Urteil vom 23.01.2025 -
BVerwG 2 WD 3.24ECLI:DE:BVerwG:2025:230125U2WD3.24.0
Urteil
BVerwG 2 WD 3.24
- TDG Nord 7. Kammer - 10.10.2023 - AZ: N 7 VL 8/21
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der öffentlichen Hauptverhandlung am 23. Januar 2025, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke,
ehrenamtlicher Richter Kapitän z.S. Giesecke und
ehrenamtliche Richterin Stabsbootsmann Dobrzykowski,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ...
als Verteidiger,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 7. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 10. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
- Der frühere Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I
1 Der frühe Soldat wendet sich gegen die Feststellung eines Dienstvergehens.
2 1. Nach Ableistung eines freiwilligen Wehrdienstes wurde der frühere Soldat 2014 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zugelassen. Er wurde zuletzt zum Januar 2017 zum Oberfähnrich zur See befördert. Seine Dienstzeit sollte mit Ablauf September ... enden. Mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 18. April 2017 wurde er jedoch gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SG wegen mangelnder Eignung zum Offizier aus dem Dienstverhältnis entlassen und in die Laufbahngruppe der Feldwebel/Bootsleute der Reserve überführt.
3
2. Nachdem gegen den früheren Soldaten das gerichtliche Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 2. März 2018 eingeleitet worden war, hat ihm die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit Anschuldigungsschrift vom 14. August 2018 und präzisierender Nachtragsanschuldigungsschrift vom 14. November 2018 im Wesentlichen zur Last gelegt:
"1. Der frühere Soldat stellte an nicht mehr näher zu bestimmenden Orten in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum zwischen dem 24. Juni 2016 und dem 21. Mai 2017 im Rahmen einer 'Vereinbarung für den Empfehlungsgeber' für die ... (... GmbH), ..., ..., als Empfehlungsgeber Kontakte zu potenziellen Kunden her, ohne die hierfür erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung zu haben, obwohl er aufgrund der Belehrungen vom 2. Oktober 2012, in der letzten Septemberwoche 2015, am 14. Januar 2016, am 15. Dezember 2016 sowie am 23. Januar 2017 wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass er für die Ausübung einer Nebentätigkeit eine Genehmigung benötigte.
Aus dem vorgenannten Zeitraum existierte ein Provisionsanspruch gegen die ... GmbH zu seinen Gunsten in Höhe von insgesamt 4.737,64 Euro.
2. Der frühere Soldat setzte die unter 1. aufgeführte Nebentätigkeit für die ... GmbH fort, obwohl seine Disziplinarvorgesetzte, Frau Hauptmann W., ihm am 19. Januar 2017 befohlen hatte, die Ausübung der nicht genehmigten Nebentätigkeit sofort einzustellen.
3. ...
4. ..."
4 Durch sein Verhalten habe er unter der erschwerenden Voraussetzungen als Vorgesetzter vorsätzlich, zumindest jedoch fahrlässig, die Dienstpflichten verletzt, treu zu dienen, seinen Vorgesetzten zu gehorchen, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere, sich außer Dienst und außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordere, nicht ernsthaft beeinträchtige sowie gegen die Pflicht verstoßen, eine Nebentätigkeit nur mit Genehmigung auszuüben.
5 3. Nach Ausklammerung der Anschuldigungspunkte 3 und 4 hat das Truppendienstgericht das Verfahren mit Urteil vom 10. Oktober 2023 unter Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
6 a) Der unter Ziffer 1 und 2 angeschuldigte Sachverhalt stehe fest.
7 Der frühere Soldat sei erstmals am 2. Oktober 2012 darüber belehrt worden, dass Soldaten auf Zeit der vorherigen Genehmigung des Disziplinarvorgesetzten bedürften, wenn sie eine entgeltliche Nebentätigkeit ausüben wollten. Dabei sei insbesondere eine Tätigkeit für die ... GmbH benannt worden. Gleichwohl sei der frühere Soldat für sie ohne Genehmigung tätig geworden. Dies folge zum einen aus der von ihm unter dem 24. Juni 2016 mit der ... GmbH abgeschlossenen und zum 15. Juni 2016 rückwirkenden Vereinbarung. Zum anderen ergebe sich dies aus mehreren Schreiben der ... GmbH.
