Urteil vom 15.10.2003 -
BVerwG 1 D 9.03ECLI:DE:BVerwG:2003:151003U1D9.03.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 15.10.2003 - 1 D 9.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:151003U1D9.03.0]
Urteil
BVerwG 1 D 9.03
- BDiG, Kammer X - ... -, - 11.12.2002 - AZ: BDiG X VL 18/02 -
In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, 1. Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 15. Oktober 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
M a y e r ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H. M ü l l e r ,
Technischer Fernmeldebetriebsinspektor B ö ß e n e c k e r
und Postbetriebsassistent zu J e d d e l o h
als ehrenamtliche Richter
sowie
Leitender Regierungsdirektor ...
für den Bundesdisziplinaranwalt,
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Berufung des Posthauptschaffners ... gegen das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer X - ... -, vom 11. Dezember 2002 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihm ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 30 v.H. des jeweils erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt wird.
I
1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat den ... Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
(1) in der Zeit vom 19. Februar bis 19. August 2001 vier gefälschte Atteste
vorgelegt hat und
(2) an insgesamt 136 Tagen schuldhaft ohne Genehmigung dem Dienst fern-
geblieben ist.
Wegen drei der vier im Anschuldigungspunkt 1 genannten Fälle der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1, § 53 StGB) ist gegen den Beamten vom Amtsgericht W. mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 1. August 2001 eine Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40 DM verhängt worden.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat durch Urteil vom 11. Dezember 2002 entschieden, dass der Beamte - ohne BeW.igung eines Unterhaltsbeitrags - aus dem Dienst entfernt wird. Es hat die Vorwürfe als erwiesen angesehen. Das Dienstvergehen, das durch die Urkundenfälschungen und das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst geprägt werde, wiege so schwer, dass die disziplinare Höchstmaßnahme verhängt werden müsse. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor. Ein Unterhaltsbeitrag habe dem Beamten mangels erwiesener Bedürftigkeit nicht zugebilligt werden können.
3. Hiergegen hat der Beamte rechtzeitig Berufung eingelegt und geltend gemacht, er strebe die Verhängung einer milderen Maßnahme an, hilfsweise die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor:
Die erstinstanzliche Entscheidung sei hinsichtlich des Vorwurfs unerlaubten Fernbleibens vom Dienst in der Zeit vom 4. August bis einschließlich 19. August 2001 unzutreffend. Dem Ermittlungsbeamten sei bekannt gewesen, dass er, der Beamte, sich aufgrund einer schweren Erkrankung vom 4. August bis 10. August 2001 zur stationären Behandlung im Klinikum W. aufgehalten habe. In der Zeit vom 12. August bis 17. August 2001 sei er von Dr. S. zwecks Nachbehandlung krankgeschrieben gewesen.
Zu Unrecht sei ihm auch die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags versagt worden. Unter Zugrundelegung seiner Einkommensverhältnisse und finanziellen Verpflichtungen fehlten ihm monatlich etwa 855 €, falls ihm kein Unterhaltsbeitrag zugesprochen werde. Es sei ihm deshalb für sechs Monate ein Unterhaltsbeitrag zu bewilligen.
II
Die Berufung bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg. Das Bundesdisziplinargericht hat zu Recht die Entfernung aus dem Dienst ausgesprochen. Das erstinstanzliche Urteil bedarf lediglich insoweit einer Korrektur, als dem Beamten ein Unterhaltsbeitrag zu bewilligen ist.
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).
Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt, da der Beamte für einen Teilzeitraum bestreitet, dem Dienst unerlaubt ferngeblieben zu sein und insoweit der Ansicht ist, keine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben. Der Senat hat daher den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinar zu würdigen.
