in besonderen Auslandsverwendungen. Zum Major der Reserve wurde er am 15. Dezember 2005 ernannt. Vom 30. Mai bis 1. Oktober 2007 nahm er im Rahmen einer Wehrübung an einer besonderen Auslandsverwendung beim Stab des Deutschen Einsatzkontingents KFOR in P./Kosovo teil, wo er als S 3-Stabsoffizier eingesetzt war.
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Unter dem 24. September 2007 erstellte der Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents KFOR zu der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers eine Beurteilung, die dem Antragsteller am 19. September 2007 im Entwurf ausgehändigt und mit ihm am 23. September 2007 erörtert worden war. In der Bewertung der Aufgabenerfüllung (Nr. 2 des Vordrucks E gemäß Anlage 14/2 zur ZDv 20/6) kreuzte der Beurteiler die Wertungsstufe 1 („die Leistungen wurden nicht erfüllt“) an und führte dazu im Einzelnen aus:
„Maj G. ist ein Stabsoffizier der Reserve, der in der Funktion als S 3 StOffz und zugleich Abteilungsleiter S 3 im Stab ... Deutsches Einsatzkontingent (DEU EinsKtgt) KFOR klar überfordert war.
Fehlende Analyse- und Koordinationsfähigkeiten haben sehr häufig nicht nur zu mangelhaften Ergebnissen im Rahmen der Stabsarbeit, sondern bereits nach sehr kurzer Einsatzzeit bei der Truppe zu Autoritätsverlust geführt.
Trotz mehrmaliger Anleitung, hilfeorientierter persönlicher Gespräche durch den Chef des Stabes ... DEU EinsKtgt KFOR und ständiger zusätzlicher Unterstützung durch die gesamte S 3-Abteilung und S 1 StOffz ist es ihm erst zum Einsatzende teilweise gelungen, eine ansteigende Lernkurve nachzuweisen. Fehlendes Führerverhalten, mangelnde soziale Kompetenz und deutliche Stressanzeichen runden das fachlich geschilderte Bild negativ ab.
Viele Versuche, ihn ‚über das Team’ ins Boot zu holen sind an seiner sehr introvertierten Art gescheitert. Dieser Offizier ist für derartige Stabsverwendungen unterqualifiziert und darf in zukünftigen Einsätzen nicht wieder in einer Führungsfunktion eingesetzt werden.
Wenn wieder für einen Einsatz vorgesehen oder freiwillig gemeldet, sollte er im Rahmen seiner zivilberuflichen Qualifikation ausschließlich für Verwendungen mit juristischer Spezialisierung vorgesehen werden.
Unter Zugrundelegung des im Einsatz gezeigten Leistungs- und Persönlichkeitsbildes erscheint Major G. für eine Einplanung und zukünftige Verwendung als Stabsoffizier der Reserve in Führungsfunktionen, auch im Heimatland, nicht geeignet.“
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Der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents KFOR gab am 26. September 2007 als nächsthöherer Vorgesetzter eine Stellungnahme zu der Beurteilung (Nr. 5 des Vordrucks E) ab, in der er ausführte:
„Der Dienstposten des S 3 StOffz und KLV StOffz erfordert weitreichende Erfahrung in einer Verwendung als S 3 StOffz und stv BtlKdr, um den vielfältigen Herausforderungen an umfassender Stabsarbeit und vor allem auch Menschenführung gerecht werden zu können.
Diese Voraussetzungen waren bei Major G. nicht gegeben. Zusätzlich ist Major G., und hier muss ich die vorgegebene Beurteilung unterstreichen, ein sehr introvertierter Charakter, der sich deshalb schwer tat, mit den restlichen Elementen des Stabes oder des ... DEU EinsKtgt’s in enge Kommunikation zu treten, um so seine Defizite auszugleichen.
Deshalb war ein Scheitern auf diesem Dienstposten nahezu vorprogrammiert.
Er wurde von seinen Kameraden getragen und gestützt gemäß dem Motto ‚one mission, one team’. Auch in den Zeiten der Vertretung konnte ich deshalb keine wesentlichen, gravierenden Mängel oder Nachlässigkeiten feststellen.
Major G. hat sich immer bemüht, den Anforderungen seines Dienstpostens gerecht zu werden, auch wenn ihm dies nicht überwiegend gelang, sein überdurchschnittlicher Fleiß konnte die Defizite nicht hinreichend kompensieren. Insofern ist die Benotung zwar streng, aber noch gerechtfertigt.
