Beschluss vom 03.06.2010 -
BVerwG 2 A 4.09ECLI:DE:BVerwG:2010:030610B2A4.09.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 03.06.2010 - 2 A 4.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:030610B2A4.09.0]
Beschluss
BVerwG 2 A 4.09
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juni 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski und Dr. Hartung
beschlossen:
- 1. Das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wird gemäß § 56 Satz 1 BDG beschränkt. Ausgeschieden werden alle weiteren Handlungen, die nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses vom 14. April 2010 in der Fassung vom 20. Mai 2010 waren.
- 2. Die am 20. Mai 2010 gestellten Beweisanträge des Beklagten werden abgelehnt.
Gründe
1 1. Die im Termin vom 20. Mai 2010 nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Handlungen werden ausgeschieden, weil sie für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht oder voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Sie bewegen sich teilweise am unteren Rand der Disziplinarwürdigkeit und bleiben jedenfalls ihrem Unrechtsgehalt nach hinter den verbleibenden Vorwürfen zurück. Auch wenn sie dem Beklagten sämtlich nachgewiesen würden, würden sie sich - unter der Voraussetzung, die verbliebenen Vorwürfe reichten für die Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme aus - voraussichtlich weder auf deren Art noch auf deren Höhe verschärfend auswirken. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Beklagte vor der Einleitung der hier verfahrensrelevanten disziplinarischen Maßnahmen niemals wegen seines Verhaltens zur Rede gestellt, gewarnt, getadelt, gemahnt oder abgemahnt worden ist.
2 2. Die Beweisanträge werden abgelehnt, weil sie entweder unerheblich oder ungeeignet oder unsubstantiiert sind. Soweit sie zum Ziel haben, die Glaubwürdigkeit der vom Senat vernommenen Zeuginnen K. und S. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu erschüttern, beruhen sie auf der vom Senat aus grundsätzlichen Erwägungen nicht geteilten Annahme, dass der Nachweis der Unrichtigkeit einer in der Vergangenheit gemachten Aussage es ausschließt, den vor Gericht unter der strafbewehrten Warnung vor einer Falschaussage gemachten Aussagen ganz oder teilweise Glauben zu schenken. Der Senat hat vielmehr die Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände eigenständig zu würdigen.
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Zu Nr. 1 (M.):
Der Beweisantrag bezieht sich auf den in der Klageschrift auf S. 23 beschriebenen Vorfall, dass es im Oktober 2007 zwischen dem Beklagten und Frau K. zum Bruch gekommen sei, weil der Beklagte bei einem laut ausgetragenen Streit mit Frau Q. dieser gegenüber zu Unrecht behauptet habe, Frau K. habe sich über sie beschwert. Als Frau K. den Beklagten deshalb habe zur Rede stellen wollen, habe dieser versucht, das Gespräch mit lauter Musik des Senders „Klassikradio“ zu übertönen.
4 Der Beweisantrag ist unerheblich. Bezogen auf die Zeugin K. kommt es nicht darauf an, welchen Sender der Beklagte eingestellt hatte.
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Zu Nr. 2 (T.):
Der Antrag ist unerheblich. Er befasst sich unter a) mit einer dienstlichen Beurteilung Frau K. und lässt sich so verstehen, dass der Beklagte eine von Herrn T. vorgesehene „schlechtere Leistungsbewertung“ zugunsten Frau K. verbessert hat. Es ist nicht streitig, dass jedenfalls bis Mitte 2007 zwischen Frau K. und dem Beklagten ein überwiegend positives Klima geherrscht hat. Es ist nicht ersichtlich, welche Rückschlüsse der erbrachte Beweis auf die Glaubwürdigkeit Frau K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage haben könnte. Dasselbe gilt hinsichtlich der Zeugin S. Der ebenfalls erwähnte Zeuge Ma. ist vom Senat nicht vernommen worden, sodass es auf seine Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen nicht ankommt.
6 Unter b) betrifft der Antrag den Vorwurf, der Beklagte habe bei seinen Besuchen in München während der Dienstzeit seine Nebentätigkeit ausgeübt. Auf diesen ausgeschiedenen Sachverhalt haben sich die Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen nicht erstreckt. Ein Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin K. ist weder ersichtlich noch dargelegt.
