Urteil vom 13.03.2003 -
BVerwG 7 C 1.02ECLI:DE:BVerwG:2003:130303U7C1.02.0
Leitsätze:
Gegen den innergemeinschaftlichen Export eines zur Verwertung notifizierten Abfallverbunds der Gelben Liste, von dem im Bestimmungsland vor der Beseitigung des Restabfalls ein Teil verwertet werden soll, darf die Behörde nicht den Einwand des falschen Verfahrens erheben.
Das bei Erhebung des Ökologie-Einwands (Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO) eingeräumte Ermessen wird fehlerhaft ausgeübt, wenn die Behörde davon ausgeht, dass das falsche Notifizierungsverfahren gewählt worden sei.
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Rechtsquellen
Verordnung (EWG) Nr. 259/93 Art. 2 Buchst. i, Buchst. k; Art. 7 Abs. 2, Abs. 4 Buchst. a; Art. 30 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 75/422/EWG Art. 1 Buchst. e, Buchst. f; Art. 3 Abs. 1 Buchst. b -
Instanzenzug
VGH Mannheim - 24.07.2001 - AZ: VGH 10 S 2294/99 -
VGH Baden-Württemberg - 24.07.2001 - AZ: VGH 10 S 2294/99
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 7 C 1.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:130303U7C1.02.0]
Urteil
BVerwG 7 C 1.02
- VGH Mannheim - 24.07.2001 - AZ: VGH 10 S 2294/99 -
- VGH Baden-Württemberg - 24.07.2001 - AZ: VGH 10 S 2294/99
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l , K l e y , H e r b e r t und N e u m a n n
für Recht erkannt:
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
I
Die Klägerin beanstandet behördliche Einwände gegen den Export eines Abfallverbunds aus verwertbaren und nicht verwertbaren Stoffen nach Italien. Sie ist Inhaberin eines Shredderbetriebs, in dem Altautos, Elektrogeräte und Elektronikgehäuse zerkleinert werden und nach mechanischer Trennung u.a. die Shredderleichtfraktion II als Mischung kleinkörniger Metalle und Kunststoffe entsteht.
Mit Schreiben vom 26. Juli 1995 reichte die Klägerin beim Regierungspräsidium Stuttgart die Notifizierungsunterlagen für die Verbringung von Abfällen zur Verwertung nach Italien ein. Nach ihren Angaben im Begleitschein sollten von August 1995 bis August 1996 3 000 t der Shredderleichtfraktion II zu der Fa. E. in M. verbracht und von der Fa. N. in C. mechanisch getrennt werden, um Metalle und Polyurethan-Schaumstoffe zur stofflichen Verwertung zu gewinnen. Es würden die Verwertungsverfahren R3 (PUR) und R4 (Metalle) des Anhangs II B der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 75/442/EWG; AbfRRL) angewendet. Die notifizierten Abfälle unterfielen der Gelben Liste (Anhang III der Verordnung <EWG> Nr. 259/93; EG-AbfVerbrVO). Nach dem mit dem Empfänger geschlossenen Vertrag ist die Shredderleichtfraktion II schadstoffentfrachtet und setzt sich wie folgt zusammen:
PUR-Schaumstoff 9 % (32,3 Vol. %),
Fe-Restmetalle 6 % (0,37 Vol. %),
NE-Restmetalle 6 % (0,33 Vol. %),
gemischte Kunststoffe, Stoffe, Filz, Gummi etc. 79 % (67,0 Vol. %).
Die Verwertungsquoten liegen nach Angaben der Klägerin bei 3 % NE-Metalle, 7 % PUR und 5 % Fe. Der Warenwert der verwertbaren Anteile werde im Schnitt auf 55,50 DM/t geschätzt. Die gewonnenen Metalle würden als Rohstoffe eingesetzt, der PUR-Schaumstoff zur Herstellung von Dämmplatten verwendet. Die nicht verwertbaren Reststoffe (85 %) würden in zugelassenen Deponien entsorgt.