Ich folge allerdings dem Vorschlag der Ausplanung nicht, denn ich sehe in ihm einen Mitarbeiter, der in speziellen Stabsverwendungen, in denen er zur Lagebeurteilung oder Auswertung eingesetzt wird, positive Beiträge und Analysen liefern kann. Weiterhin halte ich ihn ebenfalls für Verwendungen im Bereich CIMIC unter Nutzung seiner juristischen Ausbildung für geeignet.
Für Führungsverwendungen sollte er nicht vorgesehen werden.“
5 Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2007 legte der Antragsteller gegen die Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten Beschwerde ein. Diese seien vollkommen konträr zu der Beurteilung und Stellungnahme, die er anlässlich seiner Wehrübung vom 26. Februar bis 23. März 2007 beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr erhalten habe. Dort seien die Einzelmerkmale rundum mit „Leistungen übertreffen sehr deutlich die Anforderungen“ bewertet worden; ferner sei festgestellt worden, dass er „uneingeschränkte Förderung“ verdiene. Die jetzige Beurteilung und Stellungnahme seien zudem in sich widersprüchlich. Wenn seine, des Antragstellers, Leistungen tatsächlich so schlecht gewesen seien, hätte er unverzüglich von seinem Dienstposten abgelöst werden müssen. Dass dies nicht geschehen sei, bedeute eine Verletzung der Fürsorgepflicht; man habe ihn „ins offene Messer laufen lassen“. Es sei auch widersprüchlich, dass er einerseits vollkommen ungeeignet gewesen sein solle, andererseits jedoch seine Erfahrungen und Lagekenntnisse an seinen Nachfolger auf dem Dienstposten habe weitergeben sollen. Die Art und Weise der Formulierungen in der Beurteilung habe zudem einen schon fast beleidigenden Charakter.
6 Mit Bescheid vom 10. Januar 2008 wies der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Beschwerde zurück. Unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit dienstlicher Beurteilungen seien die angefochtene Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten nicht zu beanstanden.
7 Hiergegen legte der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. Januar 2008 weitere Beschwerde ein. Die Begründung entsprach im Wesentlichen derjenigen der Beschwerde.
8 Mit Bescheid vom 19. März 2008 wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis die weitere Beschwerde zurück. Die Ausführungen des beurteilenden Vorgesetzten und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten würden auf sachlichen Erwägungen und zulässig verwerteten Erkenntnissen beruhen. Es seien weder Widersprüche noch beleidigende Formulierungen festzustellen. Ebensowenig sei eine Befangenheit des beurteilenden Vorgesetzten zu erkennen. Auch habe der Kommandeur des Einsatzkontingents ermessensfehlerfrei gehandelt, als er sich in Abwägung aller Umstände entschlossen habe, den Antragsteller weiter im Stab des Deutschen Einsatzkontingents Dienst tun zu lassen. Einen Anspruch auf Fortschreibung früherer Beurteilungen gebe es nicht.
9 Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 1. April 2008 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 21. April 2008 dem Senat vorgelegt.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Die Beurteilung und die Stellungnahme hierzu seien in sich widersprüchlich und ermessensfehlerhaft. Sie stünden in vollkommenem Gegensatz zu früheren Beurteilungen und Stellungnahmen. Dies sei ermessensfehlerhaft, weil bei der Bewertung auch zu berücksichtigen sei, wie der Beurteilte vorher gesehen und bewertet worden sei. Der nächsthöhere Vorgesetzte habe zudem in seiner Stellungnahme bestätigt, dass der Beurteilungsmaßstab zu streng und damit unrichtig gewählt worden sei. Damit sei auch die Voreingenommenheit des Beurteilenden dokumentiert. Diese sei ferner darin zu erkennen, dass er, der Antragsteller, weiter seinen Dienst habe verrichten müssen, obwohl er nach Auffassung des Beurteilenden hierfür nicht geeignet gewesen sei.
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Der Antragsteller beantragt,
die Beurteilung durch den Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents KFOR vom 24. September 2007 und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten hierzu vom 26. September 2007 sowie den Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Beschwerdebescheids des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 19. März 2008 aufzuheben.
