Beschluss vom 23.10.2024 -
BVerwG 8 B 20.24ECLI:DE:BVerwG:2024:231024B8B20.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 23.10.2024 - 8 B 20.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:231024B8B20.24.0]
Beschluss
BVerwG 8 B 20.24
- VG Karlsruhe - 15.10.2021 - AZ: 12 K 2813/20 und 12 K 2814/20
- VGH Mannheim - 24.04.2024 - AZ: 6 S 552/23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Oktober 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Naumann
beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. April 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 152 235 € festgesetzt.
Gründe
1 Der Kläger begehrt vom Beklagten die Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum weiteren Betrieb einer Spielhalle sowie die Aufhebung einer der Beigeladenen erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Die Klagen hatten in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung ausgeführt, die Drittanfechtungsklage gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zum Betrieb ihrer Spielhalle C. sei unbegründet. Das Vorgehen der Beklagten, die vorgenannte Erlaubnis zu erteilen, ohne zuvor ein Auswahlverfahren unter Einbeziehung der Spielhalle des Klägers durchzuführen, habe keine Rechte des Klägers verletzt. Diesem habe in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch bereits aufgrund gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit keine Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle erteilt werden können. Deshalb sei er von der Teilnahme an einem Auswahlverfahren ausgeschlossen gewesen. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, über seinen Antrag auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis für die Spielhalle S. erneut zu entscheiden. Ob der Kläger im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin als unzuverlässig anzusehen sei, bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls unterschreite die Spielhalle des Klägers den nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 1 LGlüG BW erforderlichen Mindestabstand von 500 m zu der Spielhalle der Beigeladenen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
2 Die allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2019 - 8 B 37.18 - juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
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Die vom Kläger aufgeworfene Frage,
ob die einseitige Nutzung der Übergangsvorschriften [des Glücksspielstaatsvertrages 2021] ausschließlich für staatliche Zwecke, ohne gesetzliche Grundlage auf Landesebene einerseits und restriktive Anwendung des Landesgesetzes Baden-Württemberg hinsichtlich des Abstandsgebotes und der Mehrfachkonzessionen, trotz Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrages 2021 einen eklatanten Verstoß gegen die Grundrechte des Klägers aus Art. 3, 12 und 14 Grundgesetz darstellt,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie war für das angegriffene Berufungsurteil nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der vom Kläger in Bezug genommenen Übergangsregelung des § 29 Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) nicht befasst. Unabhängig davon ist in der verfassungsgerichtlichen und der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass die für den Betrieb von Spielhallen geltenden Beschränkungen durch Mindestabstandsgebot und Verbundverbot (vgl. § 42 Abs. 1 und 2 Landesglücksspielgesetz <LGlüG BW>) mit den Grundrechten der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 - BVerfGE 145, 20 Rn. 119 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 Rn. 34 ff. und 44 ff.). Darüber hinausgehenden oder erneuten Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Dies gilt auch für den Vortrag, das Kohärenzgebot sei verletzt, weil das Land Baden-Württemberg zum einen ein umfassendes Online-Angebot mit dem Ziel der Einnahmengenerierung zur Verfügung stelle, aber zum anderen von der Ausnahmeregelung des Art. 29 Abs. 4 GlüStV 2021 keinen Gebrauch mache. Der Kläger stellt damit auf Tatsachen ab, die der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Er hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass das öffentliche Online-Lotterieangebot die mit dem Abstandsgebot bezweckte Suchtprävention und den Minderjährigenschutz beim Betrieb von Spielhallen konterkarierte.
5 Das weitere Vorbringen des Klägers zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bezüglich des Drittanfechtungs- und des Verpflichtungsantrags, zum seines Erachtens fehlerhaften Auswahlverfahren, zum Vorliegen eines Dauerverwaltungsakts und zur Verhältnismäßigkeit beanstandet in der Art einer Berufungsbegründung lediglich die materiell-rechtliche Würdigung des Einzelfalls durch das Berufungsgericht, ohne eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufzuzeigen.
6 Schließlich besteht kein Anlass, der Anregung des Klägers, das Beschwerdeverfahren ruhend zu stellen, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über das dort anhängige Vorabentscheidungsverfahren C-719/23 entschieden hat, zu folgen. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche rechtsgrundsätzliche Frage sich sowohl im vorliegenden Verfahren als auch in dem beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren stellt. Mit dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegten Schriftsatz vom 31. Juli 2024 konnte die erforderliche Substantiierung nicht mehr nachgeholt werden.
7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.