Mit Bescheid vom 16. November 1995 erhob das Regierungspräsidium gemäß Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 1. und 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO Einwände gegen die geplante Verbringung; gleichzeitig übersandte es die Notifizierungsunterlagen nebst Bescheid der zuständigen Behörde am Bestimmungsort: Der Anteil an verwertbarem und nicht verwertbarem Abfall, der Wert der letztlich verwertbaren Stoffe bzw. die Kosten der Verwertung und die Kosten der Beseitigung des nicht verwertbaren Anteils rechtfertigten unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten keine Verwertung. Es handele sich um Abfall zur Beseitigung. Die Klägerin habe das falsche Verfahren gewählt.
Nach erfolglosem Widerspruch und Ablauf des notifizierten Verbringungszeitraums hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass die Erhebung von Einwänden gegen die Verbringung der Shredderleichtfraktion II nach Italien rechtswidrig und das Regierungspräsidium verpflichtet gewesen sei, die Zustimmung zur Verbringung zu erteilen, weil es sich vorrangig um Abfall zur Verwertung handele und der Ökologie-Einwand (Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO) nicht begründet sei. Den Plan-Einwand (Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 1. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO) hatte das Regierungspräsidium in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurückgezogen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die zugelassene Berufung des Rechtsvorgängers der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Rechtswidrigkeit der Erhebung von Einwänden festgestellt werde. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Die Einwände seien belastende Maßnahmen, da die Verbringung zur Verwertung notifizierter Abfälle keiner Genehmigung der beteiligten Behörden bedürfe. An der Feststellung habe die Klägerin ein berechtigtes Interesse. Die Klage sei begründet. Die Abfälle seien von der Klägerin zur Verwertung bestimmt. Die Erhebung von Einwänden gegen die Verbringung von Abfällen zur Verwertung sei in Art. 7 Abs. 2 und 4 EG-AbfVerbrVO abschließend geregelt. Dieses Kontrollsystem schließe eine ergänzende Heranziehung der Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes aus. Für den Einwand des falschen Verfahrens sei bei der stofflichen Verwertung von Abfallgemischen aus verwertbaren und nicht verwertbaren Anteilen kein Raum, weil der Ökologie-Einwand eine auf solche Fälle zugeschnittene spezielle Regelung enthalte.
Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Ökologie-Einwands seien unter Berücksichtigung der teilweise gegenläufigen wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkte im Wege einer "Gesamtschau" zu beurteilen. Maßgebend sei der Entsorgungsvorgang in seiner Gesamtheit. Ob die regelmäßig ökologisch sinnvolle Verwertung eines Anteils des Abfalls aus wirtschaftlichen Gründen zu unterbleiben habe, sei durch Gegenüberstellung der Verwertungskosten des verwertbaren Anteils und der Kosten seiner Beseitigung am Bestimmungsort zu entscheiden. Ein hoher, die Verwertungskosten herabsetzender Wert des verwertbaren Anteils könne die Annahme nahe legen, dass eine Verwertung trotz dessen geringer Menge gerechtfertigt sei.
