Verfahrensinformation

Die Antragstellerinnen in den drei Normenkontrollverfahren betreiben einen Elektronikfachmarkt (BVerwG 3 CN 7.22), sogenannte Non-Food-Einzelhandelsgeschäfte (BVerwG 3 CN 11.22) bzw. Möbel- und Einrichtungshäuser (BVerwG 3 CN 12.22). Sie wenden sich gegen zwischenzeitlich außer Kraft getretene Bestimmungen der saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) aus Februar und März 2021.


§ 7 Abs. 3 VO-CP in der Fassung vom 18. Februar 2021 ordnete Betriebsschließungen an. Die Vorschrift untersagte grundsätzlich die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels; Ausnahmen waren unter anderem für den Lebensmittelhandel und Drogeriemärkte vorgesehen. Wenn der jeweils erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwog, durften diese Betriebe auch andere Sortimente vertreiben, sie die gewöhnlich verkauften ("Mischsortimentsklausel"). Die Antragstellerinnen haben hinsichtlich dieser Regelungen Normenkontrollanträge gestellt und sich dabei unter anderem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass die vom Öffnungsverbot ausgenommenen Ladengeschäfte auch Waren verkauften dürften, die nicht zu den erlaubten Sortimentsteilen gehörten und mit denen sie, die Antragstellerinnen, ebenfalls handelten. Die Antragstellerinnen des Verfahrens BVerwG 3 CN 12.22 haben sich zudem gegen spätere Fassungen der Norm gewandt, die die Öffnung von nicht von den Ausnahmeregelungen erfassten Ladengeschäften des Einzelhandels zuließ, wenn nach vorheriger Vereinbarung Termine für den Besuch vergeben wurden.


Mit Urteilen vom 21. Juli 2022 bzw. 15. September 2022 hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen angegriffenen Vorschriften festgestellt. § 7 Abs. 3 VO-CP in der Fassung vom 18. Februar 2021 habe gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Die Zulässigkeit des Verkaufs von Mischsortimenten durch die privilegierten Betriebe habe aus Sicht der Antragstellerinnen und anderer Einzelhändler, die mit entsprechenden Waren handelten, eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung beinhaltet. Im Verfahren BVerwG 3 CN 12.22 hat das Oberverwaltungsgericht zudem die Unwirksamkeit von § 7 Abs. 3 VO-CP in der Fassung vom 26. Februar und 6. März 2021 festgestellt, soweit die Vorschrift den Betrieb von Einrichtungs- und Möbelhäusern verbot. Auch insoweit hat es einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bejaht; zudem hätten die Bestimmungen die Grundrechte der Antragstellerinnen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG verletzt.


Gegen diese Entscheidungen wendet sich der Antragsgegner jeweils mit der Revision.


Pressemitteilung Nr. 16/2024 vom 18.04.2024

Corona-Pandemie: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes muss erneut über die Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels im Februar und März 2021 entscheiden

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute drei Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes zu Schließungen und Beschränkungen des Einzelhandels im Saarland im Februar und März 2021 aufgehoben und die Sachen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.


Die Antragstellerinnen in den drei Normenkontrollverfahren betreiben einen Elektronikfachmarkt (BVerwG 3 CN 7.22), sogenannte Non-Food-Einzelhandelsgeschäfte (BVerwG 3 CN 11.22) bzw. Möbel- und Einrichtungshäuser (BVerwG 3 CN 12.22). Sie wenden sich gegen die Schließung von Ladengeschäften durch § 7 Abs. 3 der saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) vom 18. Februar 2021. Nach dieser Vorschrift war die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels grundsätzlich untersagt; Ausnahmen waren unter anderem für den Lebensmittelhandel und Drogeriemärkte vorgesehen. Wenn der jeweils erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwog, durften diese Geschäfte auch andere Sortimente vertreiben, die sie gewöhnlich verkauften ("Mischsortimentsklausel"). Die Antragstellerinnen des Verfahrens BVerwG 3 CN 12.22 wenden sich zudem gegen spätere Fassungen der Norm, die die Öffnung von nicht von den Ausnahmeregelungen erfassten Ladengeschäften des Einzelhandels nur zuließ, wenn nach vorheriger Vereinbarung Termine für den Besuch vergeben wurden ("Click & Meet").


