Beschluss vom 19.12.2024 -
BVerwG 1 WB 21.24ECLI:DE:BVerwG:2024:191224B1WB21.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 19.12.2024 - 1 WB 21.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:191224B1WB21.24.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 21.24
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Langer und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Berger
am 19. Dezember 2024 beschlossen:
- Die zum Stichtag 31. Juli 2021 für den Antragsteller erstellte Personalentwicklungsbewertung sowie die sich auf die Beschwerde hiergegen beziehenden Teile des Beschwerdebescheides des ...amtes der Bundeswehr vom 31. März 2022 und des Bescheides des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 9. Januar 2023 werden aufgehoben.
- Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.
- Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der ihm im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden zur Hälfte dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Der Antrag betrifft die planmäßige Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021 und die parallel erstellte Personalentwicklungsbewertung.
2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März ... enden. Im Mai ... wurde er zum Major befördert und mit Wirkung vom 1. März ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 H eingewiesen. Im November ... folgte die Beförderung zum Oberstleutnant (A 14). Seit August 2021 wurde er beim Militärattachéstab in der Deutschen Botschaft in ... verwendet. Im Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. Juli 2021 war er auf dem Dienstposten "Stiftung, Wissenschaft und Politik" der Abteilung ... des ...amtes der Bundeswehr tätig.
3 1. Am 11. Februar 2021 erstellte der frühere Referatsleiter des Antragstellers, Oberst i.G. A, einen Beurteilungsbeitrag, in dem er die Leistungen des Antragstellers ab dem 1. Oktober 2019 nach Maßgabe des alten Beurteilungssystems mit "D - die Leistungserwartungen wurden ständig deutlich übertroffen" bewertete. Der Beurteilungsbeitrag beschreibt die Tätigkeit des Antragstellers als wissenschaftlicher Mitarbeiter Stabsoffizier in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik des militärischen Anteils der Stiftung Wissenschaft und Politik in ... und führt ausführlich zur Aufgabenerfüllung, Persönlichkeit und weiteren Verwendungsmöglichkeiten aus.
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2. Für den Beurteilungszeitraum erstellte der Erstbeurteiler, der Referatsleiter des Antragstellers im ...amt Kapitän zur See B, seinen Anteil am 25. Januar 2022, der Zweitbeurteiler, der Abteilungsleiter im ...amt Kapitän zur See C, seinen Anteil unter dem 25. Februar 2022. Die Beurteilung beschreibt die vom Antragsteller wahrgenommenen wesentlichen Aufgaben wie folgt:
"Be-/Erarbeiten sicherheits-, verteidigungs-, militär- u. aussenpolitischer Forschungsfragen, Beraten des politischparlamentarischen Bereichs in sicherheitspolitischen Fragen, Einbringen von militärischer Expertise, sowie Darstellung und Vermittlung Positionen BMVg bei der Stiftung Wissenschaft und Politik."
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Im Beurteilungsformular ist angegeben, dass der Antragsteller dem Erstbeurteiler seit dem 1. April 2021 unterstellt war. Weiter heißt es, Beurteilungsbeiträge lägen nicht vor. Als Grund dafür wird allerdings angeführt:
"RL I 4 alt vom 11.02.21".
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Der Erstbeurteiler bewertete den Antragsteller als für eine Führungsverwendung besonders gut geeignet, für eine Stabsverwendung sehr gut geeignet sowie für Lehr- und Ausbildungsverwendungen sowie Verwendungen mit besonderer Außenwirkung gut geeignet. Nicht bewertet wurde die Eignung für eine Verwendung mit besonderer Fachlichkeit oder für Verwendungen mit besonderer Spezialisierung/Expertise. Er sah die Selbstkompetenz besonders stark ausgeprägt, die Sozialkompetenz stark ausgeprägt sowie die Methodenkompetenz, die Führungs- und Managementkompetenz und die Fachkompetenz ausgeprägt. Angemerkt wurde:
"Sehr leistungsstarker und -williger Generalstabsoffizier. Verbindet in ausgesprochen gelungener Weise intellektuelle Fähigkeiten mit ausgeprägtem Führungs- und Gestaltungswillen. Fähigkeitspotential auch für höhere und höchste Aufgaben noch lange nicht ausgeschöpft."
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In der Leistungsbeurteilung wurden die Einzelmerkmale Eigenständigkeit und Initiative, Fachliches Wissen, Schriftlicher und mündlicher Ausdruck, Planung, Organisation, zweckmäßiges Handeln, Informations- und Kommunikationsverhalten sowie Teamfähigkeit mit "übertrifft die Leistungserwartungen regelmäßig in erheblichem Umfang" bewertet, während vier weitere Einzelmerkmale - Belastbarkeit, Zuverlässigkeit, Praktisches Können und Zusammenarbeit - mit "übertrifft die Leistungserwartungen überwiegend" bewertet wurden. Fünf Einzelmerkmale - darunter Führungsverhalten, Motivation und Förderung von Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen, Dienstaufsicht und Kontrolle von Arbeitsergebnissen - wurden nicht bewertet. Ergänzend ist ausgeführt:
"Hat sich in seiner Erstverwendung in einem für Soldaten unüblichen und intellektuell höchst fordernden DP außerordentlich bewährt und gezeigt, dass sein Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Verbindet angenehmes Auftreten mit klarer und konziser Argumentation in der Sachdebatte. Hat so besonders überzeugend zur Akzeptanz militärischer Positionen in öffentlichen Debatten beigetragen."
