Gerichtsbescheid vom 21.08.2024 -
BVerwG 11 A 2.24ECLI:DE:BVerwG:2024:210824G11A2.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21.08.2024 - 11 A 2.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:210824G11A2.24.0]

Gerichtsbescheid

BVerwG 11 A 2.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. August 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Dieterich und Dr. Hammer
entschieden:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen einen Beschluss zur vorzeitigen Besitzeinweisung.

2 Die Bundesnetzagentur stellte im Jahr 2023 mit einem - inzwischen bestandskräftigen - Beschluss den Plan für die 380-kV-Freileitung Pulgar - Vieselbach, Abschnitt West: Bad Sulza - Vieselbach fest. Die Leitung verwirklicht eine Teilstrecke des als Nr. 13 in die Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) aufgenommenen Vorhabens. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2023, dem Kläger und seinem Betreuer am 21. Dezember 2023 zugestellt, wies das Thüringer Verwaltungsamt die Beigeladene als Vorhabenträgerin in den Besitz mehrerer, im Eigentum des Klägers stehender Grundstücke ein. Vertreten durch seinen Betreuer hat der anwaltlich nicht vertretene Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2024, eingegangen am Dienstag, den 23. Januar 2024, Klage gegen den Besitzeinweisungsbeschluss erhoben. Einen konkreten Antrag hat er nicht gestellt. Die Beigeladene hat die Abweisung der Klage beantragt.

II

3 Aufgrund des Beschlusses vom 31. Juli 2024 entscheidet der Senat in einer Besetzung mit drei Richtern (§ 10 Abs. 4 VwGO). Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

4 Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung über die Klage zuständig. Die Zuständigkeitsanordnung aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BBPlG und Nr. 13 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG erfasst nicht nur die eigentlichen Planfeststellungsentscheidungen, sondern erstreckt sich auch auf vorzeitige Besitzeinweisungen nach § 44b EnWG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 9 m. w. N.).

5 Die Klage ist unzulässig, da sie nicht durch einen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Sie muss deshalb ohne Sachprüfung abgewiesen werden.

6 Der Senat lässt offen, ob das Schreiben vom 21. Januar 2024 als Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ausgelegt werden könnte. Jedenfalls wären die Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht erfüllt. Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht in Verfahren mit Anwaltszwang einem Beteiligten auf dessen Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Das setzt voraus, dass der Rechtsschutzsuchende innerhalb der jeweils geltenden Rechtsmittelfrist substantiiert darlegt und glaubhaft macht, dass er rechtzeitig alles ihm Zumutbare getan hat, um sich vertreten zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2017 - 2 B 4.17 - Buchholz 303 § 78b ZPO Nr. 5 Rn. 9). Dem Klagevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass und ggf. welche Bemühungen um die Übernahme eines Mandats durch einen Rechtsanwalt stattgefunden hätten.

7 Unabhängig davon ist die Klage unzulässig, weil sie die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 9 Abs. 1 ThürAGVwGO nicht wahrt.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.
Hierfür besteht Vertretungszwang. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.