Mit Urteilen vom 21. Juli 2022 bzw. 15. September 2022 hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die Unwirksamkeit des § 7 Abs. 3 VO-CP vom 18. Februar 2021 festgestellt. Die Vorschrift habe gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, denn die Zulässigkeit des Verkaufs von Mischsortimenten durch die privilegierten Betriebe habe die Antragstellerinnen gleichheitswidrig belastet. Im Verfahren BVerwG 3 CN 12.22 hat das Oberverwaltungsgericht die Unwirksamkeit des § 7 Abs. 3 VO-CP vom 18. Februar, 26. Februar und 6. März 2021 festgestellt, soweit die Vorschriften den Betrieb von Einrichtungs- und Möbelhäusern verboten. Auch insoweit hat es einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bejaht; außerdem hätten die Bestimmungen unverhältnismäßig in die Grundrechte der Antragstellerinnen eingegriffen.


Auf die Revisionen des Saarlandes hat das Bundesverwaltungsgericht die Urteile aufgehoben und die Sachen an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Bewertung, die sogenannte Mischsortimentsklausel habe gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, auf zu schmaler Tatsachengrundlage getroffen; seine Feststellungen genügen nicht, um einen sachlichen Grund für die gerügte Ungleichbehandlung zu verneinen. Bei der Annahme, die angegriffenen Vorschriften seien unverhältnismäßig und damit unwirksam gewesen, soweit der Betrieb von Möbel- und Einrichtungshäusern untersagt war, hat es die Erforderlichkeit der Maßnahmen verneint, ohne − wie geboten − den Einschätzungsspielraum und die Typisierungsbefugnis des Verordnungsgebers zu berücksichtigen. Zudem hat es bei der Prüfung der Wirksamkeit von stattdessen in Betracht kommenden Hygienemaßnahmen allein die Ladengeschäfte der Antragstellerinnen betrachtet, ohne die übrigen Möbel- und Einrichtungshäuser in den Blick zu nehmen.


Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht abschließend über die Anträge entscheiden; das hat zur Zurückverweisung der Verfahren an das Oberverwaltungsgericht geführt.


BVerwG 3 CN 7.22

Vorinstanz:

OVG Saarlouis, OVG 2 C 64/21 - Urteil vom 21. Juli 2022 -

BVerwG 3 CN 11.22

Vorinstanz:

OVG Saarlouis, OVG 2 C 67/21 - Urteil vom 15. September 2022 -

BVerwG 3 CN 12.22

Vorinstanz:

OVG Saarlouis, OVG 2 C 62/21 - Urteil vom 15. September 2022 -


Urteil vom 18.04.2024 -
BVerwG 3 CN 7.22ECLI:DE:BVerwG:2024:180424U3CN7.22.0

Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels aus Anlass der Corona-Pandemie

Leitsatz:

Nach § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG in der Fassung des Gesetzes vom 18. November 2020 sind Rechtsverordnungen, die notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 regeln, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen; daraus folgt nicht, dass Gerichte der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer solchen Verordnung nur Erwägungen und Feststellungen zugrunde legen dürfen, die in der Begründung enthalten sind.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1
    VwGO § 47 Abs. 1, §§ 137, 144 Abs. 3 und 4
    IfSG i. d. F. des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 28a
    VO-CP vom 18. Februar 2021 (Saarland) § 7 Abs. 3

  • OVG Saarlouis - 21.07.2022 - AZ: 2 C 64/21

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 18.04.2024 - 3 CN 7.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:180424U3CN7.22.0]

Urteil

BVerwG 3 CN 7.22

  • OVG Saarlouis - 21.07.2022 - AZ: 2 C 64/21

In der Normenkontrollsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. Juli 2022 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin betreibt einen Elektronikfachmarkt in Saarbrücken. Mit ihrem Normenkontrollantrag wendet sie sich gegen § 7 Abs. 3 der saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) vom 18. Februar 2021 (Amtsblatt des Saarlandes Teil I <Amtsbl. I> S. 402, 405).

