Beschluss vom 18.05.2005 -
BVerwG 4 B 23.05ECLI:DE:BVerwG:2005:180505B4B23.05.0
Beschluss
BVerwG 4 B 23.05
- Schleswig-Holsteinisches OVG - 20.01.2005 - AZ: OVG 1 LB 37/04
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w , den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
beschlossen:
- Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
- Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache besitzt nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beigeladenen beimessen.
Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob es "zur hinreichenden Berücksichtigung des Abwägungsgebotes nach § 1 Abs. 6 BauGB und des Begründungserfordernisses nach § 9 Abs. 4 BauGB einer konkreten und hinreichend bestimmten Regelung auch hinsichtlich Gestaltungsregeln" bedarf. Die Frage zielt auf die im Streitfall umstrittene baugestalterische Festsetzung zur Dachgestaltung, nach der nur Ziegel- und Dachsteine u.a. "in roten bis braunen Farbtönen" zulässig sind. Die aufgeworfene Rechtsfrage würde sich in einem Revisionsverfahren aus mehreren Gründen nicht stellen.
Die Fragestellung geht von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen aus. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die umstrittene Festsetzung zu den Dachmaterialien eine örtliche Baugestaltungsvorschrift im Sinne von § 92 Abs. 1 Nr. 1 LBO darstellt und als solche gemäß § 9 Abs. 4 BauGB in den Bebauungsplan Nr. 34 der Klägerin aufgenommen worden ist. Die Aufnahme in den Bebauungsplan lässt den landesrechtlichen Charakter dieser Regelung als Norm des Bauordnungsrechts unberührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1995 - BVerwG 4 C 3.94 - NVwZ 1995, 899 <900>; Urteil vom 16. Dezember 1993 - BVerwG 4 C 22.92 - Buchholz 406.11 § 29 BauGB Nr. 52 = NVwZ 1994, 1010 <1011>). Rechtsgrundlage solcher baugestalterischen Festsetzungen bleibt das Landesrecht. Soweit durch landesrechtliche Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist, richtet sich deshalb der zulässige Inhalt dieser Festsetzungen nicht nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs. § 9 Abs. 4 BauGB gestattet es den Bundesländern zwar, das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB n.F. (§ 1 Abs. 6 BauGB a.F.) bei dem Erlass örtlicher Bauvorschriften für anwendbar zu erklären. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist jedoch zu entnehmen, dass dies in Schleswig-Holstein nicht geschehen ist. Das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot findet deshalb auf die hier umstrittene Festsetzung zur Dachgestaltung keine Anwendung.
Die Beschwerde entnimmt der Vorschrift des § 9 Abs. 4 BauGB ein "Begründungserfordernis". Dabei unterliegt sie einem Missverständnis. Diese Vorschrift erweitert die Festsetzungsmöglichkeiten um Regelungen, die auf Landesrecht beruhen. § 9 Abs. 8 BauGB bestimmt, dass dem Bebauungsplan eine Begründung beizufügen ist. Ob und in welchem Umfang die Begründung eines Bebauungsplans im Einzelnen Aufschluss über den Abwägungsvorgang geben muss, ist eine Frage des Einzelfalls und einer verallgemeinerungsfähigen Klärung grundsätzlicher Art nicht zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. November 1992 - BVerwG 4 NB 28.92 - NVwZ-RR 1993, 286).
Soweit die Beschwerde die vorbezeichnete Fragestellung mit weiteren Fragen zum rechtlich gebotenen Maß hinreichender Bestimmtheit einer Baugestaltungsregelung verbindet, nach der Ziegel- und Dachsteine nur "in roten bis braunen Farbtönen" zulässig sind, wirft sie keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen des revisiblen Rechts auf. Bebauungspläne sind Bestandteil des nicht-revisiblen Landesrechts, deren Auslegung dem Tatrichter vorbehalten ist. Welches Maß an Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit eine baugestalterische Festsetzung aufweisen muss, um ihre Steuerungsfunktion im Rahmen eines Bebauungsplans erfüllen zu können, beurteilt sich nach den konkreten Zielvorstellungen der Gemeinde und unterliegt der tatrichterlichen Würdigung. Der Sache nach stellen die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen einen Angriff gegen die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung und Planauslegung dar. Mit solchen auf den Einzelfall zugeschnittenen Rügen kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht begründet werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.