Beschluss vom 11.11.2008 -
BVerwG 9 A 56.07ECLI:DE:BVerwG:2008:111108B9A56.07.0
Beschluss
BVerwG 9 A 56.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. November 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und Dr. Christ
beschlossen:
- Das Verfahren wird eingestellt.
- Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und der Beklagte zu einem Drittel.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Das Klageverfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, nachdem es durch den zwischen den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 5. November 2008 geschlossenen Vergleich beendet worden ist. Die Kostenentscheidung haben die Beteiligten nach Maßgabe von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO in das Ermessen des Gerichts gestellt. Es ist angemessen, die Kosten des Verfahrens wie aus dem Tenor ersichtlich zwischen den Beteiligten aufzuteilen. Ungeachtet der Frage einer Präklusion der Klägerin, weil ihr Schreiben vom 26. Januar 2005 erst am 28. Januar 2005 und damit einen Tag nach Ablauf der Einwendungsfrist beim Beklagten eingegangen war, ohne dass die Gründe für diese Verzögerung bekannt sind, ergibt die materiellrechtliche Prüfung des Streitfalls nach dem Erkenntnisstand bis zum Abschluss des Vergleichs, dass die Klägerin einen Anspruch auf erneute Entscheidung über den aus Anlass des Baus der B 6n gebotenen aktiven Lärmschutz hatte.
2 Allerdings wäre die Klägerin mit ihrem auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag voraussichtlich ohne Erfolg geblieben, weil das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit ihr gegenüber nicht verletzt war. Zwar wird das von der Klägerin ausgewiesene Bebauungsplangebiet „Hinter den Gärten“ durch die von dem Planvorhaben ausgehenden Lärmimmissionen beeinträchtigt, wobei das Ausmaß der voraussichtlichen Lärmbelastung nach der von dem Beklagten im Gerichtsverfahren vorgelegten Alternativberechnung deutlich mehr Grundstücke betreffen würde als nach der von der Klägerin beanstandeten planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung. Selbst wenn der Beklagte danach im Planfeststellungsbeschluss das Ausmaß der Betroffenheit der Planungshoheit der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Klägerin verkannt haben sollte, ist bei der gebotenen konkreten Betrachtung angesichts der Möglichkeit, die Lärmschutzprobleme durch Schutzmaßnahmen zu bewältigen, nicht ersichtlich, dass sich dies auf die Trassierung der B 6n entscheidungserheblich ausgewirkt hätte (§ 17e Abs. 6 FStrG).
3 Dagegen wäre der Beklagte auf den Hilfsantrag der Klägerin voraussichtlich verpflichtet worden, über deren Begehren nach weitergehendem aktiven Lärmschutz erneut zu entscheiden. Denn die gemeindliche Planungshoheit ist schon dann berührt, wenn sich die durch den Bau der B 6n verursachte Lärmzunahme nicht nur auf einzelne Grundstücke, sondern auf wesentliche Teile von Baugebieten auswirkt, die in Bebauungsplänen ausgewiesen sind. Dabei ist nicht erforderlich, dass die nachteiligen Wirkungen für das betroffene Gebiet, blieben sie ohne Schutzmaßnahmen unbewältigt, die Gemeinde zur Umplanung zwängen. Schon das Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen ist ein schutzwürdiger kommunaler Belang. Einen Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen vermittelt er freilich nur dann, wenn jede andere Entscheidung als die Gewährung von Lärmschutz abwägungsfehlerhaft ist. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts ist das insoweit maßgebliche Lärmschutzniveau mit den Immissionsgrenzwerten für Dorf- und Mischgebiete gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV umschrieben, weil diese Werte für den Regelfall gewährleisten, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) gewahrt sind (vgl. Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157 f.>). Auch wenn hiernach kein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen besteht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte, wäre ihm bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die sich aus der von ihm vorgelegten Alternativberechnung ergebende größere Lärmbelastung des erwähnten Bebauungsplangebietes bekannt gewesen, im Rahmen der Abwägung möglicherweise weitergehende Lärmschutzmaßnahmen angeordnet hätte. Dem hat der Beklagte durch die in dem eingangs erwähnten Vergleich festgelegte Änderung der planfestgestellten Lärmschutzwand der Höhe wie der Länge nach Rechnung getragen.
4 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.