2 Die Verordnung der Landesregierung war gestützt auf (u. a.) § 32 Satz 1 und 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 28a des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zum damaligen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 4a des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3136; im Folgenden: IfSG). Sie galt vom 22. Februar 2021 bis zum 28. Februar 2021 (§ 14 VO-CP, Art. 4 der Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 18. Februar 2021 <Amtsbl. I S. 402, 416>). Ihr § 7 Abs. 3 lautete:
"(3) Untersagt ist die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels sowie die Öffnung von Ladenlokalen, deren Betreten zur Entgegennahme einer Dienst- oder Werkleistung erforderlich ist. Von dem Verbot des Satzes 1 ausgenommen sind
1. Lebensmittelhandel, auch Getränkemärkte und Wochenmärkte, deren Warenangebot den zulässigen Einzelhandelsbetrieben entspricht, Direktvermarkter von Lebensmitteln,
2. Abhol- und Lieferdienste,
3. Tierbedarfsmärkte und Futtermittelmärkte,
4. Banken und Sparkassen,
5. Apotheken, Drogeriemärkte und Sanitätshäuser, Reformhäuser,
6. Optiker und Hörgeräteakustiker,
7. Post und sonstige Annahmestellen des Versandhandels,
8. Tankstellen, Raststätten,
9. Reinigungen und Waschsalons,
10. Zeitungskioske, Zeitungsverkaufsstellen,
11. Online-Handel,
12. Babyfachmärkte,
13. Werkstatt und Reparaturannahmen,
14. Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe,
15. Großhandel,
16. karitative Einrichtungen.
Mischsortimente in SB-Warenhäusern oder Vollsortimentgeschäften sowie in Discountern und Supermärkten und sonstigen Ladengeschäften dürfen verkauft werden, wenn der erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwiegt (Schwerpunktprinzip). Diese Betriebe dürfen alle Sortimente vertreiben, die sie gewöhnlich - auch in Form von Aktionsangeboten - verkaufen. Ein Bewerben über das Betriebsgelände hinaus von Warenarten oder Sortimenten, die nicht unter die Nummern 1 bis 10 und 12 bis 14 des Satzes 2 fallen, ist diesen Betrieben allerdings untersagt. Eine Ausweitung des Angebots über das zum 12. Dezember 2020 geltende Angebot hinaus ist grundsätzlich nicht erlaubt."

3 Zur Begründung ihres am 26. Februar 2021 beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes anhängig gemachten Normenkontrollantrags hat die Antragstellerin unter anderem vorgetragen, durch die Betriebsschließungen sei unverhältnismäßig in ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen worden. Zudem hätten Einzelhändler mit gemischtem Sortiment Elektronikwaren verkaufen dürfen, die sie selbst in ihrem Markt nicht habe anbieten dürfen. Dies habe eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dargestellt.

4 Mit Urteil vom 21. Juli 2022 hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass § 7 Abs. 3 VO-CP in der ab dem 22. Februar 2021 gültigen Fassung unwirksam war. Der Normenkontrollantrag sei zulässig. Die Antragstellerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des § 7 Abs. 3 VO-CP vom 18. Februar 2021, denn die begehrte Feststellung habe eine präjudizielle Wirkung für Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche. Der Antrag sei auch begründet. § 7 Abs. 3 VO-CP erweise sich wegen der gleichheitswidrigen Belastung der Antragstellerin gegenüber den privilegierten Einzelhandelsbetrieben als materiell rechtswidrig. Die Zulassung des Verkaufs von Mischsortimenten in § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP habe aus Sicht der Antragstellerin und anderer sortimentsbezogen betroffener Einzelhändler gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Bei der Ermittlung der Gleichheits- oder Ungleichheitskriterien im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG komme es hier nur auf seuchenrechtlich relevante Tatbestände, Umstände und Gesichtspunkte am Maßstab des Ziels an, mit den streitgegenständlichen - befristeten - Öffnungsverboten eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Eine seuchenrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung habe die Mischsortimentsklausel des § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP jedenfalls für die spezialisierten Einzelhändler bedeutet, die - wie auch die Antragstellerin - ein Warensortiment handelten, das nicht sie, demgegenüber aber die großen SB-Warenhäuser, Vollsortimenter, Discounter und Supermärkte hätten bedienen können.

