Beschluss vom 05.09.2024 -
BVerwG 1 WB 50.22ECLI:DE:BVerwG:2024:050924B1WB50.22.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 05.09.2024 - 1 WB 50.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:050924B1WB50.22.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 50.22
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch,
den ehrenamtlichen Richter Fregattenkapitän Fauerbach und
den ehrenamtlichen Richter Oberbootsmann Winkler
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2024
am 5. September 2024 beschlossen:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Das Verfahren betrifft die Verpflichtung zur Duldung einer COVID-19-Impfung.
2 Der ... geborene Antragsteller trat ... in die Bundeswehr ein und ist seit ... Berufssoldat. Er wurde zuletzt im Jahre ... zum Oberstabsbootsmann befördert und ist derzeit auf einen Dienstposten bei der ...staffel des ...geschwaders ... in ... kommandiert. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich am 31. März ... enden.
3 Mit Wirkung vom 24. November 2021 trat im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung nach Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, des Hauptpersonalrates und der Hauptschwerbehindertenvertretung eine Änderung der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil -" in Kraft. Dadurch wurde die Impfung gegen den COVID-19-Erreger in die Liste der Basisimpfungen in Nr. 2001 AR A1-840/8-4000 aufgenommen. Nach Nr. 1080 AR A1-840/8-4000 erfordern die COVID-19-Impfstoffe eine oder zwei Teilimpfungen sowie Auffrischimpfungen gemäß den aktuellen nationalen Empfehlungen. Nach Nr. 2023 und 2024 AR A1-840/8-4000 ist für alle Kräfte (Einheiten und Einzelpersonen), die für Hilfs- und Unterstützungsleistungen im Inland eingesetzt werden - die sogenannten "Hilfs- und Katastrophenkräfte Inland" – die Basisimmunisierung erforderlich. Nr. 210 der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-840/8 "Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen" sieht vor, dass alle Soldaten die angewiesenen Impf- und Prophylaxemaßnahmen und Impfungen der "Hilfs- und Katastrophenkräfte Inland" zu dulden haben. Nach Nr. 406 ZDv A-840/8 sind damit alle aktiven Soldaten duldungspflichtig zu impfen, sofern in der Person des Soldaten keine individuelle medizinische Kontraindikation vorliegt.
4 Am 2. Dezember 2021 wurde dem Antragsteller von seinem Disziplinarvorgesetzten befohlen, der Pflicht zur Duldung der COVID-19-Impfung nachzukommen. Der Antragsteller verweigerte die Ausführung dieses Befehls. Deshalb wurde gegen ihn ein Wehrdisziplinarverfahren eingeleitet. Am 19. Januar 2022 wurde der Befehl wieder zurückgenommen. Das gegen den Antragsteller eingeleitete Disziplinarverfahren ist eingestellt worden.
5 Gegen die Änderungen der AR A1-840/8-4000 hat der Antragsteller am 5. Januar 2022 Klage beim ... Verwaltungsgericht erhoben. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18. März 2022 an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.
6 Mit Schreiben vom 13. Mai 2022 wurde dem Antragsteller durch das Bundesministerium der Verteidigung zugesichert, dass hinsichtlich einer COVID-19-Schutzimpfung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keine disziplinarischen Maßnahmen gegen ihn ergriffen werden.
7 Am 14. September 2022 wurde dem Antragsteller erneut befohlen, die Vornahme der COVID-19-Schutzimpfung durch den zuständigen Truppenarzt zu dulden. Dieser Befehl ist am 22. September 2022 zurückgenommen worden.
8 Mit Schreiben vom 28. Mai 2024 teilte das Bundesministerium der Verteidigung mit, dass der Wehrmedizinische Beirat unter dem 22. Mai 2024 für eine Herabstufung der bisherigen Duldungspflicht für alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hin zu einer bloßen Empfehlung einer Impfung gegen COVID-19 votiert habe. Daraufhin habe das Kommando des Sanitätsdienstes der Bundeswehr eine Neubewertung vorgenommen und im Anschluss an das Votum des Wehrmedizinischen Beirats vorgeschlagen, die AR A1-840/8-4000 entsprechend zu ändern. Diesem Vorschlag ist der Bundesminister der Verteidigung am 28. Mai 2024 gefolgt und habe dessen Umsetzung eingeleitet. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller zugesichert, ihn bis zu der beabsichtigten Änderung der AR A1-840/8-4000 nicht mehr durch Befehl einer Duldung der Impfung gegen COVID-19 auszusetzen, um eine Basisimmunisierung herzustellen.
9 Der Antragsteller hält den Hauptantrag auf Aufhebung der Anordnung weiterhin für zulässig und begründet. Für die hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsanträge bedürfe es keines Fortsetzungsfeststellungsinteresses. Streitgegenständlich sei mit der angefochtenen Duldungspflicht ein Befehl, für den § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO gelte. Jedenfalls sei das nach § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung aus mehreren Gründen zu bejahen.
10 Es bestehe eine Wiederholungsgefahr. Hierfür reiche es schon aus, dass das Bundesministerium der Verteidigung den Standpunkt vertrete, seine Verfahrensweise gebe zu Beanstandungen keinen Anlass. Angesichts der fehlenden bzw. unzureichenden Evaluierung der Duldungspflicht bestehe die Gefahr, dass die derzeitige "Impfempfehlung" ohne Weiteres später wieder zu einer Pflicht "hochgestuft" werden könne. Hierfür spreche insbesondere das äußerst kurzfristige Handeln des Ministeriums unmittelbar vor dem Gerichtstermin, ohne dass es nach außen tretende wesentliche neue Erkenntnisse in Bezug auf die COVID-19-Infektionslage oder die Schutzwirkungen der COVID-19-Impfungen gegeben habe.
11 Darüber hinaus bestehe ein Rehabilitationsinteresse. Es sei jedenfalls dann gegeben, wenn ein schwerwiegender bzw. tiefgreifender Grundrechtseingriff in Rede stehe und auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden solle. Das sei hier der Fall, weil mit der Aufnahme der COVID-19-Impfung in das Basisimpfschema in die körperliche Integrität eingegriffen werde. Die Anordnung der Duldungspflicht habe diskriminierende Wirkung entfaltet. Hier hätten sich die Soldaten einer befohlenen Impfung nicht entziehen können, weil eine Verweigerung eine disziplinarische Ahndung nach sich gezogen habe. Eine wiederholte Befehlsverweigerung sei eine Straftat, die mit einem sozialethischen Unwert belegt sei. Eine ablehnende Impfentscheidung von Soldaten habe gegen geltendes Recht verstoßen und zu sozialer und beruflicher Ächtung sowie in wirtschaftlicher Hinsicht durch Kürzungen der Bezüge bis hin zu einer unehrenhaften Entlassung auch zu wirtschaftlicher Existenznot geführt, wie auch die von dem Regierungsdirektor A unter dem 17. Dezember 2021 verfasste Handlungshilfe für Disziplinarvorgesetzte zeige.
12 Es habe ein gegen ihn gerichtetes fortlaufendes "massives Druckszenario" des Bundesministeriums der Verteidigung gegeben. Auf die Folgen einer Befehlsverweigerung sei er durch seine Vorgesetzten des Öfteren hingewiesen worden. Ihm sei von seinem Disziplinarvorgesetzten zweimal befohlen worden, der Pflicht zur Duldung der COVID-19-Impfung nachzukommen. Diese Befehle seien dann wieder zurückgenommen worden. Ein im Zusammenhang mit dem ersten Befehl gegen ihn eingeleitetes Disziplinarverfahren sei eingestellt worden. Wenige Jahre vor seiner Pensionierung habe sich das "Druckszenario" als individuell existenzbedrohendes Handeln seines Dienstherrn dargestellt. Aufgrund dieser Umstände sei er an einer Anpassungsstörung erkrankt und habe in der Zeit vom 21. Juli bis zum 11. Oktober 2022 psychotherapeutisch behandelt werden müssen. Überdies habe er seinen Status als "tadelfreier" Soldat verloren. Während der Geltung der 3 G-Regelung habe er sich täglich einem Schnelltest unterziehen müssen. Dies habe er als ehrverletzend und herabwürdigend empfunden. In dieser Zeit sei er von der Teilnahme an Dienstreisen und Auswärtsbesprechungen ausgeschlossen gewesen. Soldaten, die sich in der Weise verweigert hätten, würden als truppenschädigend angesehen. Der Vertrauensverlust dauere bis heute an. Selbst nach der Aufhebung der verfahrensgegenständlichen Duldungspflicht würden Kameraden für eine Verweigerung in der Vergangenheit in Disziplinarverfahren und Strafverfahren verfolgt und abgeurteilt.