8 Vom 24. Juni 2016 bis zum 21. Mai 2017 sei es aufgrund der Herstellung der Kontaktaufnahme durch den früheren Soldaten zu 24, im Urteil präzisierten Vertragsabschlüssen gekommen, wobei sich aus 21 Vertragsabschlüssen Provisionsansprüche des früheren Soldaten ergäben. Dabei beträfe etwa die Vertragsnummer 3933 1216 eine Berufsunfähigkeitsversicherung eines Herrn ... R. bei der ... Versicherungen, für die am 28. November 2016 der Versicherungsschein ausgefertigt worden sei. Da die ... GmbH ihrerseits Forderungen gegen den früheren Soldaten in Höhe von 350 € gehabt habe, seien diese mit dessen Provisionsanspruch verrechnet worden, so dass zu dessen Gunsten ein Provisionsanspruch in Höhe von 4 737,64 € bestanden habe.
9 Am 19. Januar 2017 habe die damalige Disziplinarvorgesetzte, Hauptmann W., dem früheren Soldaten schriftlich befohlen, seine unerlaubte Tätigkeit bei dieser Firma sofort einzustellen. Dem sei er nicht nachgekommen.
10 b) Der frühere Soldat habe unter der verschärften Haftung des § 10 Abs. 1 SG durch sein Verhalten in Anschuldigungspunkt 1 vorsätzlich gegen seine Pflicht aus § 20 Abs. 1 Satz 1 SG verstoßen, entgeltliche Nebentätigkeiten nur nach vorheriger Genehmigung auszuüben. Durch sein Verhalten in Anschuldigungspunkt 2 habe er gegen seine Gehorsamspflicht verstoßen. Die Anweisung der Disziplinarvorgesetzten erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen der Legaldefinition des Befehls in § 2 Nr. 2 WStG. Der Befehl habe auch nicht ausschließlich den Gesetzeswortlaut des § 20 SG wiederholt. Vielmehr habe die Disziplinarvorgesetzte die konkrete Fortsetzung einer bereits ausgeübten, nicht genehmigten Nebentätigkeit verboten. Auch wenn nicht festgestellt worden sei, wann genau der frühere Soldat im angeschuldigten Zeitraum konkrete Empfehlungen, die gegebenenfalls zu Vertragsschlüssen geführt hätten, ausgesprochen habe und insbesondere nicht feststehe, wie viele jeweils vor und nach dem Befehl erfolgt seien, habe er jedenfalls das Vertragsverhältnis mit der ... GmbH nicht beendet.
11 c) Das Verfahren sei indes gemäß § 108 Abs. 1 und 3 Satz 1 WDO unter Feststellung eines Dienstvergehens einzustellen. Zwar wäre der Ausspruch eines Beförderungsverbots geboten gewesen; dieses zu verhängen sei jedoch gemäß § 58 Abs. 3 Satz 1 WDO unzulässig.
12 5. Mit der gegen das Urteil geführten Berufung beantragt der frühere Soldat, ihn freizusprechen, hilfsweise, das Verfahren ohne Feststellung eines Dienstvergehens einzustellen. Er trägt im Wesentlichen vor:
13 § 108 WDO verbiete, bei der Einstellung eines Verfahrens zusätzlich ein Dienstvergehen festzustellen. § 92 Abs. 4 sowie § 98 Abs. 3 WDO stünden dem nicht entgegen, da dort Sachverhalte geregelt seien, die vor Eröffnung des truppendienstgerichtlichen Verfahrens lägen. Die davon abweichende Rechtsprechung der Wehrdienstgerichte widerspreche dem Grundsatz der Gesetzesbindung nach Art. 20 Abs. 3 GG.
