Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

In den Ver­fah­ren geht es um die Klä­rung von Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit durch Frei­zeit­aus­gleich aus­zu­glei­chen­der Mehr­ar­beit. Dies be­trifft die bei ei­ner Dienst­leis­tung im Aus­land er­brach­te Mehr­ar­beit, aber auch die bei der Dienst­leis­tung im In­land - u.a. bei der Ab­si­che­rung der sog. Cas­tor-Trans­por­te - an­ge­fal­le­ne Mehr­ar­beit.


Meh­re­re Klä­ger sind Bun­des­po­li­zis­ten und wa­ren für ei­ni­ge Mo­na­te an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und als Per­so­nen­schüt­zer bei den Deut­schen Bot­schaf­ten in Bag­dad und Ka­bul ein­ge­setzt. Sie be­geh­ren ins­be­son­de­re wei­te­ren Frei­zeit­aus­gleich für An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de. Ein an­de­rer Klä­ger ist Po­li­zei­be­am­ter des Lan­des Ber­lin und be­gehrt wei­te­ren Frei­zeit­aus­gleich für po­li­zei­li­che Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­ze in an­de­ren Bun­des­län­dern.


Nach den vor­in­stanz­lich teil­wei­se er­folg­rei­chen Kla­gen sind Re­vi­sio­nen so­wohl der Klä­ger als auch der Be­klag­ten we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung zu­ge­las­sen wor­den. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt wird ins­be­son­de­re dar­über zu ent­schei­den ha­ben, ob Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst im Ver­hält­nis „1 zu 1“ durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen ist.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 96/2016 vom 17.11.2016

Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst ist im Ver­hält­nis „1 zu 1“ durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen

Die Mehr­ar­beit ei­nes Be­am­ten in Form von Be­reit­schafts­dienst ist im Ver­hält­nis „1 zu 1“ durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen. Hin­ge­gen be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für ei­ne rei­ne Ruf­be­reit­schaft oder blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten oh­ne dienst­li­che In­an­spruch­nah­me in die­ser Zeit. Bei Frei­zeit­aus­gleich für im Aus­land ge­leis­te­ten Dienst be­steht au­ßer­dem kein An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung, wenn der Frei­zeit­aus­gleich im In­land ge­nom­men wird. Das hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Ein Teil der Klä­ger sind Bun­des­po­li­zis­ten und war in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mehr­fach für je­weils ei­ni­ge Mo­na­te bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und in Bag­dad tä­tig. Dort nah­men sie Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr. Wäh­rend ih­res Diens­tes im Aus­land er­hiel­ten sie Aus­lands­be­sol­dung. Ein wei­te­rer Klä­ger ist Po­li­zei­be­am­ter des Lan­des Ber­lin und wur­de mehr­fach für meh­re­re Ta­ge bei po­li­zei­li­chen Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­zen in an­de­ren Bun­des­län­dern ein­ge­setzt.


Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Be­klag­ten ver­ur­teilt, den Klä­gern für Zei­ten des Be­reit­schafts­diens­tes Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis „1 zu 1“ zu ge­wäh­ren. Hin­ge­gen ha­ben sie die Kla­gen ab­ge­wie­sen, so­weit die Klä­ger (vol­len) Frei­zeit­aus­gleich auch für Zei­ten der Ruf­be­reit­schaft und für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten oh­ne dienst­li­che In­an­spruch­nah­me in die­ser Zeit be­gehrt ha­ben. Au­ßer­dem ha­ben sie die Kla­gen der Bun­des­po­li­zis­ten ab­ge­wie­sen, so­weit die­se Aus­lands­be­sol­dung für die Zeit der In­an­spruch­nah­me von Frei­zeit­aus­gleich im In­land be­an­sprucht ha­ben.


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat so­wohl die Re­vi­sio­nen der Klä­ger als auch die der Be­klag­ten zu­rück­ge­wie­sen. Es hat zur Be­grün­dung ins­be­son­de­re aus­ge­führt: Der Wort­laut der ma­ß­geb­li­chen Nor­men (§ 88 Satz 2 BBG, § 53 Ab­satz 2 LBG Ber­lin: „ent­spre­chen­de“ Dienst­be­frei­ung) legt ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach Mehr­ar­beit in Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst oder qua­li­ta­tiv nach der In­ten­si­tät der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit nicht na­he. Vor al­lem aber dient der Frei­zeit­aus­gleich nicht nur da­zu, ei­ne Re­ge­ne­ra­ti­on des Be­am­ten zu er­mög­li­chen, son­dern hat in ers­ter Li­nie den Zweck, die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis zu ge­währ­leis­ten. Dies er­for­dert ei­nen vol­len Aus­gleich.


Hin­ge­gen sind Zei­ten rei­ner Ruf­be­reit­schaft oder blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten oh­ne dienst­li­che In­an­spruch­nah­me kei­ne als Mehr­ar­beit aus­gleichs­pflich­ti­gen Dienst­zei­ten. Eben­so­we­nig gibt es ei­ne Rechts­grund­la­ge für das Be­geh­ren auf Fort­zah­lung der Aus­lands­be­sol­dung, wenn der Frei­zeit­aus­gleich für Aus­lands­diens­te im In­land ge­nom­men wird. Aus­lands­be­sol­dung be­zweckt ei­nen Aus­gleich für Er­schwer­nis­se des Diens­tes im Aus­land, setzt al­so ei­nen Auf­ent­halt im Aus­land vor­aus.


BVer­wG 2 C 21.15 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 1 A 419/14 - Ur­teil vom 24. Au­gust 2015 -

VG Köln, 15 K 3/13 - Ur­teil vom 16. Ja­nu­ar 2014 -

BVer­wG 2 C 22.15 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 1 A 2545/13 - Ur­teil vom 24. Au­gust 2015 -

VG Köln, 15 K 7111/12 - Ur­teil vom 26. Sep­tem­ber 2013 -

BVer­wG 2 C 23.15 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 1 A 421/14 - Ur­teil vom 24. Au­gust 2015 -

VG Köln, 15 K 6/13 - Ur­teil vom 16. Ja­nu­ar 2014 -

BVer­wG 2 C 24.15 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 1 A 418/14 - Ur­teil vom 24. Au­gust 2015 -

VG Köln, 15 K 3583/12 - Ur­teil vom 16. Ja­nu­ar 2014 -

BVer­wG 2 C 3.16 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stanz:

VG Ber­lin, 26 K 58.14 - Ur­teil vom 02. De­zem­ber 2015 -

BVer­wG 2 C 28.15 - Ur­teil vom 17. No­vem­ber 2016

Vor­in­stan­zen:

VGH Mann­heim, 4 S 169/12 - Ur­teil vom 17. Ju­ni 2014 -

VG Stutt­gart, 3 K 1353/13 - Ur­teil vom 05. De­zem­ber 2012 -


Be­schluss vom 10.12.2015 -
BVer­wG 2 B 68.14ECLI:DE:BVer­wG:2015:101215B2B68.14.0

Be­schluss

BVer­wG 2 B 68.14

  • VG Stutt­gart - 05.12.2012 - AZ: VG 3 K 1353/13
  • VGH Mann­heim - 17.06.2014 - AZ: VGH 4 S 169/12

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 10. De­zem­ber 2015
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den und Dol­lin­ger
be­schlos­sen:

  1. Die Ent­schei­dung über die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 17. Ju­ni 2014 wird auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.
  4. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren vor­läu­fig auf 50 424,26 € fest­ge­setzt.

Grün­de

1 Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen. Sie kann dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Ge­le­gen­heit zur Klä­rung der Fra­ge ge­ben, in wel­chem zeit­li­chen Um­fang recht­mä­ßi­ge Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen ist. Zu die­ser Fra­ge sind beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt zwi­schen­zeit­lich - nach Zu­las­sung der Re­vi­si­on durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter - von der Be­klag­ten des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens ein­ge­leg­te wei­te­re Re­vi­sio­nen an­hän­gig ge­wor­den (Ver­fah­ren BVer­wG 2 C 21.15 bis 2 C 24.15 ).

2 Die vor­läu­fi­ge Streit­wert­fest­set­zung für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­ruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und ent­spricht der Streit­wert­fest­set­zung des Be­ru­fungs­ge­richts.

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 2 C 28.15 fort­ge­setzt. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl I S. 3091) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO ver­tre­ten las­sen.

Be­schluss vom 20.09.2016 -
BVer­wG 2 B 112.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:200916B2B112.15.0

Be­schluss

BVer­wG 2 B 112.15

  • VG Köln - 16.01.2014 - AZ: VG 15 K 6/13
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 421/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 20. Sep­tem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den und
Dr. Kennt­ner
be­schlos­sen:

  1. Die Ent­schei­dung über die teil­wei­se Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wird auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.

Grün­de

1 Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen. Sie kann dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Ge­le­gen­heit zur Klä­rung von Fra­gen ge­ben, die sich im Zu­sam­men­hang mit durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen­der Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst stel­len. Dies be­trifft ins­be­son­de­re die bei ei­ner Dienst­leis­tung im Aus­land er­brach­te Mehr­ar­beit. Zu die­sen Fra­gen sind beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt wei­te­re Re­vi­sio­nen an­hän­gig (Ver­fah­ren BVer­wG 2 C 21.15 bis 2 C 24.15 , 2 C 28.15 und 2 C 3.16 ).

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 2 C 23.15 fort­ge­setzt, un­ter dem be­reits die Re­vi­si­on der Be­klag­ten an­hän­gig ist. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt und beim Bun­des­fi­nanz­hof vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl. I S. 3091, zu­letzt ge­än­dert durch die Ver­ord­nung vom 10. De­zem­ber 2015, BGBl. I S. 2207) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RD­GEG ver­tre­ten las­sen.

Be­schluss vom 20.09.2016 -
BVer­wG 2 B 115.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:200916B2B115.15.0

Be­schluss

BVer­wG 2 B 115.15

  • VG Köln - 26.09.2013 - AZ: VG 15 K 7111/12
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 2545/13

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 20. Sep­tem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den und
Dr. Kennt­ner
be­schlos­sen:

  1. Die Ent­schei­dung über die teil­wei­se Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wird auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.

Grün­de

1 Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen. Sie kann dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Ge­le­gen­heit zur Klä­rung von Fra­gen ge­ben, die sich im Zu­sam­men­hang mit durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen­der Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst stel­len. Dies be­trifft ins­be­son­de­re die bei ei­ner Dienst­leis­tung im Aus­land er­brach­te Mehr­ar­beit. Zu die­sen Fra­gen sind beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt wei­te­re Re­vi­sio­nen an­hän­gig (Ver­fah­ren BVer­wG 2 C 21.15 bis 2 C 24.15 , 2 C 28.15 und 2 C 3.16 ).

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 2 C 22.15 fort­ge­setzt, un­ter dem be­reits die Re­vi­si­on der Be­klag­ten an­hän­gig ist. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt und beim Bun­des­fi­nanz­hof vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl. I S. 3091, zu­letzt ge­än­dert durch die Ver­ord­nung vom 10. De­zem­ber 2015, BGBl. I S. 2207) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RD­GEG ver­tre­ten las­sen.

Be­schluss vom 20.09.2016 -
BVer­wG 2 B 116.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:200916B2B116.15.0

Be­schluss

BVer­wG 2 B 116.15

  • VG Köln - 16.01.2014 - AZ: VG 15 K 3583/12
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 418/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 20. Sep­tem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den und
Dr. Kennt­ner
be­schlos­sen:

  1. Die Ent­schei­dung über die teil­wei­se Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wird auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.

Grün­de

1 Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen. Sie kann dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Ge­le­gen­heit zur Klä­rung von Fra­gen ge­ben, die sich im Zu­sam­men­hang mit durch Frei­zeit aus­zu­glei­chen­der Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst stel­len. Dies be­trifft ins­be­son­de­re die bei ei­ner Dienst­leis­tung im Aus­land er­brach­te Mehr­ar­beit. Zu die­sen Fra­gen sind beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt wei­te­re Re­vi­sio­nen an­hän­gig (Ver­fah­ren BVer­wG 2 C 21.15 bis 2 C 24.15 , 2 C 28.15 und 2 C 3.16 ).

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 2 C 24.15 fort­ge­setzt, un­ter dem be­reits die Re­vi­si­on der Be­klag­ten an­hän­gig ist. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt und beim Bun­des­fi­nanz­hof vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl. I S. 3091, zu­letzt ge­än­dert durch die Ver­ord­nung vom 10. De­zem­ber 2015, BGBl. I S. 2207) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RD­GEG ver­tre­ten las­sen.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 21.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C21.15.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 21.15

  • VG Köln - 16.01.2014 - AZ: VG 15 K 3/13
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 419/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Be­klag­te trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter bei der Bun­des­po­li­zei. Er war in den Jah­ren 2010 und 2011 für je­weils ca. drei Mo­na­te bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad tä­tig und hat dort Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr­ge­nom­men. In die­ser Zeit war er je­weils an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und er­hielt zu­sätz­lich zu sei­nen re­gel­mä­ßi­gen Be­zü­gen Aus­lands­be­sol­dung.

3 Im Rah­men des Diens­tes bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und in Bag­dad - bei dem aus Si­cher­heits­grün­den das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen ver­las­sen wer­den durf­te - fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Die Be­klag­te hat Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst da­bei zeit­lich nur hälf­tig in An­satz ge­bracht; bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad als Ruf­be­reit­schafts­dienst ge­wer­te­te Zei­ten hat sie zu ei­nem Ach­tel als Mehr­ar­beit be­rück­sich­tigt.

4 Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dem Klä­ger pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt, weil die streit­ge­gen­ständ­li­chen Zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und nicht nur als Ruf­be­reit­schafts­dienst ein­zu­ord­nen sei­en. In den über den Dienst der Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten ge­führ­ten Stun­den­lis­ten sei­en mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 100 %" Voll­dienst-Zei­ten ge­kenn­zeich­net, mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 50 %" da­ge­gen die Be­reit­schafts­dienst-Zei­ten. Die­se Be­reit­schafts­stun­den sei­en als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit dem Wort­laut der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen könn­ten wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als nach na­tio­na­lem Recht oder nach Uni­ons­recht aus­gleichs­pflich­ti­ge Ar­beits­zei­ten an­ge­se­hen wer­den. Sie sei­en au­ßer­dem nicht als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den. Des Wei­te­ren hät­ten die Be­am­ten - wie der Klä­ger - auch nie die Rechts­wid­rig­keit die­ser Zei­ten vor­ge­tra­gen und Aus­gleichs­an­sprü­che auch erst nach Be­en­di­gung die­ser Zei­ten gel­tend ge­macht. Schlie­ß­lich kön­ne für die Zeit des Frei­zeit­aus­gleichs we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung noch die Zah­lung von Aus­lands­be­sol­dung ver­langt wer­den. Aus­lands­dienst­be­zü­ge setz­ten ei­nen dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz im Aus­land vor­aus.

5 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, dass der Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst ge­rin­ger aus­fal­len dür­fe als bei Voll­dienst.

6 Die Be­klag­te be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 16. Ja­nu­ar 2014 auf­zu­he­ben, so­weit die Be­klag­te ver­pflich­tet wur­de, dem Klä­ger wei­te­re Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) für die streit­be­fan­ge­nen Ab­ord­nungs­zeit­räu­me in Hö­he des von den Vor­in­stan­zen zu­ge­spro­che­nen Um­fangs zu ge­wäh­ren.

7 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zu­rück­zu­wei­sen.

II

8 Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes ist ge­mäß § 88 Satz 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) in der in­so­weit un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 5. Fe­bru­ar 2009 (BGBl. I S. 160) vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren.

9 1. Nach § 88 Satz 2 BBG ist Be­am­tin­nen und Be­am­ten, die durch ei­ne dienst­lich an­ge­ord­ne­te oder ge­neh­mig­te Mehr­ar­beit mehr als fünf Stun­den im Mo­nat über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus be­an­sprucht wer­den, in­ner­halb ei­nes Jah­res für die Mehr­ar­beit, die sie über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus leis­ten, ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren. Vor­aus­set­zung für den Frei­zeit­aus­gleich ist da­mit, dass Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den ist; es kommt nicht dar­auf an, ob sie auch an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wer­den durf­te (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).