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Der Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
13 Die angefochtene Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten hierzu seien aus den in den Beschwerdebescheiden genannten Gründen rechtmäßig. Eine Befangenheit des Beurteilenden sei nicht schon dann anzunehmen, wenn die Beurteilung ungünstig ausgefallen sei oder sich gegenüber einer früheren Beurteilung verschlechtert habe; sonstige Anhaltspunkte für eine Befangenheit seien nicht erkennbar. Die Ausführungen in der Beurteilung und die Wertungen in der Stellungnahme seien auch nicht in sich widersprüchlich. Ein Widerspruch ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass man den Antragsteller trotz negativer Beurteilung seiner Eignung auf seinem Dienstposten weiterverwendet habe und ihn seinen Nachfolger habe einarbeiten lassen. Die Entscheidung über den Verbleib oder die Ablösung von Kontingentangehörigen unterliege anderen (militärischen und rechtlichen) Kriterien als die Abfassung von Beurteilungen. Der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents KFOR habe in seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2007 zur Erstbeschwerde ausführlich die Gründe dargelegt, die ihn dazu bewogen hätten, den Antragsteller nicht vorzeitig aus dem Einsatzkontingent herauszulösen.
14 Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Inspekteurs der Streitkräftebasis ..., die Verfahrensakte zur einer sachgleichen Eingabe des Antragstellers zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages ... und die Reserveoffizierakte des Antragstellers, Hauptteile I und II, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
16 1. Der Antrag ist zulässig.
17 Dienstliche Beurteilungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV i.V.m. Nr. 201 ZDv 20/6 (hier in der Fassung vom Januar 2007) stellen nach ständiger Rechtsprechung des Senats truppendienstliche Maßnahmen dar, die nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV i.V.m. Nr. 1102 ZDv 20/6 vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden können. Das gilt auch für Beurteilungen von Reservistinnen und Reservisten nach Nr. 201 Buchst. a (5) i.V.m. Nr. 212 ff. (hier: Nr. 213 Buchst. b) ZDv 20/6 (vgl. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 41.07 - Buchholz 449.2 § 2 SLV Nr. 10). Zwar findet gemäß § 1 Abs. 3 WBO (in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung) sowie § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV i.V.m. Nr. 1101 ZDv 20/6 eine Beschwerde gegen die in dienstlichen Beurteilungen enthaltenen Aussagen und Wertungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten nicht statt. Derartige Aussagen und Wertungen sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Gleichwohl kann ein Soldat oder eine Soldatin eine Beurteilung mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm oder ihr in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. Beschluss vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 23.05 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 7). Nr. 1102 Buchst. b ZDv 20/6 weist in diesem Sinne klarstellend darauf hin, dass eine Beschwerde statthaft ist, wenn der Beurteilte glaubt, dass bei der Erstellung der Beurteilung, einschließlich der Stellungnahmen, solche Rechte verletzt worden sind, die ihm als Garantie für eine sachgerechte Beurteilung nach der Rechtsordnung eingeräumt sind. Hiernach ist eine Beschwerde unter anderem dann statthaft, wenn der Beurteilte die Befangenheit des Beurteilenden (Nr. 305 ZDv 20/6) oder einen Verstoß gegen die Beurteilungsgrundsätze (Nr. 401 bis 409 ZDv 20/6) geltend macht. Das ist hier seitens des Antragstellers geschehen.
18 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
19 Die Beurteilung durch den Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents KFOR vom 24. September 2007 und die Stellungnahme des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents KFOR vom 26. September 2007 sowie die Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom 10. Januar 2008 und des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 19. März 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
20 a) Dienstliche Beurteilungen sind in der Sache gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der beurteilende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn das Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 SLV Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und mit den gesetzlichen Regelungen, speziell mit denen der Soldatenlaufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und mit sonstigen Rechtsvorschriften in Einklang stehen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 6. März 2001 - BVerwG 1 WB 117.00 - BVerwGE 114, 80 <82> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 15, vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 17.01 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 16, vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 21.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV Nr. 5, vom 8. März 2006 a.a.O. und vom 11. März 2008 a.a.O.).
21 b) Nach diesen Maßgaben sind die angefochtene Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten rechtlich nicht zu beanstanden. Das Vorbringen des Antragstellers, der im Wesentlichen die Befangenheit des beurteilenden Vorgesetzten und die Widersprüchlichkeit der Bewertung seiner Leistung geltend macht, lässt keinen Rechtsverstoß erkennen.
22 aa) Es bestehen keine Zweifel an der Unbefangenheit des Chefs des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents KFOR als dem für die Beurteilung des Antragstellers zuständigen Vorgesetzten.