5 Mit seiner Revision macht der Antragsgegner geltend, der Normenkontrollantrag sei unzulässig. Es fehle am Feststellungsinteresse der Antragstellerin, denn ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch sei offensichtlich ausgeschlossen. Der Antrag sei auch unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Mischsortimentsklausel des § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP habe zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung geführt, verstoße gegen Bundesrecht. Die von den Betriebsschließungen ausgenommenen Ladengeschäfte hätten der Deckung eines häufiger auftretenden und in der Regel durch schnellen Einkauf zu befriedigenden Bedarfs und damit der Grundversorgung im weiteren Sinne gedient. Dass diesen Einzelhandelsbetrieben auch der Verkauf von nicht privilegierten Warensortimenten erlaubt gewesen sei, bedeute keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Mit der Beschränkung des Verkaufs auf diejenigen Stellen, die überwiegend privilegierte Warensortimente angeboten hätten, habe sich auch der Kundenstrom und damit die Gefahr der Übertragung des Virus auf diejenigen Verkaufsstellen beschränkt, die zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa mit Lebensmitteln, ohnehin aufgesucht würden. Der zusätzliche Verkauf von nicht privilegierten Warensortimenten habe nicht notwendig zu einer Erhöhung des Ansteckungsrisikos geführt; es sei grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung der Kontakte zwischen Personen gekommen, wie sie anzunehmen gewesen wäre, wenn für derartige Besorgungen eine weitere Verkaufsstelle aufgesucht worden wäre.

6 Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

II

7 Die zulässige Revision des Antragsgegners ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Allerdings geht die Rüge des Antragsgegners fehl, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig (1.). Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP vom 18. Februar 2021 habe gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, stellt sich aber als bundesrechtswidrig dar (2.). Ob die Entscheidung sich aus anderen Gründen als richtig erweist, kann der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden (3.). Der festgestellte Bundesrechtsverstoß führt damit gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (4.).

8 1. Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat - was insoweit allein streitig ist - das erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung, dass § 7 Abs. 3 VO-CP unwirksam war.

9 a) Ist die angegriffene Norm - wie hier - während der Anhängigkeit des Normenkontrollantrags außer Kraft getreten, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels unter anderem dann fort, wenn ein gewichtiger Grundrechtseingriff von solcher Art geltend gemacht wird, dass gerichtlicher Rechtsschutz dagegen typischerweise nicht vor Erledigungseintritt erlangt werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2023 ‌- 3 CN 5.22 - NVwZ 2023, 1846 Rn. 15 und vom 21. Juni 2023 - 3 CN 1.22 -‌ BVerwGE 179, 168 Rn. 13, jeweils m. w. N.). Das ist hier der Fall. Innerhalb der Geltungsdauer der Verordnung war Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren nicht zu erlangen. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Eingriff in ihre durch Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG gewährleistete Berufsfreiheit hatte ein Gewicht, das die nachträgliche Klärung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift rechtfertigt. Aufgrund der Vorschrift durfte sie in der Zeit vom 22. Februar bis 28. Februar 2021 ihr Ladengeschäft nicht öffnen. Dass sie in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung beruflich tätig ist, führt nicht zu einer anderen Bewertung (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2023 - 3 CN 4.22 - BVerwGE 178, 298 Rn. 18 <Gesellschaft bürgerlichen Rechts> und - 3 CN 6.22 - BVerwGE 178, 322 Rn. 16 <GmbH>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. März 2022 - 1 BvR 1295/21 - NJW 2022, 1672 Rn. 25 <GmbH>).

10 b) Auf die Frage, ob die Antragstellerin zudem im Hinblick auf die Präjudizwirkung der begehrten Feststellung für einen Staatshaftungsprozess ein berechtigtes Interesse hat, kommt es damit nicht an. Ein solches Präjudizinteresse ist allerdings nicht bereits deshalb zu verneinen, weil ein Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch für einen Eingriff durch eine rechtswidrige Verordnungsvorschrift von vornherein ausgeschlossen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs zwar nicht die Fälle legislativen Unrechts, in denen durch eine rechtswidrige oder verfassungswidrige gesetzliche Norm oder auf ihrer Grundlage - u. a. durch eine untergesetzliche Norm - in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition eingegriffen wird. Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 3. August 2023 - III ZR 54/22 - (BGHZ 238, 105 Rn. 29) klargestellt hat, gilt dies jedoch nicht, wenn der Eingriff durch rechtswidrige untergesetzliche Normen erfolgt, die - wie die Antragstellerin hier geltend macht - an eigenen, nicht auf ein Parlamentsgesetz zurückgehenden Nichtigkeitsgründen leiden.