10 Mehr­ar­beit im Sin­ne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der ei­ner Ar­beits­zeit­re­ge­lung un­ter­lie­gen­de Be­am­te auf­grund dienst­li­cher An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung zur Wahr­neh­mung der Ob­lie­gen­hei­ten des Haupt­amts oder, so­weit ihm ein Amt nicht ver­lie­hen ist, zur Er­fül­lung der ei­nem Haupt­amt ent­spre­chen­den Auf­ga­ben über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus - d.h. nicht im Rah­men des nor­ma­len Ar­beits­um­fangs - ver­rich­tet (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <68> = ju­ris Rn. 14 f.).

11 Die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit un­ter­liegt kei­nem Schrift­form­er­for­der­nis, sie muss sich aber auf kon­kre­te und zeit­lich ab­ge­grenz­te Mehr­ar­beits­tat­be­stän­de be­zie­hen; nicht er­for­der­lich ist, dass im Zeit­punkt der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung die An­zahl der zu leis­ten­den oder be­reits ge­leis­te­ten Mehr­ar­beits­stun­den be­kannt ist. Der Dienst­herr ent­schei­det über die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit nach Er­mes­sen. Da­bei hat er ins­be­son­de­re zu prü­fen, ob nach dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über­haupt Mehr­ar­beit er­for­der­lich ist und wel­chem Be­am­ten sie über­tra­gen wer­den soll (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buch­holz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = ju­ris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = ju­ris Rn. 14 und vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <69> = ju­ris Rn. 18).

12 Be­reit­schafts­dienst ist nach § 88 Satz 2 BBG ab­gel­tungs­fä­hi­ger Dienst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41). Be­reit­schafts­dienst liegt vor, wenn der Be­am­te sich an ei­nem vom Dienst­herrn be­stimm­ten Ort au­ßer­halb des Pri­vat­be­reichs zu ei­nem je­der­zei­ti­gen un­ver­züg­li­chen Ein­satz be­reit­zu­hal­ten hat und er­fah­rungs­ge­mäß mit ei­ner dienst­li­chen In­an­spruch­nah­me zu rech­nen ist (BVer­wG, Ur­teil vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 2 C 90.07 - Buch­holz 240.1 BBe­sO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Le­gal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Nr. 12 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - vom 23. Fe­bru­ar 2006 <BGBl. I S. 427>).

13 2. "Ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" in § 88 Satz 2 BBG hei­ßt bei Be­reit­schafts­dienst - eben­so wie bei Voll­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis "1 zu 1". Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung nach Wort­laut, Sinn und Zweck so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te.

14 Der Wort­laut der Norm schlie­ßt es zwar nicht aus, zur Be­stim­mung des Um­fangs des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs auf das Maß und die In­ten­si­tät der In­an­spruch­nah­me wäh­rend der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit ab­zu­stel­len, legt aber we­gen des Feh­lens der Be­nen­nung die­ses Kri­te­ri­ums gleich­wohl na­he, dass al­lein an den zeit­li­chen Um­fang der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit an­ge­knüpft und da­mit oh­ne Un­ter­schei­dung nach der Art des Diens­tes - Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wird.

15 Ent­schei­dend für die Aus­le­gung, dass auch bei Be­reit­schafts­dienst ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich be­steht, spre­chen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach be­son­de­rer dienst­li­cher Be­an­spru­chung dient der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch nicht in ers­ter Li­nie der Re­ge­ne­ra­ti­on des durch Mehr­ar­beit über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßig her­an­ge­zo­ge­nen Be­am­ten. Dienst­be­frei­ung für Mehr­ar­beit soll viel­mehr die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit - je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis - ge­währ­leis­ten. Dem Be­am­ten soll in un­ge­schmä­ler­tem Um­fang Frei­zeit zur Ver­wen­dung nach sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen und In­ter­es­sen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 10. De­zem­ber 1970 - 2 C 45.68 - BVer­w­GE 37, 21 <24 f.> = ju­ris Rn. 31 und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der ge­setz­li­chen Ar­beits­zeit­re­ge­lung er­ge­ben­de Frei­zeit hat der Be­am­te auch dann ei­nen An­spruch, wenn er sie nicht zur Wie­der­her­stel­lung sei­ner Kräf­te be­nö­tigt.

16 Be­stä­tigt wird die­ses Er­geb­nis durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm. Der Be­griff der "ent­spre­chen­den" Dienst­be­frei­ung wur­de 1965 in den da­mals den Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch re­geln­den § 72 Abs. 2 BBG ein­ge­fügt. Zu­rück ging die­se For­mu­lie­rung auf ei­nen Vor­schlag aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges, wo­nach dem Mehr­ar­beit leis­ten­den Be­am­ten "dem Um­fang der Mehr­leis­tun­gen ent­spre­chend" Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren sein soll­te (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Be­ab­sich­tigt war ei­ne "kla­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ... des Um­fan­ges der als Äqui­va­lent für die ge­gen­über der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit er­höh­ten Dienst­leis­tun­gen zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung". Oh­ne dass da­mit ei­ne In­halts­än­de­rung be­ab­sich­tigt war, er­hielt der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch in § 72 Abs. 2 BBG so­dann die auch heu­te in § 88 Satz 2 BBG ent­hal­te­ne Fas­sung, wo­nach "ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" ge­währt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Ent­spre­chend" meint da­mit dem (zeit­li­chen) Um­fang - nicht: der In­ten­si­tät der Mehr­leis­tung - ent­spre­chend.

17 3. Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) ist Be­reit­schafts­dienst hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der wö­chent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit oh­ne Ein­schrän­kung wie Voll­dienst zu be­han­deln (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000 - C-303/98 [ECLI:​ EU:​C:​2000:​528], Si­map - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. Sep­tem­ber 2003 - C-151/02 [ECLI:​EU:​C:​2003:​437], Jae­ger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. De­zem­ber 2005 - C-14/04 [ECLI:​EU:​C:​2005:​728], Del­las - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​23], Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Ar­beits­zeitricht­li­nie - de­fi­niert den Be­griff der Ar­beits­zeit, der au­to­nom, d.h. un­ab­hän­gig von na­tio­nal­staat­li­chen Er­wä­gun­gen und Be­son­der­hei­ten aus­zu­le­gen ist, weil nur so die ein­heit­li­che An­wen­dung in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den kann (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die An­wen­dung die­ses Ar­beits­zeit­be­griffs ist zwar auf den Re­ge­lungs­be­reich der Richt­li­nie be­schränkt und er­streckt sich des­halb nicht auf Fra­gen der Ver­gü­tung (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2010 - C-429/09 [ECLI:​EU:​C:​2010:​717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit steht aber der Um­fang der zu leis­ten­den Ar­beits­zeit selbst in Re­de. Wür­de Be­reit­schafts­dienst nicht in vol­lem Um­fang aus­ge­gli­chen, müss­ten die be­trof­fe­nen Be­am­ten ggf. mehr als die in der Ar­beits­zeitricht­li­nie fest­ge­leg­ten 48 Wo­chen­stun­den ar­bei­ten.

18 4. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 Vw­GO.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 22.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C22.15.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 22.15

  • VG Köln - 26.09.2013 - AZ: VG 15 K 7111/12
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 2545/13

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on des Klä­gers und die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wer­den zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter bei der Bun­des­po­li­zei. Er war in den Jah­ren 2010, 2011 und 2012 für je­weils ca. drei Mo­na­te bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Bag­dad und in Ka­bul tä­tig und hat dort Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr­ge­nom­men. In die­ser Zeit war er je­weils an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und er­hielt zu­sätz­lich zu sei­nen re­gel­mä­ßi­gen Be­zü­gen Aus­lands­be­sol­dung.

3 Im Rah­men des Diens­tes bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und in Bag­dad - bei dem aus Si­cher­heits­grün­den das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen ver­las­sen wer­den durf­te - fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Die Be­klag­te hat Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst da­bei zeit­lich nur hälf­tig in An­satz ge­bracht; bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad als Ruf­be­reit­schafts­dienst ge­wer­te­te Zei­ten hat sie zu ei­nem Ach­tel als Mehr­ar­beit be­rück­sich­tigt.

4 Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dem Klä­ger pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt, weil die streit­ge­gen­ständ­li­chen Zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und nicht nur als Ruf­be­reit­schafts­dienst ein­zu­ord­nen sei­en. In den über den Dienst der Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten ge­führ­ten Stun­den­lis­ten sei­en mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 100 %" Voll­dienst-Zei­ten ge­kenn­zeich­net, mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 50 %" da­ge­gen die Be­reit­schafts­dienst-Zei­ten. Die­se Be­reit­schafts­stun­den sei­en als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit dem Wort­laut der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen könn­ten wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als nach na­tio­na­lem Recht oder nach Uni­ons­recht aus­gleichs­pflich­ti­ge Ar­beits­zei­ten an­ge­se­hen wer­den. Sie sei­en au­ßer­dem nicht als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den. Des Wei­te­ren hät­ten die Be­am­ten - wie der Klä­ger - auch nie die Rechts­wid­rig­keit die­ser Zei­ten vor­ge­tra­gen und Aus­gleichs­an­sprü­che auch erst nach Be­en­di­gung die­ser Zei­ten gel­tend ge­macht. Schlie­ß­lich kön­ne für die Zeit des Frei­zeit­aus­gleichs we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung noch die Zah­lung von Aus­lands­be­sol­dung ver­langt wer­den. Aus­lands­dienst­be­zü­ge setz­ten ei­nen dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz im Aus­land vor­aus.

5 Der Klä­ger ver­folgt mit der Re­vi­si­on sein Be­geh­ren ge­gen­über der Be­klag­ten wei­ter, auch Ruf­be­reit­schafts­zei­ten und blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und da­mit als Mehr­ar­beit an­zu­er­ken­nen und des­halb für mehr Zei­ten als bis­lang ei­nen Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren, die Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt im Aus­gleichs­zeit­raum zu ver­län­gern und Aus­lands­be­sol­dung im Aus­gleichs­zeit­raum wei­ter­zu­zah­len.

6 Der Klä­ger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 26. Sep­tem­ber 2013 auf­zu­he­ben, so­weit die Kla­ge ab­ge­wie­sen und die Be­ru­fung des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen wor­den ist, und nach sei­nen Schluss­an­trä­gen in der 1. In­stanz zu er­ken­nen.

7 Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­zu­wei­sen
und das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 26. Sep­tem­ber 2013 auf­zu­he­ben, so­weit die Be­klag­te ver­pflich­tet wur­de, dem Klä­ger wei­te­re Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) für die streit­be­fan­ge­nen Ab­ord­nungs­zeit­räu­me in Hö­he des von den Vor­in­stan­zen zu­ge­spro­che­nen Um­fangs zu ge­wäh­ren.

8 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, dass der Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst ge­rin­ger aus­fal­len dür­fe als bei Voll­dienst.

9 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zu­rück­zu­wei­sen.

II

10 Die Re­vi­sio­nen des Klä­gers und der Be­klag­ten sind un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det, weil bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren ist (1.). Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det (2.), weil für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich be­steht (a) und bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land we­der ein An­spruch auf Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft be­steht (b) noch Aus­lands­be­zü­ge zu ge­wäh­ren sind (c).

11 1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes ist ge­mäß § 88 Satz 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) in der in­so­weit un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 5. Fe­bru­ar 2009 (BGBl. I S. 160) vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren.

12 a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Be­am­tin­nen und Be­am­ten, die durch ei­ne dienst­lich an­ge­ord­ne­te oder ge­neh­mig­te Mehr­ar­beit mehr als fünf Stun­den im Mo­nat über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus be­an­sprucht wer­den, in­ner­halb ei­nes Jah­res für die Mehr­ar­beit, die sie über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus leis­ten, ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren. Vor­aus­set­zung für den Frei­zeit­aus­gleich ist da­mit, dass Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den ist; es kommt nicht dar­auf an, ob sie auch an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wer­den durf­te (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).

13 Mehr­ar­beit im Sin­ne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der ei­ner Ar­beits­zeit­re­ge­lung un­ter­lie­gen­de Be­am­te auf­grund dienst­li­cher An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung zur Wahr­neh­mung der Ob­lie­gen­hei­ten des Haupt­amts oder, so­weit ihm ein Amt nicht ver­lie­hen ist, zur Er­fül­lung der ei­nem Haupt­amt ent­spre­chen­den Auf­ga­ben über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus - d.h. nicht im Rah­men des nor­ma­len Ar­beits­um­fangs - ver­rich­tet (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <68> = ju­ris Rn. 14 f.).

14 Die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit un­ter­liegt kei­nem Schrift­form­er­for­der­nis, sie muss sich aber auf kon­kre­te und zeit­lich ab­ge­grenz­te Mehr­ar­beits­tat­be­stän­de be­zie­hen; nicht er­for­der­lich ist, dass im Zeit­punkt der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung die An­zahl der zu leis­ten­den oder be­reits ge­leis­te­ten Mehr­ar­beits­stun­den be­kannt ist. Der Dienst­herr ent­schei­det über die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit nach Er­mes­sen. Da­bei hat er ins­be­son­de­re zu prü­fen, ob nach dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über­haupt Mehr­ar­beit er­for­der­lich ist und wel­chem Be­am­ten sie über­tra­gen wer­den soll (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buch­holz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = ju­ris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = ju­ris Rn. 14 und vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <69> = ju­ris Rn. 18).

15 Be­reit­schafts­dienst ist nach § 88 Satz 2 BBG ab­gel­tungs­fä­hi­ger Dienst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41). Be­reit­schafts­dienst liegt vor, wenn der Be­am­te sich an ei­nem vom Dienst­herrn be­stimm­ten Ort au­ßer­halb des Pri­vat­be­reichs zu ei­nem je­der­zei­ti­gen un­ver­züg­li­chen Ein­satz be­reit­zu­hal­ten hat und er­fah­rungs­ge­mäß mit ei­ner dienst­li­chen In­an­spruch­nah­me zu rech­nen ist (BVer­wG, Ur­teil vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 2 C 90.07 - Buch­holz 240.1 BBe­sO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Le­gal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Nr. 12 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - vom 23. Fe­bru­ar 2006 <BGBl. I S. 427>).

16 b) "Ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" in § 88 Satz 2 BBG hei­ßt bei Be­reit­schafts­dienst - eben­so wie bei Voll­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis "1 zu 1". Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung nach Wort­laut, Sinn und Zweck so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te.

17 Der Wort­laut der Norm schlie­ßt es zwar nicht aus, zur Be­stim­mung des Um­fangs des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs auf das Maß und die In­ten­si­tät der In­an­spruch­nah­me wäh­rend der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit ab­zu­stel­len, legt aber we­gen des Feh­lens der Be­nen­nung die­ses Kri­te­ri­ums gleich­wohl na­he, dass al­lein an den zeit­li­chen Um­fang der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit an­ge­knüpft und da­mit oh­ne Un­ter­schei­dung nach der Art des Diens­tes - Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wird.

18 Ent­schei­dend für die Aus­le­gung, dass auch bei Be­reit­schafts­dienst ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich be­steht, spre­chen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach be­son­de­rer dienst­li­cher Be­an­spru­chung dient der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch nicht in ers­ter Li­nie der Re­ge­ne­ra­ti­on des durch Mehr­ar­beit über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßig her­an­ge­zo­ge­nen Be­am­ten. Dienst­be­frei­ung für Mehr­ar­beit soll viel­mehr die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit - je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis - ge­währ­leis­ten. Dem Be­am­ten soll in un­ge­schmä­ler­tem Um­fang Frei­zeit zur Ver­wen­dung nach sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen und In­ter­es­sen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 10. De­zem­ber 1970 - 2 C 45.68 - BVer­w­GE 37, 21 <24 f.> = ju­ris Rn. 31 und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der ge­setz­li­chen Ar­beits­zeit­re­ge­lung er­ge­ben­de Frei­zeit hat der Be­am­te auch dann ei­nen An­spruch, wenn er sie nicht zur Wie­der­her­stel­lung sei­ner Kräf­te be­nö­tigt.