23 Nach Nr. 305 Buchst. b ZDv 20/6 sind Anhaltspunkte für eine Befangenheit anzunehmen, wenn aus der Sicht desjenigen, der den Einwand geltend macht, Gründe vorliegen, ernsthaft an der Unbefangenheit des Beurteilenden zu zweifeln und dies bei neutraler Bewertung verständlich und nachvollziehbar ist. Zweifel können sich z.B. ergeben, wenn zwischen dem Beurteilenden und dem Soldaten besondere Beziehungen bestehen, die weit über das dienstliche Verhältnis hinausgehen (z.B. Verwandtschaft, Freundschaft, Rechtsstreit, privates Zerwürfnis).
24 Eine solche Beziehung, die Anlass für (berechtigte) Zweifel an der Unvoreingenommenheit geben könnte, bestand zwischen dem Chef des Stabes und dem Antragsteller nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der ständigen dienstlichen Zusammenarbeit während der Dauer der besonderen Auslandsverwendung, in deren Rahmen sich der Chef des Stabes (siehe dazu auch dessen Stellungnahme vom 20. Dezember 2007 zur Beschwerde des Antragstellers) wiederholt persönlich - helfend, aber auch kritisch - mit der Aufgabenerfüllung durch den Antragsteller zu befassen hatte. Es gehört zu den Führungsaufgaben eines militärischen Vorgesetzten, den Untergebenen auf Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hinzuweisen; mit einem derartigen Verhalten macht er sich nicht befangen (Beschluss vom 29. April 1999 - BVerwG 1 WB 55.98 , 66.98 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 6 = NZWehrr 1999, 204 m.w.N.). Ebenso stellen grundsätzlich weder eine kritische Einschätzung der Arbeitsweise und des sonstigen dienstlichen Verhaltens des beurteilten Soldaten noch das Bestehen dienstlich veranlasster Spannungen als solche die Erwartung in Frage, der Vorgesetzte wolle und könne seine Pflichten einschließlich derjenigen zur sachlichen und gerechten dienstlichen Beurteilung erfüllen (vgl. Urteil vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 16.97 - BVerwGE 106, 318 <321 f.> und Beschluss vom 8. März 2006 a.a.O. m.w.N.). Dementsprechend bestimmt im Übrigen auch Nr. 305 Buchst. c Satz 1 ZDv 20/6, dass sich Zweifel an der Unbefangenheit eines Beurteilenden nicht schon aus einem Verhalten ergeben, das mit seinen Erziehungs- und Führungsaufgaben im Zusammenhang steht.
25 Zweifel an der Unbefangenheit des Chefs des Stabes resultieren auch nicht daraus, dass er den Antragsteller nicht wegen dessen mangelnder Eignung von seinem Dienstposten abgelöst und die Auslandsverwendung vorzeitig beendet hat bzw. er nicht auf solche Entscheidungen bei den zuständigen Vorgesetzten hingewirkt hat. Sowohl der Chef des Stabes (in der genannten Stellungnahme vom 20. Dezember 2007) als auch der Kommandeur (in seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2007 zur Beschwerde des Antragstellers) haben dargelegt, dass eine Ablösung bzw. vorzeitige Beendigung der Auslandsverwendung nicht geboten, sondern es - ungeachtet der Leistungsschwäche des Antragstellers - weckmäßiger erschien, ihn nach dem Motto „one mission, one team“ mit kameradschaftlicher Unterstützung bis zum vorgesehenen Ende seines Einsatzes „mit- und durchzuziehen“. Dies ist eine plausible, von sachlichen Gesichtspunkten getragene und im Übrigen der Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG) entsprechende Vorgehensweise, aus der sich keine Befangenheitsgründe herleiten lassen. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Chef des Stabes und der Kommandeur den Antragsteller hierdurch „ins offene Messer“ - im Sinne von: in eine schlechte Beurteilung - haben „laufen lassen“. Denn bei einer Ablösung des Antragstellers und vorzeitigen Beendigung seiner Auslandsverwendung wegen mangelnder Eignung wäre schlechterdings keine andere Bewertung der Aufgabenerfüllung als nach der Wertungsstufe 1 („die Leistungen wurden nicht erfüllt“) in Betracht gekommen. Bei der Fortführung und regulären Beendigung seiner Auslandsverwendung hatte der Antragsteller - in Verbindung mit der ihm gewährten Unterstützung durch Vorgesetzte und andere Offiziere - dagegen die Chance, durch eine Leistungssteigerung eine bessere Bewertung zu erlangen.
