Beschluss vom 17.05.2021 -
BVerwG 9 A 7.20ECLI:DE:BVerwG:2021:170521B9A7.20.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 17.05.2021 - 9 A 7.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:170521B9A7.20.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 7.20
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Mai 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:
- Die Anhörungsrüge der Kläger gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsverfahrens zu je 1/3.
Gründe
1 Die zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Senat hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
2 1. Die den Klägern in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 gewährte Schriftsatzfrist war nicht unverhältnismäßig kurz.
3 Wie der Senat bereits im Zusammenhang mit dem Antrag der Kläger auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, kann dahinstehen, ob es zur Gewährung des rechtlichen Gehörs überhaupt eines Schriftsatznachlasses bedurfte, denn jedenfalls war die Frist, die bis zu ihrem Ablauf am Sonntag, den 28. Juni 2020 drei volle Werktage umfasste, objektiv nicht zu kurz bemessen. Zur Begründung wird auf die Erwägungen im Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - (Rn. 60 ff.) verwiesen, an denen der Senat festhält. Das Vorbringen der Kläger in ihren Schriftsätzen vom 7. Juli 2020 und 26. Oktober 2020 (dort Rügen C.1 und C.3) rechtfertigt keine andere Beurteilung.
4 a) Die von den Klägern angeführte Frist von zwei Wochen für die Erhebung einer Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist für die Bemessung einer richterlich gesetzten Äußerungsfrist, für die die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgebend sind (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Februar 2003 - 2 BvR 153/02 - NVwZ 2003, 859 <860>), ohne Bedeutung.
5 b) Überlegungen des Senats zu den gewöhnlichen Arbeitsabläufen in einem Anwaltsbüro und den Schwierigkeiten bei einer Übermittlung von Schriftsätzen an einem Wochenende waren entgegen der Auffassung der Kläger nicht veranlasst, weil bereits die von der Schriftsatzfrist umfassten drei Werktage ausreichten, um eine sachlich fundierte Äußerung der Kläger bei Gericht einzureichen.
6 c) Die Schriftsatzfrist war nicht im Hinblick auf die "Komplexität des vorzutragenden Prozessstoffes" unverhältnismäßig kurz bemessen. Der Verweis der Kläger auf die Länge ihres nachgelassenen Schriftsatzes vom 26. Juni 2020 (71 Seiten) ist in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht aussagekräftig, weil der Inhalt dieses Schriftsatzes zu einem nicht unerheblichen Anteil über die Fragestellung hinausgeht, deretwegen die Schriftsatzfrist gewährt worden ist.
7 Anlass für den Schriftsatznachlass waren Bedenken des Gerichts gegen die Zulässigkeit der Klage, die unter Hinweis auf die Rechtsprechung im Baunachbarrecht mit den Stichworten "Verwirkung des Klagerechts" und "Orientierung an der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO" umschrieben wurden. Dabei geht es um die im öffentlichen Baurecht bekannte Thematik der Nachbarklage, die nach einhelliger Auffassung innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, in dem der Nachbar sichere Kenntnis von der rechtsverletzenden Baugenehmigung hatte oder hätte haben müssen, erhoben werden muss (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - 4 C 2.72 - BVerwGE 44, 294 <298 ff.>). Der Grundgedanke, dass dem Baunachbarn die Berufung auf das Fehlen einer förmlichen Bekanntgabe der Baugenehmigung in dieser Situation nach Treu und Glauben verwehrt ist, wird teilweise - verkürzt und deshalb rechtlich unscharf - damit umschrieben, dass der Nachbar sein Klagerecht "verwirkt" habe (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 B 5.10 - juris Rn. 8; OVG Münster, Beschluss vom 19. Oktober 2016 - 8 B 594.16 - juris Rn. 13). Darüber hinaus ist anerkannt, dass auch eine "echte" Verwirkung (sowohl des verfahrensrechtlichen Widerspruchs- bzw. Klagerechts als auch des materiellen Abwehrrechts) in Betracht kommt, die je nach den Umständen des Einzelfalls auch schon vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO eintreten kann (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - 4 C 2.72 - BVerwGE 44, 294 <298 ff.>; Beschluss vom 11. September 2018 - 4 B 34.18 - Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 28 Rn. 9 ff., 14 f. m.w.N.). Der Schriftsatznachlass sollte den Klägern Gelegenheit geben, zur Übertragbarkeit dieser im Baunachbarrecht anerkannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall Stellung zu nehmen. Dass hierfür drei Werktage ohne Weiteres ausreichend waren, hat der Senat bereits in den Urteilsgründen ausgeführt.