14 Das Truppendienstgericht habe zudem bei Anschuldigungspunkt 2 verkannt, dass es sich bei der Anordnung vom 19. Januar 2017 lediglich um einen gesetzeswiederholenden Befehl ohne eigenständigen Regelungsgehalt gehandelt habe.
15 Soweit das Truppendienstgericht annehme, er habe jedenfalls das Vertragsverhältnis nicht und damit auch nicht seine unerlaubte Nebentätigkeit beendet, habe es nicht festgestellt, wann dieser nach der Weisung im angeschuldigten Zeitraum genau konkrete Empfehlungen ausgesprochen habe. Zu vermuten, er sei auch nach der Erteilung des Befehls weiterhin tätig geworden, reiche nicht aus.
16 Soweit eine Gehorsamsverweigerung daraus abgeleitet werde, dass der frühere Soldat das Vertragsverhältnis nicht durch Kündigung beendet habe, bleibe unberücksichtigt, dass dies schon nicht Gegenstand des Befehls gewesen sei. Ungeachtet dessen wäre dieser auch rechtswidrig gewesen, weil nicht befohlen werden dürfe, ein Vertragsverhältnis zu kündigen.
17 6. Wegen der Einzelheiten zur Person des früheren Soldaten wird auf das Urteil des Truppendienstgerichts, hinsichtlich der in das Verfahren eingeführten Urkunden auf das erstinstanzliche sowie auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung verwiesen.
II
18 Da allein der frühere Soldat Berufung eingelegt und das Truppendienstgericht gegen ihn keine Disziplinarmaßnahme verhängt hat, verbietet das Verschlechterungsverbot (§ 123 Satz 3, § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 331 Abs. 1 StPO; vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 2 WD 14.03 - BVerwGE 120, 166 <175>), gegen ihn eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Die rechtliche Prüfung beschränkt sich folglich darauf, ob die Wehrdienstgerichte die Feststellung eines Dienstvergehens bei einer Verfahrenseinstellung aussprechen können (1.) und ob tatsächlich ein Dienstvergehen vorliegt (2.).
19 1. Der Senat hält daran fest, dass auch bei einer Verfahrenseinstellung nach § 108 Abs. 3 WDO die Feststellung eines Dienstvergehens zulässig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2008 - 2 WD 5.07 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 3, vom 28. Januar 2004 - 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 <106>, vom 17. Juni 2003 - 2 WD 2.02 - NZWehrr 2004, 83 ff. und vom 27. Januar 2011 - 2 WD 39.09 - juris Rn. 13 - NVwZ-RR 2012, 115 (Leitsatz)).
20 Zwar erwähnt § 108 Abs. 1 WDO bei der Einstellung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens die Feststellung eines Dienstvergehens nicht ausdrücklich, während diese Entscheidungsformel in den § 42 Nr. 12 i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 2, § 92 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1 sowie § 98 Abs. 3 Satz 2 WDO beim einfachen Disziplinarverfahren und im Vorermittlungsverfahren im Gesetz enthalten ist. Daraus ist jedoch nicht zu schlussfolgern, den Wehrdienstgerichten sei eine gleichlautende Feststellung untersagt. Denn gegen den enumerativen Charakter zulässiger Tenorierungen durch § 108 Abs. 1 WDO spricht zum einen die Tilgungsregelung in § 8 WDO. Sie geht in § 8 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 WDO von einem Urteil aus, mit dem ein Dienstvergehen festgestellt worden ist. Zugleich bringt die Norm zum Ausdruck, dass es sich bei einer Feststellung dieser Art um keine den Grundsatz "nullum crimen, nulla poena sine lege" unterworfene Disziplinarmaßnahme (nach § 22 Abs. 1, § 58 Abs. 1 bis 3 WDO) handelt, sondern lediglich um eine Information für die zuständige Personalbehörde, die verpflichtet ist, auf eine solche Feststellung bezogene Unterlagen - anders als bei Disziplinarmaßnahmen nach § 8 Abs. 2 WDO - bereits nach zwei Jahren aus den Personalakten zu entfernen. Auch § 144 Satz 2 WDO lässt eine Feststellung - dort zur Unwürdigkeit - zu, obgleich sie in § 108 Abs. 1 WDO keine Erwähnung findet. Zum anderen wäre es wertungswidersprüchlich, wenn Disziplinarvorgesetzten oder Einleitungsbehörden eine