Verfahrensinformation

Vergütung von Mehrarbeit bei Ruhestandsversetzung infolge eines Dienstunfalls


Der Kläger beansprucht die finanzielle Abgeltung von Mehrarbeit.


Der Kläger, zuletzt im Amt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) im Landesdienst, erlitt im September 2016 einen Unfall, der mit Bescheid vom November 2017 als Dienstunfall anerkannt wurde. An den Unfall schlossen sich Zeiten dienstunfähiger Erkrankung an, die unter anderem durch den zeitlichen Ausgleich geleisteter Mehrarbeitsstunden und Erholungsurlaub unterbrochen wurden. Mit Ablauf des 31. Juli 2018 ist der Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden.


Im Juli 2018 beantragte der Kläger die finanzielle Abgeltung der geleisteten Mehrarbeitsstunden im Umfang von 205 Stunden. Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf Vergütung von Mehrarbeit gemäß § 78 Abs. 3 Satz 3 des Saarländischen Beamtengesetzes nicht bestehe. Die wegen angeordneter Mehrarbeit an sich zu gewährende Dienstbefreiung sei nicht aus zwingenden dienstlichen Gründen unmöglich gewesen. Ein solcher Grund liege nicht in dem Umstand, dass Freizeitausgleich während der aktiven Dienstzeit nicht habe erfolgen können, weil ein Beamter nach Ableistung der Mehrarbeit aufgrund eines Dienstunfalls erkrankt und in der Folge wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sei. Ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung oder Entschädigung ergebe sich auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen.


Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision.



Pressemitteilung Nr. 8/2024 vom 07.03.2024

Vergütung von Mehrarbeit bei Ruhestandsversetzung infolge eines Dienstunfalls

Nach den Regelungen des Saarländischen Beamtengesetzes steht dem Dienstherrn für den zeitlichen Ausgleich von Mehrarbeit ein Jahr zur Verfügung. Danach wandelt sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich in einen Vergütungsanspruch um. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger, zuletzt im Amt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) im Landesdienst, wurde in den Jahren 2015 und 2016 mehrfach zu Mehrarbeit im Rahmen von Polizeieinsätzen herangezogen. Im September 2016 erlitt er einen Dienstunfall. Daran schlossen sich Krankheitszeiten an, die u. a. durch den zeitlichen Ausgleich geleisteter Mehrarbeitsstunden und Erholungsurlaub unterbrochen wurden. Mit Ablauf des 31. Juli 2018 ist der Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. Deshalb beantragte er die finanzielle Abgeltung geleisteter Mehrarbeit im Umfang von 205 Stunden. Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Der Dienstherr ist verpflichtet, für angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 des Saarländischen Beamtengesetzes (SBG) innerhalb eines Jahres Dienstbefreiung zu gewähren. Dieser vorrangige Freizeitausgleich darf nur unterbleiben, wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht realisierbar ist. In diesem Fall eröffnet § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung. Das Erfordernis entgegenstehender zwingender dienstlicher Gründe beschränkt den Dienstherrn. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, darf der Dienstherr von der angeordneten Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres absehen.


Dies ist dann der Fall, wenn der an sich dem Beamten zu gewährende Freizeitausgleich mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen oder Gefährdungen des Dienstbetriebs führen würde. In der Person des Beamten liegende Gründe, insbesondere Krankheit, zählen dazu nicht. Nach Ablauf der Jahresfrist ist die Gewährung von Dienstbefreiung nicht mehr möglich. Ein Anspruch des Beamten auf Freizeitausgleich wandelt sich in einen Vergütungsanspruch um.


Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig keine Tatsachenfeststellungen insbesondere zu den Zeitpunkten der Einsätze und dem jeweiligen Umfang der erbrachten Mehrarbeitsstunden getroffen hat. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht.