26 Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Chefs des Stabes ergeben sich schließlich nicht aus der Tatsache (als solcher), dass er die Leistung des Antragstellers mit der niedrigsten Wertungsstufe beurteilt hat, was der Antragsteller auf die Anlegung eines besonders strengen Beurteilungsmaßstabs zurückführt. Eine (objektiv) schlechte Beurteilung berechtigt für sich genommen, das heißt ohne Hinzutreten weiterer Umstände, nicht zu Zweifeln an der Unbefangenheit des Beurteilenden (vgl. Beschluss vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 23.05 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 7 m.w.N.; vgl. auch Nr. 305 Buchst. c Satz 2 ZDv 20/6). Solche weiteren Umstände sind hier nicht ersichtlich. Sie gehen insbesondere nicht aus einem - wie der Antragsteller behauptet - „schon fast beleidigenden Charakter“ der Formulierungen der Beurteilung hervor. Die Beurteilung enthält keine beleidigenden oder „schon fast“ beleidigenden Formulierungen; als Folge der negativen inhaltlichen Aussage ist im Übrigen eine in weiten Teilen negative Wortwahl kaum vermeidbar.
27 bb) Die angefochtene Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten verstoßen auch nicht gegen allgemeine Beurteilungsgrundsätze. Sie sind insbesondere nicht, wie der Antragsteller geltend macht, in sich widersprüchlich (vgl. zum Gebot der Widerspruchsfreiheit Nr. 101 Abs. 2 und Nr. 401 Abs. 1 Satz 2 ZDv 20/6).
28 Die Beurteilung durch den Chef des Stabes und die Stellungnahme des Kommandeurs des Einsatzkontingents enthalten keinen Widerspruch zwischen dem zugrundegelegten Sachverhalt und dessen Bewertung. Ein Widerspruch besteht auch nicht hinsichtlich der in der Beurteilung und der Stellungnahme jeweils angelegten Beurteilungsmaßstäbe. Der Einwand des Antragstellers, der Kommandeur habe in seiner Stellungnahme selbst zugegeben, dass der Beurteilungsmaßstab durch den Chef des Stabes zu streng und damit unrichtig gewählt worden sei, trifft nicht zu; der Kommandeur hat vielmehr ausgeführt, dass die Benotung - auch unter Berücksichtigung des überdurchschnittlichen Fleißes des Antragstellers - „zwar streng, aber noch gerechtfertigt“ sei.
29 Auch der weitere Einwand des Antragstellers, er sei trotz der ihm vorgehaltenen mangelnden Eignung weiter auf dem Dienstposten verwendet worden und habe dort seinen Nachfolger einarbeiten sollen, begründet keine Widersprüchlichkeit der Beurteilung oder Stellungnahme. Die - auf der Grundlage der Versetzungsrichtlinien vom 3. März 1988 und des Befehls des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr für Personalführung und Personalbearbeitung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr vom 13. März 2002 zu treffende - Entscheidung, ob die Auslandsverwendung des Antragstellers vorzeitig beendet oder aber bis zum vorgesehenen Ende fortgesetzt werden sollte, liegt außerhalb der hier strittigen Beurteilung und kann schon deshalb nicht zu deren Rechtswidrigkeit führen. Im Übrigen ist auf die bereits genannten Darlegungen des Chefs des Stabes und des Kommandeurs zu verweisen, wonach es zweckmäßiger erschien, den Antragsteller auf seinem Dienstposten zu belassen. Hinsichtlich der Einarbeitung auf dem Dienstposten ist darauf hinzuweisen, dass - ausweislich der Stellungnahme des Kommandeurs vom 22. Dezember 2007 - der Nachfolger des Antragstellers seinen Einsatz am 26. September 2007 begann, während der Antragsteller am 27. September 2007 ausflog; insofern dürfte es sich kaum um mehr als eine geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte gehandelt haben.