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Die zusammenfassende Bewertung führt aus:
"Ist ein leistungsstarker und hochmotivierter Generalstabsoffizier mit ruhig-souveränem Auftreten, diplomatischem Geschick und scharfem Intellekt. Dabei sehr loyal und belastbar. Hat während seiner Erstverwendung in einem eher unmilitärischen Umfeld beeindruckende wissenschaftliche Fähigkeiten, große geistige Schärfe und sprachliche Brillianz gezeigt. Uneingeschränkt förderungswürdig. Einsatzbewährung sicher."
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Zu der ihm im Entwurf am 3. Dezember 2021 ausgehändigten, am 12. Januar 2022 erörterten und in der Schlussfassung am 26. Januar 2022 eröffneten Erstbeurteilung merkte der Antragsteller an:
"Die vorliegende Beurteilung berücksichtigt den Beurteilungsbeitrag zu wenig, ohne dafür eine Begründung zu liefern. Dies fällt insbesondere in der Leistungsbeurteilung auf. Da aufgrund der Umstände aber keine anderen Erkenntnisse vorliegen können, ist das gezeichnete Bild nicht vollständig und im Ergebnis nicht stringent nachvollziehbar."
10 Der Zweitbeurteiler bestätigte die Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbeurteilung des Erstbeurteilers und vergab das Gesamturteil "C +".
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Zur Begründung heißt es:
"Vielversprechender junger StOffz, der in seiner Erstverwendung nach dem LGAN über die Maßen überzeugt hat."
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Zu dieser ihm am 4. Februar 2022 im Entwurf ausgehändigten, mit ihm am 25. Februar 2022 erörterten und am 25. Februar 2022 in der Schlussfassung eröffneten Zweitbeurteilung nahm der Antragsteller wie folgt Stellung:
"Das positive Gesamturteil nehme ich zur Kenntnis. Trotzdem sind nach wie vor einige Unklarheiten nicht ausgeräumt. Insbesondere bleibt unklar, welche Bedeutung dem Beurteilungsbeitrag in den Abstimmungsgesprächen beigemessen wurde."
13 3. Für denselben Zeitraum wurde unter dem 25. Januar 2022 im Anteil Erstbeurteiler und unter dem 25. Februar 2022 im Anteil Zweitbeurteiler auch eine Personalentwicklungsbewertung in Bezug auf den Antragsteller erstellt.
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Der Erstbeurteiler bescheinigte dem Antragsteller das Potential bis in die Besoldungsgruppe A 16, sah ihn für Kommandeursverwendungen geeignet und schlug verschiedene Folgeverwendungen vor. In der zusammenfassenden Beschreibung heißt es begründend:
"leistungsstarker Generalstabsoffizier mit hervorragenden geistigen Anlagen. Hat sein erfreulich großes Potential noch lange nicht ausgeschöpft und sollte daher zunächst zügig im Ministerium förderlich verwendet werden. Weitere Leistungssteigerung auch weit über A 16 hinaus ist sicher zu erwarten."
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Der Antragsteller merkte zu dieser mit ihm am 12. Januar 2022 im Entwurf erörterten und ihm am 26. Januar 2022 in der Schlussfassung ausgehändigten Erstbeurteilung an:
"Ich widerspreche der Entwicklungsbewertung, da sie den Beurteilungsbeitrag, als einzig vorliegende Quelle, ignoriert und zudem noch ein negativeres Urteil fällt. Außerdem enthält sie direkte Widersprüche. Einerseits "Potential bis BesGrp A 16" (IV.), dann aber unter Feld VIII. "Leistungssteigerung weit über A 16 hinaus sicher zu erwarten"."
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Der Zweitbeurteiler bestätigte die Entwicklungsprognose und die Eignungsaussage des Erstbeurteilers, änderte aber die Hinweise zum Verwendungsaufbau ab. In seiner ergänzenden Stellungnahme führte er begründend aus:
"leistungsstarker junger GenStOffz mit klar erkennbarem Potenzial und Leistungswillen. Ein gezielter und rascher Aufbau sowie Förderung werden empfohlen. Auf der Grundlage des erkannten Potenzials und des derzeitigen Entwicklungsstands bestätige ich die Entwicklungsprognose bis BesGr A 16."
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Zu dem mit ihm am 25. Februar 2022 im Entwurf eröffneten und am selben Tage mit ihm erörterten Anteil des Zweitbeurteilers nahm der Antragsteller wie folgt Stellung:
"Das Beurteilungsbild ist auch nach Stellungnahme des Zweitbeurteilers nicht widerspruchsfrei. Es fehlt zudem nach wie vor an der Nachvollziehbarkeit auf welcher Grundlage und mit welchem Maßstab gemessen von den Einlassungen des BU-Beitrages abgewichen wird. Im Ergebnis trage ich die Einschätzung nicht mit."
