Beschluss vom 10.07.2024 -
BVerwG 7 B 14.24ECLI:DE:BVerwG:2024:100724B7B14.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.07.2024 - 7 B 14.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:100724B7B14.24.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 14.24

  • VGH Mannheim - 04.04.2023 - AZ: 10 S 1439/22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juli 2024
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günther und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 21. März 2024 - 7 B 13.23 - wird zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

1 1. Die Anhörungsrüge des Klägers hat keinen Erfolg. Das Rügevorbringen lässt nicht erkennen, dass der Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich deren Rechtsauffassung anzuschließen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 14. November 2017 - 10 B 4.17 - ZOV 2018, 48 Rn. 10 m. w. N.). Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO vom Rügeführer substantiiert und schlüssig darzulegen. Er muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dargelegt.

3 a) Der Kläger beanstandet, die Auffassung des Senats, wonach im Verhältnis von immissionsschutzrechtlichem Vorbescheids- und Genehmigungsantrag maßgeblich ist, ob mit dem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids begehrt wird, mit verbindlicher Wirkung den Vorrang einer Anlage an einem bestimmten Standort hinsichtlich eines bestimmten Konflikts zu sichern, stelle eine nicht zu erwartende Wendung bzw. eine nicht zu erwartende Rechtsauslegung dar. Darauf kann der Kläger die Anhörungsrüge nicht stützen. Dass der Senat sein Vorbringen übergangen habe, behauptet der Kläger nicht. Auch eine unzulässige Überraschungsentscheidung legt der Kläger nicht dar. Bereits der Verwaltungsgerichtshof war im Verhältnis von Vorbescheids- und Genehmigungsantrag von den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäben zum Prioritätsprinzip ausgegangen, nachdem die Beteiligten in der Vorinstanz darüber gestritten hatten. Der Kläger wollte mit der Nichtzulassungsbeschwerde diese Frage grundsätzlich geklärt wissen. Die Rüge zielt daher bloß auf eine hier unbeachtliche fehlerhafte Rechtsanwendung. Unabhängig davon war die vom Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, wie in der angegriffenen Entscheidung dargelegt, nicht entscheidungserheblich.

4 b) Weiter rügt der Kläger einen "Gehörsverstoß aufgrund überraschenden, weil fehlerhaften rechtlichen Maßstabes" soweit der Senat die Bindungswirkung der Immissionsschutzbehörde an die luftverkehrsrechtliche Zustimmung nach § 14 Abs. 1 LuftVG angenommen hat. Auch damit beanstandet er lediglich die nach seiner Auffassung fehlerhafte Rechtsanwendung des Senats. Mit seinem Vorbringen zur (fehlenden) Bindungswirkung zeigt der Kläger selbst auf, dass der Senat sich mit seiner Argumentation auseinander gesetzt hat. Eine Überraschungsentscheidung legt der Kläger auch insoweit nicht dar. Die Frage, ob ein Konkurrenzverhältnis der beiden Windkraftvorhaben hinsichtlich der Luftverteidigungsradaranlage nicht mehr bestand, die Immissionsschutzbehörde mithin verpflichtet war, beide Genehmigungen zu erteilen, nachdem die erforderlichen Zustimmungen vorlagen, war ein zentraler Gegenstand des Rechtsstreits. Abgesehen davon geht die Beschwerde mit ihrer Frage von einem Sachverhalt aus, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat es als fernliegend erachtet, dass das BAIUDBw bzw. das Luftfahrtamt der Bundeswehr in Kenntnis der Unvereinbarkeit zweier Windkraftanlagen mit der Luftverteidigungsanlage beiden Windkraftanlagen mit Schreiben vom gleichen Tag vorbehaltlos zugestimmt hätte. Er hat deshalb die in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gestellten Beweisanträge, dass die kumulierten Auswirkungen der streitgegenständlichen WEA zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung der Radarerfassung führen, als "ins Blaue hinein" gestellt abgelehnt.

5 2. Eine Gegenvorstellung gegen den Beschluss, mit dem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wird, ist unstatthaft. Die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung erfordert, dass das Gericht nach einer gesetzlichen Regelung zur Abänderung seiner angegriffenen Entscheidung befugt ist (BVerfG, Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 <203>). Dies ist hier nicht der Fall. Mit der Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angegriffenen Beschluss vom 21. März 2024 ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs rechtskräftig geworden (§ 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO). Es widerspräche der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit, gegen rechtskräftige Entscheidungen neben der ausdrücklich geregelten Anhörungsrüge eine Gegenvorstellung als ungeschriebenen außerordentlichen Rechtsbehelf zuzulassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Februar 2006 - 2 BvR 575/05 - NJW 2006, 2907; BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2016 - 3 B 25.16 - NVwZ-RR 2016, 723 Rn. 2 m. w. N.).

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.