Verfahrensinformation
Informationszugang zu Diensttelefonlisten von Jobcentern
Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz jeweils Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Soweit diese Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der zweiten Instanz keinen Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München sind der Ansicht, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreife. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Dies sei hier zu bejahen, namentlich deswegen, weil die Funktionsfähigkeit und effektive Aufgabenerledigung der Jobcenter durch Anrufe von außen beeinträchtigt werde und Individualrechtsgüter der Mitarbeiter durch telefonische Angriffe und Diffamierungen gefährdet seien.
In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter bereits vom Verwaltungsgericht verpflichtet worden, die Ansprüche der Kläger neu zu bescheiden; zuvor müsse ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligten. Dem weitergehenden Anspruch auf unmittelbare Gewährung des Informationszugangs steht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne Einwilligung des betroffenen Dritten Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt.
Gegen diese Urteile richten sich die von den Oberverwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revisionen.
Pressemitteilung Nr. 86/2016 vom 20.10.2016
Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern: Revisionen erfolglos
Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Die Bediensteten dieser Jobcenter sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden jeweils von eigens eingerichteten Service-Centern mit einheitlichen Telefonnummern entgegengenommen.
Soweit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Die hiergegen gerichteten Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München haben im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften entschieden, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus haben das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München jeweils Tatsachen festgestellt, die zu einer solchen Gefährdung führen. Sie besteht namentlich in nachteiligen Auswirkungen auf die effiziente und zügige Aufgabenerfüllung der Jobcenter, die infolge von direkten Anrufen bei den Bediensteten eintreten können.
In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick bereits vom Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet worden, über die Ansprüche der Kläger erneut zu entscheiden; zuvor muss ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligen. Insoweit sind die verwaltungsgerichtlichen Urteile rechtskräftig geworden. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war in diesen Verfahren seitens der Jobcenter nicht geltend gemacht worden.
Dem weitergehenden Anspruch auf Übermittlung der Telefonlisten ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Bediensteten steht, wie das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne eine solche Einwilligung Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Bei den dienstlichen Telefonnummern handelt es sich um personenbezogene Daten, die vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst werden. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt daher ein relativer Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse zugrunde. Vor diesem Hintergrund war in den entschiedenen Fällen ein Überwiegen der von den Klägern geltend gemachten Interessen zu verneinen.
BVerwG 7 C 20.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster, 8 A 2429/14 - Urteil vom 16. Juni 2015 -
VG Köln, 13 K 498/14 - Urteil vom 30. Oktober 2014 -
BVerwG 7 C 23.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016
Vorinstanzen:
VGH München, 5 BV 15.160 - Urteil vom 05. August 2015 -
VG Ansbach, AN 14 K 13.02149 - Urteil vom 14. November 2014 -
BVerwG 7 C 27.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 22.14 - Urteil vom 20. August 2015 -
VG Berlin, 2 K 252.13 - Urteil vom 05. Juni 2014 -
BVerwG 7 C 28.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 21.14 - Urteil vom 20. August 2015 -
VG Berlin, 2 K 54.14 - Urteil vom 05. Juni 2014 -
Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 20.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C20.15.0
Informationszugang zu dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern
Leitsatz:
Der Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern ist nach § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit - hier: die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerfüllung staatlicher Einrichtungen - gefährden kann.
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Rechtsquellen
SGB II §§ 6d, 44b, 50 Abs. 4 Satz 2 IFG § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 2 -
Instanzenzug
VG Köln - 30.10.2014 - AZ: VG 13 K 498/14
OVG Münster - 16.06.2015 - AZ: OVG 8 A 2429/14
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 20.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C20.15.0]
Urteil
BVerwG 7 C 20.15
- VG Köln - 30.10.2014 - AZ: VG 13 K 498/14
- OVG Münster - 16.06.2015 - AZ: OVG 8 A 2429/14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer und Böhmann
für Recht erkannt:
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Der Kläger begehrt Informationszugang zu den aktuellen dienstlichen Telefonnummern von Bediensteten des Beklagten. Diese sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden von einem eigens eingerichteten Service-Center unter einer einheitlichen Telefonnummer entgegengenommen.
