Beschluss vom 17.03.2025 -
BVerwG 8 B 25.24ECLI:DE:BVerwG:2025:170325B8B25.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.03.2025 - 8 B 25.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:170325B8B25.24.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 25.24

  • OVG Koblenz - 17.04.2024 - AZ: 9 C 10986/22.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2025
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Meister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland vom 17. April 2024 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin wendet sich als Grundstückseigentümerin gegen die Anordnung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens.

2 Das Flurbereinigungsgericht hat die Klage abgewiesen. Verfahrensfehler lägen nicht vor. Die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens seien erfüllt. Damit sollten Maßnahmen der Landesentwicklung - insbesondere Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege - ermöglicht und Landnutzungskonflikte aufgelöst werden (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 und 3 FlurbG). Ziel sei insbesondere eine durchgreifende agrarstrukturelle Verbesserung. Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren diene auch, wie von § 86 Abs. 1 FlurbG vorausgesetzt, vorrangig privatnützigen Zwecken, nämlich der im Interesse der Beteiligten liegenden Verbesserung der Agrarstruktur sowie der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft. Die Flurbereinigungsbehörde habe das Flurbereinigungsverfahren für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben halten dürfen. Sie habe auch das Ermessen, das ihr im Hinblick auf die Einleitung des Verfahrens und die Abgrenzung des Verfahrensgebiets eingeräumt sei, jeweils ordnungsgemäß ausgeübt. Das Flurbereinigungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

3 Hiergegen richtet sich die auf die Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde der Klägerin, die keinen Erfolg hat.

4 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2024 - 8 B 7.24 - juris Rn. 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

5 Dem Vorbringen unter I. 1. der Beschwerdebegründung lässt sich keine ausdrücklich oder sinngemäß formulierte, entscheidungserhebliche und bislang ungeklärte revisible Rechtsfrage entnehmen.

6 Die unter I. 2. aufgeworfene Frage,
ob die pauschale Herausnahme großer Flächen der Gemarkung D. aus dem ursprünglichen Plangebiet nicht die Grenzen des dem Beklagten eingeräumten Ermessens deutlich übersteigt,
wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil es sich nicht um eine abstrakte Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung handelt. Die Frage betrifft vielmehr die korrekte Ausübung des Ermessens im konkreten Einzelfall. Dementsprechend setzt sich die Klägerin hiermit nach Art einer Berufungsbegründung auseinander, ohne die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Frage aufzuzeigen. Auf diese Weise kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan werden.

7 2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.

8 a) Die sinngemäß gerügte Verletzung der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben.

9 Dieses grundrechtsgleiche Recht verpflichtet das Gericht, die entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Zwar muss es nicht auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten eingehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Wenn es aber auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die nach seiner eigenen Rechtsauffassung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt das darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet nicht, dass das Gericht den Vorstellungen eines Beteiligten folgt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2024 - 8 B 9.23 - juris Rn. 13 m. w. N.).

10 Den Vortrag der Klägerin, die vorhandenen Schlaggrößen entsprächen exakt den Interessen der ortsansässigen Eigentümer und zahlreicher Nebenerwerbslandwirte, hat das Flurbereinigungsgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen ebenso berücksichtigt wie den weiteren Vortrag, die angestrebten Schlaggrößen seien unter agrarökonomischen Gesichtspunkten geradezu kontraindiziert. Es hat sich ausdrücklich mit diesen Einwänden befasst (UA S. 17 f.). Dass es dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß.

11 b) Die von der Klägerin weiterhin erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) greift ebenfalls nicht durch.

12 Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher konkreter Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Antragsteller günstigeren Entscheidung hätte führen können. Zudem muss bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt oder dargelegt werden, dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2024 - 8 B 9.24 - juris Rn. 2 m. w. N.). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

13 aa) Ihr lässt sich nicht entnehmen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin durch Stellen eines förmlichen Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht auf die von ihr vermisste weitere Sachaufklärung zu den agrarstrukturellen und ökologischen Folgen der angestrebten Schlaggrößen hingewirkt hätte. Die Klägerin legt auch nicht dar, dass sich der Vorinstanz von deren Rechtsstandpunkt aus die Einholung der begehrten Sachverständigengutachten hätte aufdrängen müssen. Weshalb es nach der insoweit zugrunde zu legenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts auf die von der Klägerin behaupteten ökologischen Vorteile der derzeitigen Schlaggrößen und die ökologischen Nachteile der angestrebten Schlaggrößen im Flurbereinigungsgebiet angekommen sein soll, erschließt sich nicht. Hauptziel der Flurbereinigung ist nach der Rechtsauffassung der Vorinstanz die Ermöglichung einer effektiveren Bewirtschaftung der Grundstücke durch Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen (UA S. 16 f., 20) und nicht die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für eine ökologische Landwirtschaft. Dabei stellt sie auf das objektive Interesse der Gesamtheit der am Verfahren Beteiligten und nicht auf die subjektive Auffassung einzelner Beteiligter oder einzelner Gruppen von Beteiligten ab (UA S. 17). Das Anliegen der Klägerin, die mit dem Flurbereinigungsverfahren verfolgte Zielsetzung anzugreifen und durch eine anders gewichtete Zielsetzung zu ersetzen, kann nicht Gegenstand einer Aufklärungsrüge sein.

14 bb) Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO liegt auch nicht darin, dass das Flurbereinigungsgericht dem Vortrag der Klägerin, die Herausnahme zahlreicher Grundstücke aus dem Flurbereinigungsverfahren beruhe auf dem Protest der betroffenen Grundstückseigentümer, nicht weiter nachgegangen ist. Solche Ermittlungen mussten sich ihm nicht ohne förmlichen Beweisantrag aufdrängen. Die Vorinstanz hat den Ausführungen des Flurbereinigungsbeschlusses eine sachliche Begründung für die Herausnahme der Flächen entnommen (UA S. 30 f.). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht näher auseinander. Das von ihr nunmehr vorgelegte Schreiben betroffener Grundstückseigentümer vom 17. Januar 2019 kann als neuer Tatsachenvortrag im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden. Damit lässt sich auch die von der Vorinstanz vermisste Substantiierung der Einwände gegen die Gebietsabgrenzung nicht nachholen.

15 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.