Das Regierungspräsidium habe den Ökologie-Einwand zu Unrecht erhoben, weil es nicht über die hierfür erforderlichen tatsächlichen Grundlagen verfügt habe. Ihm hätten keine Angaben über die Kosten der Beseitigung des nicht verwertbaren Anteils in Italien vorgelegen. Es habe sich mit der Angabe begnügt, die nicht verwertbaren Anteile des Abfalls würden in zugelassenen Deponien beseitigt. Dieses Ermittlungsdefizit gehe zu Lasten der Behörde. Im gerichtlichen Verfahren könne es nicht ausgeräumt werden. Die Gründe, auf die die Behörde den Einwand gestützt habe, ergäben kein Missverhältnis von Wert und Menge der verwertbaren Anteile zu den nicht verwertbaren Anteilen des Abfalls dergestalt, dass schon bei isolierter Betrachtung dieser Kriterien eine Verwertung nicht gerechtfertigt sei. Von einem solchen offensichtlichen Missverhältnis könne bei einem Verwertungsanteil von 15 % und einem Erlös von 8,30 DM/t nicht ausgegangen werden.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs sei das Regierungspräsidium befugt gewesen, die Richtigkeit der notifizierten Zuordnung der Abfälle zu überprüfen und die Verbringung falsch zugeordneter Abfälle zu untersagen. Die Annahme, dass es für die Zuordnung auf die Absicht der notifizierenden Person ankomme, sei gemeinschaftsrechtswidrig. Nach Gemeinschaftsrecht seien für die Zuordnung objektive Kriterien maßgebend. Der Ökologie-Einwand schließe den Einwand des falschen Verfahrens nicht aus. Bei einer Prüfung der notifizierten Zuordnung hätte sich als vorrangiger Zweck der Verbringung die Beseitigung herausgestellt. Dabei hätte die auf die Abgrenzung von Abfällen zur Beseitigung und zur Verwertung zugeschnittene Hauptzweckklausel des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG zur Konkretisierung des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden müssen. Auch die Auslegung des Ökologie-Einwands durch den Verwaltungsgerichtshof sei gemeinschaftsrechtswidrig. Ob eine "Alibi-Verwertung" vorliege, sei nicht aufgrund einer Gesamtschau, sondern eigenständig nach den in der Vorschrift genannten alternativen Merkmalen zu beurteilen. Bei gesonderter Beurteilung, aber selbst bei einer Gesamtschau ergebe sich zwischen verwertbaren und nicht verwertbaren Anteilen des Abfalls, dem Wert der verwerteten Stoffe und dem Verwertungsaufwand sowie den Kosten der Verwertung und der Beseitigung jeweils und insgesamt ein solches Missverhältnis, dass die Verwertung sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter ökologischen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt sei. Das vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Ermittlungsdefizit bestehe nicht, da die Beseitigungskosten am Bestimmungsort aus den Angaben der Klägerin abgeleitet werden könnten. Unabhängig davon hätte der Verwaltungsgerichtshof die nach seiner Ansicht erforderlichen Tatsachen selbst aufklären müssen. Unzutreffend sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass Einwände gegen die Verbringung von Abfällen zur Verwertung belastende Maßnahmen darstellten. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspreche ebenso wie bei Abfällen zur Beseitigung ein Erlaubnisvorbehalt mit der Folge einer entsprechenden Darlegungslast der notifizierenden Person.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Sie meint, das Regierungspräsidium habe ausschließlich den Einwand des falschen Verfahrens erhoben. Dieser sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Behörde nicht die unzutreffende Zuordnung der Abfälle beanstandet, sondern den Verbringungszweck durch "Umwidmung" von der Verwertung in die Beseitigung einseitig neu bestimmt habe. Davon abgesehen sei unklar, ob der Einwand der unzutreffenden Zuordnung auch beim Rückgewinnen von Rohstoffen aus einem heterogenen Abfallverbund zulässig sei. Jedenfalls solle der Ökologie-Einwand als Missbrauchsregelung nur Alibi-Verwertungen ausschließen.
II
Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die vom Regierungspräsidium erhobenen Einwände rechtswidrig waren.
1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Sachbereich der grenzüberschreitenden Abfallverbringung durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere die EG-Abfallverbringungsverordnung und die von ihr in Bezug genommene Abfallrahmenrichtlinie, bestimmt wird. Die Rüge der Beklagten, der Verwaltungsgerichtshof hätte das notifizierte Abfallgemisch anhand der auf die Abgrenzung von Abfällen zur Beseitigung und zur Verwertung zugeschnittenen Hauptzweckklausel (§ 4 Abs. 3 KrW-/AbfG) einstufen müssen, ist unbegründet; eine solche Konkretisierung des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht ist gemeinschaftsrechtswidrig.