2 Einen entsprechenden Antrag des Klägers lehnte der Beklagte ab. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Dem begehrten Informationszugang stehe der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Nach dieser Vorschrift bestehe der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit sei wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht zu verstehen. Zu ihren Schutzgütern gehörten neben den Rechtsgütern des Einzelnen und der Unversehrtheit der Rechtsordnung auch die grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates, mithin die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Zu den staatlichen Einrichtungen zähle auch der Beklagte. Der Ausschlussgrund sei zu bejahen, wenn die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf das Schutzgut gegeben sei. Nachteilige Auswirkungen in diesem Sinne lägen vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtige. Im Streitfall würde die Funktionsfähigkeit des Beklagten beeinträchtigt, wenn die Telefonnummern seiner Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden. Dazu sei nicht die Prognose erforderlich, dass ein Jobcenter seiner Funktion überhaupt nicht mehr gerecht werden könne. Der Ausschlussgrund greife vielmehr bereits dann ein, wenn die organisatorischen Vorkehrungen staatlicher Stellen zur effektiven Aufgabenerledigung gestört würden und die Arbeit der betroffenen Amtsträger beeinträchtigt oder erschwert werde.
3 Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor: Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Begriff der öffentlichen Sicherheit in § 3 Nr. 2 IFG die Funktionsfähigkeit aller staatlichen Einrichtungen nur insoweit umfasse, als die Erfüllung gesetzlich vorgegebener Aufgaben betroffen sei. Nicht erfasst seien organisatorische Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. § 3 Nr. 2 IFG setze zudem eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne voraus; nachteilige Auswirkungen reichten nicht aus. Gemessen an diesem Maßstab sei der Ausschlusstatbestand bezüglich der Diensttelefonliste nicht erfüllt.
4
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. Juli 2015, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 19. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten,
dem Kläger Informationszugang zu den aktuellen dienstlichen Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Beklagten zu gewähren,
hilfsweise,
dem Kläger Informationszugang zu den aktuellen dienstlichen Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Beklagten unter Angabe des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs, aber ohne Nennung des Namens - bei Einsatz mehrerer Mitarbeiter in einem Zuständigkeitsbereich unter Individualisierung durch Nennung der ersten beiden Buchstaben des Nachnamens - zu gewähren.
5
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
6 Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II
7 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
8 1. Das beklagte Jobcenter ist nach §§ 6d, 44b Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) eine gemeinsame Einrichtung, gegenüber der sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet (§ 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II).
9 2. Im Einklang mit Bundesrecht hat das Berufungsgericht die in Rede stehende Auflistung dienstlicher Telefonnummern als amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) qualifiziert. Es handelt sich bei dieser Liste um eine Aufzeichnung, die amtlichen Zwecken - der Sicherung der behördeninternen gegenseitigen Erreichbarkeit - dient.
10 Die insoweit geäußerten Zweifel (vgl. VGH München, Urteil vom 5. August 2015 - 5 BV 15.16 0 - BayVBl. 2016, 639 Rn. 18 ff. mit Nachweisen aus der erstinstanzlichen Rechtsprechung) knüpfen an die Gesetzesbegründung zu § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG an. Danach macht diese Vorschrift, der zufolge Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, nicht zu den amtlichen Informationen gehören, keine Änderung der Aktenführung durch Trennung von Unterlagen erforderlich (BT-Drs. 15/4493 S. 9). Dem hieraus gezogenen Schluss, dass nur konkrete Verwaltungsvorgänge, nicht aber rein innerdienstliche Aufzeichnungen von dem Begriff der amtlichen Information erfasst würden, ist nicht zu folgen. Im Wortlaut des Gesetzes findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass innerdienstliche Vorgänge ohne Bezug zu einem konkreten Verwaltungsverfahren vom Informationszugang ausgenommen sein sollen. Auch der Gesetzgebungsgeschichte kann dies nicht entnommen werden. Selbst wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen sein sollte, dass sich Informationszugangsbegehren in der Regel auf konkrete Verwaltungsvorgänge beziehen, lässt sich gleichwohl keine damit verbundene Intention feststellen, innerdienstliche Informationen vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes auszuschließen; vielmehr betrachtet die Gesetzesbegründung die - ebenfalls rein innerdienstlichen - Geschäftsverteilungspläne ohne Weiteres als amtliche Information (BT-Drs. 15/4493 S. 16). Ein solches Verständnis entspricht auch der Zielsetzung der Regelung, nach der alle Formen von festgehaltener und gespeicherter Information von dem Begriff der amtlichen Information umfasst sein sollen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 8 f.), ohne dass es auf ihre Zuordnung zu bestimmten Verwaltungsvorgängen ankäme.