18 4. Unter dem 15. März 2022 beschwerte sich der Antragsteller gegen die planmäßige Beurteilung und die Personalentwicklungsbewertung. Er wandte ein, die Beurteilung verstoße insbesondere in der Personalentwicklungsbewertung gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit. Der Beurteilungsbeitrag sei unzureichend berücksichtigt, so dass es an einer belastbaren Grundlage für die Beurteilung durch den Erst- und den Zweitbeurteiler fehle. Insbesondere die Personalentwicklungsbewertung weiche erheblich von dem Beurteilungsbeitrag ab, ohne dass ein Beurteiler hierfür hinreichende eigene Erkenntnisse habe und ohne plausiblen Grund. Die Abstimmung innerhalb der Vergleichsgruppe sei nicht haltbar. Man sei pauschal davon ausgegangen, die Bewertung im Beurteilungsbeitrag sei das Ergebnis einer inflationären Notenvergabe. In der internen Reihung sei er ausweislich der Angaben in der Erörterung wegen seiner bevorstehenden Versetzung nicht mehr betrachtet worden. Die Reihung sei Grundlage der Abstimmung geworden. Abstimmungen seien aber frühestens einen Monat vor dem Stichtag zulässig. Daher sei das Verfahren nicht ordnungsgemäß. Außerdem stütze dieser Umstand seine Rüge fehlender eigener Tatsachenkenntnis der Beurteiler jenseits des Beurteilungsbeitrages. Nach der Erörterung mit dem Zweitbeurteiler sei das Ergebnis der Personalentwicklungsbewertung durch eine vergleichende Betrachtung, was bei Entwicklungsperspektiven aber grundsätzlich nicht vorgesehen sei. Die Abweichung vom Beurteilungsbeitrag beruhe nicht auf Sachkenntnis. Es sei versäumt worden, weitere Erkenntnisquellen zu erschließen.
19 Am 29. März 2022 nahm der Zweitbeurteiler zu der Beschwerde Stellung.
20 Der Amtschef des ...amtes wies die Beschwerde mit Bescheid vom 31. März 2022 zurück. Die zulässige Beschwerde sei unbegründet. Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze seien nicht ersichtlich. Der Anteil Erstbeurteiler der Personalentwicklungsbewertung sei nicht widersprüchlich. Unter Punkt VIII werde nicht die Entwicklungsprognose von Punkt IV in Frage gestellt, vielmehr würden Einzelwertungen näher begründet. Der Zweitbeurteiler habe seine Einschätzung nachvollziehbar und glaubhaft begründet. Der Beurteilungsbeitrag sei von beiden Beurteilern zur Kenntnis genommen und in die Bewertung einbezogen worden, binde diese jedoch nicht in ihrer eigenständigen Einschätzung. Der Prozess der Abstimmungsgespräche sei nicht beschwerdefähig. Diese seien ordnungsgemäß durchgeführt und der Antragsteller sei auch einbezogen gewesen. Die Erstellung einer Personalentwicklungsbewertung nach vergleichender Betrachtung sei nicht ausgeschlossen. Die Einholung weiterer Erkenntnisquellen liege im Ermessen der Beurteiler, die dieses nicht fehlerhaft ausgeübt hätten.
21 Am 26. April 2022 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde und vertiefte seine bisherige Beschwerdebegründung.
22 Nachdem der Zweitbeurteiler ein weiteres Mal zum Vorbringen des Antragstellers Stellung genommen hatte, wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die weitere Beschwerde mit Bescheid vom 9. Januar 2023 zurück. Die Beurteilung entspreche den rechtlichen Vorgaben. Der Beurteilungsbeitrag des früheren Referatsleiters Oberst i.G. A sei bei der Erstellung berücksichtigt worden. Der Beurteilungsbeitrag binde die Beurteiler nicht. Diese hätten auch hinreichende Kenntnisse der Leistungen des Antragstellers gehabt. Dem Zweitbeurteiler sei er im gesamten Beurteilungszeitraum unterstellt gewesen. Wie sich aus dessen Stellungnahme vom 12. Mai 2022 ergebe, hätten sich beide Beurteiler durch Prüfung von Arbeitsergebnissen einen persönlichen Eindruck verschafft. Diese seien nicht als qualitativ schlecht bewertet worden. Man habe sie aber zulässigerweise mit den Arbeitsergebnissen anderer Angehöriger der Vergleichsgruppe verglichen und so ein Gesamturteil gebildet. Dies gelte auch für die Entwicklungsprognose.
23 5. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Februar 2023 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2024 dem Senat vorgelegt.
24 Zur Begründung verweist der Antragsteller auf seine Beschwerdebegründung und vertieft den Vortrag. Außerdem legt er ein Arbeitszeugnis der Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheit vom 3. September 2023 vor. Der Beurteilungsbeitrag vom 11. Februar 2021 sei bereits formal nicht richtig einbezogen worden. Die Beurteilung genüge auch wegen unzutreffender Angaben zu den Beurteilungsgesprächen nicht den Formvorgaben. Darüber hinaus sei sie materiell rechtswidrig, weil sie Beurteilungsgrundsätze verletze. Die inhaltlichen Anforderungen an die Kenntnisnahme und Auseinandersetzung mit dem Beurteilungsbeitrag von Oberst i.G. A seien nicht erfüllt. Zudem seien Richtwertvorgaben bloß schematisch angewandt worden, obwohl die Vergleichsgruppe nur aus 14 Personen bestehe. Diese sei zudem nicht hinreichend homogen zusammengesetzt. Dass die Personalentwicklungsbewertung rechtswidrig und aufzuheben sei, räume das Bundesministerium der Verteidigung ein. Dies gelte allerdings wegen der erhobenen Einwände auch für die Beurteilung.
