Beschluss vom 20.01.2025 -
BVerwG 4 B 8.24ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B4B8.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.01.2025 - 4 B 8.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B4B8.24.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 8.24

  • VG Berlin - 17.03.2022 - AZ: 13 K 38.21
  • OVG Berlin-Brandenburg - 20.12.2023 - AZ: 6 B 13/22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2025
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin wendet sich gegen eine luftfahrtrechtliche Außenstart- und -landeerlaubnis (§ 25 Abs. 1 LuftVG) für den politisch-parlamentarischen Flugbetrieb mit verschiedenen Hubschraubermustern auf dem militärischen Teil des ehemaligen Flughafens Tegel. Klage und Berufung waren erfolglos. Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat ebenfalls keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

3 a) Die Beschwerde rügt eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). (Angebliche) Fehler bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers aber dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 15, vom 23. August 2021 - 4 BN 7.21 - juris Rn. 3 m. w. N. und vom 2. März 2023 - 4 B 16.22 - juris Rn. 26).

4 aa) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe gegen die Denkgesetze verstoßen, bleibt erfolglos. Gegen Denkgesetze verstößt ein Tatsachengericht nur, wenn es einen Schluss zieht, der aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist. Dafür genügt es nicht, dass das Tatsachengericht nach Meinung eines Beteiligten unrichtige oder gar fernliegende Schlüsse gezogen hat. Ebenso wenig reichen objektiv nicht überzeugende oder gar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen aus (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 2020 - 3 B 34.19 - ‌NVwZ-RR 2022, 86 Rn. 22 und vom 14. Juli 2022 - 4 BN 45.21 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.).

5 Die Beschwerde macht geltend, die Vorinstanz habe daraus, dass eine unzumutbare Lärmbelastung nach seiner Ansicht ausgeschlossen sei, gefolgert, dass dies auch für die sonstigen Immissionen gelte. Das sei logisch nicht nachvollziehbar. Anders als bei den Lärmimmissionen habe das Oberverwaltungsgericht für die Geruchs- und Partikelimmissionen keine Anknüpfungs- oder Hilfstatsachen festgestellt, die den Schluss zuließen, dass auch diese Immissionen wegen der Einstellung des sonstigen Flugbetriebs in Tegel so zurückgegangen seien, dass eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeschlossen sei. Dieser Vortrag führt nicht auf einen Verstoß gegen Denkgesetze. Er geht an den tragenden Erwägungen des Urteils vorbei. Den - bei wohlwollender Auslegung der Beschwerdebegründung - als denkgesetzwidrig bezeichneten Schluss, dass auch unzumutbare Geruchs- oder Partikelimmissionen stets ausgeschlossen sind, wenn die Lärmimmissionen unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegen, hat das Oberverwaltungsgericht nicht gezogen und seine Entscheidung hierauf tragend gestützt.

6 Nach dem für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 2015 - 4 BN 32.13 - UPR 2015, 348 Rn. 12) hat § 25 Abs. 1 LuftVG nur dann drittschützende Wirkung, wenn durch die Erteilung der Erlaubnis ein Dritter unerträglich und unzumutbar in seiner Gesundheit oder in seinem Eigentum betroffen wird (UA S. 23). Das Oberverwaltungsgericht stützt seine Annahme, dass gesundheitsgefährdende Lärm- oder sonstige Immissionsbelastungen ausgeschlossen sind, auf eine Reihe von Erwägungen (vgl. UA S. 24 "... wie sich aus der in das Verfahren eingeführten Rechtsprechung des Senats und weiteren Erwägungen ergibt"):