19 Be­stä­tigt wird die­ses Er­geb­nis durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm. Der Be­griff der "ent­spre­chen­den" Dienst­be­frei­ung wur­de 1965 in den da­mals den Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch re­geln­den § 72 Abs. 2 BBG ein­ge­fügt. Zu­rück ging die­se For­mu­lie­rung auf ei­nen Vor­schlag aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges, wo­nach dem Mehr­ar­beit leis­ten­den Be­am­ten "dem Um­fang der Mehr­leis­tun­gen ent­spre­chend" Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren sein soll­te (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Be­ab­sich­tigt war ei­ne "kla­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ... des Um­fan­ges der als Äqui­va­lent für die ge­gen­über der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit er­höh­ten Dienst­leis­tun­gen zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung". Oh­ne dass da­mit ei­ne In­halts­än­de­rung be­ab­sich­tigt war, er­hielt der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch in § 72 Abs. 2 BBG so­dann die auch heu­te in § 88 Satz 2 BBG ent­hal­te­ne Fas­sung, wo­nach "ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" ge­währt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Ent­spre­chend" meint da­mit dem (zeit­li­chen) Um­fang - nicht: der In­ten­si­tät der Mehr­leis­tung - ent­spre­chend.

20 c) Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) ist Be­reit­schafts­dienst hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der wö­chent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit oh­ne Ein­schrän­kung wie Voll­dienst zu be­han­deln (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000 - C-303/98 [ECLI:​ EU:​C:​2000:​528], Si­map - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. Sep­tem­ber 2003 - C-151/02 [ECLI:​EU:​C:​2003:​437], Jae­ger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. De­zem­ber 2005 - C-14/04 [ECLI:​EU:​C:​2005:​728], Del­las - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​23], Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Ar­beits­zeitricht­li­nie - de­fi­niert den Be­griff der Ar­beits­zeit, der au­to­nom, d.h. un­ab­hän­gig von na­tio­nal­staat­li­chen Er­wä­gun­gen und Be­son­der­hei­ten aus­zu­le­gen ist, weil nur so die ein­heit­li­che An­wen­dung in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den kann (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die An­wen­dung die­ses Ar­beits­zeit­be­griffs ist zwar auf den Re­ge­lungs­be­reich der Richt­li­nie be­schränkt und er­streckt sich des­halb nicht auf Fra­gen der Ver­gü­tung (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2010 - C-429/09 [ECLI:​EU:​C:​2010:​717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit steht aber der Um­fang der zu leis­ten­den Ar­beits­zeit selbst in Re­de. Wür­de Be­reit­schafts­dienst nicht in vol­lem Um­fang aus­ge­gli­chen, müss­ten die be­trof­fe­nen Be­am­ten ggf. mehr als die in der Ar­beits­zeitricht­li­nie fest­ge­leg­ten 48 Wo­chen­stun­den ar­bei­ten.

21 2. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det. Für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich (a). Der Klä­ger kann bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land auch we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft (b) noch Aus­lands­be­zü­ge be­an­spru­chen (c).

22 a) So­weit der Klä­ger für wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Ge­län­de der deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad ei­nen An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich gel­tend macht, hat er hier­auf nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen An­spruch.

23 aa) Ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit kann sich un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nach § 88 Satz 2 BGB er­ge­ben, wenn es sich um Voll­dienst oder - wie un­ter 1. auch hin­sicht­lich des Um­fangs des Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruchs aus­ge­führt - um Be­reit­schafts­dienst han­delt. Hin­ge­gen kann Ruf­be­reit­schaft Frei­zeit­aus­gleichs­an­sprü­che nach § 88 Satz 2 BBG nicht be­grün­den. Denn Ruf­be­reit­schaft als Pflicht, sich au­ßer­halb des Ar­beits­plat­zes be­reit­zu­hal­ten, um bei Be­darf so­fort zu Dienst­leis­tun­gen ab­ge­ru­fen wer­den zu kön­nen (vgl. § 2 Nr. 11 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - in der un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 23. Fe­bru­ar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zei­ten, für die sie an­ge­ord­net ist, - an­ders als Be­reit­schafts­dienst - kei­ne Ar­beits­zeit (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41 und vom 12. De­zem­ber 1979 - 6 C 96.78 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = ju­ris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und da­mit auch kein taug­li­cher Ge­gen­stand von Mehr­ar­beit nach § 88 Satz 2 BBG.

24 Un­ge­ach­tet des­sen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Ruf­be­reit­schaft ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich ent­ste­hen: Hat die Be­am­tin oder der Be­am­te über die Ar­beits­zeit hin­aus mehr als zehn Stun­den im Ka­len­der­jahr Ruf­be­reit­schaft, wird in­ner­halb von zwölf Mo­na­ten ein Ach­tel der über zehn Stun­den hin­aus­ge­hen­den Zeit bei fest­ste­hen­der Ar­beits­zeit als Frei­zeit­aus­gleich ge­währt und bei glei­ten­der Ar­beits­zeit dem Gleit­zeit­kon­to gut­ge­schrie­ben, so­weit nicht zwin­gen­de dienst­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Dies stellt die Be­klag­te auch nicht in Ab­re­de.

25 Au­ßer­dem kann sich ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich aus dem auf den Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ge­stütz­ten be­am­ten­recht­li­chen Aus­gleichs­an­spruch er­ge­ben: Zieht der Dienst­herr Be­am­te über die re­gel­mä­ßi­ge Dienst­zeit hin­aus zum Dienst her­an, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen für die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit er­füllt sind, so ist die­se In­an­spruch­nah­me rechts­wid­rig und ha­ben die Be­am­ten ei­nen An­spruch dar­auf, dass sie un­ter­bleibt (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 26.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Die­ser Bil­lig­keits­an­spruch kommt in­des nur für rechts­wid­ri­ge Zu­viel­ar­beit in Be­tracht, die ab dem auf die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung fol­gen­den Mo­nat ge­leis­tet wur­de; die Gel­tend­ma­chung durch den Be­am­ten dient da­zu, ei­ne Prü­fung des Dienst­herrn mit dem Ziel her­bei­zu­füh­ren, die Be­lan­ge des Be­am­ten zu be­rück­sich­ti­gen, und die Dienst­plä­ne ent­spre­chend an­zu­pas­sen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 ff.).

26 Schlie­ß­lich kann sich im Ein­zel­fall ein Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch aus ei­nem uni­ons­recht­li­chen Haf­tungs­an­spruch er­ge­ben. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Eu­GH (erst­mals: Ur­teil vom 19. No­vem­ber 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:​EU:​C:​1991:​428], Fran­co­vich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mit­glied­staat für Schä­den haf­ten, die dem Ein­zel­nen durch ei­nen Ver­stoß ge­gen das Uni­ons­recht ent­stan­den sind, wenn die ver­letz­te Rechts­norm be­zweckt, dem Ein­zel­nen Rech­te zu ver­lei­hen, der Ver­stoß hin­rei­chend qua­li­fi­ziert ist und zwi­schen dem Ver­stoß ge­gen die dem Staat ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung und dem den ge­schä­dig­ten Per­so­nen ent­stan­de­nen Scha­den ein un­mit­tel­ba­rer Kau­sal­zu­sam­men­hang be­steht. Im Fal­le des Aus­gleichs­an­spruchs we­gen rechts­wid­ri­ger Zu­viel­ar­beit er­for­dert der Haf­tungs­an­spruch des Wei­te­ren, dass der Be­am­te ihn aus­drück­lich ge­gen­über sei­nem Dienst­herrn gel­tend macht (BVer­wG, Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 16.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).

27 bb) An­sprü­che die­ser Art hat das Be­ru­fungs­ge­richt für die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­we­sen­heits­zei­ten rechts­feh­ler­frei ver­neint.

28 Wei­te­re An­sprü­che aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht ge­ge­ben. Die ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts zu wei­te­ren als den von der Be­klag­ten be­reits als aus­gleichs­pflich­ti­ge Zei­ten des Be­reit­schafts­diens­tes und des Ruf­be­reit­schafts­diens­tes ge­wer­te­ten An­we­sen­heits­zei­ten der in den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad mit Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes be­trau­ten Bun­des­po­li­zis­ten las­sen ei­ne Ein­ord­nung als Be­reit­schafts­dienst oder als Ruf­be­reit­schafts­dienst nicht zu. Ins­be­son­de­re ist für die­se Zeit­räu­me kei­ne Pflicht der Bun­des­po­li­zis­ten fest­ge­stellt, sich für ei­nen Ein­satz an ei­nem be­stimm­ten Ort auf­zu­hal­ten oder auch nur für ei­nen sol­chen Ein­satz in Ruf­be­reit­schaft zu sein. Die An­ord­nung, das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen zu ver­las­sen, dien­te nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts der Si­cher­heit der Bun­des­po­li­zis­ten, ver­setz­te sie aber nicht in ei­nen Be­reit­schafts­dienst und be­zweck­te auch nicht, im Be­darfs­fall ei­ne als­bal­di­ge Dienst­auf­nah­me zu er­mög­li­chen.

29 Auch ein be­am­ten­recht­li­cher Aus­gleichs­an­spruch und ein uni­ons­recht­li­cher Haf­tungs­an­spruch be­stehen nicht. Zum ei­nen sind - wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat - die blo­ßen An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als aus­gleichs­fä­hi­ge Ar­beits­zeit zu qua­li­fi­zie­ren. Zum an­de­ren fehlt es je­den­falls auch an der er­for­der­li­chen recht­zei­ti­gen Gel­tend­ma­chung; hier wur­den An­sprü­che le­dig­lich im Nach­hin­ein, al­so nach Ab­lauf des frag­li­chen Zeit­raums, gel­tend ge­macht.

30 b) Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch dar­auf, dass we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land sei­ne Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft ver­län­gert wer­den.

31 Ein Be­am­ter hat kein Recht auf un­ver­än­der­te und un­ge­schmä­ler­te Aus­übung des ihm über­tra­ge­nen kon­kret-funk­tio­nel­len Am­tes. Er muss viel­mehr ei­ne Än­de­rung sei­nes dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­rei­ches nach Ma­ß­ga­be sei­nes Am­tes im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne hin­neh­men (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 27.03 - BVer­w­GE 122, 53 <56>, vom 22. Ju­ni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 C 8.07 - BVer­w­GE 132, 31 Rn. 16). Ei­ne Ab­ord­nung nach § 27 Abs. 1 BBG und die an­schlie­ßen­de Zu­wei­sung ei­nes kon­kre­ten Dienst­pos­tens ste­hen im Er­mes­sen des Dienst­herrn, dem in­so­weit sehr wei­te Gren­zen ge­setzt sind. Ein Be­am­ter kann ab­ge­ord­net wer­den, wenn hier­für ein dienst­li­ches Be­dürf­nis be­steht. Eben­so kann die Ab­ord­nung wie­der auf­ge­ho­ben wer­den, wenn die­ses dienst­li­che Be­dürf­nis weg­ge­fal­len ist. Ob dies der Fall ist, rich­tet sich nach der Ein­schät­zung des Dienst­herrn (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - ju­ris Rn. 4). Ein An­spruch des Be­am­ten auf ei­ne Ab­ord­nung - und hier zu­sätz­lich auf Zu­ord­nung ei­nes be­stimm­ten Dienst­pos­tens, wel­cher die Vor­aus­set­zung der Ge­wäh­rung von Aus­lands­dienst­be­zü­gen bil­den soll - kommt da­her grund­sätz­lich nicht in Be­tracht.

32 Aus­ge­hend da­von hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Ent­schei­dung der Be­klag­ten, für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land ei­ne er­neu­te Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung zur deut­schen Bot­schaft ab­zu­leh­nen, zu Recht als nicht er­mes­sens­feh­ler­haft an­ge­se­hen. Für das klä­ge­ri­sche Be­geh­ren ist ein dienst­li­ches Be­dürf­nis nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re ist die Wei­ter­füh­rung von Ab­ord­nung und - oh­ne­hin nur "fik­tiv" ge­woll­ter - Ver­wen­dung im Aus­land nicht zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ab­gel­tung des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs er­for­der­lich. Dass wäh­rend der Ver­wen­dung an der Bot­schaft Aus­lands­be­sol­dung ge­zahlt wor­den ist, für de­ren wei­te­ren Er­halt mit der be­gehr­ten Ab­ord­nung und (fik­ti­ven) Ver­wen­dung die recht­li­che Grund­la­ge ge­schaf­fen wer­den soll, ent­fal­tet kei­ne das Er­mes­sen der Be­klag­ten ein­schrän­ken­de Wir­kung.

33 c) Der Klä­ger hat schlie­ß­lich we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land kei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung.

34 An­knüp­fungs­punkt und we­sent­li­che Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung ist der aus­län­di­sche Dienst­ort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Ausl­Zu­schlV). Bei die­sem han­delt es sich um den dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz des Be­am­ten im Aus­land. Der Re­ge­lung liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass nur der Be­diens­te­te, der im Aus­land auch tat­säch­lich wohnt, den mit der Aus­lands­ver­wen­dung ty­pi­scher­wei­se ver­bun­de­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­las­tun­gen so­wie Er­schwer­nis­sen un­ter­liegt, die ei­ne be­son­de­re Ab­gel­tung durch Aus­lands­dienst­be­zü­ge recht­fer­ti­gen. Die­se Be­las­tun­gen sind in der Re­gel nur bei ei­ner stän­di­gen, auf ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­ten Tä­tig­keit und der da­mit ver­bun­de­nen Ver­la­ge­rung des Le­bens­mit­tel­punk­tes in das Aus­land ge­ge­ben.

35 Dem­entspre­chend wer­den Aus­lands­dienst­be­zü­ge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Ein­tref­fen am aus­län­di­schen Dienst­ort bis zum Tag vor der Ab­rei­se aus die­sem Ort ge­zahlt. Die­se un­mit­tel­bar nur Um­set­zung und Ver­set­zung be­tref­fen­de Vor­schrift gilt ent­spre­chend u.a. für ei­ne mehr als drei­mo­na­ti­ge Ab­ord­nung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch die­ser Re­ge­lung ist, dass Aus­lands­dienst­be­zü­ge dem Be­am­ten aus­schlie­ß­lich für den Zeit­raum ge­währt wer­den sol­len, in wel­chem die be­son­de­ren Be­din­gun­gen des je­wei­li­gen Aus­lands­dienstor­tes auch tat­säch­lich vor­la­gen.

36 Letzt­lich wird die Fort­zah­lung der Aus­lands­dienst­be­zü­ge für ei­nen Zeit­raum be­gehrt, in dem der Be­am­te sei­nen Wohn­sitz (vgl. § 7 BGB) wie­der im In­land be­grün­det hat­te und kein Dienst­ort im Aus­land mehr be­stand. Ein Dienst­ort im Aus­land ist aber Vor­aus­set­zung der Aus­lands­be­sol­dung.

37 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 Vw­GO. Der Klä­ger hat die Kos­ten des ge­sam­ten Ver­fah­rens zu tra­gen, weil der An­teil des Un­ter­lie­gens der Be­klag­ten nicht ins Ge­wicht fällt.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 23.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C23.15.0

Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst von Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten

Leit­sät­ze:

1. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes be­steht ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG im Ver­hält­nis "1 zu 1".

2. Für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten, in de­nen kei­ne Ver­pflich­tung be­steht, sich im Be­darfs­fall zur Dienst­leis­tung be­reit­zu­hal­ten, be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG.

3. Bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit be­steht für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land we­der ein An­spruch auf Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft noch auf Zah­lung der Aus­lands­be­sol­dung.

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Ur­teil

BVer­wG 2 C 23.15

  • VG Köln - 16.01.2014 - AZ: VG 15 K 6/13
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 421/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on des Klä­gers und die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wer­den zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter bei der Bun­des­po­li­zei. Er war in den Jah­ren 2010, 2011 und 2012 für je­weils ca. drei Mo­na­te bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Bag­dad und in Ka­bul tä­tig und hat dort Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr­ge­nom­men. In die­ser Zeit war er je­weils an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und er­hielt zu­sätz­lich zu sei­nen re­gel­mä­ßi­gen Be­zü­gen Aus­lands­be­sol­dung.

3 Im Rah­men des Diens­tes bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und in Bag­dad - bei dem aus Si­cher­heits­grün­den das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen ver­las­sen wer­den durf­te - fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Die Be­klag­te hat Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst da­bei zeit­lich nur hälf­tig in An­satz ge­bracht; bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad als Ruf­be­reit­schafts­dienst ge­wer­te­te Zei­ten hat sie zu ei­nem Ach­tel als Mehr­ar­beit be­rück­sich­tigt.