25 Der Generalinspekteur der Bundeswehr regt an, dem Antrag im Hinblick auf die Personalentwicklungsbewertung stattzugeben, ihn im Übrigen aber zurückzuweisen. Er verweist auf die Ausführungen der Beschwerdebescheide und die Stellungnahmen des Zweitbeurteilers. Der Beurteilungsbeitrag habe lediglich systembedingt nicht in die IT-Unterstützung übernommen werden können. Er habe aber vorgelegen und sei auch berücksichtigt worden. Der Antragsteller messe diesem einen ihm nach Sinn und Zweck nicht zukommenden Stellenwert bei. Die Beurteiler seien nicht verpflichtet, die Wertungen des Beurteilungsbeitrages zu übernehmen. Sie hätten sich mit den Arbeitsergebnissen des Antragstellers auseinandergesetzt und diese mit den Arbeitsergebnissen anderer Soldaten verglichen. Dies genüge den Plausibilisierungsanforderungen. Die Gesamtnote "C +" sei letztlich nicht zu beanstanden. Der Ermessensspielraum zur Überschreitung der Richtwertvorgaben sei genutzt worden. Eine schematische Betrachtung habe nicht stattgefunden. Ein Anspruch auf eine noch höhere Spitzennote bestehe nicht. Die beurteilenden Vorgesetzten hätten hinreichende eigene Erkenntnisquellen genutzt.
26 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
27 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat teilweise Erfolg.
28 1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO), dass er die Aufhebung der planmäßigen Beurteilung und der Personalentwicklungsbewertung zum Stichtag 31. Juli 2021 sowie der Beschwerdebescheide vom 31. März 2022 und vom 9. Januar 2023 begehrt. Darüber hinaus verlangt er die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Veranlassung einer neuen Beurteilung zu diesem Stichtag nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats.
29 2. Der Antrag ist insgesamt zulässig.
30 Insbesondere hat der Antragsteller mit Recht die Regelbeurteilung und die Personalentwicklungsbewertung insgesamt und nicht lediglich den Anteil des Zweitbeurteilers zum Gegenstand seines Antrages gemacht (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 32).
31 Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten grundsätzlich nicht anfechtbar (vgl. auch Nr. 1201 Satz 1 AR A-1340/50). Sie sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 27 m. w. N. und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 31.17 - NVwZ-RR 2019, 54 Rn. 23). Dies macht der Antragsteller geltend, indem er Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze, insbesondere zur Widerspruchsfreiheit der Beurteilung (Nr. 401 AR A-1340/50), zum Bewertungsmaßstab (Nr. 403 AR A-1340/50) und zur Homogenität der Vergleichsgruppe (Nr. 905 ff. AR A-1340/50 und Anlage 15.1) rügt und eine unzureichende Berücksichtigung eines unstreitig erforderlichen Beurteilungsbeitrages einwendet. Letzteres betrifft die Beurteilungsgrundlagen und damit Nr. 402 AR A-1340/50.
32 3. Der Antrag ist aber nur begründet, soweit er sich auf die Personalentwicklungsbewertung des Antragstellers bezieht, während er in Bezug auf die Regelbeurteilung keinen Erfolg hat.
33 a) Die Personalentwicklungsbewertung ist - entsprechend dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten - bereits deshalb aufzuheben, weil es ihr bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Erstellung an einer hinreichenden normativen Grundlage fehlt und eine übergangsweise Fortgeltung der im Wesentlichen auf Verwaltungsvorschriften gestützten Praxis ausscheidet (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 64.22 - BVerwGE 180, 140 Rn. 31 ff.). Der Gesetzgeber hat zwar mit § 27a Abs. 3 und 4, § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG eine Rechtsgrundlage auch für die Personalentwicklungsbewertung geschaffen, diese aber erst mit Wirkung vom 23. Dezember 2023 und nicht rückwirkend für den hier in Rede stehenden Beurteilungszeitraum geschaffen. Auf die inhaltlichen Einwendungen des Antragstellers gegen die Personalentwicklungsbewertung kommt es hiernach nicht an. Einen Anspruch auf Neuerstellung hat er mangels einer Rechtsgrundlage dafür nicht. Er kann jedoch die Teilaufhebung der seine Beschwerde und weiteren Beschwerde auch in Bezug auf die Personalentwicklungsbewertung zurückweisenden Beschwerdebescheide verlangen. Auf die inhaltlichen Einwendungen gegen die Personalentwicklungsbewertung kommt es hiernach nicht mehr an.
34 b) Ein Anspruch auf Aufhebung folgt hinsichtlich der planmäßigen Beurteilung nicht schon daraus, dass es den hier maßgeblichen untergesetzlichen Beurteilungsvorschriften ebenso wie ihren Vorgängerbestimmungen zum Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage fehlte. Denn die am Beurteilungsstichtag 31. Juli 2021 geltenden Vorschriften der §§ 2, 3 SLV und die hierzu ergangenen Allgemeinen Regelungen (AR) A-1340/50 "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten" konnten auch vor Inkrafttreten von § 27a SG in der Fassung vom 20. Dezember 2023 für eine Übergangszeit weiter angewandt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 35 ff. m. w. N.). Für diese Übergangszeit ist auch dem Antragsteller die Anwendung der Vorgaben der AR A-1340/50 in der zum Beurteilungsstichtag geltenden Fassung zumutbar, weil bislang in gefestigter Rechtsprechung stets vom Ausreichen der Ermächtigungsgrundlage der Beurteilungsbestimmungen ausgegangen worden ist und weil nicht festzustellen ist, dass die für seine Beurteilung maßgeblichen Bestimmungen der AR A-1340/50 ebenso wie ihre Vorgängerbestimmungen materiell-rechtlich verfassungsrechtlichen Vorgaben ihrem Inhalt nach nicht genügen und seine Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte verletzen würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 49 ff. m. w. N.).