8 d) Unschädlich ist, dass das Gericht bei der Protokollierung des erteilten Hinweises die mündlich angesprochene "Parallele zum Baunachbarrecht" nicht ausdrücklich schriftlich fixiert, sondern mit den oben genannten Stichworten (Verwirkung, Jahresfrist) umschrieben hat. Der rechtliche Hintergrund des Hinweises war eindeutig und ist von den Klägern auch zutreffend eingeordnet und verstanden worden; die einschlägigen baurechtlichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sind in dem nachgelassenen Schriftsatz thematisiert worden. Aus diesem Grund liegt auch keine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht vor, wobei dahinstehen kann, inwieweit die von den Klägern angeführte Vorschrift des § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überhaupt entsprechend anwendbar ist (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25. August 2003 - 6 B 43.03 - Buchholz 451.45 § 101 HwO Nr. 2 S. 1 f. und vom 24. Februar 2020 - 9 BN 9.18 - juris Rn. 42 m.w.N.).
9 e) Soweit die Kläger schließlich einen Beleg für die "überspannten und unzumutbaren Erwartungen" des Gerichts darin sehen, dass der Senat selbst nicht in der Lage gewesen sei, in der Zeit bis zur Niederlegung der Urteilsgründe die "einschlägige Rechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts ausfindig zu machen, verfängt dies bereits deshalb nicht, weil es sich bei den von den Klägern zitierten Urteilen vom 3. Juli 1987 - 4 C 12.84 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 72) und vom 27. November 1996 - 11 A 100.95 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 18) nicht um einschlägige Rechtsprechung handelt. Denn sie verhalten sich nicht ansatzweise zu der vorliegend maßgeblichen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Frage (vgl. Protokoll vom 23. Juni 2020 S. 2), ob und inwieweit sich ein Grundstückseigentümer, dessen Betroffenheit sich erst aus der nachträglichen Einbeziehung in eine Unternehmensflurbereinigung ergibt, noch gegen den zuvor ergangenen Planfeststellungsbeschluss wehren kann.
10 2. Aus der geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit aller Senatsmitglieder, die am Urteil vom 2. Juli 2020 mitgewirkt haben (Rüge C.2), lässt sich eine Gehörsverletzung nicht herleiten. Das Ablehnungsgesuch der Kläger ist mit Beschluss vom 14. April 2021 - auch in Bezug auf den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht a.D. Dr. B. - als unbegründet zurückgewiesen worden. Entgegen der (mit Schriftsatz vom 12. Mai 2021 wiederholten und bekräftigten) Ansicht der Kläger bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Richter, die an der mündlichen Verhandlung und Urteilsfindung mitgewirkt haben, den Klägern nicht unvoreingenommen und unbefangen gegenübergestanden haben.
11 3. Die Rüge der Kläger, der Senat habe wesentlichen Vortrag, insbesondere aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 26. Juni 2020, nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt, greift ebenfalls nicht durch.
12 Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Es soll als Prozessgrundrecht insbesondere sicherstellen, dass die zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141 <143> und Kammerbeschluss vom 18. Januar 2011 - 1 BvR 2441/10 - juris Rn. 11 m.w.N.). Das Gericht ist jedoch weder verpflichtet, den Rechtsansichten eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in seinen Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr des BVerfG, vgl. nur Urteil vom 2. März 2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 <180> und Kammerbeschluss vom 2. Juli 2018 - 1 BvR 682/12 - NVwZ 2018, 1561 Rn. 19 m.w.N.). In der Regel ist davon auszugehen, dass es den Vortrag der Beteiligten pflichtgemäß zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung berücksichtigt hat. Allein die Nichterwähnung einzelner Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens rechtfertigt daher nicht den Schluss, das Gericht habe sich mit diesen Argumenten nicht befasst (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>; Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 Rn. 32 und vom 23. Mai 2018 - 1 BvR 97/14, 2392/14 - BVerfGE 149, 86 Rn. 63; BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2019 - 9 A 24.19 - juris Rn. 2). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO liegt daher nur vor, wenn besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht berücksichtigt hat, wobei sich die Entscheidungserheblichkeit auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts beurteilt (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 2. September 2019 - 8 B 19.19 - juris Rn. 2 m.w.N.).