7 Nach den 2013 durchgeführten Lärmberechnungen für ein nur wenige Hundert Meter von den Grundstücken der Klägerin entferntes, wohl noch näher am Flughafengelände gelegenes Grundstück seien unzumutbare Lärmbelastungen - d. h. äquivalente Dauerschallpegel über 70 dB(A)/tags oder 60 dB(A)/‌nachts - durch den Flugbetrieb des Flughafens Tegel nicht ersichtlich (UA S. 24 f.). Vor diesem Hintergrund sei praktisch ausgeschlossen, dass die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung durch die hier zugelassenen rund 3,3 Flugbewegungen/​täglich im Vergleich zu rund 433/täglich für den Flughafen Tegel in 2013 erreicht werde (UA S. 25). Die besonders lärmsensible Nachtruhe werde eingehalten, weil der Flugbetrieb grundsätzlich nur zwischen 6.00 und 23.00 Uhr erlaubt sei. Zudem seien An- und Abflüge über bebautem Gebiet, insbesondere Wohnbebauung, nach der Erlaubnis möglichst zu vermeiden. Die Flüge könnten über das Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel erfolgen und fänden in aller Regel gegen den Wind in Richtung Westen statt. Die Grundstücke der Klägerin lägen dagegen nördlich vom (Flughafen-)Gelände. Die Klägerin habe keine belastbaren Angaben gemacht, die auf eine unzumutbare Lärmbelastung schließen ließen oder wenigstens Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten. Dies sei bei rund 3,3 Flugbewegungen zur Tagzeit fernliegend (UA S. 25). Bei den zugelassenen Flugbewegungen handele es sich um "ein letztes, bruchstückhaftes, temporäres Überbleibsel des jahrzehntelang üblichen Flugbetriebs". Insofern seien auch Lärm-, Geruchs- oder Partikelemissionen, die darüber hinausgingen, konstruktiv ausgeschlossen (UA S. 28). Angesichts der wenigen Flugbewegungen pro Tag und außerhalb der Ruhezeiten sei es den Bewohnern zumutbar, sich in die Gebäude zurückzuziehen und gegebenenfalls die Fenster zu schließen. Die Warm- und Nachlaufphasen der Hubschraubermotoren dauerten nach den unwidersprochenen und plausiblen Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung höchstens 10 Minuten. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte keine Ermittlungen zu den Lärm- und sonstigen Immissionen anstellen müssen (UA S. 29).

8 Das Oberverwaltungsgericht ist mithin davon ausgegangen, dass die genannten Umstände (Anzahl der Flugbewegungen, Zeitraum, Flugkorridor, Dauer der einzelnen Immissionsereignisse, Möglichkeit zur "Selbsthilfe") nicht nur für die Bewertung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen, sondern auch der sonstigen Immissionen (Partikel, Gerüche) maßgeblich sind. Warum dieser Schluss gegen die Denkgesetze verstoßen sollte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Daraus folgt zugleich, dass das Oberverwaltungsgericht auch nicht deshalb gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen hat, weil es seine Überzeugung hinsichtlich der Geruchs- und Partikelimmissionen - wie die Beschwerde meint - auf eine unzureichende Tatsachengrundlage gestützt hat.

9 bb) Der Vorwurf der Aktenwidrigkeit geht fehl. Eine "aktenwidrige Entscheidung" liegt erst vor, wenn der Streitstoff, den das Tatsachengericht seiner Entscheidung zugrunde legt, von dem tatsächlichen Streitstoff, wie er sich aus den Akten ergibt, zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht, sei es, dass er darüber hinausgeht, indem aktenwidrig - "ins Blaue hinein" - Tatsachen angenommen werden, sei es, dass er dahinter zurückbleibt, indem Akteninhalt übergangen wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2022 ‌- 7 B 15.21 - UPR 2023, 20 Rn. 44 und vom 27. Februar 2024 - 10 B 12.23 - ‌juris Rn. 15 jeweils m. w. N.).

10 (1) Die Beschwerde rügt die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts als aktenwidrig, der parlamentarische Flugbetrieb sei in den Lärmmessungen 2013 berücksichtigt worden (UA S. 25). Aus den Akten ergebe sich nicht, wo, wann und welche Lärmmessungen (an Grundstücken der Klägerin) vorgenommen wurden, sowie, ob und in welchem Umfang und mit welchem Hubschraubermuster während solcher Messungen Flugbetrieb stattgefunden habe. Damit dringt sie nicht durch.

11 Die Verwendung des Begriffs Lärmmessungen auf Seite 25 des angegriffenen Urteils beruht offenbar auf einem Versehen. Auf Seite 24 und in dem in Bezug genommenen Urteil vom 11. Juni 2014 (OVG Berlin-Brandenburg - 6 A 23.14 -‌ juris Rn. 3, 34) ist von Lärmberechnungen die Rede. Die Behauptung, dass diese Berechnungen für Grundstücke der Klägerin angestellt worden sind, stellt das angegriffene Urteil nicht auf.