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Zu Nr. 3 (Q.):
Der Antrag ist zu a) unerheblich, zu b) ungeeignet.
8 a) Dass im Sachgebiet des Beklagten „ein hohes Lästerklima herrschte“, ist unstreitig und nicht beweisbedürftig.
9 Der im Antrag unter b) erwähnte Herr T. gehört zum sog. Disziplinarbereich. Ob Frau K. dessen Demontage betrieb, um seine dienstliche Autorität in Frage zu stellen, steht mit keinem der in der Klageschrift gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe in unmittelbarem Zusammenhang. Erst recht gilt dies für die Vorwürfe, die Gegenstand der bisherigen Beweiserhebung gewesen sind. Sollte damit der Vorwurf aufgestellt und belegt werden, Frau K. sei eine Intrigantin, fehlt es an der Darlegung, dass Frau Q. Kenntnisse der Motivation Frau K. besaß.
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Zu Nr. 4 (L. und F.):
Der Antrag ist unsubstantiiert.
11 Im Beweisantrag ist nicht dargelegt, dass die benannten Zeugen während der Anwesenheit des Beklagten bei der Geburtstagsfeier ihrerseits anwesend waren und jede Äußerung des Beklagten wahrgenommen haben. Im Übrigen ist er auch deshalb unsubstantiiert, weil er sich auf die Glaubwürdigkeit ungenannter „anderer Zeugen“ bezieht.
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Zu Nr. 5 (C.):
Der Antrag bezieht sich zu a) auf den bereits unter Nr. 1 erörterten Vorwurf und zielt auf den Nachweis, das Dienstradio des Beklagten sei im fraglichen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, den Radiosender „Klassikradio“ zu empfangen. Aus den unter Nr. 1 erörterten Gründen ist der Antrag unerheblich.
13 Unter b) erwähnt der Antrag einen Mitarbeiter Sm., dessen angeblich spannungsfreies Verhältnis zum Beklagten nicht Gegenstand der bisherigen Beweisaufnahme war und auch nicht Gegenstand der wesentlichen Anschuldigungspunkte ist. Es ist nicht erkennbar, welche Rückschlüsse die Aussage auf die Glaubwürdigkeit Frau K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage haben könnte. Der Antrag ist auch insoweit unerheblich.
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Zu Nr. 6 (U.):
Der Antrag zielt unter a) auf den Nachweis, dass die Vorwürfe sexueller Belästigung und gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht Gegenstand des ersten Gesprächs der Zeugin K. mit dem Präsidenten des BND waren (und folglich - so ist der Antrag wohl zu verstehen - erst später konstruiert worden sind). Der Antrag zu b) zielt in dieselbe Richtung, bezogen auf die Zeugin S.
15 Der Antrag ist ungeeignet, die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen K. und S. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen in Frage zu stellen. Beide Zeuginnen können gute Gründe gehabt haben, im persönlichen Gespräch mit dem Präsidenten des BND das Thema sexueller Belästigungen unerwähnt zu lassen.
16 Zu c) zielt der Antrag auf die Bestätigung des Vorwurfs, der Präsident habe sich bereits vor Einleitung des Disziplinarverfahrens auf die Rückstufung des Beklagten festgelegt. Dieser Vorwurf ist auch Gegenstand der formellen Rügen (nämlich der Rüge der Befangenheit des Präsidenten), die bei der Zulässigkeit der Klage zu prüfen sind. Bezogen auf die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen K. und S. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ist der Antrag unsubstantiiert sowie unerheblich.
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Zu Nr. 7 (Dr. G.):
Zu a) zielt der Antrag auf den Nachweis, dass sexuelle Belästigungen und Gesundheitsbeeinträchtigungen erst später ins Gespräch gebracht worden sind. Da weder Herr Dr. G. noch Frau I. für die Verfolgung derartiger Vorwürfe zuständig waren, ist unerheblich, was Herr Dr. G. über ein Gespräch mit Frau I. aussagt. Bezogen auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ist der Antrag unerheblich, bezogen auf „andere Zeugen“ unsubstantiiert.
18 Zu b) Ob der Beklagte verdächtigt wurde, die Auflösung des Referats hintertrieben und abgewendet zu haben, ist unerheblich. Dem Beklagten wird Derartiges nicht vorgeworfen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist ungeeignet, Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin K. und „anderer Zeugen“ und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu ziehen.
