Beschluss vom 07.01.2003 -
BVerwG 6 B 66.02ECLI:DE:BVerwG:2003:070103B6B66.02.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 07.01.2003 - 6 B 66.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:070103B6B66.02.0]
Beschluss
BVerwG 6 B 66.02
- VGH Baden-Württemberg - 18.06.2002 - AZ: VGH 9 S 2441/01
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. G e r h a r d t und
V o r m e i e r
beschlossen:
- Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Die Revision kann daher nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (stRspr; vgl. Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4). Derartige Umstände sind nicht gegeben.
aa) Soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag der Kläger zu 1 und 2 übergangen, ihr Glaube gebiete ihnen die persönliche Unterrichtung ihrer Kinder, geben sie ihrem Vorbringen in der Berufungsinstanz eine Deutung, die ihm in der nunmehr vorgetragenen Ausschließlichkeit nicht zu entnehmen ist. Die von der Beschwerde für den Nachweis einer Verletzung des rechtlichen Gehörs herangezogenen Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 8. Februar 2002 enthalten nicht die Behauptung einer absoluten religiösen Verpflichtung der Kläger zu 1 und 2, ihre Kinder selbst zu erziehen. Auf S. 2 des genannten Schriftsatzes heißt es, sie leiteten aus zahlreichen Aussagen in der Bibel ab, dass es sich insoweit um eine Verpflichtung vor Gott handele, die Dritten nicht o h n e w e i t e r e s überlassen werden könne und schon aus diesem Grund dazu führe, dass sie mit der häuslichen Schulunterrichtung einen göttlichen Auftrag erfüllten. Die Reichweite des Gebotes, die Kinder persönlich zu erziehen, wird auf S. 22 ebendort dahin umschrieben, konkurrierende Erziehungseinflüsse auszuschließen oder e i n z u d ä m m e n (Hervorhebungen durch den Senat). Wegen der in diesem Vorbringen enthaltenen Vorbehalte und Relativierungen lässt es sich entgegen der Ansicht der Beschwerde mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs in Einklang bringen, dass die Kläger nichts gegen den Besuch einer Schule einzuwenden hätten, die ihren inhaltlichen, methodischen und sozialen Vorstellungen entspräche. Mithin kann ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht aus einer Unvereinbarkeit der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs mit klägerischem Vortrag hergeleitet werden.
Eine Verletzung des Anspruchs der Kläger auf Gewährung des rechtlichen Gehörs lässt sich aber auch nicht damit begründen, dass in den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht erörtert wird, warum der Verwaltungsgerichtshof das Berufungsvorbringen nicht in dem Sinne aufgefasst hat, den die Beschwerde ihm nunmehr gibt. Eine solche Erörterung war nicht geboten. Die Beschwerde trägt nicht vor noch ist ersichtlich, dass die Kläger zu 1 und 2 im Verwaltungsverfahren oder vor dem Verwaltungsgericht eine absolute religiöse Verpflichtung vorgetragen haben, ihre Kinder selbst zu erziehen. Im erstinstanzlichen Urteil wird ausgeführt, die Kläger hätten nicht dargelegt, dass sie durch verbindliche Ge- oder Verbote ihres Glaubens gehindert wären, der gesetzlichen Schulpflicht zu genügen, und durch die Erfüllung dieser Pflicht in einen Gewissenskonflikt gestürzt würden (S. 13 f. des Urteils des Verwaltungsgerichts; vgl. auch Berufungsurteil S. 8). Die Kläger sind diesen Ausführungen in der Berufungsinstanz zwar entgegengetreten, haben sich dabei aber nicht auf eine absolute religiöse Verpflichtung berufen. Soweit sie sich mit dem sie treffenden Gewissenskonflikt befassen (vgl. insbesondere S. 21 ff. der Berufungsbegründung; ferner Schriftsatz vom 7. Juni 2002 S. 2, 13 f.), weisen die Ausführungen zur Sache sowie bestimmte Wendungen ("Auf die unmittelbare Unterweisung ihrer Kinder durch die Eltern legen sie deshalb größten Wert"; "Die Kläger zu 1 und 2 empfinden persönlich eine starke Verpflichtung vor Gott, ihre Kinder von entsprechenden widergöttlichen Einflüssen fernzuhalten" <Berufungsbegründung S. 21 und 22>) vielmehr deutlich in Richtung auf ein zwar gewichtiges, aber nicht unter allen Umständen unverzichtbares religiöses Anliegen. Vor diesem Hintergrund kann der behauptete Verfahrensverstoß nicht festgestellt werden, zumal, wie dargelegt, selbst die mit der Beschwerde aufgegriffenen Kernaussagen der Berufungsbegründung Vorbehalte und Relativierungen enthalten.
