Beschluss vom 22.12.2004 -
BVerwG 1 B 111.04ECLI:DE:BVerwG:2004:221204B1B111.04.0

Beschluss

BVerwG 1 B 111.04

  • OVG Berlin-Brandenburg - 16.12.2003 - AZ: OVG 8 B 26.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M a l l m a n n und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 16. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) bleibt ohne Erfolg. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, ob einem Ausländer, der ein Aufenthaltsrecht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 AuslG in Anspruch nimmt, auch dann "die (volle) Darlegungs- und Beweislast" dafür obliegt, dass er beabsichtigt, mit seinem deutschen Ehepartner im Bundesgebiet eine dauerhafte eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen und zu wahren, wenn bereits eine Eheschließung im Ausland erfolgt ist. Dabei handelt es sich um keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Rechtsfrage. Dem Berufungsgericht (UA S. 12) zufolge ist die Klägerin als diejenige, die sich auf eine anspruchsbegründende Tatsache beruft, darlegungs- und beweispflichtig für ihre Absicht, mit ihrem Ehemann im Bundesgebiet eine eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen. Zwar mag - wie das Berufungsgericht weiter ausführt - der wirksamen Eheschließung als solcher, auch wenn sie im Ausland stattgefunden hat, regelmäßig eine gewisse Indizwirkung zukommen. Das genüge aber für die erforderliche Überzeugungsbildung jedenfalls dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der in Rede stehenden Absicht begründeten. Diese Darlegungen sind nicht zu beanstanden. Einen über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Klärungsbedarf zeigt weder die Beschwerde auf noch ist er sonst ersichtlich.
Soweit sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verallgemeinerungsfähig beantworten lässt, ist sie im Übrigen bereits rechtsgrundsätzlich geklärt. Der Senat hat bereits entschieden, dass für die sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden aufenthaltsrechtlichen Folgen der § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 AuslG nicht die Tatsache des Verheiratetseins genügt. Maßgebend ist vielmehr der Schutzzweck des Art. 6 Abs. 1 GG, die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu ermöglichen. Die Ehe zwischen einer Deutschen und einem Ausländer hat daher in der Regel kein ein Aufenthaltsrecht auslösendes Gewicht, wenn sie nicht eine eheliche Lebensgemeinschaft begründen, sondern lediglich dem Ausländer zu einem ihm sonst verwehrten Aufenthalt im Bundesgebiet verhelfen soll (Beschluss vom 12. Juni 1992 - BVerwG 1 B 48.92 - InfAuslR 1992, 305 m.w.N.). Die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft gehört zu den für den Ausländer günstigen Tatsachen, die er unter Angabe nachprüfbarer Umstände geltend zu machen und mit Nachweisen zu belegen hat (§ 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG). Für die materielle Beweislast gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet - hier: die Absicht zum Führen einer ehelichen Lebensgemeinschaft - zu ihren Lasten geht (stRspr, vgl. Urteil vom 29. Juni 1999 - BVerwG 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <180>). Von diesen Maßstäben geht der Sache nach auch das angefochtene Urteil aus. Es weicht insofern nicht - wie die Beschwerde meint - vom Beschluss des OVG Münster vom 5. November 1996 (NWBl 1997, 222) ab, der sich ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezieht und auf den sich das Berufungsgericht bei der Darlegung seiner Rechtsauffassung stützt (UA S. 12).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).