entsprechende Feststellungsbefugnis zustünde, nicht aber den über weiterreichende Kompetenzen verfügenden Wehrdienstgerichten, denen gemäß § 58 Abs. 6 WDO auch die Befugnis zur Verhängung einfacher Disziplinarmaßnahmen zusteht. Mit einer solchen gesetzessystematischen und vom argumentum a fortiori getragenen Rechtsauslegung greift das Gericht folglich nicht unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein und setzt sich nicht unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG an dessen Stelle. Denn der Senat stellt keinen eindeutigen Gesetzeswortlaut hintenan, sondern stützt seine Rechtsauffassung zu § 108 Abs. 1 WDO auf andere Normen der Wehrdisziplinarordnung, die er als normatives Sinnganzes begreift (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 2016 - 1 B 82.16 - juris Rn. 7; BVerfG, Beschluss vom 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06 und 2 BvR 469/07 - juris Rn. 56).
21 2. Das Truppendienstgericht hat auch zutreffend ein Dienstvergehen festgestellt.
22 Dabei braucht nicht aufgeklärt zu werden, ob der frühere Soldat alle angeschuldigten Pflichtverletzungen begangen hat. Dies widerspräche der Wertung des Gesetzgebers, Verfahren zur Einstellung zu bringen, wenn - wie vorliegend in nicht mehr nachprüfbarer Weise durch das Truppendienstgericht festgestellt - eine Disziplinarmaßnahme unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 WD 39.09 - juris Rn. 14 - NVwZ-RR 2012, 115 (Leitsatz). Mithin reicht der Nachweis einer einzigen Pflichtverletzung aus.
23 a) Zwar steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der frühere Soldat im Anschuldigungspunkt 2 gegen die - auch nach Auffassung des Senats - als Befehl anzusehende Weisung seiner Disziplinarvorgesetzten vom 19. Januar 2017 verstoßen hat. Denn die in die Berufungshauptverhandlung einbezogenen Dokumente lassen nicht zweifelsfrei erkennen, dass er noch nach der lediglich auf das Unterlassen einer Tätigkeit gerichteten Befehlserteilung vom 19. Januar 2017 weiterhin für die ... GmbH tätig geworden ist. Auch die Aussagen der Zeugin Hauptmann d.R. W. ließen einen solchen Schluss nicht zu, da sie lediglich mutmaßte, der frühere Soldat sei zu militärischen Veranstaltungen deshalb nicht erschienen, weil er zeitgleich Veranstaltungen der ... GmbH besucht habe. Aus eigener Wahrnehmung konnte sie von einer weiteren Tätigkeit des früheren Soldaten nicht berichten.
24 b) Zur Überzeugung des Senats steht jedoch fest, dass sich der frühere Soldat wie unter Anschuldigungspunkt 1 beschrieben verhalten hat.
25 aa) Dies folgt zum einen aus der zwischen ihm und der ... GmbH am 24. Juni 2016 geschlossenen "Vereinbarung für den Empfehlungsgeber". Sie sieht in Ziffer 4 vor, dass der frühere Soldat als Empfehlungsgeber für jeden Vertrag, der auf Grund einer vom Empfehlungsgeber erfolgten Namhaftmachung zu Stande kommt, eine erfolgsabhängige Provision in Höhe von 8 % der Bewertungssumme der zustande gekommenen Verträge erhält. In Verbindung mit der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Mitteilung der ... GmbH vom 24. September 2018 über Provisionsansprüche, "die aufgrund der Kontaktaufnahme durch Herrn A." im beschriebenen Zeitraum - das Auskunftsersuchen der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 22. August 2018 bezeichnete als Bezugszeitraum den 24. Juni 2016 bis zum 21. Mai 2017 - steht damit zum anderen fest, dass er frühere Soldat für die ... GmbH auch tatsächlich tätig geworden ist. Dabei hat das Truppendienstgericht diese Feststellung zusätzlich und zutreffend dadurch als erhärtet angesehen, dass zur Vertragsnummer 3933 3216 unter dem 28. November 2016 ein Versicherungsschein ausgestellt worden ist. Ausweislich des Schreibens der ... GmbH vom 18. Mai 2018 begründete dies unter Einbeziehung einer durch die ... GmbH vorgenommenen Verrechnung über 350 € (Schreiben der ... GmbH vom 24. September 2018) Provisionsansprüche zugunsten des früheren Soldaten in Höhe von 4 737,64 €.