12 Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht auf sein Urteil vom 11. Juni 2014 und die dortigen Feststellungen, also auch diejenigen zu den Lärmberechnungen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I 2007, 2550), hingewiesen; sie gehörten damit zum Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO. Nach den von der Beschwerde nicht angegriffenen und für den Senat daher bindenden Feststellungen der Vorinstanz wird der politisch-parlamentarische Flugbetrieb am Flughafen Tegel seit 1998 am selben Standort durchgeführt (UA S. 25, 29). Die Lärmberechnungen sind 2013 durchgeführt worden. § 3 Abs. 1 FluglärmG verweist für die Ermittlung der Lärmbelastung auf die Anlage zum Gesetz. Danach ist in die maßgebliche Gleichung zur Ermittlung der äquivalenten Dauerschallpegel unter anderem die Summe über alle Flugbewegungen tags (6.00 bis 22.00 Uhr) bzw. nachts (22.00 bis 6.00 Uhr) einzustellen. Warum für die Vorinstanz vor diesem Hintergrund Veranlassung bestand, im Urteil näher auf den Inhalt der Lärmberechnungen einzugehen, zeigt die Beschwerde nicht auf. Insbesondere legt sie nicht dar, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hierzu Fragen aufgeworfen oder etwa Einsicht in das Lärmgutachten sowie Schriftsatznachlass beantragt hat.

13 (2) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe aktenwidrig festgestellt, dass täglich nur 3,3 Flugbewegungen erlaubt sind und an einem Tag nur wenige Störungen aufträten, liegt neben der Sache.

14 Die Erlaubnis gestattet "jährlich bis zu 1 200 Starts und Landungen". Eine höchstzulässige Zahl von Flugbewegungen pro Tag, Woche oder Monat ist nicht bestimmt. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sollen nach dem Verständnis der Beklagten insgesamt 1 200 Flugbewegungen jährlich zugelassen werden. Dem ist das Oberverwaltungsgericht gefolgt. Es hat hieraus einen rechnerischen Wert von "rund 3,3 Flugbewegungen" täglich bzw. zur Tagzeit ermittelt (UA S. 19, 25). Die Angabe dieses Durchschnittswertes wird durch den Zusatz "erlaubten" nicht zur Feststellung einer in der Erlaubnis nicht geregelten Begrenzung der zulässigen Flüge pro Tag. Der Begriff "rund" und die Angabe einer Nachkommastelle lassen zweifelsfrei erkennen, dass es sich um einen rechnerischen Durchschnittswert handelt, den das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung durchgängig in diesem Sinne zugrunde gelegt hat. Gleiches gilt für die Formulierung "nur wenige Störungen am Tag".

15 (3) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe Akteninhalt übergangen und deshalb eine streitige Tatsache als unstreitig behandelt.

16 Die Beschwerde beanstandet die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte habe in der Berufungsverhandlung unwidersprochen dargelegt, dass die Warm- und Nachlaufphasen höchstens 10 Minuten dauerten (UA S. 29). Die Klägerin habe im Klage- und Berufungsverfahren stets geltend gemacht, dass die Triebwerke - insbesondere vor Starts - teils eine Stunde und länger im Warmlauf- oder Standbybetrieb liefen. Dem sei die Beklagte nicht entgegengetreten, sondern habe sich dazu erst auf Nachfrage des Oberverwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung geäußert. Dass die Klägerin dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht erneut widersprochen habe, rechtfertige es nicht, diesen als unstreitig zu behandeln. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerde den Regelungsgehalt des § 108 Abs. 1 VwGO sowie die Funktionen der mündlichen Verhandlung und ihre daraus erwachsende Bedeutung für den Rechtsschutz.

17 Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Darunter ist der Prozessstoff des gerichtlichen Verfahrens in seiner Gesamtheit zu verstehen, wie er sich am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung dargestellt hat. Hierzu gehören alle Umstände, die durch das gerichtliche Verfahren zutage getreten sind, insbesondere das gesamte mündliche und schriftliche Vorbringen der Beteiligten, der Inhalt der Gerichtsakten sowie der vom Gericht beigezogenen Akten und Unterlagen, die Ergebnisse einer Beweisaufnahme und tatsächliche Feststellungen des vorinstanzlichen Gerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1984 ‌- 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339>). § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO berechtigt und verpflichtet das Gericht, diesen Prozessstoff auszuschöpfen (BVerwG, Beschluss vom 25. August 2021 - 4 B 3.21 - juris Rn. 12 f.). Grundsätzlich soll die gerichtliche Entscheidung das Ergebnis eines diskursiven Prozesses zwischen Gericht und Beteiligten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sein. Das Rechtsgespräch erfüllt unter anderem den Zweck, die Ergebnisrichtigkeit der gerichtlichen Entscheidung zu fördern. Gerade die mündliche Verhandlung dient dazu, rechtliches Gehör zu Rechtsfragen ebenso wie zu Tatsachenfragen zu gewähren (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 2022 - 4 C 7.21 - NVwZ 2023, 1350 Rn. 13).

18 Die Beschwerde räumt ein, dass die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter sich zu den Einlassungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr verhalten haben. Das Oberverwaltungsgericht durfte seiner Entscheidung daher die nach seiner Auffassung plausiblen Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Dauer der Warm- und Nachlaufphasen als "unwidersprochen" zugrunde legen.

19 b) Die Beschwerde dringt mit ihrer Gehörsrüge nicht durch.

20 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind (stRspr, BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>, Kammerbeschluss vom 22. Mai 2024 - 2 BvR 51/24 - juris Rn. 57; BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42). Die Gerichte müssen sich allerdings nicht mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 ‌- 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Sie können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m. w. N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör vermittelt keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (stRspr, BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 ‌- 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Insbesondere verpflichtet er die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. November 2004 - 1 BvR 179/03 - NVwZ 2005, 204 <205>).

21 Gemessen daran ist für eine Gehörsverletzung nichts ersichtlich. Die Klägerin beanstandet, das Oberverwaltungsgericht sei auf den Kern ihres Vorbringens (unzumutbare Lärm-, Partikel- und Geruchsbelastungen wegen der räumlichen Nähe, der Verwendung militärischer Hubschrauber, lang andauerndem Warm- und Nachlaufen sowie Standbybetrieb der Triebwerke, Überflüge über die Grundstücke der Klägerin) nicht eingegangen. Es habe sich ausschließlich mit den Lärmimmissionen befasst. Diese Darstellung geht am Inhalt des Urteils vorbei. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen und sich dazu verhalten (vgl. UA S. 25, 29; siehe vorstehend unter a) aa)). Dass es dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß.

22 c) Soweit die Beschwerde - sinngemäß - Aufklärungsmängel (§ 86 Abs. 1 VwGO) hinsichtlich der Lärm-, Partikel- und Geruchsimmissionen sowie der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Konsequenzen rügt, verfehlt sie die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

23 Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für den Beteiligten günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2020 ‌- 4 B 44.19 - juris Rn. 15 m. w. N.).

24 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Sie legt weder dar, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Beweisanträge gestellt oder sonst auf weitere Ermittlungen hingewirkt hat, noch, warum sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auch ohne solche Anregungen aufdrängen musste. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich in einer Wiederholung des Klage- und Berufungsvorbringens zur Unzumutbarkeit der Immissionen, das die Vorinstanz an verschiedener Stelle als unsubstantiiert bewertet hat (UA S. 25 "keine belastbaren Angaben", UA S. 28 "Klägerin hat nichts vorgetragen ...").

25 2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Klägerin beimisst.

26 Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 ‌- 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 4).

27 Die als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Fragen,
wann durch die Aufnahme oder Änderung eines Flugbetriebs sog. flugplatzähnliche Verhältnisse geschaffen werden, welche die Erteilung einer Außenstart- und -landeerlaubnis gemäß § 25 LuftVG ausschließen,
ob solche Verhältnisse insbesondere vorliegen, wenn
a) flugplatztypische Einrichtungen vorhanden sind, namentlich, die der Wartung und Instandhaltung der Luftfahrzeuge dienen,
b) die Erlaubnis auf einen acht oder mehr Jahre übersteigenden Zeitraum befristet ist,
c) die Erlaubnis keine Beschränkung auf die maximale Zahl von Starts und Landungen pro Tag, Woche oder Monat enthält,
d) der Flugbetrieb nur noch einen geringen Teil eines im Übrigen eingestellten, vormals nach § 6 LuftVG genehmigten Flugbetriebs ausmacht,
e) ein vormals genehmigter Flugbetrieb nur noch für einen mehrjährigen Übergangszeitraum fortgeführt werden soll,
rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Sie betreffen der Sache nach die Abgrenzung von § 6 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 LuftVG. Insoweit ist - wie auch die Beschwerde nicht verkennt - bereits geklärt, dass sich aus § 25 Abs. 1 LuftVG in Verbindung mit den Vorschriften über die Flugplätze (§§ 6 ff. LuftVG) ergibt, dass das Starten und Landen grundsätzlich nur auf Flugplätzen zulässig ist (Flugplatzzwang), außerhalb von Flugplätzen also nur ausnahmsweise erlaubt werden kann. Es handelt sich um ein repressives Verbot des Außenstartens und -landens, von dem die Behörde unter Beachtung dieser Vorschrift nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 40 VwVfG) eine Befreiung erteilen darf. Das Verbot dient der Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs, insbesondere der Passagiere, der Besatzung und potentiell betroffener Dritter, sowie der allgemeinen Sicherheit und Ordnung und den in § 6 Abs. 2 LuftVG erwähnten öffentlichen Interessen, z. B. dem Schutz der Bevölkerung vor übermäßiger Lärmbelastung. Mit Außenstarts und -landungen sind erhöhte Gefahren für die genannten Rechtsgüter verbunden. Dieser erhöhten Gefährdung soll mit dem Grundsatz des Flugplatzzwanges, der Außenstarts und -landungen nur im Ausnahmefall zulässt, begegnet werden (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1993 - 11 C 43.92 - ‌Buchholz 442.40 § 25 LuftVG Nr. 2 S. 5 f.). Damit der Ausnahmecharakter des § 25 Abs. 1 LuftVG gewahrt bleibt, darf daher nicht unter Umgehung des Flugplatzzwangs ein flugplatzähnlicher Betrieb gestattet werden, der ein Verfahren nach § 6 ff. LuftVG erforderlich macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 1986 ‌- 4 B 198.86 - juris Rn. 2; Dölp, in: Grabherr/​Reidt/​Wysk, LuftVG, Stand August 2010, § 25 Rn. 19; Giemulla, in: Giemulla/​Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand Dezember 2008, § 25 LuftVG Rn. 24, 26; Schwenk/​Giemulla, Handbuch des Luftfahrtrechts, 5. Aufl. 2019, S. 404 Rn. 11).

28 Hieran anknüpfend möchte die Beschwerde näher bestimmen lassen, wann ein flugplatzähnlicher Betrieb vorliegt. Das kann nur im Wege einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Maßgeblich sind - das bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren - Art und Weise des geplanten Flugbetriebs (z. B. Zweck/​Anlass, Art der Luftfahrzeuge, Anzahl der Flugbewegungen, Regelhaftigkeit, Zeitraum, etc.). Weitergehende zwingende Regeln oder Gewichtungsvorgaben entziehen sich einer revisionsgerichtlichen Klärung. Das gilt namentlich für die unter b) und c) in Grundsatzfragen gekleideten Umstände des vorliegenden Einzelfalls, die die Beschwerde beispielhaft als mögliche Ausschlussgründe für eine Erlaubnis nach § 25 Abs. 1 LuftVG aufführt. Eine konkrete Geltungsdauer der Erlaubnis, ab der ein flugplatzähnlicher Betrieb begründet wird, lässt sich nicht bestimmen (Frage b)). Nach § 25 Abs. 1 Satz 3 LuftVG kann die Erlaubnis allgemein oder im Einzelfall erteilt, mit Auflagen verbunden oder befristet werden. Ob eine Befristung geboten ist und wenn ja, welche Frist angemessen ist, richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Gleiches gilt für die Festlegung von Zeiteinheiten (z. B. Tag, Woche, Monat) für die Starts und Landungen (Frage c)). Ohne Verknüpfung mit einer konkreten Zahl zulässiger Flugbewegungen sagt die Zeiteinheit als solche für die Bestimmung eines flugplatzähnlichen Betriebs nichts aus. Eine allgemeingültige Zahl nach § 25 LuftVG zulässiger Starts und Landungen je Zeiteinheit, ab der die Schwelle zum flugplatzähnlichen Betrieb überschritten ist, kann aber - noch dazu unabhängig von der Art des Luftfahrzeugs - nicht benannt werden.

29 Das Vorhandensein flugplatztypischer Einrichtungen (Frage a)) begründet für sich genommen keinen Ausschlussgrund für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 25 LuftVG. Ungeachtet der Frage, auf welche baulichen Anlagen sich die Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG erstreckt (vgl. Reidt, in: Grabherr/​Reidt/‌Wysk, LuftVG, Stand Juli 2015, § 6 Rn. 38), kann gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auch auf vorhandenen Flugplätzen mit ASL-Erlaubnissen geflogen werden (sog. "unechte" ASL-Erlaubnis; vgl. dazu Dölp, in; Grabherr/​Reidt/​Wysk, LuftVG, Stand August 2010, § 25 Rn. 1).

30 Die Frage e) geht am Inhalt des Urteils vorbei. Nach den von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gestattet die Erlaubnis nicht die Fortführung des vormals nach § 6 Abs. 1 LuftVG genehmigten Flugbetriebs am Flughafen Tegel für einen mehrjährigen Übergangszeitraum, sondern betrifft nur ein "Bruchstück" dieses Flugbetriebs, nämlich die Starts und Landungen der Hubschrauber der politisch-parlamentarischen Flugbereitschaft. Im Übrigen ist bereits geklärt (s. o.), dass ein Flugbetrieb nicht nach § 25 Abs. 1 LuftVG gestattet werden darf, wenn es - nach den Umständen des Einzelfalls - einer Genehmigung nach § 6 Abs. 1 LuftVG bedarf. Das gilt auch für die unter d) aufgeworfene Frage, die sich darüber hinausgehend nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten lässt.

31 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.