Beschluss vom 21.11.2002 -
BVerwG 3 B 109.02ECLI:DE:BVerwG:2002:211102B3B109.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.11.2002 - 3 B 109.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:211102B3B109.02.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 109.02

  • VG Berlin - 18.04.2002 - AZ: VG 27 A 115.98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
und Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die auf die Zulassungsgründe des Verfahrensmangels und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Im Mittelpunkt der Beschwerde steht die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und dadurch gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen. Dieser Vorwurf wird durch den Beschwerdevortrag nicht belegt. Die Beweiserhebungen, die das Gericht nach Ansicht der Klägerin hätte vornehmen müssen, sind nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen worden.
Einen Verfahrensfehler begeht ein Verwaltungsgericht nicht, wenn es eine Aufklärung unterlässt, auf die es nach seiner materiellrechtlichen Auffassung nicht ankommt. So liegt der Fall hier. Die von der Klägerin vermisste Aufklärung betrifft Tatsachen, die nach der Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht entscheidungserheblich waren. Das Verwaltungsgericht geht nämlich von der Rechtsmeinung aus, ein Fall des § 13 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative VZOG (offensichtliches Zurückbleiben des Verkaufserlöses hinter dem Verkehrswert) liege nur dann vor, wenn es im Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs für den Verfügungsberechtigten "auf der Hand lag", dass das Verhältnis zwischen Erlös und wirklichem Wert ohne sachlichen Grund inadäquat war. Ein solches Missverhältnis sei bereits dann auszuschließen, wenn - wie hier - vor dem Verkauf ein Verkehrswertgutachten eingeholt worden sei, dessen Ergebnis dem Kaufpreis zugrunde gelegt wurde. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn das eingeholte Gutachten offensichtlich den wirklichen Wert des Grundstücks nicht erfasst habe. Nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichts ist es deshalb für die Entscheidung des Falles unerheblich, ob die dem Gutachten zugrunde gelegten Kriterien zutreffend und die ermittelten Werte angemessen waren, denn die eventuelle Unrichtigkeit sei jedenfalls nicht offenkundig gewesen.
Angesichts dieser Prämissen hätte die Beschwerde darlegen müssen, dass es zum Verkaufszeitpunkt für den Verfügungsberechtigten - entgegen der nicht auf eigenen Beweiserhebungen beruhenden Annahme des Verwaltungsgerichts - gewissermaßen mit Händen zu greifen war, dass der taxierte Grundstückswert den Verkehrswert ohne sachlichen Grund unterschritt. Die Aufklärungsrüge wäre u.U. begründet, wenn das Verwaltungsgericht ein offenkundiges Zurückbleiben hinter dem Verkehrswert verneint hätte, obwohl Grund zu der Annahme bestand, dass der Verfügungsberechtigte seinerzeit den gutachtlich ermittelten Wert entweder wider besseren Wissens oder in vorwerfbarer Verkennung des wahren Wertes zugrunde gelegt hat. Für ein offenkundiges Missverhältnis hätte es z.B. gesprochen, wenn vergleichbare Grundstücke zur selben Zeit wesentlich höhere Preise erzielt hätten oder vom Gutachterausschuss höher bewertet worden wären und dies dem Verfügungsberechtigten hätte bekannt sein müssen. Derartige Vorwürfe oder Behauptungen hat die Beschwerde jedoch nicht erhoben. Ihre Kritik bezieht sich auf einzelne gutachtliche Bewertungskriterien (z.B. Geruchsbelästigung, Zugfrequenz, Bebaubarkeit nur für gewerbliche Zwecke), ohne dass sich daraus die Schlussfolgerung ziehen ließe, der Verfügungsberechtigte hätte die - mögliche - Unrichtigkeit des Schätz- und Verkaufspreises erkennen müssen. Somit ist auch kein Raum für die Annahme, dem Verwaltungsgericht habe es sich aufdrängen müssen, über die angeblichen Fehler des Gutachtens Beweis zu erheben.
Unbegründet ist die Verfahrensrüge ferner insoweit, als sie das angefochtene Urteil als Überraschungsentscheidung angreift. Die von der Beschwerde vermissten Hinweise in Zusammenhang mit dem fast zwei Jahre nach dem Grundstücksverkauf erstellten List-Gutachten sind für den Ausgang des Verfahrens ohne Belang. Der diesbezügliche Beschwerdevortrag vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern, der Verfügungsberechtigte habe seinerzeit von der Angemessenheit des ursprünglichen Schätzwertes ausgehen dürfen. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat unter Hinweis auf § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Alternative VwGO ab.
2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Der Senat vermag dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, inwiefern es entscheidungserheblich darauf ankäme, wie der Begriff des Verkehrswertes (§ 13 Abs. 2 Satz 2 VZOG) auszulegen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.