bb) Die Beschwerde ist der Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe das rechtliche Gehör der Kläger ferner im Hinblick auf ihr Vorbringen verletzt, aus der Vielzahl der einzelnen Konfliktlagen für ihren Glauben folge in der Gesamtsicht ein unzumutbarer Gewissenskonflikt, der sich auch durch den Besuch einer Privatschule nicht ausräumen lasse. Die Beschwerde bezieht sich auf ein Vorbringen, das die "Unvereinbarkeit der klägerischen Erziehungsvorstellungen mit dem staatlichen Unterricht an öffentlichen Schulen" (Schriftsatz vom 8. Mai 2001 S. 9 ff.) bzw. die "Unvereinbarkeit zwischen klägerischen Erziehungsvorstellungen und öffentlichem Schulbesuch" (Schriftsatz vom 8. Februar 2002 S. 15 ff.) betrifft und die Darlegung einzelner Konfliktfelder mit dem Hinweis abschließt, diesen und weiteren Konfliktfeldern zwischen der elterlichen Erziehung der Kläger und der durch die öffentliche Schule könne nicht einzelfallbezogen durch Freistellung vom Unterricht begegnet werden; sie seien grundlegender Natur; auch lasse sich ihre Auflösung praktisch schon deshalb nicht verwirklichen, weil die Anschauungen zum Teil so weit auseinander lägen, dass die Lehrer sensible Bereiche und Spannungsfelder häufig gar nicht erkennen würden; die Schulbesuchspflicht sei nach alledem insgesamt mit den religiösen Erziehungsvorstellungen der Kläger zu 1 und 2 unvereinbar.
Ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils hat der Verwaltungsgerichtshof dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen. Auf Seite 6 des Berufungsurteils wird das diesbezügliche Klagevorbringen zusammengefasst referiert. Da das Berufungsvorbringen der Kläger mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen übereinstimmt, bedurfte es keiner gesonderten Erwähnung, sondern ist von dem Hinweis auf den wiederholenden Vortrag der Kläger umfasst (Berufungsurteil S. 9).
Der Verwaltungsgerichtshof hat, was die Beschwerde nicht verkennt, die Glaubenskonflikte der Kläger gewürdigt, die nach ihrem Vortrag für sie mit dem Besuch der Grundschule verbunden sind. Dabei hat er sich sowohl mit Gesichtspunkten befasst, die den Schulbesuch als ganzen betreffen, als auch mit den von den Klägern darüber hinaus vorgetragenen einzelnen Konfliktfeldern. Insbesondere hat er ausgeführt: Das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) vermittle den Eltern - auch in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG - keinen Anspruch gegenüber dem Staat darauf, dass die Kinder in der Schule in der gewünschten religiös-weltanschaulichen Form erzogen würden; dieses Grundrecht könne aber durch die Verpflichtung der Erziehungsberechtigten beeinträchtigt sein, ihre Kinder weltanschaulich-religiösen Einflüssen auszusetzen, die ihrer Überzeugung widersprächen. Ein solcher Grundrechtseingriff sei indes von den Klägern nicht dargetan. Er ergebe sich nicht daraus, dass im Schulunterricht bei der Vermittlung weltimmanenter Gesetzlichkeiten und wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse von der Herstellung transzendentaler Bezüge abgesehen werde. Die Kläger zu 3 und 4 würden auch nicht dadurch, dass sie im Schulunterricht an Konzentrationsübungen wie "Mandala-Malen" und "Phantasie-Reisen" teilnehmen müssten, entgegen Art. 4 GG zur Mitwirkung an kultischen Handlungen eines von ihnen und den Klägern zu 1 und 2 abgelehnten Glaubens gezwungen. Dasselbe gelte für die Beschäftigung mit Märchen oder die Verwendung von Märchenfiguren in Schulbüchern. Ebenso wenig seien die Kläger zu 1 und 2 bei Durchsetzung der Schulpflicht der Kläger zu 3 und 4 an der Verwirklichung des von ihnen angeführten religiösen Gebots gehindert, ihre Kinder vor Schaden zu bewahren. Eine mit dem Schulbesuch der Kläger zu 3 und 4 verbundene Beeinträchtigung der Glaubens- und Gewissensfreiheit hat der Verwaltungsgerichtshof nur insofern für möglich gehalten, als die Kläger das "Mandala-Malen" und phantasierende "Imaginieren" als Handlungen bezeichneten, die ihnen aus Glaubensgründen verboten seien. Die sich hieraus etwa ergebende rechtserhebliche Pflichtenkollision könne aber allenfalls zu dem Anspruch der Kläger zu 3 und 4 führen, sich an den in Rede stehenden Konzentrationsübungen im Schulunterricht nicht beteiligen zu müssen, oder - bei Unzumutbarkeit einer solchen Sonderstellung - dazu, dass die Übungen in ihren Klassen zu unterbleiben hätten. Keinesfalls könne hieraus ein Anspruch auf Befreiung von der Schulpflicht selbst hergeleitet werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat mithin die von den