11 3. Keinen bundesrechtlichen Bedenken unterliegt die entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dem Informationsbegehren stehe § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Nach dieser Ausnahmevorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann.
12 a) § 3 Nr. 2 IFG nimmt mit der "öffentlichen Sicherheit" einen Begriff des Gefahrenabwehrrechts auf (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über die Bundespolizei <Bundespolizeigesetz - BPolG> i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 <BGBl. I S. 2978, 2979>, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 <BGBl. I S. 1818>) und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften; vgl. zum nordrhein-westfälischen Landesrecht ebenso OVG Münster, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 - DVBl 2015, 1133 Rn. 62 ff.). Daran anknüpfend umfasst die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 3 Nr. 2 IFG ausweislich der Gesetzesbegründung die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 10).
13 aa) Zu diesen Schutzgütern gehört auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Dabei geht es um die Erfüllung der einer staatlichen Einrichtung jeweils zugewiesenen Aufgaben, die ihrerseits von geordneten verwaltungsinternen Abläufen abhängt (vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG Rn. 121). Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen im Informationsfreiheitsrecht gegenüber dem sonstigen Verständnis dieses Begriffs einengend zu interpretieren wäre, ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus sonstigen Umständen. Die Erwähnung "sensibler" Abläufe und Strukturen in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493 S. 10) benennt nur ein Beispiel herausgehobener Schutzwürdigkeit, hat aber im Wortlaut des § 3 Nr. 2 IFG keinen Niederschlag gefunden und lässt daher nicht den Schluss zu, die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen sei nur hinsichtlich bestimmter Abläufe vom Anwendungsbereich des Ausschlussgrundes erfasst.
14 Diesen zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht - anders als die Revision meint - auch nicht dahingehend fehlinterpretiert, dass aus seiner Sicht Schutzgut des § 3 Nr. 2 IFG allein schon das Organisationsermessen bezüglich der behördeninternen Abläufe wäre, dessen Zuordnung zur öffentlichen Sicherheit teilweise kritisch beurteilt wird (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 158 m.w.N.). Geschützt wird vielmehr die geordnete Erfüllung der dem Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, die unter anderem auf der sachgerechten Ausübung des Organisationsermessens durch den Beklagten aufbaut, welches damit lediglich ein Element des Schutzgutes darstellt.
15 bb) Diese die ordnungsgemäße behördliche Aufgabenerfüllung einschließende Interpretation des § 3 Nr. 2 IFG steht im Einklang mit der Systematik und dem Sinn und Zweck der zwischen Zugangsverschaffungs- und Veröffentlichungspflichten differenzierenden Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. hierzu auch Schoch, IFG, 2. Aufl. § 11 Rn. 39). Nach § 11 Abs. 2 IFG sind Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten allgemein zugänglich zu machen. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereich der Bediensteten enthalten, sind von dieser Veröffentlichungspflicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfasst und als sonstige amtliche Information vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände nur auf Antrag mitzuteilen; dies dient unter anderem dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16).
16 Zu den Regelungszielen des Informationsfreiheitsgesetzes gehört daher auch die Gewährleistung einer geordneten Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der informationspflichtigen Stellen. Die Berücksichtigung dieses Anliegens als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit nach § 3 Nr. 2 IFG steht mithin im Bereich des antragsgebundenen Informationszugangs mit dem Gesetzeszweck im Einklang.