30 Soweit der Antragsteller beanstandet, dass positive Bewertungen seiner Leistungen in früheren Beurteilungen - insbesondere derjenigen anlässlich seiner Wehrübung vom 26. Februar bis 23. März 2007 - bei der hier strittigen Beurteilung unberücksichtigt geblieben sind, folgt daraus gleichfalls kein Verstoß gegen allgemeine Beurteilungsgrundsätze. Eine dienstliche Beurteilung bezieht sich stets (nur) auf einen bestimmten Beurteilungszeitraum und den bzw. die in diesem Zeitraum wahrgenommenen Dienstposten (vgl. Nr. 406 Buchst. a Abs. 1 ZDv 20/6; speziell für Beurteilungen von Reservisten Nr. 214 Satz 3 ZDv 20/6). Der Chef des Stabes und der Kommandeur hatten deshalb nur die Aufgabenerfüllung durch den Antragsteller auf dem Dienstposten des S 3-Stabsoffiziers beim Stab des Deutschen Einsatzkontingents KFOR während seiner Auslandsverwendung vom 30. Mai bis 1. Oktober 2007 zu würdigen. Eine vergleichende Bewertung unter Einbeziehung früherer Beurteilungen war nicht geboten.
31 Soweit der Antragsteller sich schließlich gegen die schlechte Bewertung seiner Aufgabenerfüllung als solche wendet, betrifft dies die eigentliche Leistungsbewertung. Dieser Kern der Beurteilung ist der richterlichen Nachprüfung entzogen. Die Ausfüllung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes des Soldaten ist allein Sache des beurteilenden Vorgesetzten und fällt in den Kernbereich seines höchstpersönlichen, gerichtlich nicht nachprüfbaren Werturteils (vgl. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 41.07 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 2 SLV Nr. 10 m.w.N.).
32 cc) Die angefochtenen Maßnahmen sind auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere ist ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, der zur Aufhebung der Beurteilung oder Stellungnahme führen könnte, nicht ersichtlich.
33 Der Chef des Stabes hat den Antragsteller ordnungsgemäß angehört, indem er ihm am 19. September 2007 die Beurteilung im Entwurf ausgehändigt (Nr. 619 Buchst. a ZDv 20/6) und den Entwurf mit ihm am 23. September 2007 im persönlichen Gespräch erörtert hat (Nr. 619 Buchst. b ZDv 20/6). Hinsichtlich des Entwurfs der Stellungnahme ist eine entsprechende Aushändigung und Erörterung durch den Kommandeur des Einsatzkontingents zwar nicht erfolgt. Diese war jedoch nicht erforderlich, weil der Kommandeur in seine Stellungnahme keine über die Aussagen, Behauptungen oder Wertungen des Chefs des Stabes hinausgehenden Formulierungen oder Wertungen aufgenommen hat, die für den Antragsteller ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können (Nr. 621 ZDv 20/6). Der Kommandeur hat sich größtenteils übereinstimmend mit dem Chef des Stabes und im Übrigen nur zugunsten des Antragstellers geäußert; letzteres gilt insbesondere hinsichtlich der Verwendungsvorschläge für Folgeverwendungen (Nr. 3.2 des Vordrucks E), wo der Kommandeur dem Vorschlag der Ausplanung nicht folgte und feststellte, dass er den Antragsteller neben Verwendungen im Bereich CIMIC für spezielle Stabsverwendungen für geeignet halte.
34 Soweit der Antragsteller beanstandet, dass mit ihm kein Beurteilungsgespräch in der Mitte des Einsatzes geführt worden sei, ergibt sich hieraus kein Grund zur Aufhebung der Beurteilung. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift der Nr. 508 Buchst. c ZDv 20/6, wonach ein Beurteilungsgespräch spätestens in der Mitte des Beurteilungszeitraums geführt werden soll, auch für die Vorbereitung von Beurteilungen von Reservistinnen und Reservisten gilt. Für die Geltung spricht, dass Kapitel 5 der ZDv 20/6 grundsätzlich keine Unterschiede zwischen den einzelnen Beurteilungsarten (Nr. 201 Buchst. a ZDv 20/6) macht. Dagegen spricht, dass Nr. 214 bis 216 ZDv 20/6 spezielle verfahrensrechtliche Regelungen für Beurteilungen von Reservistinnen und Reservisten enthält, die Beurteilungsgespräche nicht vorsehen und insoweit als abschließend angesehen werden könnten; auch enthält der Vordruck E für Beurteilungen von Reservistinnen und Reservisten - anders als etwa der Vordruck A für planmäßige Beurteilungen (siehe dort Nr. 6.1) - keine Rubrik zur Dokumentation von Beurteilungsgesprächen. Jedenfalls aber hat auch in dem Fall, dass ein Beurteilungsgespräch hätte geführt werden sollen, dessen Unterbleiben gemäß Nr. 508 Buchst. e Satz 1 ZDv 20/6 nicht die Aufhebung der Beurteilung zur Folge.