Klägern geltend gemachten Glaubenskonflikte im Einzelnen am Schutzbereich des Art. 4 GG gemessen und dieses Grundrecht - wenn überhaupt - nur in einem für die Schulpflicht nicht bedeutsamen Randbereich für berührt gehalten. In Anbe- tracht dieses materiellrechtlichen Verständnisses des Verwaltungsgerichtshofs von der Reichweite des Art. 4 GG, das der Würdigung der Verfahrensrüge der Kläger durch das Bundesverwaltungsgericht zugrunde zu legen ist, bedurften die von der Beschwerde aufgegriffenen Erwägungen der Kläger zur grundlegenden Natur der vorgetragenen Konflikte und zu deren Rechtsfolge keiner weiteren Erörterung. Vielmehr liegt auf der Hand, dass sie vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs aus nicht zutreffen. Eine dahin gehende ausdrückliche Äußerung war nicht geboten.
Der Verwaltungsgerichtshof war aber auch nicht gehalten, auf das von der Beschwerde herangezogene Vorbringen der Kläger im Rahmen der Erörterung des § 76 Abs. 1 Satz 2 SchG ausdrücklich einzugehen. Nach der maßgeblichen Auslegung dieser Vorschrift durch den Verwaltungsgerichtshof kommt eine Ausnahme von der Schulpflicht nicht in Frage, wenn sie lediglich wegen der Unterrichtsinhalte und Erziehungsziele abgelehnt wird, und zwar auch dann, wenn dies aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen geschieht. Ferner hält der Verwaltungsgerichtshof eine Befreiung von der Schulpflicht aus Gewissensgründen oder deshalb nicht für möglich, weil die Eltern ihr Kind vor den Einflüssen von Mitschülern bewahren wollen. Von daher bedurfte das erwähnte Vorbringen der Kläger keiner weiteren Erörterung, weil es erkennbar bereits auf Grund der rechtlichen Darlegungen eine Ausnahme von der Schulpflicht nicht rechtfertigen konnte.
Die Beschwerde gibt - ähnlich wie in der Frage der Glaubensverpflichtungen der Kläger - ihrem Vortrag in der Berufungsinstanz, auf den sie sich zur Begründung eines Verfahrensmangels berufen, nunmehr eine Bedeutung, die ihm erkennbar nicht zukommt. Die Kläger haben vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht geltend gemacht, dass für sie die Gesamtsumme der aus dem Schulbesuch resultierenden Konflikte und Erschwernisse unzumutbar sei (so jetzt zusammenfassend Schriftsatz vom 3. September 2002, vor allem S. 19) und deshalb zwingend zur angestrebten Befreiung führen müsse, sondern lediglich die von ihnen angenommenen Folgen der Unvereinbarkeit ihrer Erziehungsvorstellungen mit denen der öffentlichen Schule resümiert.
b) Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) Genüge getan. Die diesbezügliche Rüge der Beschwerde ist, ihre Zulässigkeit unterstellt, unbegründet. Die Beschwerde ist der Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe nicht alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Möglichkeiten einer Aufklärung des für seine Entscheidung im Hinblick auf die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) maßgeblichen Sachverhalts ausgeschöpft. Dies trifft nicht zu.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat. So liegt es hier. Die Kläger sind in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof anwaltlich vertreten gewesen, ohne auf ihren früheren Beweisantritt in Gestalt von Beweisanträgen zurückzukommen. Dem Verwaltungsgerichtshof musste sich eine Beweiserhebung aber auch nicht auf Grund der Aktenlage aufdrängen. Die Kläger haben im Schriftsatz vom 8. Februar 2002 als Vergleichsfälle zwei Familien in Rheinland-Pfalz sowie - unter Bezeichnung von Beweismitteln - die Familie K. benannt, ohne indes die näheren Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Vergleichbarkeit mit ihrer Situation hätte ergeben können. Die die Familie V. betreffenden Verhältnisse sind bereits zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts gemacht worden (vgl. Vermerk vom 11. Juli 2001); es ist nicht ersichtlich, inwiefern sie weiterer Aufklärung bedurft hätten (vgl. erstinstanzliches Urteil S. 15). In Bezug auf die Befreiung von der Schulpflicht durch das Staatliche Schulamt Karlsruhe vom 25. Februar 1998 ergibt sich aus den Akten ebenfalls kein Aufklärungsbedarf; dem Schreiben des Oberschulamts Freiburg vom 5. Mai 1999 ist zu entnehmen, dass dieses von der Vergleichbarkeit der Fälle ausgegangen ist; in die gleiche Richtung weist der Umstand, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Kläger insoweit verneint hat, weil es keine Gleichheit im Unrecht gebe (Urteil S. 15). Im Schriftsatz vom 7. Juni 2002 haben sich die Kläger lediglich wiederholend auf die vorgenannten Fälle bezogen.