13 Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich nicht, dass der Senat gegen diese Grundsätze verstoßen hat. Ihr Vortrag erschöpft sich in weiten Teilen in einer Wiedergabe und inhaltlichen Bewertung der Entscheidungsgründe des Senats und Ausführungen dazu, warum die Kläger diese für unzutreffend halten, ohne konkret darzulegen, welches entscheidungserhebliche Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden sein soll. Der Sache nach wird im Wesentlichen beanstandet, dass der Senat den Rechtsansichten der Kläger nicht gefolgt ist. Darauf lässt sich - wie dargelegt - eine Gehörsrüge nicht stützen.
14 a) Die Rüge der Kläger (unter C.4), der Senat habe ihren Vortrag aus dem Schriftsatz vom 26. Juni 2020 zu dem für das Rechtsinstitut der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment nicht beschieden, kann eine Gehörsverletzung schon deshalb nicht begründen, weil es nach der Rechtsauffassung des Senats auf ein solches "Umstandsmoment" nicht entscheidungserheblich ankam. Soweit die Kläger (unter C.5) auf ihren "diesbezüglichen" Vortrag aus den Schriftsätzen vom 26. Juni und 7. Juli 2020 verweisen und diese in umfangreichen Auszügen wörtlich wiedergeben (durch Hineinkopieren der Seiten 31 - 54 des Schriftsatzes vom 26. Juni 2020 und der Seiten 31 - 37 des Schriftsatzes vom 7. Juli 2020), fehlt zudem eine den Anforderungen von § 152a Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO entsprechende Darlegung, inwiefern eine Gehörsverletzung vorliegen soll. Der wiedergegebene Vortrag bezieht sich auf die Frage einer Verwirkung und enthält Ausführungen zu einer Vielzahl rechtlicher und tatsächlicher Gesichtspunkte. Auf einzelne Elemente dieser Argumentation ist der Senat in seinem Urteil vom 2. Juli 2020 ausdrücklich eingegangen, so etwa auf die Frage eines Rangverhältnisses zwischen den Rechtsbehelfen gegen den Flurbereinigungsbeschluss und den Planfeststellungsbeschluss (Rn. 43), die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (Rn. 44) oder Vertrauensschutzgesichtspunkte zugunsten der Kläger zu 1. und zu 2. (Rn. 52). Die Kläger geben nicht konkret an, hinsichtlich welcher Aspekte beanstandet wird, dass sie auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich gewesen, aber nicht berücksichtigt worden seien. Ein Gehörsverstoß muss konkret bezeichnet werden. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus der umfangreichen Wiederholung früheren Vorbringens dasjenige herauszusuchen, das angeblich nicht zur Kenntnis genommen worden sein soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 60 m.w.N.).
15 b) Soweit die Kläger (unter C.6 und C.7) beanstanden, dass auf der Ebene der Zulässigkeit der Anfechtungsklage der Kläger zu 1. und 2. Fragen der Begründetheit nicht gänzlich hätten außen vor bleiben können und der Senat deshalb den diesbezüglichen Vortrag nicht hätte unbeschieden lassen dürfen, geht es wiederum um den Aspekt des Vertrauenstatbestandes im Zusammenhang mit einer "echten" Verwirkung, der für den Senat nicht entscheidungserheblich war. Da es entgegen der Auffassung der Kläger bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage der Kläger zu 1. und 2. nicht auf Fragen der Begründetheit ankam, bestand für den Senat auch keine Veranlassung, sich mit den Ausführungen und Überlegungen der Kläger zur materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses näher auseinanderzusetzen oder diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen; die diesbezüglichen Rügen (unter C.8) sind daher unbeachtlich. Entsprechendes gilt für die Überlegungen der Kläger zu alternativen Klagemöglichkeiten und den Erfolgsaussichten einer - vorliegend nicht erhobenen - Klage auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. zu dieser Fallkonstellation im Übrigen das Urteil des Senats vom 23. Juni 2020 - 9 A 23.19 - juris).