13 Es bedürfe zudem der gerichtlichen Klärung, ob während der Zeit, in der seiner Auffassung nach die Duldungspflicht längst hätte aufgehoben sein müssen, sein Ansehen als Vorgesetzter sowie sein Ansehen bei Dienstvorgesetzten (als "tadelfreier" Soldat) zu Unrecht auf Basis der streitgegenständlichen Anordnung und der zuvor erwähnten Handlungshilfe herabgesetzt worden sei. Bei Soldaten, die wie er mit ihrem Dienstherrn lebenslang über ein Dienstverhältnis mit Treuepflichten verbunden seien, sei es unter entsprechender Heranziehung der nach § 15 AGG und § 9 KSchG geltenden Maßstäbe zwingend, dass ihnen zumindest die Möglichkeit offen stehen müsse, bei einer in Rede stehenden tiefgreifenden Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte, die bei ihm mit einem weitreichenden Vertrauensverlust sowie dem Verlust der Stellung als "tadelfreier" Soldat einhergehe, (partielle) Wiedergutmachung und Genugtuung dadurch zu erlangen, dass die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Dienstherrn festgestellt werde.
14 Er habe zudem ein berücksichtigungsfähiges Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Aspekt der beabsichtigten Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Das Bundesministerium der Verteidigung hätte sich bei seiner Ermessensausübung nicht allein auf die Stellungnahmen des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts stützen dürfen; deren Verlässlichkeit sei unzureichend. Er rüge die mangelnde Datenerhebung durch das Paul-Ehrlich-Institut und die daraus resultierende unzutreffende Erfassung der Nebenwirkungen von COVID-19-Schutzimpfungen. Zwischenzeitlich im Internet veröffentlichte interne Protokolle des Robert Koch-Instituts zeigten, dass sich dieses Institut bei seiner Einschätzung der tatsächlichen Wirksamkeit der COVID-19-Schutzimpfungen dem Druck der politischen Entscheidungsträger gebeugt habe. Vor diesem Hintergrund erachte er einen Amtshaftungsanspruch nicht für aussichtslos.
15 Ein Verschulden seines Dienstherrn sei nicht auszuschließen. Insoweit komme eine Anwendung der Kollegialgerichts-Richtlinie mit Blick auf die vom Senat gefassten Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 und 1 WB 5.22 - nicht in Betracht. Dieser Einwand sei hier zunächst deshalb ausgeschlossen, weil der Senat in diesen Entscheidungen von unrichtigen tatsächlichen Feststellungen ausgegangen sei. So treffe es nicht zu, dass der SARS-CoV-2-Virus und die dagegen von der Firma BioNTech entwickelten mRNA-Impfstoffe neuartig seien; diese seien dem Pharmaunternehmen bereits seit 2018 bekannt gewesen. Entgegen der Ansicht des Senats seien die Impfstoffe auch nicht hinreichend auf ihre Gefährlichkeit untersucht worden. Der Senat habe ferner die Kausalität der COVID-19-Schutzimpfung und bestimmten - teilweise zum Tod der Geimpften führenden - Nebenwirkungen (Myokarditis, Perikarditis, Thrombose, Lungenembolie, Fehlgeburten) unzutreffend dargestellt und dabei die Thesen Prof. Dr. B fehlerhaft gewürdigt. Entsprechendes gelte für die toxische Wirkung der Spikeproteine. Auch der nachgewiesene Ursachenzusammenhang zwischen dem "Impf"-Spikeprotein und einer Myokarditis sei vom Senat unzutreffend beurteilt worden. In den Ausführungen des Senats finde sich ferner nichts darüber, welche Herstellungsmethoden von dem Pharmaunternehmen gewählt worden seien, um einerseits ausreichende Proben für die Zulassung herzustellen und andererseits ausreichende Massen für die weltweit zu behandelnden Betroffenen zu produzieren. Diese Methoden seien voneinander abgewichen. Des Weiteren sei die Verunreinigung der besagten und auch bei der Bundeswehr verwendeten Impfstoffe nicht ausreichend beachtet worden. Über alle diese auch dem Bundesministerium der Verteidigung bekannten Umstände sei der Senat nicht ausreichend vom Robert Koch-Institut und dem Paul-Ehrlich-Institut unterrichtet worden.
16 Die Anwendung der Kollegialgerichts-Richtlinie sei ferner deshalb ausgeschlossen, weil die hier angefochtenen Maßnahmen grundsätzlicher Natur und von einer zentralen Verwaltungsbehörde getroffen worden seien. Der Senat habe überdies das Recht falsch angewendet. Die Ermächtigungsgrundlage in § 17a Abs. 2 SG sei unter Verstoß gegen das Zitiergebot in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG geschaffen worden; die gegen den Willen der betroffenen Soldaten umzusetzende Duldungspflicht greife in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht ein. Zudem könne entgegen der Auffassung des Senats den Soldaten eine Impfung nicht befohlen werden; ein derartiger Befehl erfolge auch nicht zu einem dienstlichen Zweck, sondern erscheine vielmehr als sinnlos und damit unverbindlich.
17 Es bestehe auch ein Anspruch nach § 12 Abs. 1 und 2 Satz 1 SoldGG. Hier sei gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SoldGG eine Diskriminierung wegen der Weltanschauung erfolgt. Der Anspruch sei nicht nach § 12 Abs. 3 SoldGG ausgeschlossen. Nach Bekanntwerden der RKI-Protokolle stünde des Weiteren die Möglichkeit im Raum, gegen andere Amtsträger und öffentliche Stellen Amtshaftungsansprüche geltend zu machen. Selbst wenn keine Entschädigungsansprüche wegen der erlittenen Einbußen an Lebensqualität usw. in Betracht kämen, ergäbe sich im Umkehrschluss sein anerkennungsfähiges Interesse an einer Wiedergutmachung in Form der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung vom 24. November 2021.
18
Der Antragsteller beantragt,
die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24. November 2021, die COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr AR Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen für die Bundeswehr - Fachlicher Teil - A1-840/8-4000 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24.11.2021, die COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr AR Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen für die Bundeswehr - Fachlicher Teil - A1-840/8-4000 aufzunehmen, rechtswidrig war,
hilfshilfsweise festzustellen, dass die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24.11.2021, die COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr AR Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen für die Bundeswehr - Fachlicher Teil - A1-84o/8-4000 aufzunehmen, im August 2022 rechtswidrig war,
äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24.11.2021, die COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr AR Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen für die Bundeswehr - Fachlicher Teil - A1-840/8-4000 aufzunehmen, am 27. Juni 2023 rechtswidrig war.
19
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
20 Mit der Erteilung der Zusicherung habe sich der Antrag erledigt. Der Antragsteller habe kein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens.
21 Der Antragsteller hat gleichzeitig mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt (1 W-VR 11.22 ). Dieses Verfahren wurde vom Senat mit Beschluss vom 1. März 2024 eingestellt, nachdem der Antragsteller und das Bundesministerium der Verteidigung diesen Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten.
22 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Das Verfahren war auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 1. Juni 2022 - 1 WB 19.22 - zum Ruhen gebracht und auf Antrag des Antragstellers vom 18. Juli 2022 fortgeführt worden. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
23 Die Anträge sind angesichts der veränderten prozessualen Situation nunmehr unzulässig. Eine Fortsetzung der mündlichen Verhandlung war deshalb nach § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO nicht mehr erforderlich.
24 1. Der gegen die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24. November 2021 gerichtete Hauptantrag und die daran anknüpfenden Hilfsanträge sind bereits deshalb unzulässig, weil es sich dabei nicht um eine dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO handelt.
25 a) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder deren Unterlassung rechtswidrig sei.
26 Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist (u. a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder - obwohl an andere Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 1 WB 59.11 - juris Rn. 26 ff. und vom 21. März 2019 - 1 WB 38.18 - juris Rn. 12). Etwas anderes gilt nur für solche, eine andere Entscheidung vorbereitenden Maßnahmen, die diese wesentlich prägen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 WB 7.18 - juris Rn. 10).
27 b) Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24. November 2021 lediglich um einen letzten Verfahrensschritt auf dem Weg zur Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen. Die Bundesministerin ersucht in dieser Anordnung ihren nachgeordneten Bereich lediglich intern um die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen für die Aufnahme der SARS-CoV-2-Impfung in das duldungspflichtige Basisimpfschema. Erst mit der Einarbeitung dieser internen Willensentscheidung in das Regelwerk der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 und mit der Zeichnung und Veröffentlichung der ausformulierten Änderungen ist eine extern wirkende dienstliche Maßnahme entstanden. Die interne Anweisung zu dieser Ausarbeitung und Veröffentlichung ist ebenso wenig wie die vorangegangene Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SBG oder die Anrufung des Schlichtungsausschusses nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SBG eine nach außen wirkende dienstliche Maßnahme. Erst wenn das Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage der Empfehlung des Schlichtungsausschusses nach § 38 Abs. 4 Satz 4 SBG endgültig entscheidet und eine neue Grundsatzregelung veröffentlicht, liegt eine nach außen wirksame, dienstliche Maßnahme vor.