Für das Bestehen einer allgemeinen Verwaltungspraxis in ihrem Sinne haben die Kläger - über die erwähnten Fälle hinaus - keine konkreten Hinweise vorgetragen. Die von ihnen dafür mit Schriftsatz vom 8. Februar 2002 (S. 45) in Anspruch genommene Formulierung des Schreibens des Oberschulamts Freiburg vom 5. Mai 1999 spricht nicht für, sondern gegen eine solche Verwaltungspraxis. Zudem haben die Kläger mit Schriftsatz vom 7. Juni 2002 (S. 13) in den Vordergrund gerückt, dass immer mehr Fälle bekannt würden, in denen der Beklagte den Heimunterricht bibelgläubiger Christen dulde (Soweit die Beschwerde nunmehr vorträgt, den Klägern sei nicht bekannt, ob Befreiungen oder Duldungen erteilt würden <Schriftsatz vom 3. September 2002 S. 8>, entspricht dies nicht den im Schriftsatz vom 7. Juni 2002 gemachten Aussagen). Die Äußerungen des Beklagten deuten durchweg darauf hin, dass die Behörden die Ablehnung der Schulpflicht aus religiösen Gründen in der Vergangenheit allenfalls geduldet haben (Schreiben des Oberschulamts an die nachgeordneten Schulämter vom 13. Dezember 1999; Vermerk vom 30. Oktober 2000). In Ermangelung sonstiger Hinweise auf eine allgemeine Verwaltungspraxis der Behörden des Beklagten, in vergleichbaren Fällen die Befreiung von der Schulpflicht zu erteilen, war eine weiter gehende Sachverhaltsermittlung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht geboten. Entgegen der sinngemäß vorgetragenen Ansicht der Beschwerde begründet allein der Umstand, dass naturgemäß in erster Linie die Behörden über die Verwaltungspraxis und die beschiedenen Anträge in anderen Fällen Auskünfte erteilen können, keine Pflicht des Gerichts zu einer diesbezüglichen Ausforschung. Dies gilt erst recht, wenn die Behörde die behauptete Verwaltungspraxis bestreitet und sich wie hier darauf beruft, dass in dem zu entscheidenden Fall die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht vorliegen, so dass die behauptete Selbstbindung eine gesetzeswidrige Verwaltungspraxis voraussetzt (vgl. Schriftsatz des Oberschulamts Freiburg vom 19. April 2002).
c) Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der Aufklärungsrüge geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe den "Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO)" verletzt, dürfte die Rüge in dem Sinne zu verstehen sein, dass der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entschieden habe, obwohl der Sachverhalt noch nicht in der für die gerichtliche Überzeugungsbildung ausreichenden Weise aufgeklärt gewesen sei. Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Es sind keine Umstände greifbar, die auf den gerügten Verfahrensverstoß hindeuten. Der Verwaltungsgerichtshof hat - wie dargelegt, ohne Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht - die vorliegenden Erkenntnisse als ausreichend für seine Überzeugungsbildung angesehen. Mit der von der Beschwerde aufgegriffenen Wendung "soweit ersichtlich" (Berufungsurteil S. 26) soll erkennbar die Reichweite der vorliegenden Erkenntnismittel in Bezug auf die vorgetragenen Vergleichsfälle umschrieben werden. Aus ihr lässt sich jedoch nicht schließen, dass der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, obwohl ihm die tatsächlichen Grundlagen seiner Entscheidung noch unklar waren.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob und unter welchen Voraussetzungen die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG eine Befreiung von landesrechtlich bestehenden allgemeinen Schulbesuchspflichten gebieten können, wenn für eine gleichwertige anderweitige Erziehung und Unterrichtung gesorgt ist. Die Beschwerde hat diese Frage im Hinblick auf den Beschluss vom 15. November 1991 - BVerwG 6 B 16.91 - (Buchholz 11 Art. 7 Abs. 4 GG Nr. 35 = NVwZ 1992, 370) sinngemäß auf den Fall eines sich aus einem strikten religiösen Gebot der Erziehung allein durch die Eltern ergebenden unausweichbaren Gewissenskonflikts sowie auf den Fall beschränkt, dass wegen einer Vielzahl einzelner sowie in der Summe erheblicher Beeinträchtigungen der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Eltern und ihrer Kinder eine Kollisionslage besteht, die sich weder innerhalb der öffentlichen Grundschulen noch durch das Ausweichen auf Privatschulen auflösen lässt (Schriftsatz vom 3. September 2002 S. 19; ferner S. 13 ff., 16 und 18). Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren jedoch nicht stellen und rechtfertigt deshalb die Zulassung der Revision nicht.