4 Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dem Klä­ger pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt, weil die streit­ge­gen­ständ­li­chen Zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und nicht nur als Ruf­be­reit­schafts­dienst ein­zu­ord­nen sei­en. In den über den Dienst der Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten ge­führ­ten Stun­den­lis­ten sei­en mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 100 %" Voll­dienst-Zei­ten ge­kenn­zeich­net, mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 50 %" da­ge­gen die Be­reit­schafts­dienst-Zei­ten. Die­se Be­reit­schafts­stun­den sei­en als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit dem Wort­laut der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen könn­ten wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als nach na­tio­na­lem Recht oder nach Uni­ons­recht aus­gleichs­pflich­ti­ge Ar­beits­zei­ten an­ge­se­hen wer­den. Sie sei­en au­ßer­dem nicht als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den. Des Wei­te­ren hät­ten die Be­am­ten - wie der Klä­ger - auch nie die Rechts­wid­rig­keit die­ser Zei­ten vor­ge­tra­gen und Aus­gleichs­an­sprü­che auch erst nach Be­en­di­gung die­ser Zei­ten gel­tend ge­macht. Schlie­ß­lich kön­ne für die Zeit des Frei­zeit­aus­gleichs we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung noch die Zah­lung von Aus­lands­be­sol­dung ver­langt wer­den. Aus­lands­dienst­be­zü­ge setz­ten ei­nen dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz im Aus­land vor­aus.

5 Der Klä­ger ver­folgt mit der Re­vi­si­on sein Be­geh­ren ge­gen­über der Be­klag­ten wei­ter, auch Ruf­be­reit­schafts­zei­ten und blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und da­mit als Mehr­ar­beit an­zu­er­ken­nen und des­halb für mehr Zei­ten als bis­lang ei­nen Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren, die Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt im Aus­gleichs­zeit­raum zu ver­län­gern und Aus­lands­be­sol­dung im Aus­gleichs­zeit­raum wei­ter­zu­zah­len.

6 Der Klä­ger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 16. Ja­nu­ar 2014 auf­zu­he­ben, so­weit die Kla­ge ab­ge­wie­sen und die Be­ru­fung des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen wor­den ist, und nach sei­nen Schluss­an­trä­gen in der 1. In­stanz zu er­ken­nen.

7 Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­zu­wei­sen
und das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 16. Ja­nu­ar 2014 auf­zu­he­ben, so­weit die Be­klag­te ver­pflich­tet wur­de, dem Klä­ger wei­te­re Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) für die streit­be­fan­ge­nen Ab­ord­nungs­zeit­räu­me in Hö­he des von den Vor­in­stan­zen zu­ge­spro­che­nen Um­fangs zu ge­wäh­ren.

8 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, dass der Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst ge­rin­ger aus­fal­len dür­fe als bei Voll­dienst.

9 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zu­rück­zu­wei­sen.

II

10 Die Re­vi­sio­nen des Klä­gers und der Be­klag­ten sind un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det, weil bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren ist (1.). Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det (2.), weil für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich be­steht (a) und bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land we­der ein An­spruch auf Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft be­steht (b) noch Aus­lands­be­zü­ge zu ge­wäh­ren sind (c).

11 1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes ist ge­mäß § 88 Satz 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) in der in­so­weit un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 5. Fe­bru­ar 2009 (BGBl. I S. 160) vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren.

12 a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Be­am­tin­nen und Be­am­ten, die durch ei­ne dienst­lich an­ge­ord­ne­te oder ge­neh­mig­te Mehr­ar­beit mehr als fünf Stun­den im Mo­nat über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus be­an­sprucht wer­den, in­ner­halb ei­nes Jah­res für die Mehr­ar­beit, die sie über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus leis­ten, ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren. Vor­aus­set­zung für den Frei­zeit­aus­gleich ist da­mit, dass Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den ist; es kommt nicht dar­auf an, ob sie auch an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wer­den durf­te (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).

13 Mehr­ar­beit im Sin­ne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der ei­ner Ar­beits­zeit­re­ge­lung un­ter­lie­gen­de Be­am­te auf­grund dienst­li­cher An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung zur Wahr­neh­mung der Ob­lie­gen­hei­ten des Haupt­amts oder, so­weit ihm ein Amt nicht ver­lie­hen ist, zur Er­fül­lung der ei­nem Haupt­amt ent­spre­chen­den Auf­ga­ben über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus - d.h. nicht im Rah­men des nor­ma­len Ar­beits­um­fangs - ver­rich­tet (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <68> = ju­ris Rn. 14 f.).

14 Die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit un­ter­liegt kei­nem Schrift­form­er­for­der­nis, sie muss sich aber auf kon­kre­te und zeit­lich ab­ge­grenz­te Mehr­ar­beits­tat­be­stän­de be­zie­hen; nicht er­for­der­lich ist, dass im Zeit­punkt der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung die An­zahl der zu leis­ten­den oder be­reits ge­leis­te­ten Mehr­ar­beits­stun­den be­kannt ist. Der Dienst­herr ent­schei­det über die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit nach Er­mes­sen. Da­bei hat er ins­be­son­de­re zu prü­fen, ob nach dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über­haupt Mehr­ar­beit er­for­der­lich ist und wel­chem Be­am­ten sie über­tra­gen wer­den soll (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buch­holz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = ju­ris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = ju­ris Rn. 14 und vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <69> = ju­ris Rn. 18).

15 Be­reit­schafts­dienst ist nach § 88 Satz 2 BBG ab­gel­tungs­fä­hi­ger Dienst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41). Be­reit­schafts­dienst liegt vor, wenn der Be­am­te sich an ei­nem vom Dienst­herrn be­stimm­ten Ort au­ßer­halb des Pri­vat­be­reichs zu ei­nem je­der­zei­ti­gen un­ver­züg­li­chen Ein­satz be­reit­zu­hal­ten hat und er­fah­rungs­ge­mäß mit ei­ner dienst­li­chen In­an­spruch­nah­me zu rech­nen ist (BVer­wG, Ur­teil vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 2 C 90.07 - Buch­holz 240.1 BBe­sO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Le­gal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Nr. 12 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - vom 23. Fe­bru­ar 2006 <BGBl. I S. 427>).

16 b) "Ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" in § 88 Satz 2 BBG hei­ßt bei Be­reit­schafts­dienst - eben­so wie bei Voll­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis "1 zu 1". Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung nach Wort­laut, Sinn und Zweck so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te.

17 Der Wort­laut der Norm schlie­ßt es zwar nicht aus, zur Be­stim­mung des Um­fangs des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs auf das Maß und die In­ten­si­tät der In­an­spruch­nah­me wäh­rend der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit ab­zu­stel­len, legt aber we­gen des Feh­lens der Be­nen­nung die­ses Kri­te­ri­ums gleich­wohl na­he, dass al­lein an den zeit­li­chen Um­fang der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit an­ge­knüpft und da­mit oh­ne Un­ter­schei­dung nach der Art des Diens­tes - Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wird.

18 Ent­schei­dend für die Aus­le­gung, dass auch bei Be­reit­schafts­dienst ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich be­steht, spre­chen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach be­son­de­rer dienst­li­cher Be­an­spru­chung dient der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch nicht in ers­ter Li­nie der Re­ge­ne­ra­ti­on des durch Mehr­ar­beit über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßig her­an­ge­zo­ge­nen Be­am­ten. Dienst­be­frei­ung für Mehr­ar­beit soll viel­mehr die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit - je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis - ge­währ­leis­ten. Dem Be­am­ten soll in un­ge­schmä­ler­tem Um­fang Frei­zeit zur Ver­wen­dung nach sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen und In­ter­es­sen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 10. De­zem­ber 1970 - 2 C 45.68 - BVer­w­GE 37, 21 <24 f.> = ju­ris Rn. 31 und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der ge­setz­li­chen Ar­beits­zeit­re­ge­lung er­ge­ben­de Frei­zeit hat der Be­am­te auch dann ei­nen An­spruch, wenn er sie nicht zur Wie­der­her­stel­lung sei­ner Kräf­te be­nö­tigt.

19 Be­stä­tigt wird die­ses Er­geb­nis durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm. Der Be­griff der "ent­spre­chen­den" Dienst­be­frei­ung wur­de 1965 in den da­mals den Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch re­geln­den § 72 Abs. 2 BBG ein­ge­fügt. Zu­rück ging die­se For­mu­lie­rung auf ei­nen Vor­schlag aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges, wo­nach dem Mehr­ar­beit leis­ten­den Be­am­ten "dem Um­fang der Mehr­leis­tun­gen ent­spre­chend" Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren sein soll­te (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Be­ab­sich­tigt war ei­ne "kla­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ... des Um­fan­ges der als Äqui­va­lent für die ge­gen­über der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit er­höh­ten Dienst­leis­tun­gen zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung". Oh­ne dass da­mit ei­ne In­halts­än­de­rung be­ab­sich­tigt war, er­hielt der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch in § 72 Abs. 2 BBG so­dann die auch heu­te in § 88 Satz 2 BBG ent­hal­te­ne Fas­sung, wo­nach "ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" ge­währt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Ent­spre­chend" meint da­mit dem (zeit­li­chen) Um­fang - nicht: der In­ten­si­tät der Mehr­leis­tung - ent­spre­chend.

20 c) Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) ist Be­reit­schafts­dienst hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der wö­chent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit oh­ne Ein­schrän­kung wie Voll­dienst zu be­han­deln (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000 - C-303/98 [ECLI:​ EU:​C:​2000:​528], Si­map - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. Sep­tem­ber 2003 - C-151/02 [ECLI:​EU:​C:​2003:​437], Jae­ger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. De­zem­ber 2005 - C-14/04 [ECLI:​EU:​C:​2005:​728], Del­las - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​23], Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Ar­beits­zeitricht­li­nie - de­fi­niert den Be­griff der Ar­beits­zeit, der au­to­nom, d.h. un­ab­hän­gig von na­tio­nal­staat­li­chen Er­wä­gun­gen und Be­son­der­hei­ten aus­zu­le­gen ist, weil nur so die ein­heit­li­che An­wen­dung in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den kann (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die An­wen­dung die­ses Ar­beits­zeit­be­griffs ist zwar auf den Re­ge­lungs­be­reich der Richt­li­nie be­schränkt und er­streckt sich des­halb nicht auf Fra­gen der Ver­gü­tung (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2010 - C-429/09 [ECLI:​EU:​C:​2010:​717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit steht aber der Um­fang der zu leis­ten­den Ar­beits­zeit selbst in Re­de. Wür­de Be­reit­schafts­dienst nicht in vol­lem Um­fang aus­ge­gli­chen, müss­ten die be­trof­fe­nen Be­am­ten ggf. mehr als die in der Ar­beits­zeitricht­li­nie fest­ge­leg­ten 48 Wo­chen­stun­den ar­bei­ten.

21 2. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det. Für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich (a). Der Klä­ger kann bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land auch we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft (b) noch Aus­lands­be­zü­ge be­an­spru­chen (c).

22 a) So­weit der Klä­ger für wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Ge­län­de der deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad ei­nen An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich gel­tend macht, hat er hier­auf nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen An­spruch.

23 aa) Ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit kann sich un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nach § 88 Satz 2 BGB er­ge­ben, wenn es sich um Voll­dienst oder - wie un­ter 1. auch hin­sicht­lich des Um­fangs des Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruchs aus­ge­führt - um Be­reit­schafts­dienst han­delt. Hin­ge­gen kann Ruf­be­reit­schaft Frei­zeit­aus­gleichs­an­sprü­che nach § 88 Satz 2 BBG nicht be­grün­den. Denn Ruf­be­reit­schaft als Pflicht, sich au­ßer­halb des Ar­beits­plat­zes be­reit­zu­hal­ten, um bei Be­darf so­fort zu Dienst­leis­tun­gen ab­ge­ru­fen wer­den zu kön­nen (vgl. § 2 Nr. 11 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - in der un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 23. Fe­bru­ar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zei­ten, für die sie an­ge­ord­net ist, - an­ders als Be­reit­schafts­dienst - kei­ne Ar­beits­zeit (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41 und vom 12. De­zem­ber 1979 - 6 C 96.78 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = ju­ris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und da­mit auch kein taug­li­cher Ge­gen­stand von Mehr­ar­beit nach § 88 Satz 2 BBG.

24 Un­ge­ach­tet des­sen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Ruf­be­reit­schaft ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich ent­ste­hen: Hat die Be­am­tin oder der Be­am­te über die Ar­beits­zeit hin­aus mehr als zehn Stun­den im Ka­len­der­jahr Ruf­be­reit­schaft, wird in­ner­halb von zwölf Mo­na­ten ein Ach­tel der über zehn Stun­den hin­aus­ge­hen­den Zeit bei fest­ste­hen­der Ar­beits­zeit als Frei­zeit­aus­gleich ge­währt und bei glei­ten­der Ar­beits­zeit dem Gleit­zeit­kon­to gut­ge­schrie­ben, so­weit nicht zwin­gen­de dienst­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Dies stellt die Be­klag­te auch nicht in Ab­re­de.

25 Au­ßer­dem kann sich ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich aus dem auf den Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ge­stütz­ten be­am­ten­recht­li­chen Aus­gleichs­an­spruch er­ge­ben: Zieht der Dienst­herr Be­am­te über die re­gel­mä­ßi­ge Dienst­zeit hin­aus zum Dienst her­an, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen für die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit er­füllt sind, so ist die­se In­an­spruch­nah­me rechts­wid­rig und ha­ben die Be­am­ten ei­nen An­spruch dar­auf, dass sie un­ter­bleibt (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 26.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Die­ser Bil­lig­keits­an­spruch kommt in­des nur für rechts­wid­ri­ge Zu­viel­ar­beit in Be­tracht, die ab dem auf die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung fol­gen­den Mo­nat ge­leis­tet wur­de; die Gel­tend­ma­chung durch den Be­am­ten dient da­zu, ei­ne Prü­fung des Dienst­herrn mit dem Ziel her­bei­zu­füh­ren, die Be­lan­ge des Be­am­ten zu be­rück­sich­ti­gen, und die Dienst­plä­ne ent­spre­chend an­zu­pas­sen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 ff.).

26 Schlie­ß­lich kann sich im Ein­zel­fall ein Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch aus ei­nem uni­ons­recht­li­chen Haf­tungs­an­spruch er­ge­ben. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Eu­GH (erst­mals: Ur­teil vom 19. No­vem­ber 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:​EU:​C:​1991:​428], Fran­co­vich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mit­glied­staat für Schä­den haf­ten, die dem Ein­zel­nen durch ei­nen Ver­stoß ge­gen das Uni­ons­recht ent­stan­den sind, wenn die ver­letz­te Rechts­norm be­zweckt, dem Ein­zel­nen Rech­te zu ver­lei­hen, der Ver­stoß hin­rei­chend qua­li­fi­ziert ist und zwi­schen dem Ver­stoß ge­gen die dem Staat ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung und dem den ge­schä­dig­ten Per­so­nen ent­stan­de­nen Scha­den ein un­mit­tel­ba­rer Kau­sal­zu­sam­men­hang be­steht. Im Fal­le des Aus­gleichs­an­spruchs we­gen rechts­wid­ri­ger Zu­viel­ar­beit er­for­dert der Haf­tungs­an­spruch des Wei­te­ren, dass der Be­am­te ihn aus­drück­lich ge­gen­über sei­nem Dienst­herrn gel­tend macht (BVer­wG, Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 16.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).

27 bb) An­sprü­che die­ser Art hat das Be­ru­fungs­ge­richt für die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­we­sen­heits­zei­ten rechts­feh­ler­frei ver­neint.

