Beschluss vom 08.01.2025 -
BVerwG 6 B 17.24ECLI:DE:BVerwG:2025:080125B6B17.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 08.01.2025 - 6 B 17.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:080125B6B17.24.0]
Beschluss
BVerwG 6 B 17.24
- VG Würzburg - 10.04.2019 - AZ: W 2 K 18.729
- VGH München - 27.05.2024 - AZ: 7 B 24.416
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Januar 2025
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen ihrer Masterarbeit.
2 Sie war seit dem Sommersemester 2014 bei der Beklagten im Masterstudiengang "Immobilienmanagement" immatrikuliert, der eine Regelstudienzeit von drei Semestern vorsieht. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 30. August 2016 wurde aufgrund der Fristüberschreitung für das Ablegen von Prüfungen das Nichtbestehen der Masterprüfung im ersten Versuch festgestellt.
3 Mit Bescheid vom 25. Oktober 2017 stellte die Beklagte das endgültige Nichtbestehen der Masterarbeit fest. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat das Verwaltungsgericht die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 10. April 2019 abgewiesen.
4 Mit weiterem Bescheid vom 3. September 2018 hat die Beklagte festgestellt, dass die Klägerin wegen Überschreitung der Höchstzahl nicht bestandener erster Wiederholungsprüfungen in insgesamt sechs Modulen die Masterprüfung endgültig nicht bestanden habe. Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2022 abgewiesen; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg (VGH München, Beschluss vom 26. September 2023 - 7 ZB 22.19 30 -).
5 Nach Anhörung der Beteiligten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Mai 2024 gemäß § 130a VwGO die Berufung der Klägerin gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 10. April 2019 wegen des endgültigen Nichtbestehens ihrer Masterarbeit zurückgewiesen. Die Verpflichtungsklage mit dem Begehren, die Masterarbeit im Studienfach "Immobilienmanagement" neu und besser zu bewerten bzw. hilfsweise, einen weiteren Wiederholungsversuch zu gestatten, sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Nach rechtskräftiger Abweisung der Klage gegen den mittlerweile ergangenen Bescheid vom 3. September 2018 stehe fest, dass die Klägerin die Masterprüfung unabhängig vom Ergebnis der Masterarbeit endgültig nicht bestanden habe.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde, der die Beklagte entgegentritt.
II
7 Die ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
8 Grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine konkrete fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - WissR 2001, 377 Rn. 2 und vom 9. Juli 2019 - 6 B 2.18 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 7).
9
Die Beschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam folgende Frage auf:
"Ist ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis gegeben für ein gerichtliches Verfahren wegen einer Prüfungsanfechtung hinsichtlich einer Abschlussarbeit eines Studiums (hier: Neubewertung, hilfsweise Wiederholung einer Masterarbeit), wenn aufgrund endgültigen Nichtbestehens der Masterprüfung aus anderem Grund (hier: wegen Überschreitung der Höchstzahl nicht bestandener erster Wiederholungsprüfungen) der Studienabschluss (hier: Masterabschluss) ohnehin nicht mehr erreicht werden kann?"
10 Diese Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis eine für alle der Verwaltungsgerichtsordnung unterliegenden Verfahren einheitliche ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt. Es beruht auf dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2024 - 6 CN 1.22 - juris Rn. 17). Kein berechtigtes Rechtsschutzinteresse besteht u. a. dann, wenn ein Rechtsschutzbegehren nutzlos ist. Die Beurteilung der Nutzlosigkeit richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91> und vom 11. Oktober 2016 - 3 BN 1.15 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 210 Rn. 4). Die Nutzlosigkeit eines Rechtsbehelfs muss eindeutig sein; im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>).
11 In welchen Fällen ein prüfungsrechtliches Neubescheidungsbegehren durch überholende Umstände nutzlos geworden ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles und entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen fallübergreifenden Klärung durch Rechtssatzbildung. Die Beschwerde trägt hierzu auch nichts vor, sondern wiederholt lediglich die konkrete, auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles bezogene Fallfrage im Gewande einer mehr oder minder abstrahierenden Fragestellung. Mit ihrer Kritik, die Nutzlosigkeit ihres Klagebegehrens sei keinesfalls offensichtlich, greift sie die konkrete Würdigung der tatsächlichen Umstände durch das Berufungsgericht an. Damit kann sie eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erreichen.
12 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.