BVerwG 2 C 2.23 - Urteil vom 07. März 2024

Vorinstanzen:

OVG Saarlouis, OVG 1 A 333/20 - Urteil vom 27. Dezember 2022 -

VG Saarlouis, VG 2 K 2140/18 - Urteil vom 22. September 2020 -


Urteil vom 07.03.2024 -
BVerwG 2 C 2.23ECLI:DE:BVerwG:2024:070324U2C2.23.0

Vergütung von Mehrarbeit bei Ruhestandsversetzung infolge eines Dienstunfalls

Leitsätze:

1. Der Dienstherr ist gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG verpflichtet, für angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit innerhalb eines Jahres Dienstbefreiung zu gewähren. Dieser vorrangige Freizeitausgleich darf nur unterbleiben, wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht realisierbar ist. In diesem Fall eröffnet § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung.

2. Der Umstand, dass die wegen Mehrarbeit zu gewährende Dienstbefreiung nicht innerhalb der Jahresfrist des § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG erfolgen konnte, weil der Beamte infolge eines Dienstunfalls erkrankt und sodann wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird, stellt keinen zwingenden dienstlichen Grund i. S. d. § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG dar. Der Gesetzgeber ist nicht aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, für diese Konstellation eine finanzielle Ausgleichsregelung zu schaffen.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1
    VwGO § 137 Abs. 2, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 144 Abs. 4, § 191 Abs. 2
    BeamtStG § 63 Abs. 3 Satz 2
    BRRG § 44, § 127 Nr. 2
    BBG § 88
    SBG § 78 Abs. 3 Satz 2 und 3

  • VG Saarlouis - 22.09.2020 - AZ: 2 K 2140/18
    OVG Saarlouis - 27.12.2022 - AZ: 1 A 333/20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 07.03.2024 - 2 C 2.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:070324U2C2.23.0]

Urteil

BVerwG 2 C 2.23

  • VG Saarlouis - 22.09.2020 - AZ: 2 K 2140/18
  • OVG Saarlouis - 27.12.2022 - AZ: 1 A 333/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Dezember 2022 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger beansprucht die finanzielle Abgeltung von Mehrarbeit.

2 Der 1959 geborene Kläger, zuletzt im Amt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) im Landesdienst, wurde in den Jahren 2015 und 2016 mehrfach zu Mehrarbeit im Rahmen von Polizeieinsätzen herangezogen. Am 11. September 2016 erlitt er einen Unfall, der mit Bescheid vom 13. November 2017 als Dienstunfall anerkannt wurde. An den Unfall schlossen sich Krankheitszeiten an, die u. a. durch den zeitlichen Ausgleich geleisteter Mehrarbeitsstunden und Erholungsurlaub unterbrochen wurden. Mit Ablauf des 31. Juli 2018 versetzte der Beklagte den Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand. Im Hinblick darauf beantragte der Kläger die finanzielle Abgeltung geleisteter Mehrarbeit im Umfang von 205 Stunden.

3 Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf Vergütung von Mehrarbeit bestehe nicht. Zwar seien sich die Beteiligten darin einig, dass der Kläger zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand insgesamt 205 nicht durch Dienstbefreiung oder Vergütung abgegoltene, dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeitsstunden geleistet habe. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Mehrarbeitsvergütung lägen aber nicht vor. Ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich sei nicht bereits während der aktiven Dienstzeit des Klägers als dienstfähiger Polizeibeamter entstanden. Der Kläger habe eine Dienstbefreiung als Ausgleich für die Mehrarbeitsstunden nicht beantragt. Die wegen angeordneter Mehrarbeit an sich zu gewährende Dienstbefreiung sei auch nicht aus zwingenden dienstlichen Gründen unmöglich gewesen. Ein solcher Grund liege nicht in dem Umstand, dass Freizeitausgleich während der aktiven Dienstzeit nicht habe erfolgen können, weil der Beamte nach Ableistung der Mehrarbeit aufgrund eines Dienstunfalls erkrankt und in Folge dessen wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sei. Ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung oder Entschädigung ergebe sich auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen.

4 Hiergegen wendet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Dezember 2022 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. September 2020 sowie den Bescheid des Landespolizeipräsidiums vom 24. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport vom 5. Dezember 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine finanzielle Abgeltung für 205 geleistete Mehrarbeitsstunden zu gewähren,
hilfsweise festzustellen, dass das Fehlen einer Ausgleichsregelung für die infolge seiner Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nicht mehr kompensierbaren Mehrarbeitsstunden den Kläger in seinen Rechten verletzt.