11 2. Mit seiner Annahme, § 7 Abs. 3 VO-CP habe gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, hat das Oberverwaltungsgericht Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar hat es rechtsfehlerfrei das Vorliegen einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG bejaht (a)). Soweit es angenommen hat, dass sie nicht zu rechtfertigen gewesen sei, hat es indes gegen Bundesrecht verstoßen (b)).

12 a) Das Oberverwaltungsgericht hat § 7 Abs. 3 VO-CP dahin ausgelegt, dass SB-Warenhäuser, Vollsortimentgeschäfte, Discounter und Supermärkte, in denen der erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwog, öffnen und auch die nicht von der Ausnahme erfassten Sortimentsteile verkaufen durften, während Fachgeschäfte - wie das der Antragstellerin - ohne einen überwiegenden erlaubten Sortimentsteil nicht öffnen und damit solche Sortimentsteile nicht verkaufen durften. An diese Auslegung des nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisiblen Landesrechts ist der Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 560 ZPO gebunden. Hiervon ausgehend begegnet es keinen Bedenken, dass das Oberverwaltungsgericht eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG durch die sogenannte Mischsortimentsklausel in § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP bejaht hat. SB-Warenhäuser, Vollsortimenter, Discounter und Supermärkte mit wesentlich überwiegendem erlaubtem Sortimentsanteil einerseits und spezialisierte Fachgeschäfte andererseits gehören jeweils zur Gruppe der Ladengeschäfte des Einzelhandels; ihre Sortimente weisen im Hinblick auf von ihnen gehandelte nicht privilegierte Waren Überschneidungen auf. Sie sind insoweit vergleichbar. Eine Ungleichbehandlung lag ausgehend von der Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht darin, dass nach § 7 Abs. 3 Satz 3 VO-CP die Einzelhandelsgeschäfte, die nach dem Katalog des § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-CP öffnen durften, auch nicht privilegierte Waren im stationären Handel verkaufen durften, während die nicht von den Schließungen ausgenommenen Fachgeschäfte hieran gehindert waren.

13 b) Das Oberverwaltungsgericht hat mit der Bewertung, die dargestellte Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt gewesen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Zwar ist es von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen (aa)), und auch seine Annahme, es komme bei der Prüfung der in Rede stehenden Mischsortimentsklausel nur auf "seuchenrechtlich relevante" Gründe an, begegnet keinen Bedenken (bb)). Soweit es das Vorliegen derartiger Gründe verneint hat, hat es aber Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (cc)).

14 aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 = juris Rn. 63 f., 68 f. und vom 21. Juli 2022 - 1 BvR 469/20 u. a. - BVerfGE 162, 378 Rn. 155 f., jeweils m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2023 - 3 CN 6.22 - BVerwGE 178, 322 Rn. 75). Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 16).

15 Seine weitere Annahme, dieser Maßstab gelte auch für den Verordnungsgeber, dessen Gestaltungsspielraum aber nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage abgesteckten Rahmen bestehe (UA S. 16 f.), begegnet ebenfalls keinen Bedenken; sie entspricht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 - 2 BvF 1/15 u. a. - BVerfGE 150, 1 Rn. 209). Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht insoweit § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG herangezogen, wonach bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Dass es nicht auch auf § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG Bezug genommen hat, ist unschädlich, weil sich bereits aus § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG ergibt, dass auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen von Maßnahmen Ungleichbehandlungen rechtfertigen können.

16 bb) Hiervon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, es komme hier bei der Ermittlung der Unterschiede zwischen den zu vergleichenden Ladengeschäften nur auf seuchenrechtlich relevante Tatbestände, Umstände und Gesichtspunkte am Maßstab des Ziels an, mit den streitgegenständlichen Öffnungsverboten eine weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern. Soweit der Begriff "seuchenrechtlich relevant" als "infektiologisch bedeutsam" zu verstehen sein sollte, begegnet dies im Hinblick auf die streitige Mischsortimentsklausel keinen Bedenken; soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Gründe sind für diese Klausel weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Die Annahme, es komme für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung maßgeblich auf Unterschiede im Hinblick auf die Weiterverbreitung von COVID-19 an, lässt vor diesem Hintergrund keinen Rechtsfehler erkennen.