28 Wei­te­re An­sprü­che aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht ge­ge­ben. Die ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts zu wei­te­ren als den von der Be­klag­ten be­reits als aus­gleichs­pflich­ti­ge Zei­ten des Be­reit­schafts­diens­tes und des Ruf­be­reit­schafts­diens­tes ge­wer­te­ten An­we­sen­heits­zei­ten der in den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad mit Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes be­trau­ten Bun­des­po­li­zis­ten las­sen ei­ne Ein­ord­nung als Be­reit­schafts­dienst oder als Ruf­be­reit­schafts­dienst nicht zu. Ins­be­son­de­re ist für die­se Zeit­räu­me kei­ne Pflicht der Bun­des­po­li­zis­ten fest­ge­stellt, sich für ei­nen Ein­satz an ei­nem be­stimm­ten Ort auf­zu­hal­ten oder auch nur für ei­nen sol­chen Ein­satz in Ruf­be­reit­schaft zu sein. Die An­ord­nung, das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen zu ver­las­sen, dien­te nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts der Si­cher­heit der Bun­des­po­li­zis­ten, ver­setz­te sie aber nicht in ei­nen Be­reit­schafts­dienst und be­zweck­te auch nicht, im Be­darfs­fall ei­ne als­bal­di­ge Dienst­auf­nah­me zu er­mög­li­chen.

29 Auch ein be­am­ten­recht­li­cher Aus­gleichs­an­spruch und ein uni­ons­recht­li­cher Haf­tungs­an­spruch be­stehen nicht. Zum ei­nen sind - wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat - die blo­ßen An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als aus­gleichs­fä­hi­ge Ar­beits­zeit zu qua­li­fi­zie­ren. Zum an­de­ren fehlt es je­den­falls auch an der er­for­der­li­chen recht­zei­ti­gen Gel­tend­ma­chung; hier wur­den An­sprü­che le­dig­lich im Nach­hin­ein, al­so nach Ab­lauf des frag­li­chen Zeit­raums, gel­tend ge­macht.

30 b) Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch dar­auf, dass we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land sei­ne Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft ver­län­gert wer­den.

31 Ein Be­am­ter hat kein Recht auf un­ver­än­der­te und un­ge­schmä­ler­te Aus­übung des ihm über­tra­ge­nen kon­kret-funk­tio­nel­len Am­tes. Er muss viel­mehr ei­ne Än­de­rung sei­nes dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­rei­ches nach Ma­ß­ga­be sei­nes Am­tes im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne hin­neh­men (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 27.03 - BVer­w­GE 122, 53 <56>, vom 22. Ju­ni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 C 8.07 - BVer­w­GE 132, 31 Rn. 16). Ei­ne Ab­ord­nung nach § 27 Abs. 1 BBG und die an­schlie­ßen­de Zu­wei­sung ei­nes kon­kre­ten Dienst­pos­tens ste­hen im Er­mes­sen des Dienst­herrn, dem in­so­weit sehr wei­te Gren­zen ge­setzt sind. Ein Be­am­ter kann ab­ge­ord­net wer­den, wenn hier­für ein dienst­li­ches Be­dürf­nis be­steht. Eben­so kann die Ab­ord­nung wie­der auf­ge­ho­ben wer­den, wenn die­ses dienst­li­che Be­dürf­nis weg­ge­fal­len ist. Ob dies der Fall ist, rich­tet sich nach der Ein­schät­zung des Dienst­herrn (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - ju­ris Rn. 4). Ein An­spruch des Be­am­ten auf ei­ne Ab­ord­nung - und hier zu­sätz­lich auf Zu­ord­nung ei­nes be­stimm­ten Dienst­pos­tens, wel­cher die Vor­aus­set­zung der Ge­wäh­rung von Aus­lands­dienst­be­zü­gen bil­den soll - kommt da­her grund­sätz­lich nicht in Be­tracht.

32 Aus­ge­hend da­von hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Ent­schei­dung der Be­klag­ten, für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land ei­ne er­neu­te Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung zur deut­schen Bot­schaft ab­zu­leh­nen, zu Recht als nicht er­mes­sens­feh­ler­haft an­ge­se­hen. Für das klä­ge­ri­sche Be­geh­ren ist ein dienst­li­ches Be­dürf­nis nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re ist die Wei­ter­füh­rung von Ab­ord­nung und - oh­ne­hin nur "fik­tiv" ge­woll­ter - Ver­wen­dung im Aus­land nicht zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ab­gel­tung des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs er­for­der­lich. Dass wäh­rend der Ver­wen­dung an der Bot­schaft Aus­lands­be­sol­dung ge­zahlt wor­den ist, für de­ren wei­te­ren Er­halt mit der be­gehr­ten Ab­ord­nung und (fik­ti­ven) Ver­wen­dung die recht­li­che Grund­la­ge ge­schaf­fen wer­den soll, ent­fal­tet kei­ne das Er­mes­sen der Be­klag­ten ein­schrän­ken­de Wir­kung.

33 c) Der Klä­ger hat schlie­ß­lich we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land kei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung.

34 An­knüp­fungs­punkt und we­sent­li­che Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung ist der aus­län­di­sche Dienst­ort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Ausl­Zu­schlV). Bei die­sem han­delt es sich um den dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz des Be­am­ten im Aus­land. Der Re­ge­lung liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass nur der Be­diens­te­te, der im Aus­land auch tat­säch­lich wohnt, den mit der Aus­lands­ver­wen­dung ty­pi­scher­wei­se ver­bun­de­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­las­tun­gen so­wie Er­schwer­nis­sen un­ter­liegt, die ei­ne be­son­de­re Ab­gel­tung durch Aus­lands­dienst­be­zü­ge recht­fer­ti­gen. Die­se Be­las­tun­gen sind in der Re­gel nur bei ei­ner stän­di­gen, auf ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­ten Tä­tig­keit und der da­mit ver­bun­de­nen Ver­la­ge­rung des Le­bens­mit­tel­punk­tes in das Aus­land ge­ge­ben.

35 Dem­entspre­chend wer­den Aus­lands­dienst­be­zü­ge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Ein­tref­fen am aus­län­di­schen Dienst­ort bis zum Tag vor der Ab­rei­se aus die­sem Ort ge­zahlt. Die­se un­mit­tel­bar nur Um­set­zung und Ver­set­zung be­tref­fen­de Vor­schrift gilt ent­spre­chend u.a. für ei­ne mehr als drei­mo­na­ti­ge Ab­ord­nung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch die­ser Re­ge­lung ist, dass Aus­lands­dienst­be­zü­ge dem Be­am­ten aus­schlie­ß­lich für den Zeit­raum ge­währt wer­den sol­len, in wel­chem die be­son­de­ren Be­din­gun­gen des je­wei­li­gen Aus­lands­dienstor­tes auch tat­säch­lich vor­la­gen.

36 Letzt­lich wird die Fort­zah­lung der Aus­lands­dienst­be­zü­ge für ei­nen Zeit­raum be­gehrt, in dem der Be­am­te sei­nen Wohn­sitz (vgl. § 7 BGB) wie­der im In­land be­grün­det hat­te und kein Dienst­ort im Aus­land mehr be­stand. Ein Dienst­ort im Aus­land ist aber Vor­aus­set­zung der Aus­lands­be­sol­dung.

37 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 Vw­GO. Der Klä­ger hat die Kos­ten des ge­sam­ten Ver­fah­rens zu tra­gen, weil der An­teil des Un­ter­lie­gens der Be­klag­ten nicht ins Ge­wicht fällt.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 24.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C24.15.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 24.15

  • VG Köln - 16.01.2014 - AZ: VG 15 K 3583/12
  • OVG Müns­ter - 24.08.2015 - AZ: OVG 1 A 418/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on des Klä­gers und die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 wer­den zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter bei der Bun­des­po­li­zei. Er war in den Jah­ren 2010, 2011 und 2012 für je­weils ca. drei Mo­na­te bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Bag­dad und in Ka­bul tä­tig und hat dort Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr­ge­nom­men. In die­ser Zeit war er je­weils an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und er­hielt zu­sätz­lich zu sei­nen re­gel­mä­ßi­gen Be­zü­gen Aus­lands­be­sol­dung.

3 Im Rah­men des Diens­tes bei den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und in Bag­dad - bei dem aus Si­cher­heits­grün­den das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen ver­las­sen wer­den durf­te - fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Die Be­klag­te hat Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst da­bei zeit­lich nur hälf­tig in An­satz ge­bracht; bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad als Ruf­be­reit­schafts­dienst ge­wer­te­te Zei­ten hat sie zu ei­nem Ach­tel als Mehr­ar­beit be­rück­sich­tigt.

4 Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dem Klä­ger pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt, weil die streit­ge­gen­ständ­li­chen Zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und nicht nur als Ruf­be­reit­schafts­dienst ein­zu­ord­nen sei­en. In den über den Dienst der Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten ge­führ­ten Stun­den­lis­ten sei­en mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 100 %" Voll­dienst-Zei­ten ge­kenn­zeich­net, mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 50 %" da­ge­gen die Be­reit­schafts­dienst-Zei­ten. Die­se Be­reit­schafts­stun­den sei­en als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit dem Wort­laut der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen könn­ten wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als nach na­tio­na­lem Recht oder nach Uni­ons­recht aus­gleichs­pflich­ti­ge Ar­beits­zei­ten an­ge­se­hen wer­den. Sie sei­en au­ßer­dem nicht als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den. Des Wei­te­ren hät­ten die Be­am­ten - wie der Klä­ger - auch nie die Rechts­wid­rig­keit die­ser Zei­ten vor­ge­tra­gen und Aus­gleichs­an­sprü­che auch erst nach Be­en­di­gung die­ser Zei­ten gel­tend ge­macht. Schlie­ß­lich kön­ne für die Zeit des Frei­zeit­aus­gleichs we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung noch die Zah­lung von Aus­lands­be­sol­dung ver­langt wer­den. Aus­lands­dienst­be­zü­ge setz­ten ei­nen dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz im Aus­land vor­aus.

5 Der Klä­ger ver­folgt mit der Re­vi­si­on sein Be­geh­ren ge­gen­über der Be­klag­ten wei­ter, auch Ruf­be­reit­schafts­zei­ten und blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und da­mit als Mehr­ar­beit an­zu­er­ken­nen und des­halb für mehr Zei­ten als bis­lang ei­nen Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren, die Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt im Aus­gleichs­zeit­raum zu ver­län­gern und Aus­lands­be­sol­dung im Aus­gleichs­zeit­raum wei­ter­zu­zah­len.

6 Der Klä­ger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 16. Ja­nu­ar 2014 auf­zu­he­ben, so­weit die Kla­ge ab­ge­wie­sen und die Be­ru­fung des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen wor­den ist, und nach sei­nen Schluss­an­trä­gen in der 1. In­stanz zu er­ken­nen.

7 Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­zu­wei­sen
und das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 24. Au­gust 2015 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Köln vom 16. Ja­nu­ar 2014 auf­zu­he­ben, so­weit die Be­klag­te ver­pflich­tet wur­de, dem Klä­ger wei­te­re Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) für die streit­be­fan­ge­nen Ab­ord­nungs­zeit­räu­me in Hö­he des von den Vor­in­stan­zen zu­ge­spro­che­nen Um­fangs zu ge­wäh­ren.

8 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, dass der Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst ge­rin­ger aus­fal­len dür­fe als bei Voll­dienst.

9 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zu­rück­zu­wei­sen.

II

10 Die Re­vi­sio­nen des Klä­gers und der Be­klag­ten sind un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det, weil bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren ist (1.). Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det (2.), weil für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich be­steht (a) und bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land we­der ein An­spruch auf Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft be­steht (b) noch Aus­lands­be­zü­ge zu ge­wäh­ren sind (c).

11 1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist un­be­grün­det. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes ist ge­mäß § 88 Satz 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) in der in­so­weit un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 5. Fe­bru­ar 2009 (BGBl. I S. 160) vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren.

12 a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Be­am­tin­nen und Be­am­ten, die durch ei­ne dienst­lich an­ge­ord­ne­te oder ge­neh­mig­te Mehr­ar­beit mehr als fünf Stun­den im Mo­nat über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus be­an­sprucht wer­den, in­ner­halb ei­nes Jah­res für die Mehr­ar­beit, die sie über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus leis­ten, ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren. Vor­aus­set­zung für den Frei­zeit­aus­gleich ist da­mit, dass Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den ist; es kommt nicht dar­auf an, ob sie auch an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wer­den durf­te (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).

13 Mehr­ar­beit im Sin­ne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der ei­ner Ar­beits­zeit­re­ge­lung un­ter­lie­gen­de Be­am­te auf­grund dienst­li­cher An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung zur Wahr­neh­mung der Ob­lie­gen­hei­ten des Haupt­amts oder, so­weit ihm ein Amt nicht ver­lie­hen ist, zur Er­fül­lung der ei­nem Haupt­amt ent­spre­chen­den Auf­ga­ben über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus - d.h. nicht im Rah­men des nor­ma­len Ar­beits­um­fangs - ver­rich­tet (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <68> = ju­ris Rn. 14 f.).

14 Die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit un­ter­liegt kei­nem Schrift­form­er­for­der­nis, sie muss sich aber auf kon­kre­te und zeit­lich ab­ge­grenz­te Mehr­ar­beits­tat­be­stän­de be­zie­hen; nicht er­for­der­lich ist, dass im Zeit­punkt der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung die An­zahl der zu leis­ten­den oder be­reits ge­leis­te­ten Mehr­ar­beits­stun­den be­kannt ist. Der Dienst­herr ent­schei­det über die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit nach Er­mes­sen. Da­bei hat er ins­be­son­de­re zu prü­fen, ob nach dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über­haupt Mehr­ar­beit er­for­der­lich ist und wel­chem Be­am­ten sie über­tra­gen wer­den soll (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buch­holz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = ju­ris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = ju­ris Rn. 14 und vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <69> = ju­ris Rn. 18).

15 Be­reit­schafts­dienst ist nach § 88 Satz 2 BBG ab­gel­tungs­fä­hi­ger Dienst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41). Be­reit­schafts­dienst liegt vor, wenn der Be­am­te sich an ei­nem vom Dienst­herrn be­stimm­ten Ort au­ßer­halb des Pri­vat­be­reichs zu ei­nem je­der­zei­ti­gen un­ver­züg­li­chen Ein­satz be­reit­zu­hal­ten hat und er­fah­rungs­ge­mäß mit ei­ner dienst­li­chen In­an­spruch­nah­me zu rech­nen ist (BVer­wG, Ur­teil vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 2 C 90.07 - Buch­holz 240.1 BBe­sO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Le­gal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Nr. 12 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - vom 23. Fe­bru­ar 2006 <BGBl. I S. 427>).

16 b) "Ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" in § 88 Satz 2 BBG hei­ßt bei Be­reit­schafts­dienst - eben­so wie bei Voll­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis "1 zu 1". Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung nach Wort­laut, Sinn und Zweck so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te.

17 Der Wort­laut der Norm schlie­ßt es zwar nicht aus, zur Be­stim­mung des Um­fangs des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs auf das Maß und die In­ten­si­tät der In­an­spruch­nah­me wäh­rend der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit ab­zu­stel­len, legt aber we­gen des Feh­lens der Be­nen­nung die­ses Kri­te­ri­ums gleich­wohl na­he, dass al­lein an den zeit­li­chen Um­fang der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit an­ge­knüpft und da­mit oh­ne Un­ter­schei­dung nach der Art des Diens­tes - Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wird.

18 Ent­schei­dend für die Aus­le­gung, dass auch bei Be­reit­schafts­dienst ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich be­steht, spre­chen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach be­son­de­rer dienst­li­cher Be­an­spru­chung dient der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch nicht in ers­ter Li­nie der Re­ge­ne­ra­ti­on des durch Mehr­ar­beit über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßig her­an­ge­zo­ge­nen Be­am­ten. Dienst­be­frei­ung für Mehr­ar­beit soll viel­mehr die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit - je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis - ge­währ­leis­ten. Dem Be­am­ten soll in un­ge­schmä­ler­tem Um­fang Frei­zeit zur Ver­wen­dung nach sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen und In­ter­es­sen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 10. De­zem­ber 1970 - 2 C 45.68 - BVer­w­GE 37, 21 <24 f.> = ju­ris Rn. 31 und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der ge­setz­li­chen Ar­beits­zeit­re­ge­lung er­ge­ben­de Frei­zeit hat der Be­am­te auch dann ei­nen An­spruch, wenn er sie nicht zur Wie­der­her­stel­lung sei­ner Kräf­te be­nö­tigt.