Im gemeinschaftlichen Verbringungsrecht sind die Fragen der Einstufung als Abfall zur Beseitigung oder zur Verwertung, die Einwandserhebung und das Notifizierungsverfahren grundsätzlich abschließend geregelt. Maßgebend für die Abgrenzung von Beseitigungsverfahren und Verwertungsverfahren sind die Anhänge II A und II B in Verbindung mit der Vorrangregel des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AbfRRL; mitgliedstaatliche Konkretisierungen sind nur zulässig, soweit sie hiermit in Einklang stehen (EuGH, Urteil vom 27. Februar 2002 - Rs. C-6/00 - ASA, Rn. 60, 69, Slg. 2002 I-1961 = NVwZ 2002, 579; Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-228/00 - Kommission ./. Deutschland, Rn. 36 f.). Die Fälle, in denen Mitgliedstaaten gegen eine innergemeinschaftliche Abfallverbringung Einwände erheben können, sind für zur Beseitigung bestimmte Abfälle in Art. 4 Abs. 3 EG-AbfVerbrVO und für zur Verwertung bestimmte Abfälle in Art. 7 Abs. 4 EG-AbfVerbrVO abschließend aufgeführt (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - Rs. C-324/99 - DaimlerChrysler, Rn. 50, Slg. 2001 I-9897 = NVwZ 2002, 582; Rs. C-6/00, a.a.O. Rn. 36). Die Verordnung stellt ein harmonisiertes System von Verfahren bereit, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen (EuGH, Urteil vom 28. Juni 1994 - Rs. C-187/93 - Parlament ./. Rat, Rn. 26, Slg. 1994 I-2857). Soweit Art. 2 Buchst. i und k EG-AbfVerbrVO auf die Regelungen gemäß Art. 1 Buchst. e und f AbfRRL verweist, die die Beseitigung und Verwertung von Abfällen anhand in der Praxis vornehmlich angewandter Verfahren beispielhaft bezeichnen, sind diese als Bestandteil der Verordnung unmittelbar anwendbar. Damit besteht ein kohärentes und hinreichend konkretes System für die Überwachung und Kontrolle von Abfallverbringungen, das gemeinschaftsrechtlich ein hohes Schutzniveau für Umwelt und menschliche Gesundheit gewährleistet. Eine hiervon abweichende Konkretisierung durch das Recht und die Verwaltungspraxis der Mitgliedstaaten ist unvereinbar mit dem Grundsatz der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Sie würde die Wirksamkeit der innergemeinschaftlichen Abfallverbringung durch einander widersprechende Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten gefährden und dem mit der Abfallrahmenrichtlinie verfolgten Ziel einer effizienten Abfallbewirtschaftung in der Gemeinschaft zuwiderlaufen. Ob Abfälle zur Beseitigung oder zur Verwertung bestimmt sind, muss im Verbringungsrecht gemeinschaftsweit einheitlich zu beurteilen sein.
2. Das Regierungspräsidium war durch Gemeinschaftsrecht nicht gehindert, den Einwand des falschen Verfahrens zu erheben (a). Es hat den Einwand jedoch zu Unrecht erhoben (b).
a) Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, der Einwand des falschen Verfahrens sei bei stofflicher Verwertung von Abfallgemischen der Gelben Liste ausgeschlossen, ist mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Nach der EG-Abfallverbringungsverordnung obliegt es der notifizierenden Person, den Bestimmungszweck der zu verbringenden Abfälle mitzuteilen; das hat durch Angabe des jeweils einschlägigen Beseitigungs- oder Verwertungsverfahrens im Begleitschein zu geschehen (Art. 3 Abs. 5, 5. Gedankenstrich; Art. 6 Abs. 5, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO). Die zuständigen Behörden haben im Notifizierungsverfahren zu prüfen, ob die angegebene Zuordnung des Verbringungszwecks der Verordnung entspricht, und gegen die Verbringung Einwände zu erheben, wenn die Zuordnung falsch ist (EuGH, Rs. C-6/00, a.a.O. Rn. 40). Da die Abfallverbringung nur in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Verordnung erfolgen darf (Art. 30 Abs. 1 EG-AbfVerbrVO), kommt es nicht auf die subjektive Zweckbestimmung der notifizierenden Person, sondern darauf an, ob die Abfälle nach Maßgabe der objektiven Kriterien der Legaldefinition tatsächlich zu dem angegebenen Zweck bestimmt sind. Art. 7 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO, wonach die zuständigen Behörden einer Verbringung von Abfall zur Verwertung nur in den in Absatz 4 dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Fällen entgegentreten können, hindert die Behörden darum nicht daran, den Einwand zu erheben, dass eine zur Verwertung notifizierte Verbringung in Wahrheit Abfälle zur Beseitigung betrifft (EuGH, Rs. C-228/00, a.a.O. Rn. 35). Demgegenüber ist für den Ökologie-Einwand (Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO) nur dann Raum, wenn wenigstens ein Teil der zu verbringenden Abfälle verwertet werden soll. Er kann darum den Einwand gegen eine Verbringung von Abfällen, die nach Ansicht der Behörde ausschließlich zur Beseitigung bestimmt sind, nicht ersetzen (EuGH, Rs. C-6/00, a.a.O. Rn. 46).