17 cc) Ein materiell-rechtlicher Fehler (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2022 - 1 B 66.21 - juris Rn. 11; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 53) und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt aber darin, dass das Oberverwaltungsgericht das Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes auf zu schmaler Tatsachengrundlage verneint hat.

18 (1) Von welchen Tatsachen das Oberverwaltungsgericht bei seiner Bewertung ausgegangen ist, ergibt sich aus dem Urteil nicht (UA S. 17 f.). Tatsächliche Feststellungen zum Vorliegen oder Fehlen infektiologischer Unterschiede zwischen der Möglichkeit des Verkaufs nicht privilegierter Sortimente in den vom Verbot des § 7 Abs. 3 Satz 1 VO-CP ausgenommenen Geschäften des Einzelhandels einerseits und dem Angebot entsprechender Sortimente in hierfür zu öffnenden Fachgeschäften andererseits, die die Annahme eines fehlenden sachlichen Grundes für die festgestellte Ungleichbehandlung tragen könnten, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen. Die im Zusammenhang mit Zweifeln an der Wirksamkeit des Werbeverbots in § 7 Abs. 3 Satz 5 VO-CP getroffene Feststellung, es sei bekannt gewesen, dass Discounter im Non-Food-Bereich besonders attraktive, wöchentlich wechselnde Sonderangebote vorgehalten hätten, bietet keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung, ob bzw. inwieweit Unterschiede im Infektionsgeschehen die in Rede stehende Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten.

19 (2) Das Oberverwaltungsgericht konnte nicht deshalb davon absehen, sein Ergebnis auf eine breitere Tatsachengrundlage zu stützen, weil die Begründung zur Verordnung vom 18. Februar 2021 selbst keinen sachlichen Grund für die vom Oberverwaltungsgericht festgestellte Ungleichbehandlung durch die Mischsortimentsklausel anführte. Nach § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG sind Rechtsverordnungen, die nach § 32 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen. Aus der Begründungspflicht des § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG folgt nicht, dass Gerichte der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Verordnungsvorschriften nur solche Erwägungen und Feststellungen zugrunde legen dürfen, die in der Verordnungsbegründung enthalten sind. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Rechtmäßigkeitsprüfung auf in der Begründung angeführte Gesichtspunkte; eine ausdrückliche Regelung wäre angesichts des Ausnahmecharakters einer solchen Regelung aber zu erwarten gewesen. Auch der Umfang der geforderten Begründung spricht gegen ein solches Verständnis. Verlangt ist lediglich eine "allgemeine Begründung"; in der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt, es sei zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienten; eine empirische und umfassende Erläuterung sei nicht geschuldet (BT-Drs. 19/24334 S. 74). Dass bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vorschriften allein die "allgemeine Begründung" heranzuziehen sein sollte, ist fernliegend. Aus Sinn und Zweck des § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG ergibt sich nichts Anderes. Der Zweck der Begründungspflicht, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen und damit insbesondere der Verfahrensrationalität wie auch der Legitimationssicherung zu dienen (BT-Drs. 19/24334 S. 74), kann auch ohne Einschränkung der gerichtlichen Prüfung erreicht werden.

20 (3) Fehlen mithin hinreichende tatsächliche Feststellungen zum Vorliegen eines die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grundes, kann der erkennende Senat nicht entscheiden, ob § 7 Abs. 3 VO-CP gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat und damit unwirksam war.

21 3. Ebenso wenig kann der Senat abschließend entscheiden, ob die angefochtene Entscheidung sich aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).

22 a) Allerdings lässt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Vorschriften der § 32 Satz 1 und 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG seien eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für § 7 Abs. 3 VO-CP gewesen, Rechtsfehler nicht erkennen. Anhaltspunkte für verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Heranziehung der genannten Gesetzesvorschriften als Grundlage für den Erlass des § 7 Abs. 3 VO-CP sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

23 b) Ob indes die von der Antragstellerin geltend gemachten weiteren Einwände gegen die Wirksamkeit des § 7 Abs. 3 VO-CP durchgreifen, kann der Senat im Hinblick auf die vom Oberverwaltungsgericht vorzunehmende Auslegung irrevisiblen Landesrechts und mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.

24 4. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist damit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.