17 b) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der beantragte Informationszugang zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen kann.
18 aa) Eine Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 38 ff. und vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 17). Die Feststellung der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen setzt voraus, dass die informationspflichtige Stelle Tatsachen darlegt, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann. Diese Einschätzung kann insbesondere bei Vorgängen, die eine typisierende Betrachtungsweise ermöglichen, auch auf allgemeinen Erfahrungswerten beruhen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 41). Das Vorliegen des Ablehnungsgrundes hängt dabei nicht von der Person des konkreten Antragstellers ab; maßgeblich ist, ob das Bekanntwerden der Information objektiv geeignet ist, sich nachteilig auf das Schutzgut auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 37)
19 bb) In Anwendung dieses Maßstabs ist eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht erst dann zu bejahen, wenn die informationspflichtige Stelle ihrer Funktion voraussichtlich überhaupt nicht mehr gerecht werden könnte, sondern schon dann, wenn die effektive Aufgabenerledigung gestört und die Arbeit der betroffenen Bediensteten beeinträchtigt werden kann. Bereits ein derartiger Geschehensablauf ist geeignet, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit des Beklagten auszuwirken.
20 c) Auf der Grundlage dieser bundesrechtlich zutreffenden Auffassung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle eines Informationszugangs des Klägers die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf den Arbeitsablauf und die Aufgabenerfüllung des Beklagten besteht. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
21 Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, so dass der Senat daran gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die rechtlichen Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233) überschreitet das Berufungsurteil nicht; namentlich ist kein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze oder gar gegen die Denkgesetze ersichtlich. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, der den Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts entgegenstünde, besteht entgegen der Auffassung der Revision nicht. Einen nach allgemeiner Erfahrung unzweifelhaft geltenden und von keiner Ausnahme durchbrochenen Satz (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1991 - 1 C 24.90 - BVerwGE 89, 110 <117> und vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 14 Rn. 45) zu den Auswirkungen von Telefonanrufen bei den Bediensteten von Jobcentern gibt es nicht. Es erscheint vielmehr plausibel, dass sowohl die schriftliche Erledigung von Verwaltungsvorgängen als auch Beratungsgespräche mit persönlich anwesenden Kunden durch Anrufe erheblich beeinträchtigt werden, da diese zu einer Störung der Konzentration und dadurch zu einer Verminderung von Qualität und Quantität der Aufgabenerledigung führen. Dies steht im Einklang mit dem Befund, dass die Einrichtung eines Service-Centers generell eine spürbare Entlastung der Jobcenter mit sich bringt (vgl. BT-Drs. 18/735 S. 9).
22 4. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Berufungsgericht schließlich den auf Herausgabe einer anonymisierten Liste gerichteten Hilfsantrag abgewiesen. Auch einem Informationszugang in dieser Form steht der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Die dargestellte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Gestalt einer Störung des geordneten Arbeitsablaufs würde auf der Grundlage der Tatsachenfeststellung und -würdigung des Berufungsgerichts auch dann eintreten, wenn der Inhaber des jeweiligen Telefonanschlusses nicht namentlich bekannt, sondern nur nach seiner sachlichen Zuständigkeit bezeichnet wäre.
23 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 23.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C23.15.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 23.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C23.15.0]
Urteil
BVerwG 7 C 23.15
- VG Ansbach - 14.11.2014 - AZ: VG AN 14 K 13.02149
- VGH München - 05.08.2015 - AZ: VGH 5 BV 15.160
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer und Böhmann
für Recht erkannt:
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Der Kläger begehrt Informationszugang zu den aktuellen dienstlichen Telefonnummern von Bediensteten des Beklagten. Diese sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden von einem eigens eingerichteten Service-Center unter einer einheitlichen Telefonnummer entgegengenommen.