b) Der vom Regierungspräsidium erhobene Einwand des falschen Verfahrens ist jedoch rechtswidrig, weil die von der Klägerin zur Verwertung notifizierten Abfälle objektiv zur Verwertung bestimmt sind.
Die Klägerin hat als Bestimmungszweck der Shredderleichtfraktion II die Verwertungsverfahren R3 (Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel eingesetzt werden) für den PUR-Schaumstoff und R4 (Verwertung/Rückgewinnung von Metallen und Metallverbindungen) für die Fe- und NE-Metalle angegeben. Diese Stoffe sollen bei der Fa. N. aus der Shredderleichtfraktion im Wege der mechanischen Trennung mittels Sieben und Magnetscheidern zurückgewonnen werden. Die angewandten Verfahren beschränken sich nicht auf ein Aussortieren, also die Bereitstellung von Material zur anschließenden Verwertung (vgl. dazu Urteil vom 19. November 1998 - BVerwG 7 C 31.97 - Buchholz 451.221 § 3 Krw-/AbfG Nr. 4 S. 2 <4 f.>). Vielmehr sind die aus dem heterogenen Abfallverbund herausgelösten Metalle und der PUR-Schaumstoff bereits zurückgewonnene Sekundärrohstoffe im Sinn der genannten Verwertungsverfahren. Ihre anschließende Verwendung in Metallhütten und zur Herstellung von Dämmplatten ist ein weiterer Verwertungsvorgang.
An der objektiven Zuordnung als Abfälle zur Verwertung ändert nichts, dass sich an die Verwertung durch Rückgewinnung eines Rohstoffanteils von 15 % die Beseitigung des Restabfalls von 85 % des Eingangsmaterials anschließt. Der in Rede stehende Entsorgungsvorgang besteht aus zwei eigenständigen Verfahren, die verbringungsrechtlich gesondert zu beurteilen sind. Schon dem Urteil des Senats vom 19. November 1998 a.a.O., wonach mit der Beendigung eines konkreten Beseitigungs- oder Verwertungsvorgangs die Abfalleigenschaft der Stoffe entfällt, ist zu entnehmen, dass mehrere hintereinander geschaltete Entsorgungshandlungen als Gesamtentsorgungsmaßnahme nicht zutreffend erfasst werden können. Bei Verwertungsverfahren fällt typischerweise Restabfall an, der seinerseits entweder durch weitere Verwertung oder durch Beseitigung entsorgt werden muss. Wäre in Fällen dieser Art auf die Gesamtentsorgungsmaßnahme abzustellen, bliebe bei einem untergeordneten Anteil des verwertbaren Abfalls und einer Beseitigung des Rests für eine Verwertung regelmäßig kein Raum. Das wäre mit dem Vorrang der Verwertung (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AbfRRL) nicht vereinbar. Eine Abfallverwertungsmaßnahme setzt zwar immer voraus, dass ihr Hauptzweck auf Ressourcen schonende Verwendung der Abfälle gerichtet ist, sei es durch Rückgewinnung von Rohstoffen oder durch deren Substitution bei der Energieerzeugung. Bezugspunkt für das Hauptzweckkriterium muss aber jeweils das konkrete Entsorgungsverfahren sein. Bei einer mehraktigen Entsorgungsmaßnahme, die aus aufeinander folgenden Entsorgungsverfahren besteht, kann für die verbringungsrechtliche Zuordnung der Abfallgesamtheit nur die Einstufung des ersten im Ausland durchzuführenden Verfahrens maßgebend sein. Das entspricht dem Konzept der Abfallrahmenrichtlinie und der EG-Abfallverbringungsverordnung.