28 2. Soweit sich der Antragsteller mit seinem Hauptantrag der Sache nach gegen die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen wendet, hat sich dieses Anfechtungsbegehren erledigt, nachdem er infolge der ihm durch das Bundesministerium der Verteidigung erteilten Zusicherung nicht mehr der Duldungspflicht unterliegt. Damit ist für den Antragsteller die mit dem Hauptantrag angefochtene beschwerende Regelung weggefallen. Er hat im vollen Umfang erreicht, was er mit seinem Klagebegehren erstrebt hat (vgl. zum Erledigungseintritt im Zusammenhang mit einer Zusicherung BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2007 - 1 C 1.06 - juris Rn. 12). Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist auch für die Vergangenheit eingetreten. Die durch die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen bewirkte Duldungspflicht gleicht als Daueranordnung einem Dauerverwaltungsakt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 29, 77), der sich fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum erledigt; das ist auch hier anzunehmen, weil die Duldungspflicht nicht mehr rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann und damit durch Zeitablauf gegenstandslos wird (vgl. zu einer als Dauerverwaltungsakt beurteilten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 18).
29 3. Die nach Erledigung des Hauptantrages hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsanträge sind unzulässig, weil es für sie an einem hinreichenden Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt.
30 a) Dieses berechtigte Feststellungsinteresse ist - entgegen der Ansicht des Antragstellers - nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO entbehrlich. Denn bei der Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen handelt es sich nicht um einen Befehl, dessen gerichtliche Überprüfung ein berechtigtes Interesse des Soldaten daran nicht erfordert.
31 aa) Nach der - auch für das Wehrbeschwerdeverfahren maßgeblichen - Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 2 WStG (BVerwG, Beschluss vom 12. August 2008 - 1 WB 35.07 - BVerwGE 132, 1 Rn. 24) ist ein Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt.
32 bb) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Erlässt das Bundesministerium der Verteidigung oder eine nachgeordnete Dienststelle allgemeine Verwaltungsvorschriften - wie hier die Allgemeine Regelung (AR) A1-840/8-4000 - so fehlt es häufig bereits an dem für einen Befehl erforderlichen militärischen Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis. Denn nur der Bundesminister der Verteidigung und sein Vertreter im Amt üben als oberste Vorgesetzte die Befehls- und Kommandogewalt für die gesamte Bundeswehr nach Art. 65a GG aus (BVerwG, Urteil vom 26. September 2006 - 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 Rn. 83). Im vorliegenden Fall ist die Änderung der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 vom Kommandeur Sanitätsdienst und die parallele Änderung der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-840/8 von einem Abteilungsleiter des Bundesministeriums der Verteidigung gezeichnet worden, sodass schon deswegen kein Befehl an alle aktiven Soldatinnen und Soldaten, sondern nur eine allgemeine Verwaltungsvorschrift für den Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung vorliegt.
33 Es fehlt ferner an einer Anweisung zu einem bestimmten Verhalten. Mit der Aufnahme der COVID-19-Impfung in den Katalog der Basisimpfungen im November 2021 ist die Pflicht zur Duldung dieser Impfung zwar aktiviert worden. Der Verwaltungserlass regelt indessen noch nicht alle für den einzelnen Soldaten maßgeblichen Fragen. Insbesondere wird der zu verwendende Impfstoff nicht definitiv festgelegt. Dies geschieht erst, wenn der jeweilige Soldat keinen gültigen Impfnachweis vorlegt, wenn der Truppenarzt dessen medizinische Impftauglichkeit feststellt und den infrage kommenden Impfstoff bestimmt. Demzufolge muss die Duldungspflicht im Einzelfall durch einen Befehl des Disziplinarvorgesetzten erst noch durchgesetzt werden (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 31) und kann sich schon angesichts der jeweils individuell zu berücksichtigenden Umstände in den einzelnen Fällen der von der Duldungspflicht betroffenen Soldaten nicht schon mit dem Verwaltungserlass realisieren. Damit kommt diese Pflicht - anders als der Antragsteller meint - auch nicht etwa einem Befehl gleich. Überdies ist sie für den Fall, dass ein Soldat sie ohne einen entsprechenden Befehl nicht erfüllt, nicht unmittelbar mit dem Eintritt von wehrdisziplinar- oder strafrechtlichen Konsequenzen verknüpft.
34 b) Für das von § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) geforderte Feststellungsinteresse gibt es mehrere Fallgruppen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich das berechtigte Interesse an der Feststellung aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Ein Feststellungsinteresse kommt zudem in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 24. April 2024 - 1 WB 21.23 - juris Rn. 20 m. w. N.). Darüber hinaus wird ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei qualifizierten Grundrechtsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit Maßnahmen anerkannt, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (vgl. stRspr, BVerwG, Urteil vom 24. April 2024 - 6 C 2.22 - NVwZ 2024, 1027 Rn. 21 f.).
35 Das für die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrages erforderliche berechtigte Interesse muss bezogen auf den jeweiligen Antragsgegenstand vorliegen. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), der verlangt, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an "dieser" Feststellung hat, mithin an der Feststellung, dass die dienstliche Maßnahme rechtswidrig ist (so zu der insoweit vergleichbaren Regelung in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2019 - 8 C 3.19 - BVerwGE 167, 189 Rn. 15; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 113 Rn. 130).
36 aa) Für eine konkrete Wiederholungsgefahr fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.
37 (1) Ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten dienstlichen Maßnahme setzt unter dem hier geltend gemachten Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte und nicht nur abstrakte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige dienstliche Maßnahme ergehen wird (vgl. zum Verwaltungsprozessrecht BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 2019 - 8 C 3.19 - BVerwGE 167, 189 Rn. 15, und vom 24. April 2024 - 6 C 2.22 - NVwZ 2024, 1027 Rn. 17). Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses der erledigten dienstlichen Maßnahme, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8 m. w. N.; im Anschluss daran auch der vom Antragsteller zitierte VGH München, Urteil vom 8. Dezember 2020 - 7 B 19.14 97 - juris Rn. 22). Entgegen der Ansicht des Antragstellers reicht es jedenfalls nicht aus, dass das Bundesministerium der Verteidigung sein Vorgehen nach wie vor für rechtmäßig erachtet (vgl. zum Verwaltungsprozessrecht OVG Bremen, Urteil vom 8. Januar 2019 - 1 LB 252/18 - NordÖR 2019, 198 <199>; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 113 Rn. 141).
38 (2) Ausgehend hiervon ist weder nach dem Vorbringen des Antragstellers noch sonst erkennbar, dass es in absehbarer Zeit zu einer Situation kommen könnte, die zur erneuten Aufnahme der COVID-19-Impfung in den Katalog der Basisimpfungen führen würde. Das gilt bereits deshalb, weil bei den Soldaten der Bundeswehr nach den Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung gegenwärtig ein sehr hoher Impfschutz im Sinne einer Basisimmunität in Kombination mit einer durch vergangene Erkrankungswellen entstandenen hohen Quote einer so genannten hybriden Immunität vorliegt. Darüber hinaus ist mit dem Bundesministerium der Verteidigung anzunehmen, dass die Bevölkerung infolge der bisherigen Zirkulation des SARS-CoV-2-Virus eine latente Durchseuchung mit der Folge erfahren hat, dass die COVID-19-Erkrankung ihr hohes Bedrohungspotential verloren und sich zu einer "normalen" Infektionskrankheit entwickelt hat. Wie sich die Krankheit und das SARS-CoV-2-Virus weiterentwickeln werden, lässt sich nicht näher bestimmen. Für die Annahme, dass das von dem Virus ausgehende Bedrohungspotential ein Niveau erreichen wird, das erneut zur Einführung einer Duldungspflicht führen könnte, fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts Substantielles vor, sondern belässt es bei der auf die Behauptung einer unzureichenden Evaluierung der Duldungspflicht durch den Dienstherrn gegründeten vagen Spekulation, die beabsichtigte Empfehlung für COVID-19-Schutzimpfungen könne ohne Weiteres wieder "hochgestuft" werden zu einer Duldungspflicht. Daraus lässt sich jedoch eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht ableiten.
39 bb) Ein Rehabilitierungsinteresse ist ebenfalls zu verneinen.
40 (1) Dieses Interesse setzt voraus, dass der angefochtenen Maßnahme oder Entscheidung selbst eine diskriminierende Wirkung zuzuschreiben ist oder dass der jeweilige Antragsteller Umstände vorträgt, die entweder objektiv gesehen im Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung auf eine Diskriminierungsabsicht oder auf eine tatsächlich durch die angegriffene Entscheidung eingetretene Diskriminierung schließen lassen (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - NZWehrr 2014, 255 <256 f.> m. w. N.).
41 (2) Diese Bedingungen sind hier nicht erfüllt. Eine unmittelbare oder beabsichtigte Diskriminierung des Antragstellers lässt sich aus dem Inhalt des Erlasses über die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen nicht ansatzweise erkennen. Eine Stigmatisierung des Antragstellers, die geeignet sein könnte, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen, ist mit dem auf eine Gesunderhaltung der Soldatinnen und Soldaten und auf die Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gerichteten Erlass nicht bezweckt; von dieser in seinen für alle Soldatinnen und Soldaten geltenden Rechtswirkungen und faktischen Wirkungen neutralen dienstlichen Maßnahme kann keine Stigmatisierung ausgehen.
42 Auch der Antragsteller leitet eine entsprechende Wirkung nicht aus dem Inhalt des Erlasses ab. Vielmehr beruft er sich auf für ihn und andere Soldaten mit der Ablehnung der Duldungspflicht angeblich verbundene Stigmatisierungen im Rahmen des militärischen Alltags. Hierin liegt keine im Rechtssinne diskriminierende Wirkung des Aufnahmeerlasses. Soweit sich der Antragsteller auf straf- oder wehrdisziplinarrechtliche Konsequenzen bezieht, die eine Weigerung, sich der Duldungspflicht zu unterziehen, hätte nach sich ziehen können, ist dies schon deshalb unergiebig, weil der Antragsteller keine entsprechenden Konsequenzen erfahren hat. Die ihm erteilten Befehle, die COVID-19-Schutzimpfung durch einen Truppenarzt zu dulden, wurden vielmehr - der Sache nach mit rehabilitierender Wirkung für den Antragsteller - zurückgenommen und ein wehrdisziplinarrechtliches Verfahren wegen der Verweigerung des ersten Befehls wurde eingestellt. Dass der Antragsteller, wie er geltend macht, als "notorischer Befehlsverweigerer" behandelt worden sei, liegt mithin fern. Angesichts dieser Umstände führt auch der Hinweis des Antragstellers auf die Handlungshilfe für Disziplinarvorgesetzte vom 17. Dezember 2021 nicht weiter. Die Verfahren anderer Soldaten sind für die hier anzustellende Beurteilung ohnehin bedeutungslos.
43 Soweit der Antragsteller geltend macht, dass er nach Erteilung der Befehle bis zu deren Aufhebung einem "massiven psychologischen Druckszenario" seiner Vorgesetzten ausgesetzt gewesen sei und deshalb eine Anpassungsstörung erlitten habe, deshalb längerfristig krankgeschrieben und psychotherapeutisch behandelt worden sei, trägt er ebenfalls keine Umstände vor, die auf eine Diskriminierung des Antragstellers durch den angefochtenen Erlass deuten könnten. Insbesondere die Erkrankung und ihre Behandlung lassen keinen Schluss auf eine Herabsetzung des Ansehens des Antragstellers in der Öffentlichkeit und im sozialen Umfeld zu. Überdies stehen die erwähnten Umstände in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem hier zu behandelnden Streitgegenstand, sondern betreffen davon zu unterscheidende angebliche Handlungen bzw. Maßnahmen seiner Vorgesetzten. Entsprechendes ist anzunehmen, soweit der Antragsteller vorträgt, er habe seinen Status als "tadelfreier Soldat" verloren, weil er sich u. a. wegen der fehlenden COVID-19-Schutzimpfung unter Geltung der so genannten 3 G-Regelungen täglich habe testen lassen müssen, was von ihm als "ausgesprochen herabwürdigend und ehrverletzend" angesehen worden sei. Das gilt ferner für den Hinweis, dass die dienstlichen Kontakte mit seinen Vorgesetzten für ihn deutlich spürbar auf ein Minimum beschränkt worden seien und er von Dienstbesprechungen und Auswärtsgesprächen ausgeschlossen worden sei.
44 Die von dem Antragsteller angestellten Erwägungen zu den sich aus § 9 KSchG und § 15 Abs. 1 und 2 AGG ergebenden Maßstäbe führen nicht weiter, weil sie sich der Sache nach nicht auf den Antragsgegenstand, sondern auf die zuvor beschriebenen Maßnahmen und Handlungen von Vorgesetzten bzw. auf Fälle anderer Soldaten beziehen. Die von ihm dafür verlangte Genugtuung kann ihm das hiesige Verfahren jedenfalls nicht bieten. Das gilt gleichermaßen für eine von dem Antragsteller erstrebte "ideelle" Wiedergutmachung für eine mit dem Antragsgegenstand angeblich verbundene rechtswidrige Behandlung durch den Dienstherrn.
45 cc) Die erledigte Maßnahme zieht auch keine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich. Ein darauf gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse scheidet bereits deshalb aus, weil die gegenüber dem Antragsteller erteilten Befehle, eine COVID-19-Impfung zu dulden, aufgehoben und der Soldat infolge dessen auch nicht geimpft worden ist. Damit vermag der Antragsteller auch keine qualifizierte Grundrechtsbeeinträchtigung im Zusammenhang mit einer Maßnahme geltend zu machen, die sich typischerweise kurzfristig erledigt. Dessen ungeachtet handelt es sich bei der hier streitgegenständlichen dienstlichen Maßnahme - wie bereits erörtert - um eine Daueranordnung, für die ein entsprechend begründetes Fortsetzungsfeststellungsinteresse ohnehin nicht geltend gemacht werden kann (vgl. zu Dauerverwaltungsakten BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 40.12 - juris Rn. 31 m. w. N.).
46 dd) Ein Feststellungsinteresse des Antragstellers ergibt sich schließlich nicht aus der von ihm bekundeten Absicht, einen Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG geltend zu machen. Zwar ist ein solches berechtigtes Interesse zu bejahen, wenn der beabsichtigte Schadensersatzanspruch ernsthaft in Betracht kommt. Dahinter steht die Erwägung, dass der Rechtsschutzsuchende durch die Erledigung nicht um die Früchte seiner bisherigen Prozessführung gebracht werden soll. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Schadensersatzanspruch offensichtlich aussichtslos ist (BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - BVerwGE 165, 305 Rn. 17 m. w. N.). Der auf Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB zu stützende Amtshaftungsanspruch kommt vorliegend unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, weil es an dem dafür erforderlichen Schaden (1), an der Kausalität der vorliegenden Maßnahmen für die behaupteten Beeinträchtigungen (2) und an dem notwendigen Verschulden (3) fehlt.
47 (1) Vorliegend erwiese sich ein Amtshaftungsanspruch schon deshalb als offensichtlich aussichtslos, weil der Antragsteller keine substantiierten Angaben zur behaupteten Schadenshöhe gemacht hat (vgl. zu diesem Erfordernis OVG Münster, Beschluss vom 22. September 2022 - 8 A 1005/20 - NJW 2022, 3660 Rn. 11; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 113 Rn. 136). Die in dem Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19. August 2024 enthaltenen Überlegungen zur Höhe des Schadens beziehen sich ausdrücklich auf den Anspruch nach § 12 SoldGG. Ein Bezug zu dem hier betreffenden Anspruch wird in dem Schreiben nicht hergestellt; er liegt auch nicht nahe.
48 (2) Eine Amtshaftungsklage wäre ferner deshalb offensichtlich aussichtslos, weil es ausgehend von den Darlegungen des Antragstellers an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Erlass und dem geltend gemachten, auf eine Anpassungsstörung zurückgeführten Schaden fehlt. Den seitens des Antragstellers geschilderten Geschehensabläufen lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass die besagte Erkrankung des Soldaten erst durch den ihm erteilten Befehl vom 2. Dezember 2021, die COVID-19-Schutzimpfung zu dulden, ausgelöst worden sein kann. Erst der Befehl und das von dem Soldaten damit in einen Zusammenhang gestellte "massive psychologische Druckszenario" erzeugten die am 10. März 2022 truppenärztlich attestierte und im Zeitraum vom 21. Juli bis 11. Oktober 2022 behandelte Anpassungsstörung und nicht bereits die verfahrensgegenständliche Aufnahme der COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr. Ein nennenswerter Beitrag des Erlasses zur Verursachung der Anpassungsstörung des Antragstellers erscheint danach als fernliegend. Selbst wenn dies überhaupt in Betracht gezogen werden könnte, wäre ein entsprechender Kausalzusammenhang durch die Erteilung des Befehls unterbrochen worden.
49 (3) Ein derartiger Anspruch scheidet schließlich deshalb aus, weil den für den hier streitgegenständlichen Erlass verantwortlichen Amtswaltern kein Verschulden zur Last gelegt werden kann.
50 (a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (stRspr, vgl. u. a. Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 6.12 - NVwZ 2013, 1550 Rn. 12 m. w. N.; Beschluss vom 16. Dezember 2021 - 2 B 73.20 - juris Rn. 15) und von den für die Durchführung von Amtshaftungsprozessen zuständigen Zivilgerichten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - III ZR 160/15 - juris Rn. 36) wird als Regel angenommen, dass einen Beamten kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (sog. "Kollegialgerichts-Richtlinie"). Das gilt auch, wenn die Entscheidung erst nach der Amtshandlung ergangen ist (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91 - NJW-RR 1992, 919 <920>; ebenso Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 839 Rn. 53). Die Kollegialgerichts-Richtlinie beruht auf der Erwägung, dass von einem Beamten, der allein und im Drang der Geschäfte handeln muss, keine bessere Rechtseinsicht erwartet werden kann als von einem Gremium mit mehreren Rechtskundigen, das in voller Ruhe und reiflicher Überlegung entscheidet, nachdem vorher der Prozessstoff in ganzer Fülle vor ihm ausgebreitet worden ist (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 32/10 - NJW 2011, 1072 Rn. 36 m. w. N.).
51 Danach ist ein Verschulden der handelnden Amtswalter zu verneinen, weil der Senat in einem Hauptsacheverfahren die Aufnahme der COVID-19-Impfung in den Katalog der Basisimpfungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend geprüft und für rechtmäßig erachtet hat (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138).
52 (b) Die Heranziehung der Kollegialgerichts-Richtlinie ist hier auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossen. Eine Anwendbarkeit der Richtlinie verneint der Bundesgerichtshof u. a., wenn die Annahme des Kollegialgerichts, die Amtshandlung sei rechtmäßig gewesen, auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruht. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Gericht infolge unzureichender Tatsachenfeststellung von einem anderen Sachverhalt als dem, vor den der Beamte gestellt war, ausgegangen ist, wenn es den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat, etwa für die Beurteilung des Falls wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat, wenn es sich bereits in seinem Ausgangspunkt von einer rechtlich oder sachlich verfehlten Betrachtungsweise nicht hat freimachen können oder eine gesetzliche Bestimmung "handgreiflich falsch" ausgelegt hat (BGH, Urteil vom 11. März 2021 - III ZR 27/20 - NVwZ-RR 2021, 671 Rn. 20 m. w. N.). Entsprechendes gilt, wenn das Kollegialgericht eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage übersehen hat (BGH, Urteil vom 16. Mai 1991 - III ZR 125/90 - NZV 1991, 385 <386>; ebenso Wingler, in: jurisPK-BGB, Band 2, 10. Aufl. 2023, § 839 Rn. 185) oder die Rechtsauffassung des Kollegialgerichts offenkundig unrichtig ist (BGH, Urteil vom 15. Juni 1989 - III ZR 96/88 - NVwZ 1990, 499 <500>; ebenso Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 78). Das Prinzip erachtet der Bundesgerichtshof überdies dann für unanwendbar, wenn die fragliche Maßnahme grundsätzlicher Art ist und von einer zentralen Dienststelle auf dem Gebiet eines ihr besonders vertrauten Spezialgesetzes getroffen wird (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 342/12 - NJW 2013, 3176 Rn. 14 m. w. N.; zu den Ausnahmen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - NVwZ 2006, 212 <213>).
53 (c) Die von dem Antragsteller geltend gemachten Ausnahmen liegen nicht vor. Insbesondere beruhen die Beschlüsse des Senats vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris) nicht auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungsgrundlage. Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass der Senat wesentliche tatsächliche Fragen nicht beweisrechtlich untersucht oder zentrale Rechtsfragen nicht erörtert habe. Die vom Bundesgerichtshof für ein Abweichen von der Kollegialgerichts-Richtlinie geforderten gravierenden Defizite in den gerichtlichen Beurteilungsgrundlagen sind in keiner Weise dargetan.
54 (aa) Im Wesentlichen beschränkt sich die Kritik des Antragstellers an den vom Senat für die Beurteilung herangezogenen tatsächlichen Grundlagen darauf, die im damaligen Verfahren von den Antragstellern vorgetragenen Standpunkte mit alten und neuen Argumenten zu wiederholen und sie der als unrichtig bewerteten Beweiswürdigung des Senats gegenüberzustellen. Dadurch belegt er nicht, was für den Schadensersatzprozess essenziell wäre, dass der Senat im damaligen Verfahren bei der Beweiswürdigung oder Rechtsanwendung etwas "handgreiflich falsch" gemacht hätte. Vielmehr stellt er in Teilen auf im Zeitpunkt der Senatsentscheidungen unbekannte Erkenntnisse ab und nimmt Betrachtungen aus einer ex-post-Perspektive insbesondere zu den Gefahren durch das SARS-CoV-2-Virus sowie dem Nutzen und den Risiken der gegen das Virus eingesetzten Schutzimpfung vor. Damit verfehlt er schon den maßgeblich rechtlichen Ansatz, die vom Bundesministerium der Verteidigung für die Aufnahme der Impfung in das Basisimpfschema vorgenommenen Prognosen und Einschätzungen von der Warte des im Zeitpunkt des Erlasses bzw. der gerichtlichen Entscheidung aktuellen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnis zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 und - 1 WB 5.22 - juris Rn. 78, 87 ff., 101 ff.). Das genügt indessen von vornherein nicht, die vom Senat zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen als verfehlt, unzutreffend oder unzureichend erscheinen zu lassen. Dies gilt mit Blick auf die in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 angestellten Erwägungen zu Impfnebenwirkungen erst recht, soweit der Antragsteller seine im hiesigen Verfahren geltend gemachte Neubewertung auf Einzelfallberichte sowie auf nicht-wissenschaftliche Meinungsäußerungen von Bloggern, Journalisten und Sachbuchautoren stützt. Denn die im gerichtlichen Verfahren auf wissenschaftlicher Grundlage getroffenen Feststellungen, in welchem statistischen Umfang der Dienstherr bei Einführung und Beibehaltung der Duldungspflicht für COVID-19-Schutzimpfungen mit unerwünschten Nebenwirkungen der zugelassenen und insbesondere der von ihm verwendeten Impfstoffe rechnen musste, können durch Einzelfallberichte oder nicht-wissenschaftliche Meinungsäußerungen nicht erschüttert werden (BVerwG, a. a. O., Rn. 170).
55 (bb) Die Einwände des Antragstellers gegen die Berücksichtigung der amtlichen Auskünfte des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts durch den Senat (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 4 bis 6 und 9 bis 15) sind nicht berechtigt.
56
Soweit der Antragsteller eine erhebliche Untererfassung von Nebenwirkungen der gegen das SARS-CoV-2-Virus eingesetzten Impfstoffe durch das Paul-Ehrlich-Institut rügt, führt dies nicht weiter. Er trägt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die beim Paul-Ehrlich-Institut eingegangenen Meldungen nicht ordnungsgemäß erfasst und nicht in den Sicherheitsberichten aufgelistet worden wären, sondern belässt es im Wesentlichen bei Mutmaßungen. Seine Hinweise auf Äußerungen des Paul-Ehrlich-Instituts zu erheblichen Untererfassungen aus den Jahren 2002 und 2017 müssen unergiebig bleiben, weil sie für die im Zeitpunkt der Senatsentscheidungen zu betrachtende tatsächliche Lage keine Aussagekraft besitzen. Dass - wie es in der vom Antragsteller zitierten Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (BT-Drs. 19/23944, S. 28) heißt - die seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes vom Paul-Ehrlich-Institut erhobenen Daten zeigten, dass nicht alle Impfkomplikationen erkannt bzw. gemeldet würden und von einer Untererhebung auszugehen sei, zieht auch der Senat in den kritisierten Entscheidungen nicht in Zweifel. Hierzu hat er indessen ausgeführt (BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 -, BVerwGE 176, 138 und - 1 WB 5.22 - juris Rn. 183):
"Der These, dass die Betroffenen und die behandelnden Ärzte zu wenig Impfreaktionen und Impfkomplikationen melden, hat der Sachverständige Dr. C zugestimmt. Allerdings gibt es für den Umfang dieses 'Underreporting' derzeit keine belastbaren Zahlen. Der Sachverständige Dr. C hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, nach seiner Einschätzung gebe es zwar ein sogenanntes 'Underreporting' im Bereich der weniger schweren Nebenwirkungen der Impfung, nicht aber im Bereich der schweren Impfschäden. Diese Einschätzung ist auch überzeugend. Patienten und Ärzte werden im Bereich weniger schwerwiegender Impfnebenwirkungen von Meldungen an das Paul-Ehrlich-Institut eher absehen, wenn die Betroffenen nach kurzer Behandlungsdauer wieder genesen sind. Hingegen besteht bei schweren und schwersten Impfkomplikationen ein erhebliches Interesse an der Meldung. In diesen Fällen sind einerseits die Ärzte zur Meldung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IfSG verpflichtet und andererseits die Betroffenen an einer Erfassung als Impfgeschädigte interessiert. Es besteht daher eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass auch die Betroffenen von der jedermann eröffneten Meldemöglichkeit Gebrauch machen."
57 Auf diese differenzierten Erwägungen geht der Antragsteller nicht ansatzweise ein und stützt sich nicht auf belastbare Daten, die belegen könnten, dass der Senat insoweit von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
58 Entsprechendes gilt, soweit der Antragsteller kritisiert, das Paul-Ehrlich-Institut habe § 13 Abs. 5 IfSG nicht beachtet. Insoweit kann auf die vom Senat zu dieser Problematik angestellten Erwägungen in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 184 ff.) verwiesen werden, auf die der Antragsteller ebenfalls nicht näher eingeht. Insoweit trägt er lediglich vor, dass er mit dieser Begründung nicht einverstanden sei und sie von ihm "deutlich kritisiert" werde (vgl. Schreiben vom 21. Mai 2024, S. 13). Damit sind durchgreifende Gegenargumente nicht erkennbar.
59 Soweit der Antragsteller die in den Beschlüssen des Senats vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 121) herangezogenen Daten des Paul-Ehrlich-Instituts zu Todesfällen im Zusammenhang mit COVID-19-Schutzimpfungen in Zweifel zu ziehen sucht, gelingt dies ebenfalls nicht. Nach dem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts vom 4. Mai 2022 gab es bei den bis März 2022 in Deutschland durchgeführten ca. 172,1 Millionen Impfungen 2 810 Verdachtsmeldungen über tödliche Verläufe. Davon hat das Paul-Ehrlich-Institut in 116 Fällen, in denen Patienten in zeitlich plausiblem Abstand zur jeweiligen Impfung an bekannten Impfrisiken verstorben sind, den Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet (vgl. PEI, Sicherheitsbericht vom 4. Mai 2022 - Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor Covid-19, S. 8 f.). Dem können die vom Antragsteller erwähnten Angaben im Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit an den Bundestagsabgeordneten D vom 31. Mai 2022 nicht entgegengehalten werden, weil es sich hierbei nur um Zahlen zu Verdachtsmeldungen handelt, ohne dass insoweit eine wie vom Paul-Ehrlich-Institut angestellte Bewertung über die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs getroffen worden ist.
60 (cc) Die Kritik des Antragstellers an der Rolle des Robert Koch-Instituts in der Pandemie weist ebenfalls auf keine unzutreffenden Feststellungen des Senats in den besagten Entscheidungen. Sie stützt sich im Wesentlichen auf jüngst veröffentlichte Protokolle über Besprechungen des Corona-Krisenstabs dieses Instituts (sog. "RKI-Protokolle") und die damit bekannt gewordenen internen Entscheidungsprozesse dieses Instituts (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 16 bis 17, 23, 26 bis 29, 66 bis 68). Sie sind jedoch ohne rechtliche Relevanz im vorliegenden Zusammenhang. Das Bundesministerium der Verteidigung konnte und musste - wie übrigens auch der Senat - ihm unbekannte und nicht erkennbare Entscheidungsprozesse des Robert Koch-Instituts bei Erlass der hier betrachteten Maßnahmen nicht berücksichtigen (vgl. zum Erlass einer Rechtsverordnung zu COVID-19-Schutzmaßnahmen VGH Mannheim, Urteil vom 11. April 2024 - 1 S 278/23 - juris Rn. 417). Soweit der Antragsteller behauptet, das Bundesministerium der Verteidigung habe Kenntnis von den Protokollen gehabt, beschränkt er sich auf Spekulationen. Diese stützt er im Wesentlichen auf den Umstand, dass Generalstabsarzt E im März 2020 zum Leiter der Abteilung 6 (Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit, Nachhaltigkeit) im Bundesministerium für Gesundheit und während dieser Verwendung zum Leiter des bei diesem Ministerium angesiedelten "Krisenstabes Corona-Pandemie" berufen worden ist (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 25). Belege, die den Informationsfluss zwischen dem Robert Koch-Institut, dem Soldaten und dem Bundesministerium der Verteidigung als nachvollziehbar erscheinen lassen könnten, hat der Antragsteller freilich nicht vorgelegt. Unabhängig davon wäre der Entscheidungsprozess durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seines Prüfprogramms auch nicht zu bewerten gewesen.
61 Aus den zuvor erwähnten Protokollen des Robert Koch-Instituts folgt auch nicht, dass die Ergebnisse der mit ihnen dokumentierten Entscheidungsprozesse vom Senat als unvertretbar anzusehen gewesen wären. Dies gilt insbesondere, soweit der Antragsteller aus den RKI-Protokollen ableitet, das Robert Koch-Institut sehe sich für die Feststellung der Wirksamkeit der Impfstoffe nicht zuständig. Der Antragsteller reißt Teilaussagen aus ihrem Kontext und übersieht, dass das Robert Koch-Institut in der Tat weder bei der Zulassung von Impfstoffen mitwirkt noch an der Kontrolle der Impfstoffproduktion beteiligt ist. Dies ist Aufgabe des Paul-Ehrlich-Instituts. Das ändert aber an der fachlichen Expertise des Robert Koch-Instituts für die Beurteilung der Wirksamkeit von Impfstoffen nichts. Denn es wertet die Zulassungsunterlagen, die vom Hersteller vorgelegten Studien und die publizierte Fachliteratur sachkundig aus und ist auf dieser Basis sehr wohl in der Lage, eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung zur Wirksamkeit der Impfstoffe auszusprechen.
62 Soweit der Antragsteller zutreffend darauf verweist, dass die RKI-Protokolle für eine geringere als die erwartete Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe gegen Infektionen und Übertragungen sprechen, lassen sich hieraus Zweifel an der Expertise des Robert Koch-Instituts nicht ableiten. Dieser intern im Robert Koch-Institut diskutierte Umstand ist - nicht zuletzt auf der Grundlage der Anhörung von Sachverständigen des Robert Koch-Instituts - in dem Beschluss des Senats vom 7. Juli 2022 berücksichtigt. Der Senat ist bei der Befragung des Sachverständigen Privatdozent Dr. F vom Robert Koch-Institut in der mündlichen Verhandlung der Frage nachgegangen, ob der von den Parteisachverständigen des Bundesministeriums der Verteidigung angenommene hohe Infektions- und Transmissionsschutz der mRNA-Impfstoffe von 77 % bei Verbreitung der Omikron-Variante realistisch gewesen ist. Dabei hat der Sachverständige des Robert Koch-Instituts unter Verweis auf Haushaltsstudien aus Norwegen und Dänemark ausgeführt, dass nach drei bis vier Monaten nur noch ein Transmissionsschutz von 20 bis 40 % bestehe (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 107). Dies entspricht dem in den RKI-Protokollen diskutierten Forschungsstand, dass der Infektions- und Transmissionsschutz ab etwa zwei Monaten nach der Impfung stark nachlässt.
63 Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller aus den RKI-Protokollen eine politische Einflussnahme des Bundesgesundheitsministeriums auf Kommunikation und Risikoeinstufung durch das Robert Koch-Institut ableitet. Die Protokolle belegen zwar, dass das Robert Koch-Institut tatsächlich bei seiner fachlichen Tätigkeit weniger unbeeinflusst und unabhängig gewesen ist als vom Senat und vom Bundesverfassungsgericht angenommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 90; BVerfG, Beschluss vom 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - BVerfGE 161, 299 Rn. 138, 160). Darauf weist auch das Verwaltungsgericht Osnabrück in seinem Beschluss vom 3. September 2024 - 3 A 224/22 - (juris Rn. 141, 255) zu Recht hin. Daraus folgt - entgegen der Ansicht des Antragstellers - jedoch nicht, dass die amtlichen Auskünfte dieser Fachbehörde prozessrechtlich nicht als Beweismittel verwertet werden konnten. Seine Ausführungen machen nicht ansatzweise plausibel, dass die angeführten Einflussnahmen zu einer mit wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachbehörde nicht mehr zu vereinbarenden Bewertung geführt haben könnten. Insbesondere ist der "Umkehrschluss" des Antragstellers, die Lage sei ungefährlich gewesen, abwegig.
64 Nicht entscheidungserheblich ist auch, ob man von einer "Pandemie der Ungeimpften" sprechen konnte oder nicht. Denn dieses vom damaligen Gesundheitsminister geprägte Schlagwort, das ausweislich der RKI-Protokolle im Krisenstab fachlich kritisiert worden ist, hat keinen Eingang in die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Duldungspflicht von COVID-19-Impfungen gefunden. Die Verhältnismäßigkeit dieser spezifisch soldatischen Duldungspflicht ist auch nicht allein oder überwiegend auf den mit der Impfung verbundenen eher kurzfristigen Infektions- und Transmissionsschutz gestützt worden. Vielmehr hat der Senat insbesondere in der durch die Impfung bewirkten längerfristigen Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe einen bedeutenden Vorteil für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr erblickt, weil damit weniger personelle Ausfallzeiten verbunden sind. Ferner hat er auch auf den militärischen Nutzen der Impfung bei der Durchführung der während der Pandemie im großen Umfang notwendigen Auslands- und Inlandseinsätze abgestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 124 bis 126). Zusammenfassend kann auch nach Auswertung der RKI-Protokolle nicht davon ausgegangen werden, dass der Senat bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Effektivität der mRNA-Impfung im Bereich der Infektions- und Transmissionsbekämpfung tatsächlichen Fehleinschätzungen unterlegen hätte oder dass solche Fehlvorstellungen für die Rechtfertigung der militärischen Duldungspflicht maßgeblich gewesen wären.
65 (dd) Das Vorbringen des Antragstellers, der SARS-CoV-2-Virus sei kein neuartiger Erreger und die dagegen von der Firma BioNTech/Pfizer entwickelten Impfstoffe seien bereits vor der Pandemie entwickelt worden (Schreiben vom 19. August 2024, S. 33 ff.), verfängt nicht.
66 Die Annahme des Antragstellers stützt sich allein auf einen im Jahre 2020 von der US-amerikanischen Behörde Food and Drug Administration gefertigten Abschlussbericht mit dem Titel "Toxicology Review of COVID-19-Vaccine (BNT162, PF-07302048)", in dem sich als Zeitpunkt der Antragstellung für die Zulassung bestimmter mRNA-Impfstoffe der Firma BioNTech RNA Pharmaceuticals GmbH Mainz ein Datum aus dem Jahre 2018 findet. Es kann dahinstehen, ob sich die Schlussfolgerung des Antragstellers überhaupt darauf stützen lässt. Daran bestehen zwar erhebliche Zweifel, weil der Bericht nach dort ausgewerteten Studien, die in den Zeiträumen vom 17. März bis zum 1. Juli 2020 und vom 23. Juni bis 13. August 2020 durchgeführt worden sind (vgl. im Einzelnen S. 5 ff., 10, 64 des Berichts), und damit nach dem Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie angefertigt worden ist. Diese Umstände könnten darauf weisen, dass mRNA-Impfstoffe, die für andere Erkrankungen bereits vor Auftreten des SARS-CoV-2-Virus entwickelt worden sind und für die im Jahre 2018 ein Zulassungsverfahren eingeleitet worden ist, an das neuartige Virus lediglich angepasst worden sind.
67 Den Zweifeln musste der Senat indessen nicht nachgehen, weil es für die Beurteilung einer durch das SARS-CoV-2-Virus ausgehenden Gefahr und die Eignung der Impfstoffe ohne Bedeutung ist, wann es zum ersten Mal aufgetreten ist und wann die Impfstoffentwicklung begonnen hatte. Damit erschließt sich auch nicht, dass der Senat in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 in entscheidungserheblicher Weise von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist.
68 (ee) Die den Annahmen des Senats zur Wirksamkeit der gegen das SARS-CoV-2-Virus eingesetzten Impfstoffe in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 101 ff., 154 ff.) zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen werden vom Antragsteller ebenfalls nicht erschüttert.
69 Soweit sich der Antragsteller auf eine Auswertung des Impfstatus der aufgrund von COVID-19 hospitalisierten bzw. auf einer Intensivstation betreuten Fälle sowie der verstorbenen COVID-19-Fälle für die Meldewochen 20 bis 23 des Jahres 2022 in dem Monatsbericht des Robert Koch-Instituts vom 7. Juli 2022 bezieht (Schreiben vom 19. August 2024, S. 21 f., 60 f.), lässt sich daraus nicht ableiten, dass den Impfstoffen schon im Zeitpunkt der Senatsentscheidungen die erforderliche Wirksamkeit gefehlt hat. Der Antragsteller übersieht, dass die von ihm beschriebene Verteilung - worauf das Robert Koch-Institut in dem Monatsbericht (vgl. S. 13) ausdrücklich hinweist - vor dem Hintergrund der Impfquoten in den entsprechenden Altersgruppen in der Bevölkerung betrachtet werden muss. Für den betrachteten Zeitraum war aus den übermittelten Angaben für 78 % der aufgrund von COVID-19 hospitalisierten Fälle der Impfstatus bekannt. Auffallend ist zum einen, dass in den Altersgruppen 5 bis 11 und 12 bis 17 Jahre nur wenige schwere Verläufe übermittelt wurden und dass der Großteil der Fälle bei ungeimpften Kindern und Jugendlichen auftraten. Auch bei Erwachsenen wird aus der vom Antragsteller in seinem Schreiben vom 19. August 2024 (S. 21) abgebildeten Tabelle ersichtlich, dass der kleine Anteil der ungeimpften Bevölkerung einen verhältnismäßig großen Teil der COVID-19-Fälle mit schwerem Verlauf stellt. Danach weisen die Daten auf das Gegenteil und vermögen somit auch nicht zu belegen, dass der Senat von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Eingedenk dessen musste er auch nicht dem Beweisantrag des Antragstellers in dem Schreiben vom 19. August 2024, S. 22, nachgehen: Für den dort benannten Zeitraum vom 16. Mai bis 12. Juni 2022 und den Zeitraum bis 2023 kann die zum Beweis gestellte Tatsache (Überwiegen der Anzahl der Geimpften gegenüber den Ungeimpften auf den Intensivstationen) jeweils als wahr unterstellt werden, weil sich angesichts der zuvor dargestellten Interpretation die vom Antragsteller gezogenen Schlüsse auch mit Blick auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ziehen lassen. Mit dem Anstieg der Impfquote stiegen - wie schon in den Monaten zuvor - auch die Zahlen der Impfdurchbrüche und stehen sinkenden Zahlen von hospitalisierten Ungeimpften gegenüber.
70 (ff) Soweit sich der Antragsteller gegen die Erwägungen des Senats in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 120 ff.) zu schwerwiegenden und/oder länger andauernden Nebenwirkungen/Impfkomplikationen wendet (vgl. dazu näher Schreiben vom 19. August 2024, S. 36 bis 39, 44 bis 45), zeigt er nicht auf, dass sich der Senat dabei von unzutreffenden Annahmen hat leiten lassen.
71 Das Vorbringen des Antragstellers zu behaupteten Nebenwirkungen der COVID-19-Schutzimpfungen führt schon deshalb nicht weiter, weil es sich im Wesentlichen auf Einzelberichte, Reportagen, Presseberichte, Stellungnahmen impfkritischer Ärzte und Anwälte sowie deutsch- und fremdsprachige Internet-Links stützt. Damit ist es von vornherein nicht geeignet, die Feststellungen des Senats als unzutreffend zu kennzeichnen. In den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 169 f.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Gerichtsverfahrens ist, Einzelfällen oder Meinungen von Bloggern, Journalisten und Sachbuchautoren nachzugehen oder behauptete Impfnebenwirkungen im Ausland zu erforschen. Untersuchungsgegenstand des Verfahrens ist vielmehr die Frage, in welchem statistischen Umfang der Dienstherr bei Einführung und Beibehaltung der Duldungspflicht für COVID-19-Impfungen mit unerwünschten Nebenwirkungen der zugelassenen und insbesondere der von ihm verwendeten Impfstoffe rechnen musste. Maßgeblich sind dabei die bei der Entscheidung des Dienstherrn vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die in den Sicherheitsberichten des Paul-Ehrlich-Instituts veröffentlichten Zahlen sind nach wissenschaftlichen Methoden ermittelt worden und konnten als amtliche Auskünfte über diese Frage vom Dienstherrn verwertet und in das gerichtliche Verfahren eingeführt werden. Deren statistische Richtigkeit wird durch Einzelfallberichte und nicht-wissenschaftliche Meinungsäußerungen nicht erschüttert.
72 Die Äußerungen des Antragstellers zur Kausalität zwischen der COVID-19-Impfung und Nebenwirkungen wie Thrombosen, Lungenembolien, Leberentzündungen, Myokarditis und Perikarditis erweisen sich als unergiebig. Der Senat hat diese Nebenwirkungen gesehen, dazu erhobene Daten des Paul-Ehrlich-Instituts bzw. des Bundesministeriums der Verteidigung zu entsprechenden Verdachtsmeldungen ausgewertet (BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 und - 1 WB 5.22 - juris Rn. 121 und 142 ff.) und ihnen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Dem setzt der Antragsteller die Thesen des Mediziners Prof. Dr. B zur angeblichen Toxizität von durch mRNA-Impfungen bewirkten Spikeproteinen entgegen (Schreiben vom 19. August 2024, S. 40 f.), die der Senat in den Beschlüssen (a. a. O., Rn. 160) entkräftet hat. Entsprechendes gilt für die Hinweise des Antragstellers auf Erkenntnisse der Mediziner Prof. Dr. G und Prof. Dr. H sowie im Rahmen zweier sog. "Pathologiekonferenzen" über Impfschadensfälle (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 46 bis 50), auf die der Senat in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 175 ff.) ausführlich eingegangen ist; auch mit dieser Argumentation hat sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt, sodass hier ebenfalls nicht erkennbar wird, dass sich der Senat auf unzutreffende Feststellungen gestützt hat.
73 Soweit der Antragsteller aus einer Information für Ärztinnen und Ärzte des Paul-Ehrlich-Instituts vom 19. März 2021 und des "Rote-Hand-Briefs" dieses Instituts vom 19. Juli 2021 zitiert, in der das Institut von sehr seltenen Fällen der erwähnten Nebenwirkungen berichtet (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 42), entspricht dies dem Befund, den auch der Senat seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Unzutreffende Feststellungen des Senats lassen sich daraus nicht herleiten.
74 Dem Beweisantrag des Antragstellers auf Seite 39 des Schreibens seines Bevollmächtigten vom 19. August 2024 muss der Senat nicht nachgehen. Die dort unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Firma BioNTech RNA Pharmaceuticals GmbH und auch die Firma Pfizer Inc. für den Wirkstoff BNT 162 keinen Toxizitätstest vorweisen könne, kann unterstellt werden; sie ändert nichts an den zuvor erörterten Feststellungen zu den Nebenwirkungen. Auf die weiter unter Beweis gestellte Tatsache, dass durch im Jahre 2023 veröffentlichte Daten einer in den USA angesiedelten Datenbank die beschleunigte Bildung von Prostatakrebs bei Männern belegt sei, ist für die hier zu entscheidende Frage, ob der Senat in seinen Beschlüssen vom 7. Juli 2022 und mit Blick auf die dort angestellten Erwägungen zu Nebenwirkungen der gegen das SARS-CoV-2-Virus eingesetzten mRNA-Impfstoffe von unzutreffenden Sachverhalten ausgegangen ist, nicht entscheidungserheblich; weder das Bundesministerium der Verteidigung noch der Senat konnte diese Daten berücksichtigen.
75 (gg) Die Darlegungen des Antragstellers zu der angeblichen Gefahr, dass bei der COVID-19-Impfung verunreinigte mRNA-Impfstoffchargen verwendet wurden (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 51 bis 57), lassen ebenfalls nicht erkennen, dass der Senat seiner Beurteilung unzutreffende Sachverhalte zugrunde gelegt hat. In seinen Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 164 ff.) hat er sich ausführlich mit dieser Thematik befasst. Hierauf geht der Antragsteller nicht ein, sondern zitiert (teilweise unvollständig) aus Einzelpublikationen sowie einem Artikel der Zeitschrift "Cicero".
76 (hh) Soweit der Antragsteller in dem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19. August 2024 (S. 24) beantragen lässt, zum Beweis der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den vor dem Bundesverwaltungsgericht geführten Verfahren 1 WB 2.22 und 1 WB 5.22 keine Gefahrenlage durch eine Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus bestanden habe, die die Einführung der Duldungspflicht für die Schutzimpfung dagegen gerechtfertigt hätte, den Zeugen Dr. med. F zu vernehmen, folgt der Senat diesem Begehren schon deshalb nicht, weil es unzulässig ist. Denn der Zeuge soll sich damit als medizinischer Sachverständiger zu der Rechtsfrage äußern, welche Gefahrenlage die Einführung einer Duldungspflicht rechtfertigt.
77 (d) Dem Vorbringen des Antragstellers lässt sich des Weiteren nicht entnehmen, dass der Senat in seinen Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris) von einer offenkundig unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist oder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage übersehen hat.
78 (aa) Der von dem Antragsteller gerügte Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 69 f.) liegt nicht vor. Der dem Senat der Sache nach entgegengehaltene Einwand, er habe diesen Verstoß übersehen, lässt sich auf diese Argumentation nicht erfolgreich stützen.
79 Soweit der Antragsteller meint, die Bestimmung des § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SG greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Soldatinnen und Soldaten ein, trifft dies nicht zu. Der Senat hat in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris Rn. 50) entschieden, dass ein solcher Eingriff zu verneinen ist, weil die Impfstoffe nach dieser Vorschrift nicht unter physischem Zwang verabreicht werden und keine persönlichkeitsverändernde Wirkung haben. Dass der Soldat die Impfung gegen seinen Willen zu dulden hat, eröffnet jedenfalls allein - anders als der Antragsteller meint - nicht den Anwendungsbereich des Grundrechts und berührt auch nicht dessen Menschenwürde.
80 Abgesehen davon verkennt der Antragsteller, dass das besagte Grundrecht von dem Anwendungsbereich des Zitiergebots nicht erfasst wird. Wie die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG wird auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Damit zählt das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu den Grundrechten, die aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung des Gesetzgebers eingeschränkt werden dürfen. Nur für diese Grundrechte gilt allerdings Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage bei der allgemeinen Handlungsfreiheit BVerfG, Urteil vom 29. Juli 1959 - 1 BvR 394/58 - BVerfGE 10, 89 <99>; Beschluss vom 18. Februar 1970 - 2 BvR 531/68 - BVerfGE 28, 36 <46>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 19 Rn. 4 m. w. N.).
81 (bb) Das Vorbringen des Antragstellers zu der Frage, ob Soldaten rechtmäßig befohlen werden könne, sich gegen das SARS-CoV-2-Virus impfen zu lassen (vgl. Schreiben vom 19. August 2024, S. 70 bis 80), verfehlt bereits den Gegenstand des Verfahrens, in dem der Antragsteller die Rechtmäßigkeit des allgemeinen Verwaltungserlasses zur Aufnahme der COVID-19-Schutzimpfung in die Liste der verpflichtenden Basisimpfungen zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat. Einer näheren Erörterung bedarf es deshalb nicht (vgl. dazu auch BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 und - 1 WB 5.22 - juris Rn. 31).
82 (e) Die Anwendung der Kollegialgerichts-Richtlinie ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die fraglichen Maßnahmen - wie der Antragsteller zu bedenken gibt - grundsätzlicher Art und von einer zentralen Dienststelle getroffen worden seien. Denn diese Ausnahme greift nach der den Senat überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann nicht ein, wenn die spätere Billigung durch ein Richterkollegium zeigt, dass die praktizierte Rechtsansicht auch bei sorgfältiger Prüfung vertretbar erscheint (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 - III ZR 41/82 - juris Rn. 20). Das ist hier der Fall, wie die ausführlichen Erwägungen des Senats in den Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) und - 1 WB 5.22 - (juris) zeigen. Auf sie wird im Einzelnen verwiesen.
83 ee) Die von dem Antragsteller beabsichtigte Geltendmachung eines (verschuldensunabhängigen) Entschädigungsanspruchs nach § 12 Abs. 1 und 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 SoldGG ist ebenfalls offensichtlich aussichtslos.
84 (1) Soweit der Antragsteller eine mittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 2 SoldGG unter dem Gesichtspunkt der Weltanschauung (§ 1 Abs. 1 SoldGG) für gegeben erachtet, scheidet dies schon deshalb aus, weil die angefochtene Aufnahme der COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr offensichtlich weltanschauungsneutral ist. Gegenteiliges legt auch die von dem Antragsteller in seinem Schreiben vom 19. August 2024 (S. 81) erwähnte Stellungnahme der ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats Prof. Dr. I zu einer "moralischen" Pflicht, sich impfen zu lassen, nicht ansatzweise nahe. Die Duldungspflicht dient der Gesunderhaltung der Soldatinnen und Soldaten sowie der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, ohne dass hiermit von den Soldatinnen und Soldaten eine bestimmte Haltung oder moralische Einstellung zu dieser Maßnahme abverlangt wird.
85 (2) Ferner kann dem Vortrag des Antragstellers nicht ansatzweise konkret und nachvollziehbar entnommen werden, dass er sich wegen seiner Weltanschauung durch die in Rede stehenden Maßnahmen als mittelbar benachteiligt betrachtet. Seine Ausführungen sind lediglich abstrakter Natur sowie ohne Bezug zu seiner Person und dem Inhalt der von ihm vertretenen Weltanschauung.
86 (3) Darüber hinaus lassen die Darlegungen des Antragstellers nicht erkennen, welche konkreten Handlungen seiner Vorgesetzten er als mittelbare Benachteiligung einstuft. Insoweit beschränkt er sich auf vage, nicht näher substantiierte und pauschal gehaltene Hinweise (Verlust seines Status als "tadelfreier Soldat", diskriminierender Umgang der Vorgesetzten und Kameraden mit ihm, Beschränkungen dienstlicher Kontakte, "weitestgehender" Ausschluss von der Teilnahme an Dienstreisen und Auswärtsbesprechungen, finanzielle und wirtschaftliche Folgen, Vorwurf truppenschädigenden Verhaltens, Teilnahme an Testungen während der Geltung der 3 G-Regelung).
87 (4) Schließlich ist anhand des Vorbringens des Antragstellers nicht ansatzweise nachvollziehbar, inwiefern zwischen den geltend gemachten Benachteiligungen und der hier in Rede stehenden Maßnahme überhaupt ein Zurechnungszusammenhang besteht.
88 ff) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses ist zudem deshalb zu verneinen, weil bei Annahme der Zulässigkeit eines - auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen dienstlichen Maßnahme zu verschiedenen Zeitpunkten gerichteten - Fortsetzungsfeststellungsantrages schwierige, umfangreiche, angesichts der seit der Einführung der Duldungspflicht zu beobachtende Veränderungen der pandemischen Lage nicht mehr zu überschauende und kostenintensive Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts als erforderlich erschienen, die sich der Beantwortung kontrovers diskutierter und sehr komplexer naturwissenschaftlicher Fragen widmen müssten. Bei der gebotenen prozessökonomischen Handhabung des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO wäre dies auch mit Blick auf den Gedanken, dem Antragsteller "Früchte" der bisherigen Prozessführung zu erhalten, nicht sachgerecht (zu diesem Gesichtspunkt vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 14.96 - NVwZ 1998, 1295 <1296>; VGH Mannheim, Urteil vom 8. Juni 1993 - 10 S 110/92 - NVwZ 1994, 709 <712>).
89 4. Den in den Schreiben vom 18. Juli 2022, 14. November 2023 und 21. Dezember 2023 angekündigten Beweisanträgen musste der Senat nicht nachgehen. Sie sind für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich, weil sie in keinem Zusammenhang mit der Frage stehen, ob der Antragsteller ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der beabsichtigten Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs geltend machen kann. Diesen Zusammenhang plausibilisiert auch der Antragsteller nicht. Die Anträge beziehen sich allesamt auf Fragestellungen, die sich aus Sicht des Antragstellers im Rahmen der Begründetheit seines Antrages auf gerichtliche Entscheidung stellen.