Beschluss vom 22.12.2004 -
BVerwG 7 B 96.04ECLI:DE:BVerwG:2004:221204B7B96.04.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 22.12.2004 - 7 B 96.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:221204B7B96.04.0]
Beschluss
BVerwG 7 B 96.04
- VG Berlin - 12.05.2004 - AZ: VG 25 A 262.01
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 312 € festgesetzt.
Die Klägerin begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung einer Entschädigungsforderung. Die Entschädigung war im Jahre 1975 für die Inanspruchnahme eines Grundstücks nach der Aufbauverordnung festgesetzt worden. Sie wurde nicht an den seinerzeitigen Eigentümer des Grundstücks, den Rechtsvorgänger der Klägerin, ausgezahlt, sondern mit privaten und volkseigenen Forderungen verrechnet, die Grundpfandrechten zugrunde lagen, mit denen das Grundstück im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme belastet war. Im Jahre 1990 meldete der Rechtsvorgänger der Klägerin vermögensrechtliche Ansprüche auf das Grundstück an. Nachdem der Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks bestandskräftig abgelehnt worden war, wandte der Rechtsvorgänger der Klägerin sich seit Oktober 1995 in mehreren Schreiben an das Vermögensamt und beantragte schließlich, den 1975 festgesetzten Entschädigungsbetrag an ihn auszuzahlen: Die Entschädigung sei mit Forderungen verrechnet worden, die nicht bestanden hätten. Nach Ablehnung dieses Antrags und Zurückweisung ihres Widerspruchs hat die Klägerin Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht durch das angefochtene Urteil abgewiesen hat. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, bezogen auf die Entschädigungsforderung fehle es sowohl an einer fristgerechten Anmeldung im Sinne des § 30a Abs. 1 VermG als auch an einer schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 VermG. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil jeweils selbstständig tragend darauf gestützt, dass der geltend gemachte Anspruch einerseits nicht innerhalb der Frist des § 30a Abs. 1 VermG angemeldet worden ist und es andererseits an einer Schädigung im Sinne des § 1 VermG fehlt. Die Revision kann deshalb nur zugelassen werden, wenn die Klägerin gegen beide Begründungen durchgreifende Zulassungsgründe vorbringt. Das ist hier jedenfalls insoweit nicht der Fall, als die Klägerin sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, der Anspruch sei erst nach Ablauf der Anmeldefrist geltend gemacht worden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin gegen die weitere Begründung des Verwaltungsgerichts durchgreifende Zulassungsgründe geltend macht.
Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin möchte die Frage geklärt wissen, ob der Antrag auf vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks zwangsläufig den Antrag umfasst, an Stelle des Grundstücks das Surrogat herauszugeben, nämlich die in der DDR festgesetzte Entschädigung.
Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist. Danach erstreckt sich die Anmeldung eines Anspruchs auf vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung des § 30a Abs. 1 Satz 4 VermG auf den Anspruch auf Herausgabe einer Entschädigung, die in der DDR für die Inanspruchnahme des Grundstücks festgesetzt, aber dem Berechtigten tatsächlich nicht zugeflossen ist. Der Anspruch auf Herausgabe der Entschädigung tritt nicht im Sinne des § 30a Abs. 1 Satz 4 VermG an die Stelle eines Anspruchs auf Rückübertragung des Grundstücks, weil diese Vorschrift voraussetzt, dass der bisherige Anspruch aufgrund eines nach seiner Entstehung eingetretenen Umstandes nicht weiterverfolgt werden kann. Die in § 30a Abs. 1 Satz 4 VermG geregelten Folgeansprüche knüpfen an ein und denselben Schädigungsvorgang an. Der Anspruch auf Herausgabe der Entschädigung setzt dagegen notwendig eine eigenständige, auf ihre Entziehung oder Verkürzung gerichtete Schädigungshandlung voraus. Ob der (fristgerechte) Antrag auf vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks gleichzeitig den Antrag umfasst hat, an Stelle des Grundstücks die in der DDR festgesetzte Entschädigung herauszugeben, richtet sich deshalb nach dem Inhalt des im Einzelfall jeweils gestellten Antrags (Beschluss vom 18. Juni 1998 - BVerwG 7 B 125.98 - Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 6).
Die Klägerin zeigt keinen darüber hinaus fortbestehenden Klärungsbedarf auf. Sie hält die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für unzutreffend. Sie meint, der Berechtigte sei gehindert, neben dem Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks zugleich schon einen Antrag auf Herausgabe der vorenthaltenen Entschädigung zu stellen. Er könne entweder das Grundstück oder die Entschädigung, nicht aber beides zugleich verlangen. Deshalb müsse er mit dem Antrag auf Herausgabe der Entschädigung warten, bis über den Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks bestandskräftig entschieden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei aber regelmäßig die Frist des § 30a Abs. 1 VermG bereits verstrichen. Dieses interessenwidrige Ergebnis werde nur vermieden, wenn der Antrag auf vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks zwangsläufig den Antrag umfasse, eine vorenthaltene Entschädigung herauszugeben. Die Klägerin übersieht dabei, dass sie nicht gehindert gewesen wäre, neben dem Antrag auf vermögensrechtliche Rückübertragung des Grundstücks von vornherein den Antrag auf Herausgabe der Entschädigung hilfsweise für den Fall zu stellen, dass der Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks erfolglos bleibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.