Bereits dem Ökologie-Einwand liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine Verwertung unabhängig von dem anschließend zu beseitigenden Restabfall angenommen werden kann. Ferner regelt R11 des Anhangs II B AbfRRL ein Verfahren zur "Verwendung von Abfällen, die bei einem der unter R1 bis R10 aufgeführten Verfahren gewonnen werden"; ähnliches zeigt sich im Verhältnis von R9 oder R10 zu R3 (Rückgewinnung von Öl mit nachfolgender Raffination). Diese Regelungen setzen voraus, dass mehraktige Entsorgungsvorgänge getrennt zu beurteilen sind. Dasselbe gilt für Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, 3. Gedankenstrich AbfRRL, wonach die Mitgliedstaaten "die Entwicklung geeigneter Techniken zur Beseitigung gefährlicher Stoffe in Abfällen (fördern), die für die Verwertung bestimmt sind". Die gebotene Differenzierung abfallwirtschaftlich selbständiger Teilakte wird schließlich aus Art. 6 Abs. 5, 6.-8. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO deutlich, in denen Angaben zum "vorgesehene(n) Entsorgungsverfahren für den Restabfall nach stattgefundener Verwertung", zur "Menge des verwerteten Materials im Verhältnis zur Restabfallmenge" und zum "Schätzwert des verwerteten Materials" verlangt werden. Dieser Angaben bedürfte es nicht, wenn es nach Gemeinschaftsrecht auf die Gesamtentsorgungsmaßnahme ankäme (vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs zur Rechtssache C-116/01 vom 14. November 2002, Rn. 56).
3. Der Verbringung von Abfällen zur Verwertung können die Behörden unter anderem mit dem Ökologie-Einwand entgegentreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass das Regierungspräsidium auch diesen Einwand erhoben hat. Der Senat ist an diese tatsächliche Feststellung, die nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden ist, gebunden. Die ihr zugrunde liegende Würdigung des Bescheids verletzt die allgemeinen Auslegungsregeln, Beweisgrundsätze und Denkgesetze nicht.
Ob dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs zu Inhalt und Reichweite des Ökologie-Einwands zu folgen ist, kann der Senat offen lassen, denn es kommt im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob die materiellen Voraussetzungen dieses Einwands erfüllt sind.
Das folgt zwar nicht schon daraus, dass das Regierungspräsidium die nach dem angegriffenen Urteil entscheidungserhebliche Tatsache der Kosten einer Beseitigung des nicht verwertbaren Anteils am Bestimmungsort nicht ermittelt hat. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs verkennt, dass die in Art. 7 EG-AbfVerbrVO bestimmten, auf eine rasche Behördenentscheidung zielenden Fristen eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle nicht ausschließen. Soweit die für den Ökologie-Einwand maßgebenden Kriterien von Tatsachen abhängen, die die Behörde am Versandort nicht festgestellt hat, ist es Aufgabe des Gerichts, die Sache durch entsprechende Aufklärung spruchreif zu machen. Auch wenn die Behörde bei der Erhebung des
Ökologie-Einwands über einen Bewertungsspielraum verfügt, darf das Gericht deren Entscheidung nicht allein deshalb aufheben, weil die Behörde die Ermittlung von Tatsachen unterlassen hat; das Gericht hat die Tatsachen aufzuklären, deren Kenntnis die Beurteilung ermöglicht, ob die Einwandserhebung auf dem behördlichen Ermittlungsdefizit beruht (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 7 C 55 und 56.89 - BVerwGE 85, 368 <379 f.>).
Das angegriffene Urteil stellt sich jedoch aus einem anderen, nicht auf zweifelhaften Auslegungsfragen des Gemeinschaftsrechts beruhenden Grund im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Regierungspräsidium hat den Ökologie-Einwand ermessensfehlerhaft erhoben; dieser Mangel kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden.
