Beschluss vom 18.12.2024 -
BVerwG 8 B 13.24ECLI:DE:BVerwG:2024:181224B8B13.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 18.12.2024 - 8 B 13.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:181224B8B13.24.0]
Beschluss
BVerwG 8 B 13.24
- VG Berlin - 15.02.2024 - AZ: 29 K 112/22
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller und Dr. Meister
beschlossen:
- Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Februar 2024 wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Mit Bescheid vom 21. Oktober 2014 stellte die Beklagte fest, die Klägerin sei Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1a VermG in Bezug auf das ehemalige Unternehmen Bankhaus G. & Co. OHG (Tenorziffer 1) und die Rückübertragung des vorgenannten Unternehmens sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG ausgeschlossen (Tenorziffer 2). Mit Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 21. Juni 2022 hob die Beklagte den Bescheid vom 21. Oktober 2014 teilweise auf. Tenorziffer 1 wurde neu gefasst und nunmehr festgestellt, die Klägerin sei Berechtigte im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1a VermG i. V. m. § 1 Abs. 1a Satz 2 NS-VEntschG in Bezug auf das ehemalige Unternehmen Bankhaus G. & Co. OHG. Tenorziffer 2 wurde vollständig aufgehoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ein die Frist des § 30a VermG wahrender Restitutionsantrag sei für das Unternehmen Bankhaus G. & Co. OHG nicht gestellt worden. Die in der Globalanmeldung ANM-3 der Klägerin aufgeführten Unterlagen führten nicht zu diesem Unternehmen. Die Klägerin könne sich aber auf § 1 Abs. 1a Satz 2 NS-VEntschG berufen. Sie habe am 7. Juni 1994 zu ihrer Globalanmeldung ANM-3 den verfahrensgegenständlichen Vermögenswert benannt und ihren Antrag mit Schreiben vom 5. Juli 2006 auf Entschädigung beschränkt. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid vom 21. Juni 2022 mit Urteil vom 15. Februar 2024 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Unternehmen Bankhaus G. & Co. OHG sei bereits mit der Globalanmeldung ANM-3 wirksam angemeldet worden, weil die dort benannten Unterlagen entgegen der Ansicht der Beklagten in der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung verlangten Weise zu ihm hinführten. Die Revision gegen sein Urteil hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen.
2 Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat keinen Erfolg. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2019 - 8 B 37.18 - juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
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Die Fragen,
ob ein auf der Grundlage der Globalanmeldung ANM-3 geltend gemachter Restitutionsanspruch untergegangen ist, wenn dieser gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 NS-VEntschG auf Entschädigung beschränkt worden ist mit der Folge, dass dieser nicht mehr Gegenstand des Verfahrens und ausschließlich über den auf Entschädigung beschränkten Antrag zu entscheiden ist,
und
ob eine Beschränkung des Antrages auf Entschädigung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 NS-VEntschG unbeachtlich ist, wenn eine wirksame Konkretisierung eines Vermögenswertes aufgrund der Globalanmeldung ANM-3 vorliegt,
verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden. Für das angegriffene Urteil waren sie nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat sich zu den Folgen, die eine Antragsbeschränkung auf Entschädigung gemäß § 1 Abs. 1a NS-VEntschG für den ursprünglichen, mittels Globalanmeldung und Präzisierungen geltend gemachten Restitutionsantrag hat, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nur mit vorläufigen Erwägungen geäußert, ohne sich insoweit auf eine Rechtsauffassung festzulegen oder gar seine Entscheidung darauf zu stützen. Es hat das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin nur aus dem Umstand abgeleitet, dass sich die Entscheidung über den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2022 auf Ansprüche der Klägerin wegen nicht verfahrensgegenständlicher Beteiligungen des Unternehmens Bankhaus G. & Co. OHG auswirken könne. Eine nach § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG wirksame, fristgerecht präzisierte Globalanmeldung könne geeignet sein, der Klägerin Ansprüche auf ergänzende Bruchteilsrestitution nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG zu vermitteln. Dagegen spreche nicht, dass die Klägerin meine, auch hinsichtlich der Beteiligungen einen wirksamen Antrag auf Entschädigung gestellt zu haben, denn dies werde von der Beklagten in den entsprechenden Verfahren bestritten.
4 Der Zusatz, "dies [...] dürfte zudem unzutreffend sein", weil eine Konkretisierung nach § 1 Abs. 1a NS-VEntschG wirksame Präzisierungen der Globalanmeldung "wohl nicht überhol[e]", formuliert wegen der Verwendung des Konjunktivs und der ausdrücklichen Relativierung keinen entscheidungstragenden Rechtssatz. Er stellt sich vielmehr als eine vorläufige, noch nicht abschließende Erwägung dar, auf die es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht mehr ankam. Aus seiner Sicht ergab sich das Rechtsschutzbedürfnis bereits aus den voranstehenden, tragenden Gründen und wurde die im obiter dictum angesprochene Frage erst in den Streitigkeiten um die nicht verfahrensgegenständlichen Beteiligungen entscheidungserheblich.
5 Aus dem Verweis des Verwaltungsgerichts auf Randnummer 55 des eigenen Urteils vom 20. Juli 2022 - VG 29 K 368.18 - (juris) ergibt sich nichts anderes. Die zitierte Stelle verneint im seinerzeit entschiedenen Fall die unmittelbare Anwendbarkeit von § 1 Abs. 1a Satz 2 NS-VEntschG und erläutert die Funktion der Vorschrift, bei unzureichend konkretisierter Globalanmeldung eine nachträgliche Präzisierung unter Beschränkung des Antrags auf Entschädigung zu ermöglichen. Zur Frage, ob Ansprüche aus wirksamen Globalanmeldungen infolge eines Antrags nach § 1 Abs. 1a NS-VEntschG erlöschen, äußert das vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil sich nicht.
6 Auch seine Ausführungen zur Begründetheit, die sich auf die Wirksamkeit der Anmeldung konzentrieren, gehen darauf nicht ein. Aus dem Schweigen des Verwaltungsgerichts lässt sich nicht schließen, dass es diese Frage in bestimmter Weise beantwortet hat. Vielmehr lassen seine oben erörterten Ausführungen erkennen, dass es sie - zu Recht oder Unrecht - für nicht erheblich hielt.
7 Die Beschwerdebegründung (Seite 7 und 10) stellt deshalb zutreffend fest, das Verwaltungsgericht habe sich mit der ersten als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Frage nicht auseinandergesetzt und sei der zweiten nicht nachgegangen. Damit fehlt es an der erforderlichen Klärungsfähigkeit mindestens einer der beiden Fragen.
8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.