35 c) Die hier streitgegenständliche Regelbeurteilung sowie die dazu ergangenen Beschwerdebescheide sind bei Geltung der AR A-1340/50 nicht zu beanstanden.
36 aa) Dienstliche Beurteilungen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. – auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - juris Rn. 38, vom 21. März 2019 - 1 WB 6.18 - juris Rn. 28 und vom 26. November 2020 - 1 WRB 2.19 - juris Rn. 24 m. w. N.). Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das Bundesministerium der Verteidigung Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 30 m. w. N.).
37 Der inhaltliche Kern der Beurteilung, also die Ausfüllung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes des Soldaten, ist dagegen einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil es sich hierbei um ein höchstpersönliches, subjektives und insofern unvertretbares Werturteil des Beurteilenden handelt, das nicht durch die Einschätzung eines Außenstehenden ersetzt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 2013 - 1 WB 34.12 - juris Rn. 23).
38 bb) Hiernach greifen die erhobenen Bedenken nicht durch.
39 aaa) Die Regelbeurteilung ist nicht aus formellen Gründen aufzuheben.
40 Zwar trifft es zu, dass die Angaben zum Beurteilungsbeitrag des früheren Referatsleiters Oberst i.G. A vom 11. Februar 2021 im Beurteilungsformular missverständlich formuliert sind, da er nur in der Zeile vermerkt ist, die für den Grund für die Nichtberücksichtigung von Beurteilungsbeiträgen vorgesehen ist. Dies ist allerdings plausibel mit Defiziten der Technik erläutert worden. Dass Beurteilungsbeiträge nicht vorgelegen hätten, bedeutet hiernach nur, dass elektronische erfassbare Beiträge nach dem neuen Beurteilungssystem nicht vorlagen. Dies war hier auch nicht der Fall. Der Hinweis in der Folgezeile "RL I 4 alt vom 11.02.21" benennt den Beurteilungsbeitrag, der nach der Stellungnahme des Zweitbeurteilers vom 29. März 2022 in die Notenbildung einbezogen war, hinreichend konkret. Die sich aus der missverständlichen Eintragung unmittelbar davor ergebenden Zweifelsfragen waren bereits im Beschwerdeverfahren geklärt worden. Damit genügt der Dienstherr auch dem Plausibilisierungserfordernis.
41 Etwas Anderes folgt auch nicht wegen der nach Angaben des Antragstellers unzutreffenden Angaben zu Beurteilungsgesprächen. Wie das Bundesministerium der Verteidigung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des ...amtes erläutert hat, sind im Beurteilungsformular selbst nur die vom Beurteiler geführten Gespräche aufgeführt. Die vom Antragsteller weiter angeführten Gespräche sind im Beurteilungsbeitrag dokumentiert, auf den das Beurteilungsformular - wie ausgeführt noch hinreichend klar - verweist.
42 Nicht feststellbar sind weitere formelle Fehler bei der Durchführung der Abstimmungsgespräche. Der Zweitbeurteiler hat in seinen Stellungnahmen zum Beschwerdevorbringen glaubhaft dargetan, dass der Antragsteller hierbei berücksichtigt wurde und unter 14 Soldaten den fünften Rang erhalten hat. Er hat ausdrücklich auf mehrere Abstimmungsgespräche mit dem Erstbeurteiler als Grundlage seiner Entscheidung hingewiesen.
43 bbb) Auch materiell-rechtliche Einwände greifen nicht durch.
44 (1) Der Beurteilungsbeitrag von Oberst i.G. A vom 11. Februar 2021 wurde ausreichend berücksichtigt. Die Einholung weiterer Beurteilungsbeiträge war nicht veranlasst.
45 (a) Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Als solche sachkundigen Personen kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Soldaten aus eigener Anschauung kennen (vgl. zu Beamten BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 - BVerwGE 150, 359 Rn. 21 f. m. w. N.; zur Pflicht, Beurteilungsbeiträge einzuholen s. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2016 - 1 WB 30.15 - juris Rn. 34).
46 Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den beurteilenden Vorgesetzten berücksichtigt, d. h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte ist jedoch an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. Vielmehr hat er seine Bewertung auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch Beurteilungsbeiträge vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, in eigener Verantwortung zu treffen (BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 - juris Rn. 45 m. w. N.). Der beurteilende Vorgesetzte übt seinen Beurteilungsspielraum rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet; er ist jedoch nicht verpflichtet, im Einzelnen schriftlich darzulegen, in welchem Umfang die in seinen Bewertungen getroffene Gesamtwürdigung auf den eigenen Erkenntnissen und auf den Beiträgen Dritter beruht (BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2016 - 1 WB 30.15 - juris Rn. 34 m. w. N).
47 (b) Diesen Anforderungen genügt die Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrages des früheren Referatsleiters des Antragstellers. Die Einholung weiterer Beurteilungsbeiträge oder eines Arbeitszeugnisses der Stiftung Wissenschaft und Politik war nicht veranlasst.
48 Dass der Beurteilungsbeitrag des früheren Referatsleiters Oberst i.G. A eine der Grundlagen der Beurteilung war, ergibt sich nicht nur aus dem - wie oben ausgeführt noch hinreichend klarem - Hinweis auf der ersten Seite des Anteils Erstbeurteiler. Es wurde auch eindeutig klargestellt in den im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen des Zweitbeurteilers vom 29. März 2022 und vom 12. Mai 2022.