Dass Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO es in das Ermessen der zuständigen Behörden stellt, den Einwand zu erheben, ist eindeutig. Verbringungsvorgänge, die mit dem Ökologie-Einwand verhindert werden können, betreffen zur Verwertung bestimmte Abfälle. Die Verbringung solcher Abfälle bleibt auch dann rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen des Einwands erfüllt sind. Das unterscheidet den Ökologie-Einwand vom Einwand des falschen Verfahrens (vgl. EuGH, Rs. C-228/00, a.a.O. Rn. 50). Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO ermächtigt die Behörden, eine rechtmäßige Verbringung von Abfällen zur Verwertung zu unterbinden, bei der die geplante Verwertung aus bestimmten Gründen unangemessen erscheint. Ob die Behörde diesen Einwand erhebt, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Die Bestimmung lässt sich auch nicht als Sollvorschrift verstehen, deren Anwendung nur in atypischen Fällen der Begründung bedarf. Das folgt schon daraus, dass Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO keine konditional programmierte Norm ist, deren tatsächliche Voraussetzungen von der angeordneten Rechtsfolge klar unterscheidbar wären. Ob der Einwand erhoben wird, bleibt innerhalb eines von der Norm gezogenen Wertungsrahmens weitgehend der behördlichen Einschätzung überlassen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Regierungspräsidium von seinem Ermessen, den Ökologie-Einwand zu erheben, fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Senat ist darum befugt, den angegriffenen Bescheid selbst auszulegen. Daraus ergibt sich, dass das Regierungspräsidium unabhängig davon, ob es den normativen Wertungsrahmen gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt und angewendet hat, den ihm eingeräumten Spielraum verfehlt hat. Die Gründe des Bescheids lassen erkennen, dass sich das Regierungspräsidium nicht darüber im Klaren war, dass die Erhebung des Ökologie-Einwands in seinem Ermessen stand; sie zeigen vielmehr, dass es von einer rechtsgebundenen Entscheidung ausgegangen ist. Überdies hat das Regierungspräsidium das Prüfprogramm des Ökologie-Einwands verkannt. Es hat der Sache nach nicht den in Art. 7 Abs. 4 Buchst. a, 5. Gedankenstrich EG-AbfVerbrVO geregelten verwertungsbezogenen Einwand erhoben, sondern unter Rückgriff auf diese Vorschrift und auf das Hauptzweckkriterium generelle Gründe gegen den Export von Abfällen zur Beseitigung geltend gemacht. Es ist dabei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Abfälle zur Beseitigung bestimmt seien und die Klägerin darum das falsche Verfahren gewählt habe. Die Erhebung des Einwands auf der Grundlage dieser unzutreffenden Prämisse lässt eine fehlerfreie behördliche Bewertung nicht zu. Ihr liegt die unzutreffende Vorstellung eines gemeinschaftsrechtswidrigen Abfallexports zugrunde. Bei falscher Einstufung der Abfälle ist eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob deren geplante Verwertung angemessen ist, nicht möglich.
Eine Heilung der ermessensfehlerhaften Einwandserhebung kommt ungeachtet dessen, ob sie prozessual zulässig wäre (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), schon deswegen nicht in Betracht, weil das materielle Recht eine solche Nachbesserung ausschließt. Die notifizierende Person soll innerhalb der 30-Tage-Frist des Art. 7 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO Klarheit darüber erhalten, ob sie die Abfälle zur Verwertung an den Bestimmungsort verbringen darf. Wird der Behörde innerhalb dieser Frist nachgewiesen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des erhobenen Einwands nicht mehr vorliegen, hat sie dies unverzüglich der notifizierenden Person und den anderen zuständigen Behörden mitzuteilen (Art. 7 Abs. 5 EG-AbfVerbrVO). Damit wird der geplante Abfallexport zugelassen, wenn die notifizierende Person innerhalb der genannten Frist die Bedenken ausräumt. Für die Befugnis der zuständigen Behörde, eine ermessensfehlerhafte Erhebung des Ökologie-Einwands zu korrigieren, kann keine andere Frist gelten. Die Nachbesserung einer Einwandserhebung ist nach Ablauf der 30-Tage-Frist ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.