19 Be­stä­tigt wird die­ses Er­geb­nis durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm. Der Be­griff der "ent­spre­chen­den" Dienst­be­frei­ung wur­de 1965 in den da­mals den Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch re­geln­den § 72 Abs. 2 BBG ein­ge­fügt. Zu­rück ging die­se For­mu­lie­rung auf ei­nen Vor­schlag aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges, wo­nach dem Mehr­ar­beit leis­ten­den Be­am­ten "dem Um­fang der Mehr­leis­tun­gen ent­spre­chend" Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren sein soll­te (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Be­ab­sich­tigt war ei­ne "kla­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ... des Um­fan­ges der als Äqui­va­lent für die ge­gen­über der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit er­höh­ten Dienst­leis­tun­gen zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung". Oh­ne dass da­mit ei­ne In­halts­än­de­rung be­ab­sich­tigt war, er­hielt der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch in § 72 Abs. 2 BBG so­dann die auch heu­te in § 88 Satz 2 BBG ent­hal­te­ne Fas­sung, wo­nach "ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" ge­währt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Ent­spre­chend" meint da­mit dem (zeit­li­chen) Um­fang - nicht: der In­ten­si­tät der Mehr­leis­tung - ent­spre­chend.

20 c) Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) ist Be­reit­schafts­dienst hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der wö­chent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit oh­ne Ein­schrän­kung wie Voll­dienst zu be­han­deln (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000 - C-303/98 [ECLI:​ EU:​C:​2000:​528], Si­map - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. Sep­tem­ber 2003 - C-151/02 [ECLI:​EU:​C:​2003:​437], Jae­ger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. De­zem­ber 2005 - C-14/04 [ECLI:​EU:​C:​2005:​728], Del­las - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​23], Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Ar­beits­zeitricht­li­nie - de­fi­niert den Be­griff der Ar­beits­zeit, der au­to­nom, d.h. un­ab­hän­gig von na­tio­nal­staat­li­chen Er­wä­gun­gen und Be­son­der­hei­ten aus­zu­le­gen ist, weil nur so die ein­heit­li­che An­wen­dung in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den kann (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die An­wen­dung die­ses Ar­beits­zeit­be­griffs ist zwar auf den Re­ge­lungs­be­reich der Richt­li­nie be­schränkt und er­streckt sich des­halb nicht auf Fra­gen der Ver­gü­tung (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2010 - C-429/09 [ECLI:​EU:​C:​2010:​717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit steht aber der Um­fang der zu leis­ten­den Ar­beits­zeit selbst in Re­de. Wür­de Be­reit­schafts­dienst nicht in vol­lem Um­fang aus­ge­gli­chen, müss­ten die be­trof­fe­nen Be­am­ten ggf. mehr als die in der Ar­beits­zeitricht­li­nie fest­ge­leg­ten 48 Wo­chen­stun­den ar­bei­ten.

21 2. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det. Für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich (a). Der Klä­ger kann bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land auch we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft (b) noch Aus­lands­be­zü­ge be­an­spru­chen (c).

22 a) So­weit der Klä­ger für wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Ge­län­de der deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad ei­nen An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich gel­tend macht, hat er hier­auf nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen An­spruch.

23 aa) Ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit kann sich un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nach § 88 Satz 2 BGB er­ge­ben, wenn es sich um Voll­dienst oder - wie un­ter 1. auch hin­sicht­lich des Um­fangs des Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruchs aus­ge­führt - um Be­reit­schafts­dienst han­delt. Hin­ge­gen kann Ruf­be­reit­schaft Frei­zeit­aus­gleichs­an­sprü­che nach § 88 Satz 2 BBG nicht be­grün­den. Denn Ruf­be­reit­schaft als Pflicht, sich au­ßer­halb des Ar­beits­plat­zes be­reit­zu­hal­ten, um bei Be­darf so­fort zu Dienst­leis­tun­gen ab­ge­ru­fen wer­den zu kön­nen (vgl. § 2 Nr. 11 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - in der un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 23. Fe­bru­ar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zei­ten, für die sie an­ge­ord­net ist, - an­ders als Be­reit­schafts­dienst - kei­ne Ar­beits­zeit (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41 und vom 12. De­zem­ber 1979 - 6 C 96.78 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = ju­ris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und da­mit auch kein taug­li­cher Ge­gen­stand von Mehr­ar­beit nach § 88 Satz 2 BBG.

24 Un­ge­ach­tet des­sen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Ruf­be­reit­schaft ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich ent­ste­hen: Hat die Be­am­tin oder der Be­am­te über die Ar­beits­zeit hin­aus mehr als zehn Stun­den im Ka­len­der­jahr Ruf­be­reit­schaft, wird in­ner­halb von zwölf Mo­na­ten ein Ach­tel der über zehn Stun­den hin­aus­ge­hen­den Zeit bei fest­ste­hen­der Ar­beits­zeit als Frei­zeit­aus­gleich ge­währt und bei glei­ten­der Ar­beits­zeit dem Gleit­zeit­kon­to gut­ge­schrie­ben, so­weit nicht zwin­gen­de dienst­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Dies stellt die Be­klag­te auch nicht in Ab­re­de.

25 Au­ßer­dem kann sich ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich aus dem auf den Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ge­stütz­ten be­am­ten­recht­li­chen Aus­gleichs­an­spruch er­ge­ben: Zieht der Dienst­herr Be­am­te über die re­gel­mä­ßi­ge Dienst­zeit hin­aus zum Dienst her­an, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen für die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit er­füllt sind, so ist die­se In­an­spruch­nah­me rechts­wid­rig und ha­ben die Be­am­ten ei­nen An­spruch dar­auf, dass sie un­ter­bleibt (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 26.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Die­ser Bil­lig­keits­an­spruch kommt in­des nur für rechts­wid­ri­ge Zu­viel­ar­beit in Be­tracht, die ab dem auf die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung fol­gen­den Mo­nat ge­leis­tet wur­de; die Gel­tend­ma­chung durch den Be­am­ten dient da­zu, ei­ne Prü­fung des Dienst­herrn mit dem Ziel her­bei­zu­füh­ren, die Be­lan­ge des Be­am­ten zu be­rück­sich­ti­gen, und die Dienst­plä­ne ent­spre­chend an­zu­pas­sen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 ff.).

26 Schlie­ß­lich kann sich im Ein­zel­fall ein Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch aus ei­nem uni­ons­recht­li­chen Haf­tungs­an­spruch er­ge­ben. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Eu­GH (erst­mals: Ur­teil vom 19. No­vem­ber 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:​EU:​C:​1991:​428], Fran­co­vich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mit­glied­staat für Schä­den haf­ten, die dem Ein­zel­nen durch ei­nen Ver­stoß ge­gen das Uni­ons­recht ent­stan­den sind, wenn die ver­letz­te Rechts­norm be­zweckt, dem Ein­zel­nen Rech­te zu ver­lei­hen, der Ver­stoß hin­rei­chend qua­li­fi­ziert ist und zwi­schen dem Ver­stoß ge­gen die dem Staat ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung und dem den ge­schä­dig­ten Per­so­nen ent­stan­de­nen Scha­den ein un­mit­tel­ba­rer Kau­sal­zu­sam­men­hang be­steht. Im Fal­le des Aus­gleichs­an­spruchs we­gen rechts­wid­ri­ger Zu­viel­ar­beit er­for­dert der Haf­tungs­an­spruch des Wei­te­ren, dass der Be­am­te ihn aus­drück­lich ge­gen­über sei­nem Dienst­herrn gel­tend macht (BVer­wG, Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 16.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).

27 bb) An­sprü­che die­ser Art hat das Be­ru­fungs­ge­richt für die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­we­sen­heits­zei­ten rechts­feh­ler­frei ver­neint.

28 Wei­te­re An­sprü­che aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht ge­ge­ben. Die ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts zu wei­te­ren als den von der Be­klag­ten be­reits als aus­gleichs­pflich­ti­ge Zei­ten des Be­reit­schafts­diens­tes und des Ruf­be­reit­schafts­diens­tes ge­wer­te­ten An­we­sen­heits­zei­ten der in den deut­schen Bot­schaf­ten in Ka­bul und Bag­dad mit Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes be­trau­ten Bun­des­po­li­zis­ten las­sen ei­ne Ein­ord­nung als Be­reit­schafts­dienst oder als Ruf­be­reit­schafts­dienst nicht zu. Ins­be­son­de­re ist für die­se Zeit­räu­me kei­ne Pflicht der Bun­des­po­li­zis­ten fest­ge­stellt, sich für ei­nen Ein­satz an ei­nem be­stimm­ten Ort auf­zu­hal­ten oder auch nur für ei­nen sol­chen Ein­satz in Ruf­be­reit­schaft zu sein. Die An­ord­nung, das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen zu ver­las­sen, dien­te nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts der Si­cher­heit der Bun­des­po­li­zis­ten, ver­setz­te sie aber nicht in ei­nen Be­reit­schafts­dienst und be­zweck­te auch nicht, im Be­darfs­fall ei­ne als­bal­di­ge Dienst­auf­nah­me zu er­mög­li­chen.

29 Auch ein be­am­ten­recht­li­cher Aus­gleichs­an­spruch und ein uni­ons­recht­li­cher Haf­tungs­an­spruch be­stehen nicht. Zum ei­nen sind - wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat - die blo­ßen An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als aus­gleichs­fä­hi­ge Ar­beits­zeit zu qua­li­fi­zie­ren. Zum an­de­ren fehlt es je­den­falls auch an der er­for­der­li­chen recht­zei­ti­gen Gel­tend­ma­chung; hier wur­den An­sprü­che le­dig­lich im Nach­hin­ein, al­so nach Ab­lauf des frag­li­chen Zeit­raums, gel­tend ge­macht.

30 b) Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch dar­auf, dass we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land sei­ne Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft ver­län­gert wer­den.

31 Ein Be­am­ter hat kein Recht auf un­ver­än­der­te und un­ge­schmä­ler­te Aus­übung des ihm über­tra­ge­nen kon­kret-funk­tio­nel­len Am­tes. Er muss viel­mehr ei­ne Än­de­rung sei­nes dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­rei­ches nach Ma­ß­ga­be sei­nes Am­tes im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne hin­neh­men (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 27.03 - BVer­w­GE 122, 53 <56>, vom 22. Ju­ni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 C 8.07 - BVer­w­GE 132, 31 Rn. 16). Ei­ne Ab­ord­nung nach § 27 Abs. 1 BBG und die an­schlie­ßen­de Zu­wei­sung ei­nes kon­kre­ten Dienst­pos­tens ste­hen im Er­mes­sen des Dienst­herrn, dem in­so­weit sehr wei­te Gren­zen ge­setzt sind. Ein Be­am­ter kann ab­ge­ord­net wer­den, wenn hier­für ein dienst­li­ches Be­dürf­nis be­steht. Eben­so kann die Ab­ord­nung wie­der auf­ge­ho­ben wer­den, wenn die­ses dienst­li­che Be­dürf­nis weg­ge­fal­len ist. Ob dies der Fall ist, rich­tet sich nach der Ein­schät­zung des Dienst­herrn (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - ju­ris Rn. 4). Ein An­spruch des Be­am­ten auf ei­ne Ab­ord­nung - und hier zu­sätz­lich auf Zu­ord­nung ei­nes be­stimm­ten Dienst­pos­tens, wel­cher die Vor­aus­set­zung der Ge­wäh­rung von Aus­lands­dienst­be­zü­gen bil­den soll - kommt da­her grund­sätz­lich nicht in Be­tracht.

32 Aus­ge­hend da­von hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Ent­schei­dung der Be­klag­ten, für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land ei­ne er­neu­te Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung zur deut­schen Bot­schaft ab­zu­leh­nen, zu Recht als nicht er­mes­sens­feh­ler­haft an­ge­se­hen. Für das klä­ge­ri­sche Be­geh­ren ist ein dienst­li­ches Be­dürf­nis nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re ist die Wei­ter­füh­rung von Ab­ord­nung und - oh­ne­hin nur "fik­tiv" ge­woll­ter - Ver­wen­dung im Aus­land nicht zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ab­gel­tung des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs er­for­der­lich. Dass wäh­rend der Ver­wen­dung an der Bot­schaft Aus­lands­be­sol­dung ge­zahlt wor­den ist, für de­ren wei­te­ren Er­halt mit der be­gehr­ten Ab­ord­nung und (fik­ti­ven) Ver­wen­dung die recht­li­che Grund­la­ge ge­schaf­fen wer­den soll, ent­fal­tet kei­ne das Er­mes­sen der Be­klag­ten ein­schrän­ken­de Wir­kung.

33 c) Der Klä­ger hat schlie­ß­lich we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land kei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung.

34 An­knüp­fungs­punkt und we­sent­li­che Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung ist der aus­län­di­sche Dienst­ort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Ausl­Zu­schlV). Bei die­sem han­delt es sich um den dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz des Be­am­ten im Aus­land. Der Re­ge­lung liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass nur der Be­diens­te­te, der im Aus­land auch tat­säch­lich wohnt, den mit der Aus­lands­ver­wen­dung ty­pi­scher­wei­se ver­bun­de­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­las­tun­gen so­wie Er­schwer­nis­sen un­ter­liegt, die ei­ne be­son­de­re Ab­gel­tung durch Aus­lands­dienst­be­zü­ge recht­fer­ti­gen. Die­se Be­las­tun­gen sind in der Re­gel nur bei ei­ner stän­di­gen, auf ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­ten Tä­tig­keit und der da­mit ver­bun­de­nen Ver­la­ge­rung des Le­bens­mit­tel­punk­tes in das Aus­land ge­ge­ben.

35 Dem­entspre­chend wer­den Aus­lands­dienst­be­zü­ge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Ein­tref­fen am aus­län­di­schen Dienst­ort bis zum Tag vor der Ab­rei­se aus die­sem Ort ge­zahlt. Die­se un­mit­tel­bar nur Um­set­zung und Ver­set­zung be­tref­fen­de Vor­schrift gilt ent­spre­chend u.a. für ei­ne mehr als drei­mo­na­ti­ge Ab­ord­nung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch die­ser Re­ge­lung ist, dass Aus­lands­dienst­be­zü­ge dem Be­am­ten aus­schlie­ß­lich für den Zeit­raum ge­währt wer­den sol­len, in wel­chem die be­son­de­ren Be­din­gun­gen des je­wei­li­gen Aus­lands­dienstor­tes auch tat­säch­lich vor­la­gen.

36 Letzt­lich wird die Fort­zah­lung der Aus­lands­dienst­be­zü­ge für ei­nen Zeit­raum be­gehrt, in dem der Be­am­te sei­nen Wohn­sitz (vgl. § 7 BGB) wie­der im In­land be­grün­det hat­te und kein Dienst­ort im Aus­land mehr be­stand. Ein Dienst­ort im Aus­land ist aber Vor­aus­set­zung der Aus­lands­be­sol­dung.

37 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 Vw­GO. Der Klä­ger hat die Kos­ten des ge­sam­ten Ver­fah­rens zu tra­gen, weil der An­teil des Un­ter­lie­gens der Be­klag­ten nicht ins Ge­wicht fällt.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 28.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C28.15.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 28.15

  • VG Stutt­gart - 05.12.2012 - AZ: VG 3 K 1353/12
  • VGH Mann­heim - 17.06.2014 - AZ: VGH 4 S 169/13

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ge­gen das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 17. Ju­ni 2014 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter bei der Bun­des­po­li­zei. Er war im Jahr 2011 für ca. drei Mo­na­te bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad tä­tig und hat dort Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes wahr­ge­nom­men. In die­ser Zeit war er an das Aus­wär­ti­ge Amt ab­ge­ord­net und er­hielt zu­sätz­lich zu sei­nen re­gel­mä­ßi­gen Be­zü­gen Aus­lands­be­sol­dung.

3 Im Rah­men des Diens­tes bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad - bei dem aus Si­cher­heits­grün­den das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen ver­las­sen wer­den durf­te - fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Die Be­klag­te hat Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst da­bei zeit­lich nur hälf­tig in An­satz ge­bracht; bei der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad als Ruf­be­reit­schafts­dienst ge­wer­te­te Zei­ten hat sie zu ei­nem Ach­tel als Mehr­ar­beit be­rück­sich­tigt.