2 Einen entsprechenden Antrag des Klägers lehnte der Beklagte ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Dem begehrten Informationszugang stehe der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit gewährleiste den Schutz sowohl von Individualrechtsgütern als auch der Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates. Eine mögliche Gefährdung dieser Schutzgüter reiche aus, um einen Anspruch auf Informationszugang auszuschließen, und sei hier zu bejahen. Die Entscheidung, Namen und Durchwahlnummern der Beschäftigten der Jobcenter nicht allgemein bekannt zu geben und die telefonische Erreichbarkeit des Beklagten durch ein speziell dafür zuständiges Service-Center sicherzustellen, diene dem Schutz der Individualrechtsgüter der Mitarbeiter, da Beschimpfungen, Drohungen und Gewalt gegen Sachen und Mitarbeiter bis hin zu Tötungsdelikten zum beruflichen Alltag in deutschen Jobcentern gehörten. Außerdem würde auch die Funktionsfähigkeit einer staatlichen Einrichtung gefährdet, wenn die Durchwahlnummern der Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden. Zur Erhaltung der aufgabengemäßen Funktionsfähigkeit sei die Verhinderung und Abwehr äußerer Störungen des Arbeitsablaufs erforderlich. Es sei Aufgabe der staatlichen Stellen‚ sicherzustellen‚ dass die ihnen zugewiesenen Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden personellen und sächlichen Mitteln sachgerecht und effektiv erledigt werden könnten. Angesichts der Vielzahl von Leistungsempfängern wäre die Funktionsfähigkeit des Beklagten erheblich beeinträchtigt‚ wenn die Telefonnummern seiner Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden.
3 Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt der Kläger vor: Durch die Herausgabe der Telefonliste werde die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet. Das ergebe sich schon daraus, dass andere Jobcenter den entsprechenden Informationszugang gewährten. Emotionale Ausbrüche könnten durch die Nichtherausgabe der Liste nicht verhindert werden. Schutzgut des § 3 Nr. 2 IFG sei nicht der Schutz der effektiven Arbeit der einzelnen Sachbearbeiter.
4
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2015, das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. November 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Informationszugang zu den Diensttelefonlisten mit den Durchwahlnummern der im Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Beklagten zu gewähren.
5
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
6 Er verteidigt das angefochtene Urteil.
7 Die Beteiligte stellt keinen Antrag.
II
8 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
9 1. Das beklagte Jobcenter ist nach §§ 6d, 44 Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) eine gemeinsame Einrichtung, gegenüber der sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet (§ 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II).
10 2. Ebenfalls im Einklang mit Bundesrecht qualifiziert das Berufungsgericht die in Rede stehende Telefonliste als amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154). Es handelt sich bei dieser Liste um eine Aufzeichnung, die amtlichen Zwecken - der Sicherung der behördeninternen gegenseitigen Erreichbarkeit - dient.
11 a) Die hieran vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel knüpfen an die Gesetzesbegründung zu § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG an. Danach macht diese Vorschrift, der zufolge Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, nicht zu den amtlichen Informationen gehören, keine Änderung der Aktenführung durch Trennung von Unterlagen erforderlich (BT-Drs. 15/4493 S. 9). Dem hieraus gezogenen Schluss, dass nur konkrete Verwaltungsvorgänge, nicht aber rein innerdienstliche Aufzeichnungen von dem Begriff der amtlichen Information erfasst würden, ist nicht zu folgen. Im Wortlaut des Gesetzes findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass innerdienstliche Vorgänge ohne Bezug zu einem konkreten Verwaltungsverfahren vom Informationszugang ausgenommen sein sollen. Auch der Gesetzgebungsgeschichte kann dies nicht entnommen werden. Selbst wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen sein sollte, dass sich Informationszugangsbegehren in der Regel auf konkrete Verwaltungsvorgänge beziehen, lässt sich gleichwohl keine damit verbundene Intention feststellen, innerdienstliche Informationen vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes auszuschließen; vielmehr betrachtet die Gesetzesbegründung die - ebenfalls rein innerdienstlichen - Geschäftsverteilungspläne ohne Weiteres als amtliche Information (BT-Drs. 15/4493 S. 16). Ein solches Verständnis entspricht auch der Zielsetzung der Regelung, nach der alle Formen von festgehaltener und gespeicherter Information von dem Begriff der amtlichen Information umfasst sein sollen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 8 f.), ohne dass es auf ihre Zuordnung zu bestimmten Verwaltungsvorgängen ankäme.