16 c) Die Ausführungen der Kläger (unter C.9, C.10, C.12 und C.13) zur fehlenden Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Baunachbarrecht auf den vorliegenden Fall und zum Fehlen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses richten sich der Sache nach gegen die rechtlichen Überlegungen und Bewertungen des Senats und legen dar, warum die Kläger diese für falsch halten. Beanstandet wird in diesem Zusammenhang keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, sondern dass die Entscheidung des Senats nicht mit Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 14 Abs. 1 und 3 und Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar sei.
17 Auch mit der dabei erhobenen Rüge, der Senat habe die "einheitlich geklärte höchstrichterliche Rechtsprechung" zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum Baunachbarrecht auf das Fachplanungsrecht übersehen, wird keine Gehörsverletzung geltend gemacht, sondern inhaltliche Kritik an der Entscheidung des Senats geübt. Lediglich ergänzend sei hierzu angemerkt, dass sich den beiden referierten Urteilen vom 3. Juli 1987 - 4 C 12.84 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 72) und vom 27. November 1996 - 11 A 100.95 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 18), auf die die Kläger im Übrigen erst im Anhörungsrügeverfahren Bezug genommen haben, keineswegs die Aussage entnehmen lässt, dass eine Anwendung der Rechtsprechung zum Baunachbarrecht auf das Fachplanungsrecht allenfalls dann erfolgen könne, wenn sich Vorhabenträger und Fachplanungsbetroffener tatbestandlich in einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis gegenüberstünden. Von einer höchstrichterlichen Klärung kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. In dem Urteil vom 3. Juli 1987 wird im Übrigen aus der Zustellung eines Planfeststellungsbeschlusses an den Ehemann nach der allgemeinen Lebenserfahrung geschlossen, dass auch die Ehefrau Kenntnis vom Inhalt des Beschlusses erlangt hat, weshalb die Grundsätze der Rechtsprechung des Baunachbarrechts auch auf den dortigen Fall angewendet wurden (Urteil vom 3. Juli 1987 a.a.O. S. 3). Danach unterstützt diese Entscheidung sogar die Rechtsauffassung des Senats.
18 Vor diesem Hintergrund stellt das Urteil entgegen der Auffassung der Kläger auch keine gehörsverletzende Überraschungsentscheidung dar, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Soweit die Kläger (unter C.11) den Grund dafür, dass das Gericht die von ihnen vorgetragenen Argumente nicht ausdrücklich "beschieden" hat, als Ausdruck einer gehörsverkürzenden Versäumung der Pflicht zur Kenntnisnahme und Würdigung des Sachverhalts verstehen, ist dies nicht zutreffend. Der Senat hat die Argumente, die die Kläger für eine Zulässigkeit ihrer Klage und gegen die Übertragbarkeit von Überlegungen aus dem Baunachbarrecht insbesondere zu einer Verwirkung angeführt haben, zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Dass er ihnen inhaltlich nicht gefolgt ist, mögen die Kläger für falsch und unverständlich halten, einen Gehörsverstoß begründet dies jedoch nicht.
19 d) Auch mit ihrem Vortrag zur Klagebefugnis aller Kläger hinsichtlich des Planänderungsbescheids vom 17. Januar 2019 (Rüge C.14 und C.15) machen die Kläger der Sache nach keine Gehörsverletzung geltend, sondern kritisieren die Rechtsauffassung des Senats, wobei sie erneut durch Hineinkopieren Bezug nehmen auf längere Passagen aus ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 26. Juni 2020 sowie ihrem - vor Kenntnis der schriftlichen Urteilsgründe verfassten - Anhörungsrügeschriftsatz vom 7. Juli 2020, ohne konkret darzulegen, welches für seine Entscheidung erhebliche Vorbringen der Senat nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen haben soll. Wie dargelegt, lässt allein der Umstand, dass der Senat im Ergebnis zu einer anderen rechtlichen Bewertung gelangt ist als die Kläger, nicht den Schluss zu, er habe sich nicht mit dem Vortrag der Kläger auseinandergesetzt. Einer förmlichen "Bescheidung" der einzelnen Begründungselemente der Kläger bedurfte es dabei nicht.
20 4. Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2020 auf ihre als Anlage beigefügte Verfassungsbeschwerde vom selben Tag "vollinhaltlich" Bezug nehmen, genügt der pauschale Verweis auf die über 400 Seiten lange Beschwerdeschrift - ungeachtet der Frage, ob er fristgerecht im Sinne des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO erfolgt ist - jedenfalls nicht den Darlegungsanforderungen für eine Anhörungsrüge.
21 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.