49 In diesen Stellungnahmen des Zweitbeurteilers zum Beschwerdevorbringen wird deutlich, dass die Abweichung von der besseren Bewertung der Leistungen durch den früheren Referatsleiter bewusst geschehen ist und dass dies auf strengeren Maßstäben von Erst- und Zweitbeurteiler beruhte, die nach ihrer jeweils höchstpersönlichen Einschätzung auf der Grundlage auch der eigenen Einsichtnahme in schriftliche Arbeitsergebnisse die Leistungen des Antragstellers weniger positiv beurteilten. Zwar weist dieser zutreffend darauf hin, dass die Beurteilung selbst keine ausreichende Erläuterung für die Abweichung vom Beurteilungsbeitrag ausweist. Dies ist aber weder üblich noch notwendig. Da - wie im Folgenden noch ausgeführt wird - die Plausibilisierung der Beurteilung im Beschwerdeverfahren erfolgt ist, ist den Anforderungen Genüge getan.
50 Das Gesamturteil und die Einzelbewertungen durften auch ohne Verkennung von Beurteilungsgrundsätzen mit einem Vergleich mit anderen Soldaten begründet werden, da eine rechtskonforme Anwendung der Quotenvorgaben es gebietet, die Leistungen von Angehörigen der Vergleichsgruppe zur Wahrung eines einheitlichen Maßstabes zu reihen und in Auswertung dieser Reihung Einzelmerkmale und Gesamtwertung in Übereinstimmung zu bringen. Diesen Vorgaben ist nur Rechnung zu tragen, wenn bei der Bewertung von Einzelmerkmalen und Gesamtbewertung der die Einheitlichkeit des Maßstabes sichernde vergleichende Blick auf andere Soldaten möglich bleibt.
51 Unerheblich ist, ob dem Arbeitszeugnis des Antragstellers vom 3. September 2023 eine bessere Bewertung seiner Leistungen zugrunde liegt. Das Arbeitszeugnis basiert nicht auf militärfachlichen Maßstäben nach der AR A-1340/50, wurde vielmehr von einer zivilen Stelle nach arbeitsrechtlichen Maßstäben verfasst. Es ist außerhalb der Notwendigkeit der Einhaltung von Richtwerten erstellt und Ausdruck der höchstpersönlichen Einschätzung anderer als der zur Beurteilung berufenen Vorgesetzten. Es belegt damit nicht, dass diese ihren höchstpersönlichen Einschätzungsspielraum mit einer abweichenden Wertung überschritten haben könnten und bietet auch keinen Anlass für weitere Aufklärungen.
52 Der Einholung zusätzlicher Beurteilungsbeiträge bedurfte es nach Maßgabe von Nr. 509 AR A-1340/50 nicht. Der Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. Juli 2021 wird ab dem 1. April 2021 durch das Unterstellungsverhältnis unter den Erstbeurteiler und dessen Eindrücke abgedeckt, die nicht nur auf persönlichen Begegnungen, sondern auch auf Einsicht in schriftliche Arbeitsleistungen beruhen. Für den Zeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 11. Februar 2021 liegt der Beurteilungsbeitrag von Oberst i.G. A vor. Der Zeitraum vom 12. Februar 2021 bis zum 1. April 2021 unterschreitet zwei Monate. Dass Erst- und Zweitbeurteiler - wie der Antragsteller glaubhaft erläutert - ihn nur in wenigen kurzen Gesprächen persönlich erlebt haben, führt nicht dazu, dass die Beurteilung auf unzureichender Tatsachengrundlage basiert. Die höchstpersönliche Einschätzung eines Beurteilers muss nicht notwendig auf persönlichen Kontakten beruhen. Sie kann vielmehr auch auf der eigenen Prüfung schriftlicher Arbeitsergebnisse basieren. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Verkettung ungünstiger Umstände. Auch diese Umstände - die Versetzung des Beurteilers vor dem Stichtag, seine Versetzung vor der Übernahme des neuen Vorgesetzten, die Änderung der Beurteilungsbestimmungen, das Fehlen persönlicher Kenntnisse wegen des abgesetzten Dienstpostens, die Pandemie - verpflichten weder den Erst- noch den Zweitbeurteiler zu einer Übernahme oder Fortschreibung eines Beurteilungsbeitrages.
53 (2) Die Zuordnung des Antragstellers zur Vergleichsgruppe und deren Zusammensetzung ist nicht zu beanstanden. Die Bildung einer Vergleichsgruppe nach der Funktionsebene war zulässig (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 50 ff. m. w. N.).
54 Für die Vergleichsgruppenbildung nach der Funktionsebene im Sinne des § 3 Abs. 2 SLV kommt es nach dem Wortlaut der Norm nur darauf an, dass die Soldatin oder der Soldat die Funktionsebene erreicht hat. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann auch das Erfordernis hergeleitet werden, dass die Funktion in einem beurteilungsrelevanten Zeitraum ausgeübt worden ist. Entscheidend ist allein, dass er in beurteilungsrelevantem Umfang solche Tätigkeiten ausgeübt hat (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2024 - 1 WB 27.24 - juris Rn. 41). Insoweit kommt es darauf an, ob die stellvertretende Wahrnehmung der Aufgaben des Referatsleiters eine Dauer von etwa sechs Monaten erreicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 15.20 - juris Rn. 49).