1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel geht der Senat in weitgehender Übereinstimmung mit den Feststellungen des Bundesdisziplinargerichts von folgendem Sachverhalt sowie folgender disziplinarrechtlicher Würdigung aus:
Zum Anschuldigungspunkt 1:
a) Auf einer von der Arztpraxis Dres. Wa. in W. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19. Februar 2001 veränderte der Beamte mit Kugelschreiber die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von "19.02.01 bis 25.02 .01" in "19.02.01 bis 25.03 .01".
b) Eine von der Diplom-Medizinerin Wi. ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für einen Tag, nämlich den 2. April 2001, veränderte der Beamte mit Kugelschreiber so, dass die Arbeitsunfähigkeit nun vom "02.04.01" bis zum "22.04.01" dauerte.
c) Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. W. in W. vom 23. April 2001 für drei Tage, nämlich vom 23. April bis 25. April 2001, verlängerte der Beamte um einen Monat, indem er am Enddatum die Monatsangabe "04" mit einem Kugelschreiber in "05" veränderte.
Die so veränderten Bescheinigungen legte der Beamte seiner Dienststelle vor.
Dieser Sachverhalt, den der Beamte nicht mehr bestreitet, steht fest aufgrund des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts W. vom 1. August 2001, den der Senat seiner Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BDO zugrunde legt.
d) Auf einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) von Dr. W. vom 25. April 2001 veränderte der Beamte die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von "25.04. bis 28.04.01" in "25.05. bis 28.06.01". Die veränderte Bescheinigung legte der Beamte seiner Dienststelle vor.
Dieser Sachverhalt, den der Beamte ebenfalls nicht mehr in Zweifel zieht, steht fest aufgrund der verfälschten Urkunde und des Antwortschreibens von Dr. W. vom 29. Mai 2001.
Durch dieses Fehlverhalten hat der Beamte insgesamt in vier Fällen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten im Dienst (§ 54 Satz 3 BBG) vorsätzlich verletzt.
Zum Anschuldigungspunkt 2:
Der Vorwurf des vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst während vier Zeiträumen an insgesamt 136 Tagen ist überwiegend zu Recht erhoben.
a) Anschuldigungszeitraum 26. Februar 2001 (Montag) bis einschließlich 25. März 2001 (Sonntag) = 28 Tage
Der Beamte ist in der Zeit vom 26. Februar 2001 (Montag) bis einschließlich 23. März 2001 (Freitag), d.h. vier Arbeitswochen (jeweils von Montag bis einschließlich Freitag) nicht zum Dienst erschienen. Er war an den genannten Arbeitstagen weder krankheitsbedingt dienstunfähig noch aus sonstigen Gründen (z.B. Urlaub) berechtigt, dem Dienst fernzubleiben. Soweit der Anschuldigungsvorwurf zeitlich darüber hinausgeht, ist der Beamte hiervon freizustellen.
Dieser Sachverhalt ergibt sich hinsichtlich des angeschuldigten Fernbleibens vom Dienst an dienstfreien Tagen (Samstag, Sonntag, Feiertag) aus dem Umstand, dass solche Tage - anders als beim Verlustfeststellungsverfahren gemäß § 9 BBesG - vom disziplinaren Vorwurf nicht erfasst und deshalb auch nicht mitberücksichtigt werden dürfen (vgl. z.B. Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 1 D 12.99 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 20 = ZBR 2000, 347 = DokBerB 2000, 215). Im Übrigen beruhen die Sachverhaltsfeststellungen auf der der Dienststelle vorgelegten, hinsichtlich des Enddatums 25. Februar auf 25. März 2001 verfälschten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arztpraxis Dr. Wa. u.a., dem rechtskräftigen Strafbefehl vom 1. August 2001 und dem bestandskräftigen Bescheid über die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge vom 21. Mai 2001 (Fernbleibenszeiträume 26. Februar bis 25. März 2001, 3. April bis 22. April 2001 und seit dem 29. April 2001). Der Beamte hat die Richtigkeit der Beweismittel mit seiner Berufung nicht (mehr) in Zweifel gezogen.
b) Anschuldigungszeitraum 3. April 2001 (Dienstag) bis einschließlich 22. April 2001 (Sonntag) = 20 Tage
Der Beamte ist in der Zeit vom 3. April 2001 (Dienstag) bis einschließlich 20. April 2001 (Freitag), d.h. während knapp drei sich jeweils von Montag bis einschließlich Freitag erstreckenden Arbeitswochen, nicht zum Dienst erschienen. Er war an den genannten Arbeitstagen weder krankheitsbedingt dienstunfähig noch aus sonstigen Gründen berechtigt, dem Dienst fernzubleiben. Soweit der Anschuldigungsvorwurf zeitlich darüber hinausgeht, ist der Beamte hiervon freizustellen.
