Beschluss vom 17.11.2005 -
BVerwG 3 B 19.05ECLI:DE:BVerwG:2005:171105B3B19.05.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 17.11.2005 - 3 B 19.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:171105B3B19.05.0]
Beschluss
BVerwG 3 B 19.05
- VG Potsdam - 08.11.2004 - AZ: VG 15 K 1475/01
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. November 2004 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
2 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss einen solchen Klärungsbedarf erkennen lassen. Daran fehlt es u.a. dann, wenn sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen bereits beantwortet wurde und von einer weiteren Entscheidung weder eine Änderung noch eine entscheidungserhebliche Ergänzung zu erwarten wäre. So liegt der Fall hier.
3 Die Klägerin zitiert in ihrer Beschwerdebegründung selbst aus den zahlreichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die sich mit der zuordnungsrechtlichen Bewertung der Verpachtung von Freizeitgrundstücken durch Gemeinden und der Abgrenzung zu einer Verpachtung zur Förderung des Kleingartenwesens bereits befasst haben. Sie hält gleichwohl die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen bei einer Zurverfügungstellung von Grundstücken auch zur kleingärtnerischen Nutzung eine Gleichstellung mit Kleingarten-Pachtverträgen angenommen werden kann. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich aber schon aus der bisherigen Rechtsprechung. So hat der Senat u.a. in seinem Beschluss vom 29. Januar 2002 (- BVerwG 3 B 5.02 - Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 34 = ZOV 2002, 247) die Besonderheiten herausgearbeitet, die - unter dem Blickwinkel, ob es sich bei der Überlassung um die Wahrnehmung einer kommunalen Aufgabe handelt - einer Gleichstellung der Überlassung von Wochenendhaus-Grundstücken mit dem Abschluss von Kleingarten-Pachtverträgen entgegenstehen. Der Senat hat den maßgeblichen Unterschied in dem für eine kommunale Aufgabe unerlässlichen sozialen und öffentlichen Bezug gesehen. Er fehle, wenn die Überlassung der Grundstücke zur ausschließlich privatnützigen Verwendung durch Einzelpersonen und zu Bedingungen erfolge, die sich in keiner Weise von entsprechenden, allein auf Gewinnerzielung gerichteten Verträgen zwischen Privaten unterschieden. Der als Kleingarten genutzte Grund und Boden diene dagegen einer wesentlichen sozialen Funktion, diese liege allerdings in neuerer Zeit nicht mehr in der Deckung des eigenen Nahrungsbedarfes, sondern vorrangig in der Freizeitnutzung des Gartens.
4 Dass diese Grundsätze der Überprüfung bedürften, legt die Klägerin nicht dar. Ein solcher Klärungsbedarf ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin die im vorliegenden Fall aus ihrer Sicht für eine Gleichstellung mit Kleingarten-Pachtverträgen bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkte zusammenfasst und dies mit der Frage verbindet, ob in einem solchen Fall eine Gleichstellung zu erfolgen habe. Insoweit stellt sie gerade auf die Besonderheiten dieses Falles ab. Eine über den konkreten Fall hinausweisende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist damit schon vom Ansatz her nicht dargetan.
5 2. Die Revision ist ebenso wenig wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Beschwerde sieht eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) darin, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe. Diese Rüge ist unbegründet.
6 Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gebot der freien Beweiswürdigung verpflichtet es unter anderem dazu, dabei von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen. Das Gericht ist zwar nicht verpflichtet, sich mit jedem Argument in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Beschluss vom 7. März 2001 - BVerwG 8 B 36.01 -). Es darf jedoch nicht gewichtige Tatsachen übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit für das Verfahren sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 25. Juni 1992 - BVerwG 3 C 16.90 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 253).
7 Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, dass sie auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Gelände den Weg mit Beleuchtung errichtet habe, trifft nicht zu. Im Tatbestand des Urteils hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass auf dem ursprünglichen Flurstück 17, das für die Überlassung von Grundstücken an die Angehörigen der Interessengemeinschaft "Wentorfinsel" parzelliert worden sei, eine Straße bzw. Weg mit Beleuchtung geschaffen wurde. Ebenso hat es bei der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung der Nutzung in Betracht gezogen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Pächtern zwei Parzellen zur gemeinschaftlichen Nutzung (Zugang zum See und Parkplatz) zur Verfügung gestellt hat. Soweit die Klägerin geltend macht, der Uferstreifen und der Parkplatz seien auch für Dritte frei zugänglich gewesen, für die gegenteilige Feststellung des Verwaltungsgerichts gebe es keine Grundlage im Sachvortrag der Parteien und im Tatbestand des Urteils, erweist sich auch dies als unzutreffend. Sie selbst hatte in ihrer Klagebegründung vom 31. Juli 2002 ausgeführt, der Zugang zum See und der Parkplatz hätten den Mitgliedern der Interessengemeinschaft zur Verfügung gestanden. Der entsprechende Passus aus den mit den Pächtern abgeschlossenen Nutzungsverträgen wird im Tatbestand des Urteils wiedergegeben. Den Vortrag der Klägerin, dass die streitgegenständlichen Grundstücke wie auch die umliegenden Grundstücke am 3. Oktober 1990 vom jeweiligen Nutzer überwiegend zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf genutzt worden seien, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht - wie gerügt - übergangen. Es hat ausdrücklich in Erwägung gezogen, dass die streitgegenständlichen Grundstücke von den Pächtern gärtnerisch genutzt wurden, ist jedoch bei seiner Würdigung der Gesamtumstände zum Ergebnis gelangt, dass nicht die gärtnerische Nutzung der Grundstücke, sondern die privatnützige Erholungs- und Freizeitnutzung im Vordergrund gestanden habe. Dieser Würdigung durch das Gericht setzt die Klägerin in der Beschwerdebegründung ihre eigene abweichende Bewertung entgegen. Damit ist jedoch noch kein Verfahrensmangel entsprechend den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargetan.
8 3. Die Rüge der Beschwerde, das angefochtene Urteil weiche vom Urteil des Senats vom 13. September 2001 - BVerwG 3 C 31.00 - und vom Beschluss des Senats vom 29. Januar 2002 - BVerwG 3 B 5.02 - ab, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
9 Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Eine solche Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde diesen Rechtssatz benennt und ihn dem abweichenden Rechtssatz aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber stellt.
10 Eine solche Herausarbeitung sich widersprechender abstrakter Rechtssätze leistet die Klägerin nicht. Sie trägt in ihrer Beschwerdebegründung lediglich vor, das Verwaltungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht die Anforderungen an den zu fordernden sozialen oder öffentlichen Bezug der Grundstücksnutzung überspannt. Sie ist der Auffassung, dass ein von den genannten Entscheidungen abweichender Sachverhalt vorliege und bei dessen zutreffender Würdigung von einer Gleichstellung mit Kleingarten-Pachtverträgen hätte ausgegangen werden müssen. Beides genügt nicht den Anforderungen an eine Divergenzrüge. Beanstandet wird damit nicht das Aufstellen eines abweichenden Obersatzes, sondern eine unzutreffenden Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
11 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.