55 Vorliegend ist eine Vergleichsgruppenbildung nach Funktionsebenen vorgenommen worden, die 14 Soldaten der Besoldungsgruppen A 13 und A 14 jeweils ohne Leitungsfunktion zusammenfasst. Da in der streitgegenständlichen Beurteilung die Leistungsmerkmale 1.13 bis 1.15 nicht bewertet worden sind und sich weder nach seinem Vortrag noch nach den Ausführungen der Beurteilung oder des Beurteilungsbeitrages Hinweise auf eine Leitungstätigkeit von erheblicher Dauer ergeben, ist der Antragsteller der Vergleichsgruppe korrekt zugeordnet worden.
56 Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die weiteren Mitglieder der Vergleichsgruppe Leitungsfunktionen in erheblichem Umfange im Beurteilungszeitraum ausgeübt haben könnten und deswegen nicht Teil der Vergleichsgruppe hätten sein dürfen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat erläutert, dass es sich jeweils um Truppendienstoffiziere auf Dienstposten als G3 und Einsatzstabsoffizier handelte. Der tabellarischen Darstellung der Vergleichsgruppe durch das ...amt der Bundeswehr im gerichtlichen Antragsverfahren vom 25. März 2024 lässt sich entnehmen, dass es sich um Soldaten im Dienstgrad Major, Oberstleutnant und Fregattenkapitän handelt.
57 Soweit der Antragsteller die Homogenität der Vergleichsgruppe bestreitet, bleibt dies hiernach vage und unsubstantiiert. Anhaltspunkte für fehlerhafte tatsächliche Annahmen, die der Vergleichsgruppenbildung oder seiner Einbeziehung in diese zugrunde liegen und denen durch Beweiserhebung weiter nachgegangen werden könnte, sind weder aufgezeigt noch ersichtlich. Beweisanregungen ist daher nicht weiter nachzugehen, da es sich um Ausforschungsanträge handelt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 - NVwZ 2017, 1388 Rn. 7).
58 (3) Nicht zu beanstanden ist auch die Anwendung von Richtwertvorgaben nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 SLV.
59 In der fraglichen Vergleichsgruppe wären bei strikter Anwendung der Vorgabe, nur 5 % der Mitglieder mit "A", 10 % mit "B" nur 15 % mit "C" zu bewerten, nur vier Bewertungen im quotierten Bereich möglich gewesen.
60 Da eine unmittelbare Anwendung der Richtwerte wegen der nicht hinreichenden Größe der Vergleichsgruppe hier aber nicht in Betracht kam, muss nach Nr. 2.2 Satz 1 der Anlage 15.4 ("Hilfen für die Maßstabswahrung") zur AR A-1340/50 eine Differenzierung in geeigneter Weise erfolgen. Dabei gilt als Anhalt, dass bei einer Fallzahl zwischen zehn und 20 Vergleichsgruppenmitgliedern ca. 25 % der zu Beurteilenden maximal den Notenstufen "A" bis "B" und ca. 20 % der Notenstufe "C" zugeordnet werden dürfen (vgl. Nr. 2.2 Satz 2, 2. Spiegelstrich der Anlage 15.4 zur AR A-1340/50). Diese Vorgaben dürfen jedoch nicht als zwingende Leitlinien missverstanden werden. Um die Gefahr einer schematischen Umsetzung zu vermeiden, sind sie vielmehr als Orientierungsrahmen zu betrachten, bei dessen Anwendung dem zuständigen Beurteiler ein Ermessensspielraum eingeräumt ist; die Annahme einer Bindung an die besagten Vorgaben wäre jedenfalls ermessensfehlerhaft (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 78).
61 Hier hat das Bundesministerium der Verteidigung erläutert, dass dem durch die AR eröffneten Spielraum durch die Vergabe von insgesamt fünf Bewertungen im quotierten Bereich, davon dreimal "A" oder "B" und zweimal "C" Rechnung getragen wurde. Damit wurden die Erweiterungsmöglichkeiten ausgenutzt. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist hiernach ebenso wenig feststellbar wie seine Verkennung. Da nach den glaubhaften Ausführungen des Zweibeurteilers im Beschwerdeverfahren die Leistungen des Antragstellers nach den Einschätzungen der Beurteiler angemessen durch seine Reihung auf Platz fünf der Vergleichsgruppe erfasst und damit mit einem ohne Weiteres möglichen "C +" adäquat bewertet waren, bedurfte es keiner weiteren Abweichung von Vorgaben der AR A-1340/50. Diese wurde damit auch nicht bloß schematisch angewandt.
62 (4) Dem Plausibilisierungserfordernis wurde genügt.
63 (a) Zwar ist vor dem Hintergrund, dass dienstliche Beurteilungen in einer großen Zahl vergleichbarer Fälle zeitgleich erlassen werden, grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr die Begründung von dienstlichen Beurteilungen standardisiert und vereinfacht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245 <246 f.>). Nach dem Rechtsgedanken des § 39 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG darf der Dienstherr sich darauf beschränken, in den dienstlichen Beurteilungen nur die zusammenfassenden Werturteile (Benotungen) zu den für bestimmte Ämter maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien mitzuteilen und aus diesen Einzelbeurteilungen ein Gesamturteil zu bilden. Für die Einzelbewertungen kann er auch - wie hier - ein Ankreuzverfahren vorsehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 11 und Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 60 ff.).