5 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

6 Die zulässige Revision des Klägers ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend entschieden, dass die Unmöglichkeit der Gewährung von Dienstbefreiung wegen einer auf einem Dienstunfall beruhenden Dienstunfähigkeit kein die Gewährung einer Mehrarbeitsvergütung ermöglichender zwingender dienstlicher Grund ist (2.) und diese Differenzierung auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (4.). Sowohl die Auffassung, die Gewährung von Dienstbefreiung setze einen vorangegangenen Antrag des Beamten voraus (1.), als auch die Annahme, Mehrarbeitsvergütung könne nur ein noch im Dienst befindlicher Beamter beanspruchen (3.), verletzen aber revisibles Recht. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat über die Anträge des Klägers nicht abschließend entscheiden (5.).

7 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Entstehung des Anspruchs auf finanzielle Abgeltung geleisteter Mehrarbeitsstunden im (noch) aktiven Dienstverhältnis setze einen vorherigen Antrag des Beamten auf Dienstbefreiung voraus, um durch die förmliche Ablehnung dieses Antrags wegen entgegenstehender zwingender dienstlicher Gründe die Voraussetzung für eine finanzielle Abgeltung der geleisteten Mehrarbeit zu schaffen, verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

8 Gemäß § 78 Abs. 3 Satz 1 des Saarländischen Beamtengesetzes in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der streitgegenständlichen Einsätze (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2021 - 2 C 18.20 - BVerwG 172, 254 Rn. 16) geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 11. März 2009 (Amtsbl. I S. 514, SBG) sind Beamte verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Umfang von mehr als einem Achtel der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit im Monat beansprucht, ist ihnen gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG innerhalb eines Jahres grundsätzlich entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Ist eine Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können an ihrer Stelle Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern gemäß § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG für einen Zeitraum von bis zu 480 Stunden im Jahr eine Vergütung erhalten.

9 § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG, an den § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG anknüpft, sieht das Erfordernis eines Antrags auf Dienstbefreiung nicht vor. Die Vorschrift verpflichtet - ebenso wie § 88 Satz 2 BBG und entsprechende landesrechtliche Regelungen - vielmehr den Dienstherrn, die erbrachte Mehrarbeit innerhalb eines Jahres durch Freizeit von Amts wegen auszugleichen. Dabei ist es dem Dienstherrn überlassen, innerhalb dieser Frist unter Berücksichtigung der dienstlichen Verhältnisse den Zeitraum auszuwählen, in dem er den Beamten - sei es zusammenhängend oder aufgeteilt - vom Dienst befreit, ohne dass der Beamte dies rechtlich beeinflussen oder auch nur mitbestimmen kann. § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG verlangt von dem Beamten kein bestimmtes Verhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <23 f.> zur inhaltsgleichen Regelung des § 72 Abs. 2 Satz 2 BBG a. F.) und kann deshalb auch nicht zu einem Rechtsausschluss führen, wenn der Beamte etwas unterlässt.

10 2. Zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, es stelle keinen zwingenden dienstlichen Grund i. S. d. § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG für die Nichtgewährung der gebotenen Dienstbefreiung dar, dass der Beamte nach Ableistung der Mehrarbeit aufgrund eines Dienstunfalls erkrankt und infolgedessen wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird.

11 In der Rechtsprechung des Senats ist für die dem § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG entsprechende Regelung des § 88 Satz 4 BBG und für inhaltsgleiche landesrechtliche Regelungen geklärt, dass die Tatbestandsvoraussetzung der einer Dienstbefreiung entgegenstehenden zwingenden dienstlichen Gründe nicht erfüllt ist, wenn in der Person des Beamten liegenden Gründe, wie etwa Krankheit, den fristgerechten Freizeitausgleich hindern. Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn der an sich dem Beamten zu gewährende Freizeitausgleich mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen oder einer Gefährdung des Dienstbetriebs führen würde (BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 2 C 27.09 - Buchholz 240 § 48 BBesG Nr. 13 Rn. 11 zu § 85 Abs. 2 Satz 3 HBG Fassung 1997; Beschluss vom 24. Mai 1985 - 2 B 45.85 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 26 S. 10 zu § 72 Abs. 2 Satz 3 BBG a. F.). Im Hinblick auf die auf höchster Prioritätsstufe verlangten dienstlichen Gründe muss die weitere Dienstleistung des betroffenen Beamten unerlässlich sein, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben - und damit die Funktionsfähigkeit des Verwaltungsbereichs - sicherstellen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 C 68.08 - NVwZ-RR 2009, 893 Rn. 17 und vom 30. März 2006 - 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 Rn. 17 f.). Insbesondere in den Verwaltungsbereichen, die, wie - hier - die Polizei oder die Feuerwehr und der Strafvollzug, der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienen und mit denen der Staat Leib und Leben seiner Bürger unmittelbar schützt, müssen durch die Gewährung von Freizeitausgleich Einbußen am Sicherheitsstandard zu befürchten sein, die nicht hinnehmbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 36 f.).

12 Keine andere Sichtweise ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit habe unter anderem auch den Zweck, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten, deshalb liege darin - wie vom Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil vom 5. März 2013 ‌- W 1 K 12.455 - juris Rn. 29) angenommen - ein zwingender dienstlicher Grund i. S. d. § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG. Diese Argumentation übersieht, dass Bezugspunkt der gesetzlichen Regelung nicht die Versetzung in den Ruhestand, sondern die Möglichkeit der Gewährung von Dienstbefreiung ist. Diese muss aus zwingenden dienstlichen Gründen unmöglich sein.

13 3. Der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, Mehrarbeitsvergütung könne nur ein noch im aktiven Dienst befindlicher Beamter beanspruchen, weil nur diesem auch noch Dienstbefreiung gewährt werden könne, liegt aber ein fehlerhaftes Verständnis des Regelungssystems der Mehrarbeit zugrunde. Nach § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG ist für die angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit innerhalb eines Jahres Dienstbefreiung zu gewähren. Dieser vorrangige Ausgleich darf nur unterbleiben, wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. In diesem Fall eröffnet Satz 3 die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung, die vor Ablauf eines Jahres gesperrt ist. "An die Stelle" der Dienstbefreiung tritt dann der Vergütungsanspruch: Der Anspruch auf Freizeitausgleich wandelt sich in einen Vergütungsanspruch um. Durch § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG ist damit dienstrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, Beamten für die geleistete Mehrarbeit unter den genannten Voraussetzungen eine Mehrarbeitsvergütung zu gewähren. Ob und ggf. in welcher Höhe die Mehrarbeit vergütet wird, ergibt sich aus den einschlägigen Regelungen des Besoldungsrechts (vgl. zu § 88 Satz 4 BBG auch Corsmeyer, in: GKÖD Bd. I, Stand Dezember 2023, L § 88 Rn. 27).

14 a) Nach seiner Wortfassung enthält § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG die ausdrückliche Anordnung, dass für erbrachte Mehrarbeit Dienstbefreiung in gleichem zeitlichen Umfang innerhalb eines Jahres zu gewähren ist. Das Wort "grundsätzlich" bezieht sich nach der Satzstellung nicht auf die einzuhaltende Jahresfrist, sondern auf die Gewährung von Dienstbefreiung. Von diesem Regelungsgehalt geht auch der in unmittelbarem systematischen Zusammenhang stehende § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG aus. Mit der im Präsens gehaltenen Formulierung "ist eine Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich" ist ebenso wie mit der Formulierung "an ihrer Stelle" die in § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG innerhalb eines Jahres zu gewährende Dienstbefreiung in Bezug genommen. Der vorrangige Freizeitausgleich innerhalb der Jahresfrist darf nur unterbleiben, wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht realisierbar ist; das Erfordernis entgegenstehender zwingender dienstlicher Gründe beschränkt den Dienstherrn. In diesem Fall eröffnet § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung.

15 Dieses Verständnis entspricht dem Sinn und Zweck der Norm. Die in § 78 SBG getroffenen Regelungen einschließlich der Regelung des Ausgleichs der Mehrarbeit durch Dienstbefreiung haben in erster Linie den Zweck, die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - zu gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen, ungeachtet dessen, ob er diese Zeit auch zur Regeneration und Wiederherstellung seiner Arbeitskraft benötigt (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <23 f.> zu § 72 Abs. 2 Satz 2 BBG a. F. und vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - BVerwGE 156, 262 Rn. 16 ff. zu § 88 Satz 2 BBG).

16 Dieser arbeitszeitrechtliche Hauptzweck findet sich in den Motiven des Landesgesetzgebers bestätigt. Der bei der Umsetzung der Föderalismusreform durch Art. 1 des Gesetzes Nr. 1675 zur Anpassung dienstrechtlicher Vorschriften an das Beamtenstatusgesetz vom 11. März 2009 neu gefasste § 78 SBG basiert inhaltlich auf der bis dahin geltenden Arbeitszeitregelung des § 87 SBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 2005 (Amtsbl. S. 2010, SBG a. F.; vgl. LT-Drs. 13/2237, S. 84), dessen Regelung über Mehrarbeit in § 87 Abs. 3 SBG a. F. seine rahmengesetzliche Grundlage in dem bis zum 31. März 2009 geltenden § 44 BRRG fand. Bezweckt war mit dem rahmenrechtlich in § 44 Satz 2 BRRG vorgegebenen Ausgleichszeitraum für Mehrarbeit, dass innerhalb der gesetzlich festgelegten Zeitspanne Freizeitausgleich für die die normale Arbeitszeit übersteigende Mehrarbeit erfolgen muss (vgl. Schriftlicher Bericht des Innenausschusses vom 27. Februar 1971 S. 7, 11 f. zum Ersten Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern <1. BesVNG> vom 18. März 1971 <BGBl. I S. 208> und der dort vorgesehenen Neufassung des § 44 BRRG durch Art. V § 4 Nr. 1 1. BesVNG, BRRG Fassung 1971).

17 Der ursprünglich in § 44 Satz 2 BRRG 1971 auf drei Monate festgelegte Ausgleichszeitraum wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b) des Gesetzes zur Modernisierung der Besoldungsstruktur (Besoldungsstrukturgesetz) vom 21. Juni 2022 (BGBl I S. 2138) auf Initiative der Länder auf ein Jahr erweitert. Die Länder hatten sich in dem vom Bundesrat beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Fortsetzung der Dienstrechtsreform (BT-Drs. 14/3458 S. 3 und 5) für eine Erweiterung des Ausgleichszeitraums ausgesprochen. In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates hatte die Bundesregierung diese Erweiterung des Ausgleichszeitraums mit der Begründung befürwortet, für die Fälle flexibler Arbeitszeitgestaltung sei der Ausgleichszeitraum bereits auf ein Jahr heraufgesetzt und der Ausgleichszeitraum für geleistete Mehrarbeit solle dem angeglichen werden (BT-Drs. 14/3458, S. 7). Im Rahmen des Besoldungsstrukturgesetzes wurde der Vorschlag des Bundesrates für die Erweiterung des Ausgleichszeitraums für geleistete Mehrarbeit für das Beamtenrechtsrahmengesetz umgesetzt und für das Bundesbeamtengesetz übernommen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Besoldungsstruktur, BT-Drs. 14/8623, S. 28 f.).

18 b) Nach der ausdrücklichen und eindeutigen Anordnung in § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG ist die Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres zu gewähren. Da für die vorliegende Fallgestaltung Sonderregelungen - wie etwa für den Schuldienst oder im Hinblick auf die Anrechnung geleisteter Mehrarbeit auf Langzeitarbeitszeitkonten - nicht ersichtlich sind, kann die geleistete Mehrarbeit nach Ablauf dieses Jahres nicht mehr durch Dienstbefreiung abgegolten werden.

19 Hat der Dienstherr den betroffenen Beamten innerhalb der vorgeschriebenen Jahresfrist nach Ableistung der angeordneten oder genehmigten Mehrarbeit nicht in entsprechendem Umfang vom Dienst befreit, kommt es - rückblickend betrachtet - darauf an, ob hierfür zwingende dienstliche Gründe vorlagen. Nur in diesem Fall eröffnet § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung, die vor Ablauf eines Jahres gesperrt ist. Der Anspruch auf Freizeitausgleich wandelt sich in einen Anspruch auf Vergütung um. Voraussetzungen und Höhe der dann dienstrechtlich zulässigen Vergütung sind im Besoldungsrecht geregelt. Maßgebend sind im vorliegenden Fall die im Zeitraum der geleisteten Mehrarbeit geltenden Vorschriften des Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 des Saarländischen Besoldungsgesetzes in der Fassung vom 21. Januar 2015 (Amtsbl. I S. 184) i. V. m. § 48 Abs. 1 BBesG 2006 und den in das Landesrecht übergeleiteten Regelungen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeit für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3494), geändert durch das Gesetz zur Anpassung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen in den Jahren 2015 und 2016 vom 23. September 2015 (Amtsbl. I S. 720).

20 c) Die Umwandlung des Freizeitausgleichanspruchs in einen Geldanspruch tritt aber auch dann ein, wenn der vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Fall gegeben sein sollte, dass zwar zwingende dienstliche Gründe der Dienstbefreiung nicht entgegenstanden, aber der Dienstherr dem Beamten den Freizeitausgleich innerhalb der dafür vorgesehenen Frist rechtswidrig vorenthalten hat. Denn hier muss der Anspruch erst recht bestehen. Es wäre mit dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung einschließlich des Ausgleichs der zeitlichen Mehrbeanspruchung durch Dienstbefreiung nicht zu vereinbaren, dass der in § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG vorgesehene Anspruch auf Dienstbefreiung nach einem Jahr ersatzlos nur deshalb entfiele, weil ihn der Dienstherr rechtswidrig nicht erfüllt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <28>). Sekundäre Ansprüche bestünden in diesem Fall nicht. Für einen Schadensersatzanspruch fehlt es an einem in Geld zu ersetzenden Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 10; Corsmeyer, in: GKÖD Bd. I, Stand Dezember 2023, L § 88 Rn. 66).

21 d) Aus der gesetzlichen Konzeption des § 78 Abs. 3 Satz 2 und 3 SBG folgt, dass es im Risikobereich des Beamten liegt, wenn Mehrarbeitszeiten, in denen Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres dienstlich noch möglich war, ohne Ausgleich bleiben, weil die Dienstbefreiung aus in seiner Person liegenden Gründen scheiterte. Denn innerhalb der Jahresfrist darf der Anspruch auf Kompensation von Mehrarbeit durch Freizeitausgleich erfüllt werden.

22 4. Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, dass ein Ausgleich in Geld nicht beansprucht werden kann, wenn die wegen Mehrarbeit zu gewährende Dienstbefreiung nicht innerhalb der Jahresfrist des § 78 Abs. 3 Satz 2 SBG erfolgen konnte, weil der Beamte infolge eines Dienstunfalls erkrankt und sodann wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird. Der Gesetzgeber ist nicht aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichtet, eine finanzielle Ausgleichsregelung für derartige Konstellationen zu schaffen. Der Gesetzgeber hat die Vergütung von Mehrarbeit als Ausnahme von den Grundsätzen des Beamtenrechts aus sachlichen Gründen nur begrenzt zugelassen (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 21. Februar 1991 - 2 C 48.88 - BVerwGE 88, 60 <65> und vom 28. Mai 2003 - 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 10). Nach der gesetzgeberischen Entscheidung ist Mehrarbeit grundsätzlich allein durch Dienstbefreiung auszugleichen; nur ausnahmsweise erfolgt eine finanzielle Kompensation. Lediglich für die Mehrarbeitsstunden, die dem betroffenen Beamten wegen seiner dienstlichen Inanspruchnahme aus zwingenden Gründen des Dienstbetriebs nicht innerhalb des dafür vorgesehenen Jahreszeitraums in Freizeit abgegolten werden können, entsteht ein Vergütungsanspruch. Mit dem Anknüpfen an die zwingende dienstliche Inanspruchnahme des betroffenen Beamten, die dem Dienstherrn eine fristgerechte Erfüllung des Freizeitausgleichs unmöglich macht, hat der Gesetzgeber ein sachliches Differenzierungsmerkmal gewählt und damit in zulässiger Weise ein darüber hinausgehendes finanzielles Interesse der Beamten an der Abgeltung von Mehrarbeit ausgeschlossen.

23 Ungeachtet dessen bleibt es dem Gesetz- und Verordnungsgeber in solchen oder anderen (Unmöglichkeits-)Konstellationen unbenommen, unter Billigkeitserwägungen Modelle eines Interessenausgleichs zu entwickeln (vgl. etwa § 14a Abs. 11 der Verordnung über die Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 13. April 2022 <GV. NRW. S. 524> über den finanziellen Ausgleich von Zeitguthaben bei Langzeitarbeitskonten oder § 8b Abs. 5 der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten in der Fassung vom 30. September 2015 <Nds. GVBl. S. 196> über den finanziellen Ausgleich von Zeitguthaben bei Freijahresregelungen und freiwilligen Arbeitszeitkonten).

24 5. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Für eine abschließende Entscheidung über den mit der Leistungsklage zu verfolgenden Hauptantrag des Klägers bedarf es weiterer Sachaufklärung, die dem Revisionsgericht verwehrt ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

25 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat der Kläger zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand insgesamt 205 nicht durch Dienstbefreiung oder Vergütung abgegoltene, dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeitsstunden geleistet. Nicht geklärt ist, bei welchen Einsatzlagen der Kläger Mehrarbeit geleistet hat. Auf informatorische Befragung in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, dass die Bereitschaftspolizei des Landes bei dem G7-Gipfel in Elmau vom 26. Mai bis 9. Juni 2015, bei ...-Demonstrationen in Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 2015 sowie vom 10. bis 12. Januar 2016, bei dem Besuch des Präsidenten Obama in Hannover vom 21. bis 26. April 2016 und bei dem GSZE-Gipfel in Hamburg vom 6. bis 12. Dezember 2016 eingesetzt war. Die Beteiligten konnten aber keine Angaben dazu machen, ob der Kläger an sämtlichen Einsätzen teilgenommen hat, und damit auch nicht, in welchem Umfang er Mehrarbeit bei welchen Einsätzen geleistet hat. Keine Feststellungen enthält das Berufungsurteil auch zu der Frage, ob der Dienstherr aus zwingenden dienstlichen Gründen gehindert war, innerhalb der nach Ableistung der Mehrarbeit in Lauf gesetzten Jahresfristen den entsprechenden Freizeitausgleich gegenüber dem Kläger zu erfüllen, oder ggf. ob er ihm den Freizeitausgleich wegen eines vermeintlichen Antragserfordernisses rechtswidrig vorenthalten hat.

26 Insoweit weist der Senat darauf hin, dass es dem Dienstherrn obliegt, darzulegen, ob er aufgrund der für erforderlich gehaltenen personellen Ausstattung des Dienstbetriebs gehindert war, fristgerecht Dienstbefreiung zu gewähren, und ob und wie - mit oder ohne Antrag - er den zeitlichen Ausgleich angefallener Mehrarbeit von Beamten in die Dienstplanung einbezogen hat. Zwar trägt der Kläger nach der allgemeinen Beweislastregel grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen bei dem geltend gemachten Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 78 Abs. 3 Satz 3 SBG. Allerdings ist in dem vom Grundsatz der Amtsermittlung geprägten Verwaltungsprozess zu berücksichtigen, dass die Beteiligten ohne Rücksicht auf die Verteilung der materiellen Beweislast zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Das schließt ein, dass einem Beteiligten eine besondere Mitwirkungspflicht hinsichtlich solcher Umstände obliegt, die allein in seiner Sphäre, seinem Verantwortungs- und Verfügungsbereich liegen. Dies trifft auf die im Organisationsermessen des Dienstherrn liegende sachliche und personelle Ausgestaltung des Dienstbetriebs zu. Kommt der Dienstherr einer danach bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nach und wird dadurch die Sachverhaltsaufklärung schwierig oder gar unmöglich, kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des anspruchsberechtigten Beamten erwägen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 1969 - 6 C 121.65 - BVerwGE 34, 225 <226 f.>, vom 20. Januar 2000 - 2 C 13.99 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 4 S. 3 f. und vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 45).