4 Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dem Klä­ger pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt, weil die streit­ge­gen­ständ­li­chen Zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und nicht nur als Ruf­be­reit­schafts­dienst ein­zu­ord­nen sei­en. In den über den Dienst der Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten ge­führ­ten Stun­den­lis­ten sei­en mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 100 %" Voll­dienst-Zei­ten ge­kenn­zeich­net, mit dem Be­griff "Be­reit­schaft 50 %" da­ge­gen die Be­reit­schafts­dienst-Zei­ten. Die­se Be­reit­schafts­stun­den sei­en als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 88 Satz 2 BBG ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit dem Wort­laut der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen könn­ten wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als nach na­tio­na­lem Recht oder nach Uni­ons­recht aus­gleichs­pflich­ti­ge Ar­beits­zei­ten an­ge­se­hen wer­den. Sie sei­en au­ßer­dem nicht als Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den. Des Wei­te­ren hät­ten die Be­am­ten - wie der Klä­ger - auch nie die Rechts­wid­rig­keit die­ser Zei­ten vor­ge­tra­gen und Aus­gleichs­an­sprü­che auch erst nach Be­en­di­gung die­ser Zei­ten gel­tend ge­macht. Schlie­ß­lich kön­ne für die Zeit des Frei­zeit­aus­gleichs we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung noch die Zah­lung von Aus­lands­be­sol­dung ver­langt wer­den. Aus­lands­dienst­be­zü­ge setz­ten ei­nen dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz im Aus­land vor­aus.

5 Der Klä­ger ver­folgt mit der Re­vi­si­on sein Be­geh­ren ge­gen­über der Be­klag­ten wei­ter, auch Ruf­be­reit­schafts­zei­ten und blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten als Be­reit­schafts­dienst und da­mit als Mehr­ar­beit an­zu­er­ken­nen und des­halb für mehr Zei­ten als bis­lang ei­nen Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren, die Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt im Aus­gleichs­zeit­raum zu ver­län­gern und Aus­lands­be­sol­dung im Aus­gleichs­zeit­raum wei­ter­zu­zah­len.

6 Der Klä­ger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 17. Ju­ni 2014 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Stutt­gart vom 5. De­zem­ber 2012 auf­zu­he­ben und nach sei­nen Schluss­an­trä­gen in der 1. In­stanz zu er­ken­nen.

7 Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen.

II

8 Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Für blo­ße An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de be­steht kein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich (1.). Der Klä­ger kann bei im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­ner Mehr­ar­beit für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land auch we­der ei­ne Ver­län­ge­rung der Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und der Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft (2.) noch Aus­lands­be­zü­ge be­an­spru­chen (3.).

9 1. So­weit der Klä­ger für wei­te­re An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Ge­län­de der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad ei­nen An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich gel­tend macht, hat er hier­auf nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen An­spruch.

10 a) Ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit kann sich un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nach § 88 Satz 2 BGB er­ge­ben, wenn es sich um Voll­dienst oder um Be­reit­schafts­dienst han­delt. Hin­ge­gen kann Ruf­be­reit­schaft Frei­zeit­aus­gleichs­an­sprü­che nach § 88 Satz 2 BBG nicht be­grün­den. Denn Ruf­be­reit­schaft als Pflicht, sich au­ßer­halb des Ar­beits­plat­zes be­reit­zu­hal­ten, um bei Be­darf so­fort zu Dienst­leis­tun­gen ab­ge­ru­fen wer­den zu kön­nen (vgl. § 2 Nr. 11 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - in der un­ver­än­dert gül­ti­gen Fas­sung vom 23. Fe­bru­ar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zei­ten, für die sie an­ge­ord­net ist, - an­ders als Be­reit­schafts­dienst - kei­ne Ar­beits­zeit (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41 und vom 12. De­zem­ber 1979 - 6 C 96.78 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = ju­ris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und da­mit auch kein taug­li­cher Ge­gen­stand von Mehr­ar­beit nach § 88 Satz 2 BBG.

11 Un­ge­ach­tet des­sen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Ruf­be­reit­schaft ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich ent­ste­hen: Hat die Be­am­tin oder der Be­am­te über die Ar­beits­zeit hin­aus mehr als zehn Stun­den im Ka­len­der­jahr Ruf­be­reit­schaft, wird in­ner­halb von zwölf Mo­na­ten ein Ach­tel der über zehn Stun­den hin­aus­ge­hen­den Zeit bei fest­ste­hen­der Ar­beits­zeit als Frei­zeit­aus­gleich ge­währt und bei glei­ten­der Ar­beits­zeit dem Gleit­zeit­kon­to gut­ge­schrie­ben, so­weit nicht zwin­gen­de dienst­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Dies stellt die Be­klag­te auch nicht in Ab­re­de.

12 Au­ßer­dem kann sich ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich aus dem auf den Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ge­stütz­ten be­am­ten­recht­li­chen Aus­gleichs­an­spruch er­ge­ben: Zieht der Dienst­herr Be­am­te über die re­gel­mä­ßi­ge Dienst­zeit hin­aus zum Dienst her­an, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen für die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit er­füllt sind, so ist die­se In­an­spruch­nah­me rechts­wid­rig und ha­ben die Be­am­ten ei­nen An­spruch dar­auf, dass sie un­ter­bleibt (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 26.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Die­ser Bil­lig­keits­an­spruch kommt in­des nur für rechts­wid­ri­ge Zu­viel­ar­beit in Be­tracht, die ab dem auf die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung fol­gen­den Mo­nat ge­leis­tet wur­de; die Gel­tend­ma­chung durch den Be­am­ten dient da­zu, ei­ne Prü­fung des Dienst­herrn mit dem Ziel her­bei­zu­füh­ren, die Be­lan­ge des Be­am­ten zu be­rück­sich­ti­gen, und die Dienst­plä­ne ent­spre­chend an­zu­pas­sen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. Sep­tem­ber 2011 - 2 C 32.10 - BVer­w­GE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 29.11 - BVer­w­GE 143, 381 Rn. 26 ff.).

13 Schlie­ß­lich kann sich im Ein­zel­fall ein Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch aus ei­nem uni­ons­recht­li­chen Haf­tungs­an­spruch er­ge­ben. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Eu­GH (erst­mals: Ur­teil vom 19. No­vem­ber 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:​EU:​C:​1991:​428], Fran­co­vich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mit­glied­staat für Schä­den haf­ten, die dem Ein­zel­nen durch ei­nen Ver­stoß ge­gen das Uni­ons­recht ent­stan­den sind, wenn die ver­letz­te Rechts­norm be­zweckt, dem Ein­zel­nen Rech­te zu ver­lei­hen, der Ver­stoß hin­rei­chend qua­li­fi­ziert ist und zwi­schen dem Ver­stoß ge­gen die dem Staat ob­lie­gen­de Ver­pflich­tung und dem den ge­schä­dig­ten Per­so­nen ent­stan­de­nen Scha­den ein un­mit­tel­ba­rer Kau­sal­zu­sam­men­hang be­steht. Im Fal­le des Aus­gleichs­an­spruchs we­gen rechts­wid­ri­ger Zu­viel­ar­beit er­for­dert der Haf­tungs­an­spruch des Wei­te­ren, dass der Be­am­te ihn aus­drück­lich ge­gen­über sei­nem Dienst­herrn gel­tend macht (BVer­wG, Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2015 - 2 C 16.14 - Buch­holz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).

14 b) An­sprü­che die­ser Art hat das Be­ru­fungs­ge­richt für die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­we­sen­heits­zei­ten rechts­feh­ler­frei ver­neint.

15 Wei­te­re An­sprü­che aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht ge­ge­ben. Die ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts zu wei­te­ren als den von der Be­klag­ten be­reits als aus­gleichs­pflich­ti­ge Zei­ten des Be­reit­schafts­diens­tes und des Ruf­be­reit­schafts­diens­tes ge­wer­te­ten An­we­sen­heits­zei­ten der in der deut­schen Bot­schaft in Bag­dad mit Auf­ga­ben des Per­so­nen- und Ob­jekt­schut­zes be­trau­ten Bun­des­po­li­zis­ten las­sen ei­ne Ein­ord­nung als Be­reit­schafts­dienst oder als Ruf­be­reit­schafts­dienst nicht zu. Ins­be­son­de­re ist für die­se Zeit­räu­me kei­ne Pflicht der Bun­des­po­li­zis­ten fest­ge­stellt, sich für ei­nen Ein­satz an ei­nem be­stimm­ten Ort auf­zu­hal­ten oder auch nur für ei­nen sol­chen Ein­satz in Ruf­be­reit­schaft zu sein. Die An­ord­nung, das Bot­schafts­ge­län­de nur im Rah­men von Ein­sät­zen zu ver­las­sen, dien­te nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts der Si­cher­heit der Bun­des­po­li­zis­ten, ver­setz­te sie aber nicht in ei­nen Be­reit­schafts­dienst und be­zweck­te auch nicht, im Be­darfs­fall ei­ne als­bal­di­ge Dienst­auf­nah­me zu er­mög­li­chen.

16 Auch ein be­am­ten­recht­li­cher Aus­gleichs­an­spruch und ein uni­ons­recht­li­cher Haf­tungs­an­spruch be­stehen nicht. Zum ei­nen sind - wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat - die blo­ßen An­we­sen­heits­zei­ten auf dem Bot­schafts­ge­län­de nicht als aus­gleichs­fä­hi­ge Ar­beits­zeit zu qua­li­fi­zie­ren. Zum an­de­ren fehlt es je­den­falls auch an der er­for­der­li­chen recht­zei­ti­gen Gel­tend­ma­chung; hier wur­den An­sprü­che le­dig­lich im Nach­hin­ein, al­so nach Ab­lauf des frag­li­chen Zeit­raums, gel­tend ge­macht.

17 2. Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch dar­auf, dass we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land sei­ne Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung an die je­wei­li­ge deut­sche Bot­schaft ver­län­gert wer­den.

18 Ein Be­am­ter hat kein Recht auf un­ver­än­der­te und un­ge­schmä­ler­te Aus­übung des ihm über­tra­ge­nen kon­kret-funk­tio­nel­len Am­tes. Er muss viel­mehr ei­ne Än­de­rung sei­nes dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­rei­ches nach Ma­ß­ga­be sei­nes Am­tes im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne hin­neh­men (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 27.03 - BVer­w­GE 122, 53 <56>, vom 22. Ju­ni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 C 8.07 - BVer­w­GE 132, 31 Rn. 16). Ei­ne Ab­ord­nung nach § 27 Abs. 1 BBG und die an­schlie­ßen­de Zu­wei­sung ei­nes kon­kre­ten Dienst­pos­tens ste­hen im Er­mes­sen des Dienst­herrn, dem in­so­weit sehr wei­te Gren­zen ge­setzt sind. Ein Be­am­ter kann ab­ge­ord­net wer­den, wenn hier­für ein dienst­li­ches Be­dürf­nis be­steht. Eben­so kann die Ab­ord­nung wie­der auf­ge­ho­ben wer­den, wenn die­ses dienst­li­che Be­dürf­nis weg­ge­fal­len ist. Ob dies der Fall ist, rich­tet sich nach der Ein­schät­zung des Dienst­herrn (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - ju­ris Rn. 4). Ein An­spruch des Be­am­ten auf ei­ne Ab­ord­nung - und hier zu­sätz­lich auf Zu­ord­nung ei­nes be­stimm­ten Dienst­pos­tens, wel­cher die Vor­aus­set­zung der Ge­wäh­rung von Aus­lands­dienst­be­zü­gen bil­den soll - kommt da­her grund­sätz­lich nicht in Be­tracht.

19 Aus­ge­hend da­von hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Ent­schei­dung der Be­klag­ten, für den Zeit­raum der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land ei­ne er­neu­te Ab­ord­nung an das Aus­wär­ti­ge Amt und Zu­ord­nung zur deut­schen Bot­schaft ab­zu­leh­nen, zu Recht als nicht er­mes­sens­feh­ler­haft an­ge­se­hen. Für das klä­ge­ri­sche Be­geh­ren ist ein dienst­li­ches Be­dürf­nis nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re ist die Wei­ter­füh­rung von Ab­ord­nung und - oh­ne­hin nur "fik­tiv" ge­woll­ter - Ver­wen­dung im Aus­land nicht zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ab­gel­tung des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs er­for­der­lich. Dass wäh­rend der Ver­wen­dung an der Bot­schaft Aus­lands­be­sol­dung ge­zahlt wor­den ist, für de­ren wei­te­ren Er­halt mit der be­gehr­ten Ab­ord­nung und (fik­ti­ven) Ver­wen­dung die recht­li­che Grund­la­ge ge­schaf­fen wer­den soll, ent­fal­tet kei­ne das Er­mes­sen der Be­klag­ten ein­schrän­ken­de Wir­kung.

20 3. Der Klä­ger hat schlie­ß­lich we­gen sei­ner im Aus­lands­dienst an­ge­fal­le­nen Mehr­ar­beit für die Dau­er der Wahr­neh­mung des Frei­zeit­aus­gleichs im In­land kei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung.

21 An­knüp­fungs­punkt und we­sent­li­che Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf Aus­lands­be­sol­dung ist der aus­län­di­sche Dienst­ort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Ausl­Zu­schlV). Bei die­sem han­delt es sich um den dienst­li­chen und tat­säch­li­chen Wohn­sitz des Be­am­ten im Aus­land. Der Re­ge­lung liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass nur der Be­diens­te­te, der im Aus­land auch tat­säch­lich wohnt, den mit der Aus­lands­ver­wen­dung ty­pi­scher­wei­se ver­bun­de­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­las­tun­gen so­wie Er­schwer­nis­sen un­ter­liegt, die ei­ne be­son­de­re Ab­gel­tung durch Aus­lands­dienst­be­zü­ge recht­fer­ti­gen. Die­se Be­las­tun­gen sind in der Re­gel nur bei ei­ner stän­di­gen, auf ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­ten Tä­tig­keit und der da­mit ver­bun­de­nen Ver­la­ge­rung des Le­bens­mit­tel­punk­tes in das Aus­land ge­ge­ben.

22 Dem­entspre­chend wer­den Aus­lands­dienst­be­zü­ge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Ein­tref­fen am aus­län­di­schen Dienst­ort bis zum Tag vor der Ab­rei­se aus die­sem Ort ge­zahlt. Die­se un­mit­tel­bar nur Um­set­zung und Ver­set­zung be­tref­fen­de Vor­schrift gilt ent­spre­chend u.a. für ei­ne mehr als drei­mo­na­ti­ge Ab­ord­nung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch die­ser Re­ge­lung ist, dass Aus­lands­dienst­be­zü­ge dem Be­am­ten aus­schlie­ß­lich für den Zeit­raum ge­währt wer­den sol­len, in wel­chem die be­son­de­ren Be­din­gun­gen des je­wei­li­gen Aus­lands­dienstor­tes auch tat­säch­lich vor­la­gen.

23 Letzt­lich wird die Fort­zah­lung der Aus­lands­dienst­be­zü­ge für ei­nen Zeit­raum be­gehrt, in dem der Be­am­te sei­nen Wohn­sitz (vgl. § 7 BGB) wie­der im In­land be­grün­det hat­te und kein Dienst­ort im Aus­land mehr be­stand. Ein Dienst­ort im Aus­land ist aber Vor­aus­set­zung der Aus­lands­be­sol­dung.

24 4. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 Vw­GO.

Ur­teil vom 17.11.2016 -
BVer­wG 2 C 3.16ECLI:DE:BVer­wG:2016:171116U2C3.16.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 3.16

  • VG Ber­lin - 02.12.2015 - AZ: VG 26 K 58.14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17. No­vem­ber 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dom­gör­gen
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den,
Dr. Kennt­ner, Dol­lin­ger und Dr. Gün­ther
für Recht er­kannt:

  1. Die Sprung­re­vi­si­on des Klä­gers und die Sprung­re­vi­si­on des Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin vom 2. De­zem­ber 2015 wer­den zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens tra­gen der Klä­ger zu 1/3 und der Be­klag­te zu 2/3.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst­zei­ten im Po­li­zei­voll­zugs­dienst.