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Zu Nr. 8 (Ge.):
Auch dieser Antrag zielt zu a) und b) indirekt auf den Nachweis, dass die sexuellen Vorwürfe nachträglich konstruiert worden seien. Der Antrag ist unsubstantiiert, weil weder ersichtlich noch behauptet ist, dass Frau Ge. bei beiden Gesprächen anwesend war, die Frau K. mit Frau I. geführt hat. Es kommt nicht darauf an, wann Frau K. diese Vorwürfe erstmals geäußert hat, sondern nur darauf, ob sie dem Senat glaubhaft erscheinen, sodass der Antrag auch unerheblich ist. Der Antrag zu c) ist unsubstantiiert, weil nicht ersichtlich ist, welche Auswirkungen die unter Beweis gestellte Tatsache auf die Glaubwürdigkeit Frau K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage haben könnte.
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Zu Nr. 9 (In.):
Der Antrag ist unerheblich. Ob Frau K. Gespräche mitgehört hat, bei denen der Beklagte und Herr In. über Jagderlebnisse berichtet haben, ist unter jedem denkbaren Gesichtspunkt irrelevant. Ein Bezug zu ihrer Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ist nicht erkennbar.
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Zu Nr. 10 (Mo.):
Der Antrag ist unerheblich. Ob es in der Abteilung 5 schon Anfang 2007 abfällige „Flurparolen“ über Herrn W. gab (ähnlichen Inhalts wie die dem Beklagten zugeschriebenen), lässt keinen Bezug zur Glaubwürdigkeit der Zeugin S. und zur Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen erkennen.
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Zu Nr. 11 (Mu.):
Der Antrag ist unerheblich. Zu a) zielt er auf den Nachweis, dass sich auch Frau K. für sexuelle Themen interessierte und hierbei den Beklagten im Blick hatte. Der Antrag ist unerheblich, weil der Beweis der Behauptung an den Vorwürfen gegen den Beklagten nichts ändert und keine Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen K. und S. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zulässt.
23 Soweit der Antrag die Zeugin S. betrifft, ist er unsubstantiiert.
24 Die Anträge zu b), c) und d) zielen auf den Nachweis, dass das Verhältnis zwischen dem Beklagten und Abteilungsleiter W. belastet war. Die unter Beweis gestellte Tatsache lässt keine Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen K. und S. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu.
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Zu Nr. 12 (A.):
Der Antrag ist unerheblich. Wie Frau I. gegenüber Herrn A. die Belastbarkeit der gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe sexueller Belästigung eingeschätzt hat, ist für die dem Senat vorbehaltene Würdigung ohne jede Bedeutung und lässt keine Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu.
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Zu Nr. 13 (B.):
Der Antrag ist unerheblich. Warum Frau K. das Referat wechseln wollte, ist für ihre Glaubwürdigkeit und für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ohne Belang.
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Zu Nr. 14 (Referatskalender):
Der Antrag ist unsubstantiiert und als Ausforschungsbeweis unerheblich. Die den Gegenstand der bisherigen Beweisaufnahme bildenden Vorgänge bedürfen keiner tagesgenauen Fixierung. Die Zeiten der dienstlichen Anwesenheit des Beklagten in M. spielen bisher und nach Ausscheiden der darauf bezogenen Vorwürfe auch in Zukunft keine Rolle. Die Beiziehung des Referatskalenders ist aus der Sicht des Senats nicht erforderlich. Der Antrag ist unsubstantiiert, soweit er sich auf die Glaubwürdigkeit „der Zeugen“ und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen bezieht.
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Zu Nr. 15 (Br.):
Der Antrag ist ungeeignet. Die unter Beweis gestellte negative Tatsache wäre nicht geeignet, die gegenteilige Tatsache (nämlich, dass Frau K. „gegen ein laut gestelltes Radio anbrüllen musste“) zu widerlegen. Hiervon abgesehen lässt die unter Beweis gestellte Tatsache keinen substantiierten Rückschluss auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin K. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu.
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Die Führung der Arbeitszeitkarten, ihre Weiterleitung an den Abteilungsleiter und ihre weitere Behandlung betrifft allein den ausgeschiedenen Vorwurf der Verletzung der Arbeitszeit, der nicht Gegenstand der Beweisaufnahme war.
Herbert Groepper Thomsen