Der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt der von dem Tatsachengericht festgestellte Sachverhalt, soweit er nicht mit Revisionsrügen erfolgreich angegriffen worden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Dementsprechend rechtfertigt eine Frage die Zulassung der Revision nicht, die auf tatsächlichen Vo-raussetzungen beruht, die das Berufungsgericht nicht festgestellt und die es demgemäß rechtlich nicht gewürdigt hat. Eine Rechtsfrage, die sich für das Berufungsgericht nicht gestellt hat, kann grundsätzlich nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen (stRspr; vgl. Beschluss vom 29. Juni 1992 - BVerwG 3 B 102.91 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 17). Anderes gilt voraussetzungsgemäß, wenn das Berufungsgericht Feststellungen in Anwendung von Rechtssätzen unterlassen hat, die revisionsgerichtlicher Klärung bedürfen.
Nach diesen Grundsätzen könnte der Beschwerde zwar nicht das Fehlen tatrichterlicher Feststellungen dazu entgegengehalten werden, ob, wie in der von ihr aufgeworfenen Frage vorausgesetzt wird, für eine gleichwertige anderweitige Erziehung und Unterrichtung gesorgt ist (Berufungsurteil S. 19 f.). Der Verwaltungsgerichtshof könnte entsprechende Feststellungen nämlich gerade in Verkennung der - nach Ansicht der Beschwerde klärungsbedürftigen - Tragweite der Grundrechte der Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 6 Abs. 2 GG unterlassen haben. Anderes gilt aber für die weiteren in der aufgeworfenen Frage vorausgesetzten Tatsachen. Der Verwaltungsgerichtshof hat, wie dargelegt, verfahrensfehlerfrei und ohne Rücksicht auf materiellrechtliche Bindungen festgestellt, dass den Klägern eine Erziehung und Unterrichtung in Gemeinschaft nicht aus Glaubens- oder Gewissensgründen unmöglich ist, dem Schulbesuch also kein unausweichbarer Gewissenskonflikt entgegensteht. Davon wäre in einem Revisionsverfahren auszugehen. Das Revisionsgericht könnte seiner Entscheidung aber auch nicht zugrunde legen, dass ein Schulbesuch für die Kläger wegen der Summe der Beeinträchtigungen unzumutbar ist. Ein derartiger Sachverhalt liegt nach den vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen Feststellungen nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat, wie dargelegt, die von den Klägern vorgetragenen Glaubenskonflikte im Einzelnen gewürdigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Teilnahme der Kläger zu 3 und 4 am Schulunterricht nicht, wie von der Beschwerde vorausgesetzt, unter einer Vielzahl von Gesichtspunkten, sondern allenfalls in einem einzigen, sachlich begrenzten Teilbereich zu einem rechtserheblichen Konflikt führen kann, der die Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht nicht rechtfertigt. Auch dabei ist dem Verwaltungsgerichtshof kein Verfahrensfehler unterlaufen. Die Beschwerde greift zwar die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs mit umfänglichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen als unrichtig an. Sie zeigt aber nicht auf, inwiefern diese Würdigung auf eine Anwendung des materiellen Rechts zurückzuführen sein könnte, die klärungsbedürftige Fragen aufwirft. Vielmehr lässt sich ihren Ausführungen lediglich entnehmen, dass sie dem Grundrecht aus Art. 4 GG mit Blick auf die Umstände des vorliegenden Falles eine größere Reichweite beimisst, als es der Verwaltungsgerichtshof getan hat.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegen-standes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in Verbindung mit § 5 ZPO in entsprechender Anwendung.