12 b) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht geht das Berufungsurteil davon aus, dass das Begehren des Klägers nicht auf eine Informationsbeschaffung gerichtet ist, zu der das Informationsfreiheitsgesetz eine Behörde nicht verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 37). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, steht fest, dass die begehrte Telefonliste beim Beklagten vorhanden ist. Die Notwendigkeit ihrer der Sache nach lediglich redaktionellen Überarbeitung durch Teilschwärzung oder -löschung führt nicht dazu, dass die Informationen, um die es dem Kläger geht, erst generiert oder beschafft werden müssten.
13 3. Keinen bundesrechtlichen Bedenken unterliegt die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dem Informationsbegehren stehe § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Nach dieser Ausnahmevorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann.
14 a) § 3 Nr. 2 IFG nimmt mit der "öffentlichen Sicherheit" einen Begriff des Gefahrenabwehrrechts auf (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über die Bundespolizei <Bundespolizeigesetz - BPolG> i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 <BGBl. I S. 2978, 2979>, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 <BGBl. I S. 1818> und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften; vgl. zum nordrhein-westfälischen Landesrecht ebenso OVG Münster, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 - DVBl 2015, 1133 Rn. 62 ff.). Daran anknüpfend umfasst die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 3 Nr. 2 IFG ausweislich der Gesetzesbegründung die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 10).
15 aa) Zu diesen Schutzgütern gehört auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Dabei geht es um die Erfüllung der einer staatlichen Einrichtung jeweils zugewiesenen Aufgaben, die ihrerseits von geordneten verwaltungsinternen Abläufen abhängt (vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG Rn. 121). Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen im Informationsfreiheitsrecht gegenüber dem sonstigen Verständnis dieses Begriffs einengend zu interpretieren wäre, ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus sonstigen Umständen. Die Erwähnung "sensibler" Abläufe und Strukturen in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493 S. 10) benennt nur ein Beispiel herausgehobener Schutzwürdigkeit, hat aber im Wortlaut des § 3 Nr. 2 IFG keinen Niederschlag gefunden und lässt daher nicht den Schluss zu, die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen sei nur hinsichtlich bestimmter Abläufe vom Anwendungsbereich des Ausschlussgrundes erfasst.
16 Diesen zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht - anders als die Revision meint - auch nicht dahingehend fehlinterpretiert, dass aus seiner Sicht Schutzgut des § 3 Nr. 2 IFG allein schon das Organisationsermessen bezüglich der behördeninternen Abläufe wäre, dessen Zuordnung zur öffentlichen Sicherheit teilweise kritisch beurteilt wird (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 158 m.w.N.). Geschützt wird vielmehr die geordnete Erfüllung der dem Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, die unter anderem auf der sachgerechten Ausübung des Organisationsermessens durch den Beklagten aufbaut, welches damit lediglich ein Element des Schutzgutes darstellt.
17 bb) Diese die ordnungsgemäße behördliche Aufgabenerfüllung einschließende Interpretation des § 3 Nr. 2 IFG steht im Einklang mit der Systematik und dem Sinn und Zweck der zwischen Zugangsverschaffungs- und Veröffentlichungspflichten differenzierenden Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. hierzu auch Schoch, IFG, § 11 Rn. 39). Nach § 11 Abs. 2 IFG sind Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe persönlicher Daten allgemein zugänglich zu machen. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereich der Bediensteten enthalten, sind von dieser Veröffentlichungspflicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfasst und als sonstige amtliche Information vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände nur auf Antrag mitzuteilen; dies dient unter anderem dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16).