26 Damit ist der Nachweis der Ausübung einer Nebentätigkeit erbracht. Entgegen der Einlassung des früheren Soldaten vom 26. September 2018 bedarf es nicht zusätzlich des Nachweises, welche Tätigkeit er im Einzelnen ausgeübt hat.
27 bb) Der frühere Soldat handelte auch vorsätzlich. Dass er im Wissen sowohl um das Fehlen einer Nebentätigkeitsgenehmigung als auch im Wissen um deren Erforderlichkeit gehandelt hat, steht ausweislich der dokumentierten Belehrungen fest. Insbesondere der vom früheren Soldaten unterschriebene Belehrungsnachweis vom 20. Januar 2017 weist auf die Notwendigkeit einer Nebentätigkeitsgenehmigung hin, wobei die ... GmbH beispielhaft Erwähnung findet.
28 c) Damit liegt ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG vor. Denn mit seinem Handeln hat der frühere Soldat gegen die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, eine Genehmigung einzuholen, wenn er eine entgeltliche Nebentätigkeit ausüben will. Dabei belegt insbesondere die Provision für den Vertrag über 265,61 €, dass die Nebentätigkeit nicht in einem "geringen Umfang" im Sinne der §§ 14, 5 Abs. 1 Satz 1 BNV angefallen ist, da er die Grenze von 100 € monatlich (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BNV) übersteigt.
29 Die Ausübung einer Nebentätigkeit ohne Einholung der erforderlichen Genehmigungen stellt einen Verstoß gegen die Grundpflicht des Soldaten zum treuen Dienen (§ 7 SG) dar (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2003 - 2 WD 50.02 - NVwZ-RR 2004, 195 <195>). Eine Nebentätigkeit ist jede Tätigkeit innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes, die neben der Haupttätigkeit (Hauptverwendung) ausgeübt wird. Dazu gehören alle gewerblichen und anderweitigen wirtschaftlichen Betätigungen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2004 - 2 WD 20.03 - juris Rn. 3). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Regelung, sondern auch aus ihrem Sinn und Zweck. Das Soldatenverhältnis als Dienstverhältnis wird charakterisiert durch die Dienstleistungspflicht des Soldaten. Aufgrund der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) ist der Soldat gehalten, seine Arbeitskraft dem Dienstherrn in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen. Sinn und Zweck des § 20 Abs. 1 SG liegen darin, in einem Genehmigungsverfahren vorab zu prüfen, ob die Inanspruchnahme durch die Nebentätigkeit nach ihrer Art und ihrem Umfang mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der dienstlichen Pflichten des Soldaten im Einklang steht und ob ferner eine Interessenkollision mit den dienstlichen Pflichten des Soldaten auszuschließen ist (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 2 WD 10.13 - Rn. 45).
30 Der Soldat hat zudem vorsätzlich die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im dienstlichen Bereich (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt, da sein Verhalten geeignet war, sowohl das Vertrauen seiner Vorgesetzten als auch die Achtung bei Untergebenen erheblich zu beeinträchtigen. Ein Vorgesetzter, der unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften eigennützig eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausübt, erschüttert seine persönliche und dienstliche Integrität (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 2 WD 10.13 - Rn. 48).
31 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO.