Beschluss vom 10.03.2015 -
BVerwG 1 B 7.15ECLI:DE:BVerwG:2015:100315B1B7.15.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:100315B1B7.15.0]
Beschluss
BVerwG 1 B 7.15
- VG Stuttgart - 30.06.2014 - AZ: VG A 7 K 880/14
- VGH Mannheim - 10.11.2014 - AZ: VGH A 11 S 1778/14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. März 2015
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph
beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2 Der - allein geltend gemachte - Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
3 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).
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1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig:
"Ist angesichts der bestehenden Erkenntnislage, unter besonderer Berücksichtigung der unklaren und unvollständigen Auskunftslage, ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der dorthin überstellten Asylbewerber zur Folge haben?"
5 Mit diesem Vorbringen zur Aufnahmepraxis für Asylbewerber in Bulgarien zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftigen Fragen des revisiblen Rechts auf. Denn das Beschwerdevorbringen zielt nicht auf eine Rechtsfrage, sondern auf die dem Tatrichter vorbehaltene prognostische Würdigung, ob dem Kläger infolge der angeordneten Abschiebung nach Bulgarien dort aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Die Beschwerde greift damit der Sache nach die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu den Prognosegrundlagen sowie die darauf aufbauende Prognose als Teil der Beweiswürdigung an und stellt dem ihre eigene Einschätzung der Sachlage entgegen, ohne insoweit eine konkrete Rechtsfrage aufzuzeigen. Damit kann sie die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erreichen (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 - juris, m.w.N.). Auch der Umstand, dass die Instanzgerichte eine Rechtsfrage unterschiedlich beantworten, macht diese aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht klärungsbedürftig (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 132 Rn. 57).
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2. Des Weiteren wirft der Kläger folgende Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig auf:
"Unter welchen Voraussetzungen gehört ein alleinstehender Asylsuchender zum besonders schutzbedürftigen Personenkreis, bei welchem der UNHCR weiterhin von Rücküberstellungen nach Bulgarien abrät?"
7 Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsbedürftig. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die von der Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen werden, gehört der Kläger nicht zu dem Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen. Aufgrund dessen würde sich die von dem Kläger aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren, in dem eine Bindung an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen besteht (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht stellen.
8 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.