Für diese Sachverhaltsfeststellung gilt das vorstehend zu a) Gesagte entsprechend mit der Maßgabe, dass es sich hier um die der Dienststelle vorgelegte, hinsichtlich des (End-)Datums 2. April 2001 auf 22. April 2001 verfälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Diplom-Medizinerin Wi. handelt.
c) Anschuldigungszeitraum 29. April 2001 (Sonntag) bis einschließlich 9. Juli 2001 (Montag) = 72 Tage
Der Beamte ist in der Zeit vom 30. April 2001 (Montag) bis einschließlich 2. Juli 2001 (Montag), d.h. neun Arbeitswochen und einen Arbeitstag nicht zum Dienst erschienen, ohne durch Krankheit oder sonstige Gründe berechtigt gewesen zu sein, dem Dienst fernzubleiben. Soweit der Anschuldigungsvorwurf zeitlich darüber hinausgeht, ist der Beamte hiervon freizustellen.
Für diese Sachverhaltsfeststellung gilt das vorstehend zu a) Gesagte entsprechend mit der Maßgabe, dass es sich hier um die beiden übrigen verfälschten und der Dienststelle vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. W. handelt. Allerdings hat die Aufklärung des Sachverhalts durch den Senat aus Anlass des Berufungsvorbringens des Beamten ergeben, dass dieser in der Zeit vom 3. Juli 2001 (Dienstag) bis einschließlich 10. Juli 2001 (Dienstag) im ...-Klinikum W. u.a. wegen einer Pleuropneumonie links stationär behandelt worden ist. Er war insoweit dienstunfähig erkrankt und damit berechtigt, dem Dienst fernzubleiben.
d) Anschuldigungszeitraum 4. August 2001 (Samstag) bis einschließlich 19. August 2001 (Sonntag) = 16 Tage
Der Beamte ist in der Zeit vom 6. August 2001 (Montag) bis einschließlich 17. August 2001 (Freitag), d.h. zwei Arbeitswochen nicht zum Dienst erschienen, ohne durch Krankheit oder sonstige Gründe berechtigt gewesen zu sein, dem Dienst fernzubleiben. Soweit der Anschuldigungsvorwurf zeitlich darüber hinausgeht, ist der Beamte hiervon freizustellen.
Dieser Sachverhalt beruht auf dem bestandskräftigen Bescheid über die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge vom 29. August 2001 (Fernbleibenszeitraum 4. August bis 19. August 2001) mit der Maßgabe, dass - wie unter a) ausgeführt - dienstfreie Zeiten nicht mitberücksichtigt werden dürfen. Das Berufungsvorbringen des Beamten hinsichtlich des hier angeschuldigten Fernbleibenszeitraums ist durch die vom Senat eingeholten Auskünfte nicht bestätigt worden. Der behauptete Klinikaufenthalt und die anschließende Krankschreibung durch Dr. S. betreffen einen anderen als den hier maßgebenden Zeitraum, nämlich die Zeit vom 3. Juli bis einschließlich 22. Juli 2001. Dieser neu festgestellte Sachverhalt, dessen Richtigkeit der Beamte nicht mehr widersprochen hat, ist vorstehend unter c) zugunsten des Beamten berücksichtigt worden.
Nach alledem steht im Anschuldigungspunkt 2 fest, dass der Beamte insgesamt 18 Arbeitswochen oder mehr als vier Arbeitsmonate dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und insoweit vorsätzlich gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verstoßen hat.