2 Der Klä­ger ist Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ter im Lan­des­dienst. Er war in den Jah­ren 2009 und 2010 bei po­li­zei­li­chen Un­ter­stüt­zungs­maß­nah­men in an­de­ren Bun­des­län­dern (Lü­ne­burg, Dres­den, Gor­le­ben) ein­ge­setzt. Hier­bei fie­len als Mehr­ar­beit an­ge­ord­ne­te Über­stun­den an, für die Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wur­de. Der Be­klag­te hat da­bei Mehr­ar­beit in Form von Be­reit­schafts­dienst zeit­lich nur im Ver­hält­nis 1 zu 3 in An­satz ge­bracht; Hin­ter­grund die­ser Pra­xis ist ei­ne zwi­schen den Bun­des­län­dern und dem Bund im Jahr 2006 ge­schlos­se­ne Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung, die auch die Ab­rech­nung der bei Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­zen ent­ste­hen­den Per­so­nal­kos­ten re­gelt. Der Klä­ger er­strebt ei­nen Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis 1 zu 1 und dies auch für Zei­ten nach dem En­de der Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­ze.

3 Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat dem Klä­ger für den Ein­satz in Gor­le­ben pro Be­reit­schafts­stun­de ei­ne Stun­de Frei­zeit­aus­gleich zu­er­kannt. In­so­weit sei Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder je­den­falls nach­träg­lich ge­neh­migt wor­den. Hier­aus er­ge­be sich ge­mäß § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG Ber­lin ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung beim Um­fang des Frei­zeit­aus­gleichs nach der Ar­beits­in­ten­si­tät sei we­der mit Wort­laut, Sys­te­ma­tik, Sinn und Zweck so­wie der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm noch mit uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben zu ver­ein­ba­ren. Hin­ge­gen sei­en die Zei­ten nach dem En­de der Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­ze in Lü­ne­burg und Dres­den kei­ne aus­gleichs­pflich­ti­ge Mehr­ar­beit. Der Klä­ger ha­be sich zwar an ei­nem von sei­ner Dienst­be­hör­de be­stimm­ten Ort au­ßer­halb sei­ner Woh­nung auf­hal­ten müs­sen. Es han­de­le sich aber nicht um Be­reit­schafts­dienst, weil die­se Auf­ent­halts­be­stim­mung nicht den Zweck ge­habt ha­be, die Her­an­zie­hung zur Dienst­leis­tung zu er­mög­li­chen; ei­ne Na­ch­alar­mie­rung sei nicht vor­ge­se­hen ge­we­sen. Au­ßer­dem feh­le es auch an der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung ei­ner Mehr­ar­beit. Ge­gen die­ses Ur­teil ha­ben bei­de Be­tei­lig­te die vom Ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­ne Sprung­re­vi­si­on ein­ge­legt.

4 Der Klä­ger be­gehrt mit der Sprung­re­vi­si­on die Ge­wäh­rung von Frei­zeit­aus­gleich auch für die Zei­ten nach dem En­de der Un­ter­stüt­zungs­ein­sät­ze in Lü­ne­burg und Dres­den.

5 Der Klä­ger be­an­tragt,
un­ter teil­wei­ser Än­de­rung des Ur­teils des Ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin vom 2. De­zem­ber 2015 den Be­klag­ten zu ver­pflich­ten,
1. dem Klä­ger für die in der Zeit vom 10. bis 12. April 2009 an­läss­lich des Un­ter­stüt­zungs­ein­sat­zes in Lü­ne­burg (Nie­der­sach­sen) als Be­reit­schafts­dienst ge­leis­te­te Mehr­ar­beit voll­um­fäng­lich Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) im Um­fang von wei­te­ren 11,4 Stun­den zu ge­wäh­ren,
2. dem Klä­ger für die in der Zeit vom 12. bis 14. Fe­bru­ar 2010 an­läss­lich des Un­ter­stüt­zungs­ein­sat­zes in Dres­den (Sach­sen) als Be­reit­schafts­dienst ge­leis­te­te Mehr­ar­beit voll­um­fäng­lich Dienst­be­frei­ung (Frei­zeit­aus­gleich) im Um­fang von wei­te­ren 12 Stun­den zu ge­wäh­ren.

6 Der Be­klag­te be­an­tragt,
die Sprung­re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­zu­wei­sen und un­ter teil­wei­ser Än­de­rung des Ur­teils des Ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin vom 2. De­zem­ber 2015 die Kla­ge in vol­lem Um­fang ab­zu­wei­sen.

7 Der Be­klag­te macht mit sei­ner Sprung­re­vi­si­on gel­tend, dass der Frei­zeit­aus­gleich bei Be­reit­schafts­dienst ge­rin­ger aus­fal­len dür­fe als bei Voll­dienst.

8 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Sprung­re­vi­si­on des Be­klag­ten zu­rück­zu­wei­sen.

II

9 Die Sprung­re­vi­sio­nen des Klä­gers und des Be­klag­ten sind un­be­grün­det. Das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil ver­letzt kein re­vi­si­bles Recht. Die Sprung­re­vi­si­on des Be­klag­ten ist un­be­grün­det, weil bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren ist (1.). Die Sprung­re­vi­si­on des Klä­gers ist un­be­grün­det, weil die gel­tend ge­mach­ten Zei­ten nach den bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts kei­ne - un­ter den Vor­aus­set­zun­gen an­ge­ord­ne­ter oder ge­neh­mig­ter Mehr­ar­beit - frei­zeit­aus­gleichs­pflich­ti­ge Be­reit­schafts­dienst­zei­ten sind (2.).

10 1. Die Re­vi­si­on des Be­klag­ten ist un­be­grün­det. Bei Mehr­ar­beit in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes ist ge­mäß § 53 Abs. 2 Satz 1 Ber­li­ner Lan­des­be­am­ten­ge­setz vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70) - im Fol­gen­den: LBG BE - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich zu ge­wäh­ren.

11 a) Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE (vgl. auch § 88 Satz 2 BBG) ist Be­am­tin­nen und Be­am­ten, die durch ei­ne dienst­lich an­ge­ord­ne­te oder ge­neh­mig­te Mehr­ar­beit mehr als fünf Stun­den im Mo­nat über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus be­an­sprucht wer­den, in­ner­halb ei­nes Jah­res für die Mehr­ar­beit, die sie über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus leis­ten, ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren. Vor­aus­set­zung für den Frei­zeit­aus­gleich ist da­mit, dass Mehr­ar­beit an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wor­den ist; es kommt nicht dar­auf an, ob sie auch an­ge­ord­net oder ge­neh­migt wer­den durf­te (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).

12 Mehr­ar­beit im Sin­ne des § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE ist der Dienst, den der ei­ner Ar­beits­zeit­re­ge­lung un­ter­lie­gen­de Be­am­te auf­grund dienst­li­cher An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung zur Wahr­neh­mung der Ob­lie­gen­hei­ten des Haupt­amts oder, so­weit ihm ein Amt nicht ver­lie­hen ist, zur Er­fül­lung der ei­nem Haupt­amt ent­spre­chen­den Auf­ga­ben über die re­gel­mä­ßi­ge Ar­beits­zeit hin­aus - d.h. nicht im Rah­men des nor­ma­len Ar­beits­um­fangs - ver­rich­tet (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <68> = ju­ris Rn. 14 f.).

13 Die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit un­ter­liegt kei­nem Schrift­form­er­for­der­nis, sie muss sich aber auf kon­kre­te und zeit­lich ab­ge­grenz­te Mehr­ar­beits­tat­be­stän­de be­zie­hen; nicht er­for­der­lich ist, dass im Zeit­punkt der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung die An­zahl der zu leis­ten­den oder be­reits ge­leis­te­ten Mehr­ar­beits­stun­den be­kannt ist. Der Dienst­herr ent­schei­det über die An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung von Mehr­ar­beit nach Er­mes­sen. Da­bei hat er ins­be­son­de­re zu prü­fen, ob nach dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über­haupt Mehr­ar­beit er­for­der­lich ist und wel­chem Be­am­ten sie über­tra­gen wer­den soll (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buch­holz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = ju­ris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = ju­ris Rn. 14 und vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 2 C 61.03 - BVer­w­GE 122, 65 <69> = ju­ris Rn. 18).

14 Be­reit­schafts­dienst ist nach § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE ab­gel­tungs­fä­hi­ger Dienst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buch­holz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Ok­to­ber 1979 - 2 C 7.78 - BVer­w­GE 59, 45 <46 f.> = ju­ris Rn. 41). Be­reit­schafts­dienst liegt vor, wenn der Be­am­te sich an ei­nem vom Dienst­herrn be­stimm­ten Ort au­ßer­halb des Pri­vat­be­reichs zu ei­nem je­der­zei­ti­gen un­ver­züg­li­chen Ein­satz be­reit­zu­hal­ten hat und er­fah­rungs­ge­mäß mit ei­ner dienst­li­chen In­an­spruch­nah­me zu rech­nen ist (BVer­wG, Ur­teil vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 2 C 90.07 - Buch­holz 240.1 BBe­sO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Le­gal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Nr. 12 Ar­beits­zeit­ver­ord­nung - AZV - vom 23. Fe­bru­ar 2006 <BGBl. I S. 427>).

15 b) "Ent­spre­chen­de Dienst­be­frei­ung" in § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE hei­ßt bei Be­reit­schafts­dienst - eben­so wie bei Voll­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich im Ver­hält­nis "1 zu 1". Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung nach Wort­laut, Sinn und Zweck so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te.

16 Der Wort­laut der Norm schlie­ßt es zwar nicht aus, zur Be­stim­mung des Um­fangs des zu ge­wäh­ren­den Frei­zeit­aus­gleichs auf das Maß und die In­ten­si­tät der In­an­spruch­nah­me wäh­rend der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit ab­zu­stel­len, legt aber we­gen des Feh­lens der Be­nen­nung die­ses Kri­te­ri­ums gleich­wohl na­he, dass al­lein an den zeit­li­chen Um­fang der ge­leis­te­ten Mehr­ar­beit an­ge­knüpft und da­mit oh­ne Un­ter­schei­dung nach der Art des Diens­tes - Voll­dienst oder Be­reit­schafts­dienst - vol­ler Frei­zeit­aus­gleich ge­währt wird.

17 Ent­schei­dend für die Aus­le­gung, dass auch bei Be­reit­schafts­dienst ein An­spruch auf vol­len Frei­zeit­aus­gleich be­steht, spre­chen Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE. Nach be­son­de­rer dienst­li­cher Be­an­spru­chung dient der Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch nicht in ers­ter Li­nie der Re­ge­ne­ra­ti­on des durch Mehr­ar­beit über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßig her­an­ge­zo­ge­nen Be­am­ten. Dienst­be­frei­ung für Mehr­ar­beit soll viel­mehr die Ein­hal­tung der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit - je­den­falls im Ge­samt­er­geb­nis - ge­währ­leis­ten. Dem Be­am­ten soll in un­ge­schmä­ler­tem Um­fang Frei­zeit zur Ver­wen­dung nach sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen und In­ter­es­sen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 10. De­zem­ber 1970 - 2 C 45.68 - BVer­w­GE 37, 21 <24 f.> = ju­ris Rn. 31 und vom 26. Ju­li 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der ge­setz­li­chen Ar­beits­zeit­re­ge­lung er­ge­ben­de Frei­zeit hat der Be­am­te auch dann ei­nen An­spruch, wenn er sie nicht zur Wie­der­her­stel­lung sei­ner Kräf­te be­nö­tigt.

18 Be­stä­tigt wird die­ses Er­geb­nis durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm. Der Be­griff der "ent­spre­chen­den" Dienst­be­frei­ung wur­de 1965 zu­nächst auf Bun­des­ebe­ne in den da­mals den Frei­zeit­aus­gleichs­an­spruch re­geln­den § 72 Abs. 2 BBG ein­ge­fügt. Zu­rück ging die­se For­mu­lie­rung auf ei­nen Vor­schlag aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges, wo­nach dem Mehr­ar­beit leis­ten­den Be­am­ten "dem Um­fang der Mehr­leis­tun­gen ent­spre­chend" Dienst­be­frei­ung zu ge­wäh­ren sein soll­te (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Be­ab­sich­tigt war ei­ne "kla­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ... des Um­fan­ges der als Äqui­va­lent für die ge­gen­über der re­gel­mä­ßi­gen Ar­beits­zeit er­höh­ten Dienst­leis­tun­gen zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung". "Ent­spre­chend" meint da­mit dem (zeit­li­chen) Um­fang - nicht: der In­ten­si­tät der Mehr­leis­tung - ent­spre­chend. Der Ber­li­ner Lan­des­ge­setz­ge­ber folg­te die­ser Ge­setz­ge­bung des Bun­des, in­dem er in sei­nem Lan­des­be­am­ten­ge­setz im Jah­re 1972 in den da­ma­li­gen § 36 eben­falls das Wort "ent­spre­chen­de" zur Kon­kre­ti­sie­rung des Um­fangs der bei Mehr­ar­beit zu ge­wäh­ren­den Dienst­be­frei­ung ein­füg­te (GVBl. S. 287).

19 c) Die­ses Er­geb­nis steht auch in Ein­klang mit Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) ist Be­reit­schafts­dienst hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der wö­chent­li­chen Höchst­ar­beits­zeit oh­ne Ein­schrän­kung wie Voll­dienst zu be­han­deln (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 3. Ok­to­ber 2000 - C-303/98 [ECLI:​ EU:​C:​2000:​528], Si­map - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. Sep­tem­ber 2003 - C-151/02 [ECLI:​EU:​C:​2003:​437], Jae­ger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. De­zem­ber 2005 - C-14/04 [ECLI:​EU:​C:​2005:​728], Del­las - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​23], Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung - Ar­beits­zeitricht­li­nie - de­fi­niert den Be­griff der Ar­beits­zeit, der au­to­nom, d.h. un­ab­hän­gig von na­tio­nal­staat­li­chen Er­wä­gun­gen und Be­son­der­hei­ten aus­zu­le­gen ist, weil nur so die ein­heit­li­che An­wen­dung in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den kann (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die An­wen­dung die­ses Ar­beits­zeit­be­griffs ist zwar auf den Re­ge­lungs­be­reich der Richt­li­nie be­schränkt und er­streckt sich des­halb nicht auf Fra­gen der Ver­gü­tung (vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 11. Ja­nu­ar 2007 - C-437/05, Vor­el - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2010 - C-429/09 [ECLI:​EU:​C:​2010:​717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich für Mehr­ar­beit steht aber der Um­fang der zu leis­ten­den Ar­beits­zeit selbst in Re­de. Wür­de Be­reit­schafts­dienst nicht in vol­lem Um­fang aus­ge­gli­chen, müss­ten die be­trof­fe­nen Be­am­ten ggf. mehr als die in der Ar­beits­zeitrich­tig­li­nie fest­ge­leg­ten 48 Wo­chen­stun­den ar­bei­ten.

20 2. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ist eben­falls un­be­grün­det. Die gel­tend ge­mach­ten Zei­ten sind nach den bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts kei­ne - un­ter den Vor­aus­set­zun­gen an­ge­ord­ne­ter oder ge­neh­mig­ter Mehr­ar­beit - frei­zeit­aus­gleichs­pflich­ti­gen Be­reit­schafts­dienst­zei­ten.

21 Nach den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts hat sich der Klä­ger zwar an ei­nem von sei­ner Dienst­be­hör­de be­stimm­ten Ort au­ßer­halb sei­ner Woh­nung auf­hal­ten müs­sen. Al­ler­dings ha­be die­se Auf­ent­halts­be­stim­mung nicht den Zweck ge­habt, die Her­an­zie­hung zur Dienst­leis­tung zu er­mög­li­chen; ei­ne Na­ch­alar­mie­rung sei nicht vor­ge­se­hen ge­we­sen. Au­ßer­dem feh­le es auch an der An­ord­nung oder Ge­neh­mi­gung ei­ner Mehr­ar­beit.

22 Nach die­sen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen han­delt es sich man­gels ei­ner Dienst­leis­tungs­pflicht nicht um Dienst­zeit - auch nicht in der Form des Be­reit­schafts­diens­tes -, so­dass ein An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich nach § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG BE nicht in Be­tracht kommt. Die­se tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen sind für das Re­vi­si­ons­ge­richt bin­dend; bei der Sprung­re­vi­si­on sind Ver­fah­rens­rü­gen - auch so­weit sie sich auf tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts be­zie­hen - kraft Ge­set­zes aus­ge­schlos­sen (§ 134 Abs. 4 Vw­GO).

23 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO.