Beschluss vom 04.03.2025 -
BVerwG 6 VR 4.24ECLI:DE:BVerwG:2025:040325B6VR4.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.03.2025 - 6 VR 4.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:040325B6VR4.24.0]

Beschluss

BVerwG 6 VR 4.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. März 2025
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:

  1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 26. Juni 2024 wiederherzustellen, soweit diese sich gegen den Antragsteller richtet, wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller ist ein im Jahr 2017 unter dem Namen "Islamisches Zentrum Berlin e. V." gegründeter und in das Vereinsregister eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Er sieht seinen Zweck nach § 2 Satz 1 seiner geltenden Satzung in der Förderung der Religion des Islam, der Pflege und Verkündung des islamischen Religionsbekenntnisses unter besonderer Beachtung der dschafaritisch-schiitischen Ausrichtung und Tradition sowie der Vertretung der religiösen Interessen der Mitglieder. Er wendet sich gegen sein Verbot als Teilorganisation des Vereins "Islamisches Zentrum Hamburg e. V." (IZH).

2 Mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 26. Juni 2024 stellte die Antragsgegnerin fest, dass sich der Zweck und die Tätigkeit des IZH einschließlich seiner im Einzelnen benannten fünf Teilorganisationen - unter ihnen der Antragsteller - gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten sowie den Strafgesetzen zuwiderliefen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 3 und 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2, 3 und 1 GG). Zudem liefen der Zweck und die Tätigkeit des IZH als Ausländerverein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG) völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwider und förderten Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar seien (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VereinsG). Das IZH einschließlich seiner Teilorganisationen sei verboten und werde aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung von Kennzeichen sowie die Internetauftritte des IZH bzw. seiner Teilorganisationen verboten. Das Vermögen des IZH und seiner Teilorganisationen sowie näher bezeichnete Sachen und Forderungen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen. Der Sofortvollzug der Verfügung wurde - mit Ausnahme der Einziehungsanordnungen - angeordnet und unter Verweis darauf begründet, dass ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen und Beweismitteln verhindert werden müsse.

3 Der Antragsteller hat gegen die seinem Vorsitzenden und seinem stellvertretenden Vorsitzenden am 24. Juli 2024 zugestellte und am selben Tag mit ihrem verfügenden Teil im Bundesanzeiger veröffentlichte Verbotsverfügung am 19. August 2024 vor dem nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO erst- und letztinstanzlich zuständigen Bundesverwaltungsgericht Klage mit dem Antrag erhoben, die Verfügung aufzuheben, soweit sie den Antragsteller betrifft (Az.: BVerwG 6 A 7.24 ). Am 10. Oktober 2024 hat der Antragsteller zudem um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

4 Der Antragsteller macht geltend, das Verbot des IZH erstrecke sich nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG nicht auf ihn, weil er keine gebietliche Teilorganisation des IZH sei. Die nach der genannten Vorschrift bestehenden Voraussetzungen für die Annahme einer Teilorganisationseigenschaft seien für das zwischen ihm und dem IZH bestehende Verhältnis nicht erfüllt. Die Belege, die die Antragsgegnerin zum Nachweis des vorgeblichen Charakters des Antragstellers als Teilorganisation des IZH beigebracht habe, beträfen nicht ihn, sondern möglicherweise den Verein K. Die Belege seien auch unabhängig hiervon als Grundlage für die Annahme einer Teilorganisationseigenschaft des Antragstellers nicht geeignet. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin müsse eine Begutachtung des Inhalts der von ihr im vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren beschlagnahmten Asservate erstellt haben. Diese müsse offengelegt werden. Zudem müssten die Asservate als solche ihm, dem Antragsteller, zugänglich gemacht werden, um ihm zu ermöglichen, Beweise für seine Unabhängigkeit von dem IZH zu präsentieren.

5 Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen.

6 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des anhängigen Klageverfahrens sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten, dem Antragsteller im Rahmen des Klageverfahrens zur Einsichtnahme überlassenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II

7 Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet. Gleiches gilt für das Begehren des Antragstellers, (jedenfalls) anzuordnen, dass er die Räumlichkeiten in seinem Vereinssitz in der L.-Straße ... in Berlin bis zur Entscheidung in der Hauptsache über das Vereinsverbot vom 26. Juni 2024 weiter für seine satzungsmäßigen Zwecke nutzen darf (vgl. zur Möglichkeit von Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO auch bei der Ablehnung einer Aussetzungsentscheidung: Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 80 Rn. 169 m. w. N.).

8 Der Antragsteller stellt zu Recht nicht in Frage, dass die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs, die die Antragsgegnerin der Verbotsverfügung vom 26. Juni 2024 beigegeben hat, den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. In materieller Hinsicht gebührt bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verbotsverfügung der Vorrang vor dem Suspensivinteresse des Antragstellers. Dies folgt daraus, dass die von dem Antragsteller gegen die Verbotsverfügung erhobene Klage nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats voraussichtlich erfolglos bleiben wird (1.) und die Aussetzung des Sofortvollzugs auch im Übrigen aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten nicht gerechtfertigt ist (2.).

9 1. Die Klage des Antragstellers wird nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben.

10 Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung sind weder geltend gemacht, noch sind sie im Ergebnis ersichtlich. Die gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit eines Vereinsverbots orientiert sich nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihrem Umfang an den inmitten stehenden subjektiven Rechten des jeweiligen Klägers bzw. Antragstellers (BVerwG, Urteile vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 25, vom 19. September 2023 ‌- 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 117 und vom 24. Juli 2024 - 6 A 5.22 - juris Rn. 25). Stellt eine Vereinigung eine Teilorganisation eines verbotenen Vereins dar, wird sie nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG, ohne selbst einen Verbotsgrund erfüllen zu müssen, allein aufgrund ihrer Identität mit dem Gesamtverein von dessen Verbot erfasst (zur Verfassungsgemäßheit dieser Erstreckung eines Vereinsverbots: BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Juli 2019 - 1 BvR 1099/16 - ‌NVwZ 2020, 224 Rn. 19 f.). Vor dem Hintergrund ihrer hiernach durch Art. 9 Abs. 1 GG nur eingeschränkt geschützten Rechtsstellung kann eine vorgebliche Teilorganisation eines verbotenen Gesamtvereins im Rahmen einer gegen die Verbotsverfügung erhobenen Anfechtungsklage nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich nur geltend machen, zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Verbotserlasses habe der verbotene Gesamtverein nicht (mehr) existiert, es habe an ihrer Eigenschaft als Teilorganisation dieses Vereins gefehlt oder es sei - insbesondere aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - geboten gewesen, sie gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 VereinsG von dem Vereinsverbot auszunehmen (zuletzt: BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2024 - 6 A 5.22 - juris Rn. 26, unter Verweis auf: BVerwG, Urteil vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 122 m. w. N.).

11 Nach dem Erkenntnisstand in dem zur Entscheidung stehenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, für den sich der Senat auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Belege stützen kann (a.), ist der Antragsteller, bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung, als eine Teilorganisation des - in seiner Existenz als Gesamtverein nicht umstrittenen - IZH zu qualifizieren (b.). Es besteht kein Grund, ihn von dem ausgesprochenen Vereinsverbot auszunehmen (c.).

12 a. Der Senat hat jedenfalls in dem hier zur Entscheidung stehenden Eilverfahren keinen Anlass, die Methodik der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Auswertung der im vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren beschlagnahmten Asservate zu untersuchen oder dem Antragsteller den von ihm begehrten Zugang zu diesen Asservaten zu verschaffen. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar geschildert, wie sie bei der Auswertung der Asservate vorgegangen ist. Diese Schilderung enthält keine Punkte, an denen zum jetzigen Zeitpunkt eine Beanstandung seitens des Senats ansetzen könnte.

13 b. Die Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung, die von § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG für deren Qualifikation als Teilorganisation vorausgesetzt wird, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegeben, wenn die Gliederung tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden ist. Dabei ist eine totale organisatorische Eingliederung etwa in dem Sinne, dass ausschließlich Mitglieder oder Sympathisanten der Gesamtorganisation der Teilorganisation angehören dürfen, nicht erforderlich. Die Gliederung muss jedoch im Wesentlichen von der Gesamtorganisation beherrscht werden. Anhaltspunkte für die Einbindung und Beherrschung können, müssen aber nicht in den Satzungen der betroffenen Organisationen enthalten sein. Weitere Indizien können sich aus der personellen Zusammensetzung der Vereinigungen, ihrer Geschichte, ihrem Selbstverständnis und ihren Zielen, ihrer Tätigkeit und Finanzierung sowie aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten, respektive aus hierarchischen Strukturen ergeben. Anhaltspunkte für derartige Strukturen können Berichtspflichten sowie eine ständige Begleitung und Betreuung durch Vertreter der Gesamtorganisation sein. Es ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen, wobei sich die jeweilige Aussagekraft der Indizien nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls richtet. Nicht notwendig ist daher zum einen, dass die Annahme einer Teilorganisation von sämtlichen genannten Indizien nach dem Gesamtbild getragen wird. Zum anderen können auch Indizien, die für sich genommen als nicht zwingend erscheinen mögen, in ihrer Summe eine Qualifikation als Teilorganisation rechtfertigen. Entscheidend ist stets das spezifische Gepräge der zur Beurteilung stehenden verbandlichen Struktur (vgl. zuletzt: BVerwG, Urteile vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 127 und vom 24. Juli 2024 - 6 A 5.22 - juris Rn. 55).

14 Es ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand des Senats nichts durchgreifend dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin bei der Prüfung der Eigenschaft des Islamischen Zentrums Berlin als einer Teilorganisation des IZH fälschlicherweise den Antragsteller anstelle des K. in den Blick genommen haben könnte (aa.). Für die Annahme, dass der Antragsteller als ein dem IZH nachgeordnetes Zentrum eine gebietliche Teilorganisation des IZH darstellt, hat sich die Antragsgegnerin in einer für das gerichtliche Eilverfahren tragfähigen Weise auf ein Subordinationsverhältnis gegenüber dem IZH als Vertretung des Teheraner "Revolutionsbüros" im Sinne einer ideologischen und organisatorischen Weisungsgebundenheit des Antragstellers (bb.), die Personalverfügungsbefugnis des IZH gegenüber dem Antragsteller (cc.) sowie die finanzielle Abhängigkeit des Antragstellers von dem IZH (dd.) berufen.

15 aa. Der Antragsteller macht geltend, mit aus der Zeit vor seiner Gründung im Jahr 2017 stammenden Belegen, mit der die Antragsgegnerin die Eigenschaft eines in der L.-Straße ... in Berlin ansässigen Islamischen Zentrums Berlin als Teilorganisation des IZH darzutun suche, könne nicht er, sondern allenfalls die K. gemeint sein. Für diese Vereinigung sei seinerzeit der spätere Vorsitzende des Antragstellers, F., tätig gewesen, bevor er den Antragsteller gegründet habe. Die K. habe damals ihren Sitz in der L.-Straße ... in Berlin gehabt. Die K. und ihr Vorsitzender Dr. G. seien nunmehr in der H.-Straße ... in Berlin zu erreichen. Womöglich sei ein Mitglied des K. ein Informant des Verfassungsschutzes und habe als solches dafür gesorgt, dass sich die Antragsgegnerin auf den falschen Verein fokussiert habe.

16 Mit diesem Vortrag kann der Antragsteller in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht durchdringen. Es spricht vielmehr Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin darlegt, bereits vor seiner Konstituierung als eingetragener Verein im Jahr 2017 faktisch als - nicht eingetragener - Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG neben der K. bestanden hat und von dem IZH unter seinem sodann im Jahr 2017 gewählten Namen "Islamisches Zentrum Berlin" geführt wurde.

17 So hat der Antragsteller seinen Vereinssitz wie zuvor die K. in der L.-Straße ... in Berlin. Ferner hat der seinerzeitige Leiter des IZH, Dr. B., im Jahr 2014 in seiner Korrespondenz mit dem Büro des "Obersten Führers" in Teheran Dr. I. als Leiter, Organisator bzw. Imam des Islamischen Zentrums in Berlin angesprochen (Beleg 29m=Beweismittel A085 S. 2; Anlage Ag. 1 S. 2 f. zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 8. November 2024). Gleiches geschah in einem Schreiben von Dr. B. an Dr. I. (Beleg 29j=Beweismittel A082 S. 1). Im Jahr 2016 bezeichnete Dr. B. sodann in einem an Herrn F. gerichteten Schreiben diesen als Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Berlin (Beleg 29k=‌Beweismittel A083 S. 1). Wenn das Islamische Zentrum Berlin mit der K. identisch gewesen wäre, hätte jedoch anstelle der Vorgenannten Dr. G., der im Jahr 2003 Gründungsvorsitzender der K. war (Beleg 6=Beweismittel A033 S. 29) und die Funktion des Vorsitzenden dieses Vereins nach dem Vortrag des Antragstellers seither durchgehend ausgeübt hat, als Leiter angesprochen werden müssen. Hinzu kommt, dass Herr F. im Jahr 2017 bei der formellen Gründung des Antragstellers dann auch offiziell als Vorsitzender fungierte (Anlage AS 3 S. 2 f. zur Antragsschrift des Antragstellers vom 10. Oktober 2024) und den Vorsitz nach dem Vortrag des Antragstellers ebenfalls in den folgenden Jahren innehatte. Schließlich verweist die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf, dass mit der Ankündigung der Organisation eines schiitischen Zentrums in Berlin in naher Zukunft, die in einem auf das Jahr 2013 oder 2014 zu datierenden Fünfjahresbericht des IZH enthalten ist (Beleg 30c=Beweismittel A098 S. 5), nicht die seinerzeit schon bestehende K. gemeint gewesen sein kann.

18 bb. Für ein Subordinationsverhältnis des Antragstellers gegenüber dem IZH hat sich die Antragsgegnerin darauf bezogen, dass der vormalige Leiter des IZH, Dr. B., in im Internet zugänglichen Äußerungen ausgeführt hat, man habe eine Reihe unter der Aufsicht des IZH stehender islamischer Zentren in deutschen Großstädten - unter anderem in Berlin –, deren Tätigkeiten sich im Einklang mit dem IZH befänden (Belege Nr. 8, 9a und 9b=Beweismittel A037 S. 2, A038 und A039 S. 2). Ferner ist bei dem IZH ein interner Aufgaben- und Organisationsplan des IZH aus den Jahren 2015/2016 aufgefunden worden, aus dem gleichfalls geschlossen werden kann, dass die lokalen islamischen Zentren - unter anderem dasjenige in Berlin - dem IZH nach- bzw. untergeordnet sind und dessen Aufsicht sowie Steuerung nach den Vorgaben des Büros des "Obersten Führers" des Iran unterliegen (Beleg 9d=Beweismittel A041 S. 3 ff.). Eine Bestätigung für diese generelle Subordination kann in einem korrespondierenden, an den seinerzeitigen Leiter des IZH, Dr. B., gerichteten Dekret des Teheraner "Revolutionsbüros" aus dem Jahr 2018 erblickt werden, das auch nachrichtlich an den Leiter des Antragstellers, alternative Schreibweise für F., also F., adressiert war (Beleg 29d=Beweismittel A076 S. 1).

19 Dem Einwand des Antragstellers, die Dichte der von der Antragsgegnerin beigebrachten Belege für eine Subordination des Antragstellers gegenüber dem IZH sei zu gering und den Belegen fehle die Aktualität, kann im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht gefolgt werden. In den Belegen werden grundlegende Organisationsstrukturen des Antragstellers deutlich. Sie haben deshalb, obwohl ihre Zahl begrenzt ist und sie zum großen Teil bereits mehrere Jahre alt sind, ihre Aussagekraft nicht verloren. Nichts Anderes folgt für das Eilverfahren aus der pauschalen Verneinung einer Weisungsgebundenheit in der von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Antragstellers, J., unter dem 7. Oktober 2024 abgegebenen Versicherung an Eides statt (Anlage AS 4 zur Antragsschrift des Antragstellers vom 10. Oktober 2024). Ferner kann in diesem Rahmen dahinstehen, ob das besagte Subordinationsverhältnis, wie die Antragsgegnerin meint, auch durch die von ihr beigebrachten Protokolle über Chats zwischen dem derzeitigen Leiter des IZH, Dr. C., und dem Leiter des Zentrums der Islamischen Kultur Frankfurt, A., oder weitere Chats zwischen dem Vorsitzenden des Antragstellers, F., und Dr. C. sowie dessen Vorgänger als Leiter des IZH, Dr. B., bzw. weiteren Personen belegt wird (Anlagen Ag. 2 S. 1 und Ag. 3 S. 1 f. zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 8. November 2024 sowie Anlage 10 zu den Schriftsätzen der Antragsgegnerin vom 24. Januar und 1. Februar 2025).

20 cc. Für die Einschätzung, dass das IZH in Gestalt von Vorschlags- und Ernennungsrechten über Entscheidungs- und Mitwirkungsbefugnisse für die Besetzung von Führungspositionen bei den dem IZH nachgeordneten Zentren und damit auch bei dem Antragsteller verfügt, stützt sich die Antragsgegnerin zunächst auf den bereits genannten Aufgaben- und Organisationsplan des IZH aus den Jahren 2015/2016 und die dort aufgeführten Befugnisse des IZH betreffend "Vorschläge für die Entlassung und Ernennung von Abteilungsleitern und Direktoren der Zentren an die Vertreter für exekutive Angelegenheiten und internationale Beziehungen (des Obersten Führers)" sowie "Ernennung und Vorschlag von Vorsitzenden und Mitgliedern der Vorstände aller nachgeordneten Zentren ..." (Beleg 9d=Beweismittel A041 S. 5). Die Antragsgegnerin verweist des Weiteren auf die bereits oben erwähnten, aus dem Jahr 2014 stammenden Schreiben des seinerzeitigen Leiters des IZH, Dr. B., an das Büro des "Obersten Führers" in Teheran und an Dr. I., aus denen sich schließen lässt, dass Dr. B. die Einsetzung von Dr. I. als Leiter des Antragstellers betrieben hat (Beleg 29m=Beweismittel A085 S. 2, Beleg 29j=Beweismittel A082 S. 1). Die Antragsgegnerin bezieht sich schließlich auf ein internes Dokument des IZH aus dem Jahr 2019 betreffend den "Fall des Herrn D.". In diesem legt der Leiter des IZH, Dr. C., dar, er habe "noch für niemanden, den ich ernennen sollte, einschließlich der Leiter der Zentren in Frankfurt, München (und) Berlin [...] eine Entscheidung getroffen" (Beleg 29e=Beweismittel A077 S. 3).

21 Die Gesamtheit dieser aus verschiedenen Jahren stammenden, grundlegende Organisationsstrukturen des Antragstellers offenbarenden Belege ist entgegen der Ansicht des Antragstellers geeignet, die vorläufige Annahme einer Personalverfügungsbefugnis des IZH in Sachen des Antragstellers zu tragen.

22 dd. Die finanzielle Abhängigkeit des Antragstellers von dem IZH sieht die Antragsgegnerin zunächst - gewissermaßen ins Auge springend - dadurch belegt, dass, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, das Hausgrundstück in der L.-Straße ... in Berlin, das dem Antragsteller als Vereinssitz dient und das für die Verfolgung der in seiner Satzung genannten Zwecke von herausragender Bedeutung ist, im Eigentum des IZH steht, der Antragsteller dieses Hausgrundstück mietzinsfrei nutzen darf und das IZH auch die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung trägt. Letzteres entspricht entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht der Üblichkeit, wenn der Eigentümer die betreffende Immobilie - wie hier der Fall - nicht selbst nutzt.

23 Darüber hinausgehend kann sich die Antragsgegnerin auf Belege stützen, die für eine Befugnis des IZH, über das Budget des Antragstellers zu bestimmen, sowie eine korrespondierende Rechenschafts- und Berichtspflicht des Antragstellers sprechen (für die Jahre 2014 bis 2016: Beleg 29j=Beweismittel A082 S. 1 f., Beleg 29k=Beweismittel A083 S. 1 f., Beleg 80=Beweismittel A155 S. 26 ff.; für das Jahr 2018: Beleg 29d=Beweismittel A076 S. 1, 4, Teil 2 S. 1, Beleg 80=Beweismittel A155 S. 14).

24 Wenn der Antragsteller - gestützt auf eine Versicherung an Eides statt seines stellvertretenden Vorsitzenden J. vom 7. Oktober 2024 (Anlage AS 4 zur Antragsschrift des Antragstellers vom 10. Oktober 2024) – behauptet, abgesehen von der Übernahme der Grundsteuer und der Gebäudeversicherung für das Grundstück L.-Straße ... in Berlin keine Zahlungen von dem IZH erhalten zu haben, bzw. solche jedenfalls nicht belegt sieht, trägt dies in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nichts aus. Die Aussagekraft auch der älteren von der Antragsgegnerin benannten Nachweise ist in diesem Rahmen nicht in entscheidender Weise gemindert. Nichts Abweichendes folgt entgegen der Ansicht des Antragstellers aus dem Umstand, dass seine Satzung keine Bestimmung enthält, derzufolge sein Vermögen im Fall seiner Auflösung an das IZH fallen solle.

25 c. Sofern der Antragsteller mit dem Vortrag, er habe sich bewusst dagegen entschieden, das Wort Iran in seinen Vereinsnamen aufzunehmen, eine Distanzierung nicht nur von der Politik des Iran, sondern auch von dem Auftreten des IZH zum Ausdruck bringen möchte, geht dies in Anbetracht der dargestellten Verflechtungen mit dem IZH ins Leere. Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, den Antragsteller nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG von dem ausgesprochenen Vereinsverbot auszunehmen, ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.

26 2. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist schließlich nicht aufgrund einer weiteren Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten geboten. Die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung für den Antragsteller verbundene Beschränkung, seine Vereinstätigkeit bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht fortsetzen zu dürfen, hat besonderes Gewicht. Diesem Nachteil stehen jedoch die Gefahren gegenüber, die für die Allgemeinheit bei einer Fortsetzung der Vereinstätigkeit bestehen, wenn sich im gerichtlichen Hauptsacheverfahren die in der Verbotsverfügung getroffene Einschätzung endgültig als zutreffend erweist, dass der Antragsteller eine gebietliche Teilorganisation des mit einer sofort vollziehbaren Verbotsverfügung belegten IZH ist. Diese Gefahren sind höher zu gewichten als die für den Antragsteller mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung einhergehenden Belastungen. Sie rechtfertigen auch die Annahme der besonderen Dringlichkeit der Vollziehung der Verfügung.

27 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am hälftigen Wert des Streitgegenstandes in der Hauptsache (vgl. dazu Ziff. 45.1.2 i. V. m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).