2. Das Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) hat erhebliches Gewicht. Es ist geprägt durch eine Reihe vorsätzlicher Verstöße gegen beamtenrechtliche Grundpflichten. Sie rechtfertigen die Verhängung der Höchstmaßnahme.
a) Dies gilt - für sich gesehen - bereits für das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung betont, ist das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, Grundpflicht eines jeden Beamten. Ohne die regelmäßige und dienstplangerechte Dienstleistung ihrer Mitarbeiter wäre die Verwaltung - hier die Post - nicht im Stande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint, nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit unerlässlich ist. Verweigert er den Dienst für einen längeren Zeitraum oder wiederholt, auch für kürzere Zeitspannen - wie hier -, so kann sich die Notwendigkeit, das Beamtenverhältnis einseitig zu lösen, regelmäßig schon aus der Gesamtdauer der Dienstverweigerung selbst sowie aus dem Umstand ergeben, dass das Erfordernis der Dienstleistung und damit die Bedeutung ihrer Unterlassung für jedermann leicht zu erkennen sind. Setzt sich ein Beamter gleichwohl über diese Erkenntnis hinweg, offenbart er ein so hohes Maß an Pflichtvergessenheit und an fehlender Einsicht in die Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung, dass in aller Regel eine Entfernung aus dem Dienst die Folge sein muss (stRspr, z.B. Urteil vom 18. Februar 2003 - BVerwG 1 D 13.02 - DokBer B 2003, 219 m.w.N.).
Unter diesen Voraussetzungen ist bei einem vorsätzlich unerlaubten Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehr als vier Arbeitsmonaten, d.h. insgesamt 18 Arbeitswochen, die Entfernung aus dem Dienst unerlässlich (vgl. z.B. Urteil vom 10. Juni 1998 - BVerwG 1 D 39.96 - m.w.N.: Fernbleibenszeitraum von mehr als 15 Wochen).
Ein besonderes Gewicht erhält das Dienstvergehen noch durch den Umstand, dass der Beamte wiederholt - in vier Fällen - durch die Vorlage von ihm verfälschter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen versucht hat, seine Dienstvorgesetzten über einen insgesamt erheblichen Zeitraum angeblich nicht bestehender Dienstfähigkeit zu täuschen.
Damit hat er nicht nur ein strafbares Verhalten gezeigt und ist dementsprechend verurteilt worden, sondern hat zugleich auch in schwerwiegender Weise gegen seine Beamtenpflichten verstoßen. Wenn auch im Hinblick auf die mögliche disziplinarrelevante Variationsbreite derartiger Verfehlungen generell anwendbare Rechtsprechungsgrundsätze zur Einstufung einer solchen Pflichtwidrigkeit fehlen, ist doch davon auszugehen, dass ihnen erhebliches disziplinares Gewicht zukommt. Die Sicherheit des Urkundenverkehrs ist für die öffentliche Verwaltung von besonderer Bedeutung. Sie muss sich bei ihren Entscheidungen weitgehend auf Urkunden stützen und ist dabei auf deren Echtheit angewiesen. Ein Beamter, der sich dieser Erkenntnis verschließt oder sich darüber hinwegsetzt, erleidet ein hohes Maß an Vertrauenseinbuße. Dies gilt auch dann, wenn sich die Bedeutung der Urkunde ausschließlich auf den dienstinternen Bereich zwischen Dienstherrn und Beamten bezieht, wie z.B. hier bei der Vorlage ärztlicher Dienstunfähigkeitsbescheinigungen. Im Hinblick auf die sich aus einer solcher Vorlage ergebenden Konsequenzen bezüglich einer Freistellung von der Grundpflicht zur Dienstleistung kommt derartigen Urkunden, auf deren Echtheit der Dienstherr mangels eigener Kontrollmöglichkeit vertrauen muss, eine, auch für den Beamten erkennbare, erhebliche Bedeutung zu (vgl. Urteil vom 29. Juni 1995 - BVerwG 1 D 54.94 - m.w.N.; vgl. zur innerdienstlichen Urkundenfälschung durch Postbeamte auch Urteil vom 5. März 2002 - BVerwG 1 D 8.01 -).
Bei der disziplinaren Einstufung des Fehlverhaltens kann im Übrigen nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beamte bei der Vorlage der verfälschten Atteste zugleich gegen seine Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben über die Krankheitsdauer (§ 54 Satz 3 BBG) verstoßen hat. Wenn auch der Wahrheitsverstoß im vorliegenden Fall als Tatbestandsmerkmal in dem weitergehenden Straf- bzw. Dienstvergehenstatbestand aufgeht, können die hierzu entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze doch ergänzend Berücksichtigung finden. Die mit einer Verletzung der Wahrheitspflicht verbundene Vorlage einer inhaltlich unrichtigen Urkunde erschüttert nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Vertrauenswürdigkeit des Beamten in nicht unerheblichem Maße (vgl. z.B. Urteil vom 29. Juni 1995 a.a.O. m.w.N.). In den Fällen, in denen nur geringe Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten der Verwaltung bestehen - wie hier -, ergibt sich aus dem Wesen des Beamtenverhältnisses eine besondere Verpflichtung des Beamten zu absoluter Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit.
b) Diesen schwerwiegenden Dienstverfehlungen stehen keine durchgreifenden Milderungsgründe gegenüber - und werden vom Beamten auch nicht geltend gemacht -, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Dies gilt auch im Hinblick auf die im Übrigen unbeanstandete Dienstzeit des Beamten, der bereits sieben Jahre nach seiner Ernennung zum Lebenszeitbeamten schwer versagt hat.
3. Der Beamte hat gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BDO Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 30 v.H. des jeweiligen erdienten Ruhegehalts. Die erstmalige Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags richtet sich auch nach dem 1. Januar 2002 nach § 77 Abs. 1 BDO, weil das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten im vorliegenden Fall vor In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes eingeleitet worden ist (vgl. § 85 Abs. 3 BDG). Der Beamte ist eines Unterhaltsbeitrags aufgrund seines im Übrigen unbeanstandeten Dienstes nicht unwürdig und in der zuerkannten Höhe auch bedürftig. Der Bewilligungszeitraum beträgt - wie üblich - sechs Monate (vgl. Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 1 D 34.00 -). Er reicht vorerst aus, um die Möglichkeit einer neuen Erwerbstätigkeit - unter Umständen auch als an- oder ungelernter Mitarbeiter - sowie die Möglichkeiten einer Umschulung mit einer die Existenzgrundlage sichernden Förderung durch das Arbeitsamt klären zu können. Weist der Beamte nach, dass er sich während des gesamten Bewilligungszeitraums nachdrücklich, wenn auch erfolglos, um andere laufende Einkünfte bemüht hat, kann ihm das für die in H. ansässige Einleitungsbehörde ab 1. Januar 2004 zuständige Verwaltungsgericht ... (vgl. § 85 Abs. 7 i.V.m. § 45 Satz 4 BDG, § 43 Abs. 1 DO NW) auf seinen Antrag bei fortbestehender Bedürftigkeit gemäß § 110 Abs. 2 BDO einen Unterhaltsbeitrag neu bewilligen (vgl. Beschluss vom 15. Januar 2002 - BVerwG 1 DB 34.01 - DÖD 2002, 97 = ZBR 2002, 436). Der Senat macht vorsorglich darauf aufmerksam, dass sich die Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz nicht auf die Meldung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend beschränken dürfen. Der Beamte ist gehalten, sich fortwährend z.B. auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben, und auch selbst, beispielsweise durch eigene Stellengesuche, initiativ zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO. Die erstmalige Bewilligung des Unterhaltsbeitrags bleibt als unwesentlicher Teilerfolg des Rechtsmittels kostenrechtlich ohne Auswirkung (stRspr, z.B. Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 1 D 34.00 - m.w.N.).