64 Allerdings muss die Leistungsbewertung nachvollziehbar und plausibel erläutert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 65 ff. m. w. N.). Die Verpflichtung zur Plausibilisierung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile und die Darlegung von Zweifeln an der Richtigkeit dieser Werturteile stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander. Hält der Soldat die dienstliche Beurteilung trotz einer Erläuterung durch den Dienstherrn für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die er entweder für unklar oder für unzutreffend hält. Hat der Dienstherr seinen Standpunkt etwa in Gesprächen dargestellt, genügt es danach nicht mehr, Einzelbewertungen oder das Gesamturteil als nicht nachvollziehbar zu bezeichnen. In einer solchen Situation liegt es vielmehr am Soldaten klarzustellen, hinsichtlich welchen Werturteils und aus welchem Grund er einen weiteren Erläuterungsbedarf sieht (BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2018 - 1 WB 31.17 - NVwZ-RR 2019, 54 Rn. 46). Entspricht der Soldat diesen Anforderungen, etwa im Beschwerdeverfahren, ist der Dienstherr gehalten, der Kritik nachzugehen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, um seiner Plausibilisierungspflicht zu genügen und hierdurch die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung zu wahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240 Rn. 37).
65 (b) Diese Anforderungen hat der Dienstherr im Beschwerdeverfahren erfüllt. In diesem hat er zu dem Beschwerdevorbringen jeweils Stellungnahmen des Zweitbeurteilers eingeholt. Dieser hat sich in einem per LoNo am 29. März 2022 übersandten Schreiben und einer E-Mail vom 12. Mai 2022 mit den Einwänden des Antragstellers auseinandergesetzt. Darin hat er erläutert, dass und warum er und der Erstbeurteiler die für den Antragsteller günstigere Bewertung von Oberst i.G. A nicht teilten und die Abweichung vom Beurteilungsbeitrag damit nachvollziehbar erläutert. Insbesondere hat er sich nicht lediglich schematisch auf seinen Einschätzungsspielraum und den des Erstbeurteilers berufen, sondern dargetan, dass dieser sich auch durch Einsicht in schriftliche Arbeitsergebnisse des Antragstellers einen eigenen Eindruck von dessen Leistungen verschafft hat und diesen im Vergleich mit Arbeitsergebnissen von Soldaten der Vergleichsgruppe nicht die Qualität herausgehobener Spitzenleistungen zuerkannt hatte. Die Frage nach der Qualität von Arbeitsergebnissen gerade im Vergleich mit denjenigen anderer Soldaten einer vergleichbaren Funktionsebene fällt in den höchstpersönlichen Einschätzungsspielraum, dessen Überschreitung nicht dadurch aufgezeigt wird, dass der Antragsteller selbst oder - wie hier andere Vorgesetzte - die Leistungen besser bewerten. Soweit der Antragsteller die Berechtigung der Kritik an seinen schriftlichen Arbeitsleistungen unter Verweis auf das Angebot einer Promotionsstelle und bessere Bewertungen aus seinem unmittelbaren Arbeitsumfeld in Abrede stellt, dringt er damit nicht durch. Zum einen betrifft dies den höchstpersönlichen Einschätzungsspielraum jedes Beurteilers. Insoweit darf auch das Gericht nicht seine Einschätzung an die Stelle der Einschätzung des zuständigen Beurteilers setzen. Zum anderen verkennt er, dass eine weniger positive Einschätzung seiner Publikationen durch Erst- und Zweitbeurteiler im konkreten Fall keineswegs bedeuten, dass diese ihm "am Fließband schlechte Publikationen" bescheinigen würden. Ihm sind vielmehr überdurchschnittliche, wenn auch nicht herausragende Leistungen bescheinigt worden.
66 Entgegen der Einschätzung des Antragstellers war die vorgenommene vergleichende Betrachtung - wie oben bereits ausgeführt - nicht rechtswidrig. Die Notwendigkeit, einen einheitlichen Bewertungsmaßstab zu gewährleisten, verlangt es vielmehr, die erbrachten Leistungen mit denjenigen anderer Vergleichsgruppenmitglieder in Beziehung zu setzen, damit über eine Reihung der Gesamtbewertung und der Bewertung der Einzelmerkmale einheitliche Anforderungen angelegt werden können.
67 (5) Die Beurteilung ist auch nicht entgegen Nr. 401 Satz 1 AR A-1340/50 in sich widersprüchlich. Insbesondere ist die Gesamtbewertung von "C +" noch schlüssig aus der Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbeurteilung ableitbar. Der Antragsteller wurde in sechs Einzelmerkmalen mit der zweithöchsten - dem "B" entsprechenden - Notenstufe und in vier Einzelmerkmalen mit der dem "C" entsprechenden Notenstufe bewertet. Da die Gesamtbewertung sich nicht mathematisch aus den Bewertungen der Einzelmerkmale ergeben muss (vgl. Nr. 905 Satz 2 AR A-1340/50), trägt die Bewertung im quotierten Bereich der die Normalleistung hier übertreffenden Bewertung aller Einzelmerkmale Rechnung und die über die Bewertung mit "C" hinausgehende Tendenz wird durch die Binnendifferenzierung mit "+" aufgenommen, so dass Gesamt- und Einzelbewertungen jedenfalls nicht in Widerspruch zueinander stehen.
68 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.