18 Zu den Regelungszielen des Informationsfreiheitsgesetzes gehört daher auch die Gewährleistung einer geordneten Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der informationspflichtigen Stellen. Die Berücksichtigung dieses Anliegens als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit nach § 3 Nr. 2 IFG steht mithin im Bereich des antragsgebundenen Informationszugangs mit dem Gesetzeszweck im Einklang.
19 b) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der beantragte Informationszugang zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen kann.
20 aa) Eine Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 38 ff. und vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 17). Die Feststellung der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen setzt voraus, dass die informationspflichtige Stelle Tatsachen darlegt, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann. Diese Einschätzung kann insbesondere bei Vorgängen, die eine typisierende Betrachtungsweise ermöglichen, auch auf allgemeinen Erfahrungswerten beruhen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 41). Das Vorliegen des Ablehnungsgrundes hängt dabei nicht von der Person des konkreten Antragstellers ab; maßgeblich ist, ob das Bekanntwerden der Information objektiv geeignet ist, sich nachteilig auf das Schutzgut auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 37).
21 bb) In Anwendung dieses Maßstabs ist eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Aufgabenerledigung nicht erst dann zu bejahen, wenn die informationspflichtige Stelle ihrer Funktion voraussichtlich überhaupt nicht mehr gerecht werden könnte, sondern schon dann, wenn die effektive Aufgabenerledigung gestört und die Arbeit der betroffenen Bediensteten beeinträchtigt werden kann. Bereits ein derartiger Geschehensablauf ist geeignet, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit des Beklagten auszuwirken. Für eine Gefährdung von Individualrechtsgütern der Beschäftigten reichen - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht bereits fernliegende Befürchtungen aus; vielmehr müssen konkrete Umstände oder allgemeine Erfahrungswerte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit von Beeinträchtigungen begründen.
22 c) Auf der Grundlage dieser bundesrechtlich zutreffenden Auffassung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle eines Informationszugangs des Klägers die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf den Arbeitsablauf und die Aufgabenerfüllung des Beklagten besteht. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
23 Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, so dass der Senat daran gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die rechtlichen Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238>) überschreitet das Berufungsurteil nicht; namentlich ist kein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze oder gar gegen die Denkgesetze ersichtlich. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, der den Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichtshofs entgegenstünde, besteht entgegen der Auffassung der Revision nicht. Einen nach allgemeiner Erfahrung unzweifelhaft geltenden und von keiner Ausnahme durchbrochenen Satz (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1991 - 1 C 24.90 - BVerwGE 89, 110 <117> und vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 45) zu den Auswirkungen von Telefonanrufen bei den Bediensteten von Jobcentern gibt es nicht. Es erscheint vielmehr plausibel, dass sowohl die schriftliche Erledigung von Verwaltungsvorgängen als auch Beratungsgespräche mit persönlich anwesenden Kunden durch Anrufe erheblich beeinträchtigt werden, da diese zu einer Störung der Konzentration und dadurch zu einer Verminderung von Qualität und Quantität der Aufgabenerledigung führen. Dies steht im Einklang mit dem Befund, dass die Einrichtung eines Service-Centers generell eine spürbare Entlastung der Jobcenter mit sich bringt (vgl. BT-Drs. 18/735 S. 9).
24 d) Das Berufungsurteil steht ferner insoweit mit Bundesrecht im Einklang, als der Verwaltungsgerichtshof eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Hinblick auf die Individualrechtsgüter der Bediensteten des Beklagten, namentlich deren Gesundheit und persönliche Ehre, bejaht hat. Für diese Rechtsgüter begründete, wie sich aus der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Tatsachenfeststellung und -würdigung des Berufungsgerichts ergibt, die Gewährung des beantragten Informationszugangs ebenfalls die konkrete Möglichkeit von Beeinträchtigungen.
25 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 27.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C27.15.0
Informationszugang zu dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern
Leitsatz:
Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG sind nur diejenigen Bediensteten einer Behörde, die mit einem bestimmten Verwaltungsvorgang befasst gewesen sind, zu dem Informationszugang begehrt wird.
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Rechtsquellen
VwGO § 121 IFG § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 -
Instanzenzug
VG Berlin - 05.06.2014 - AZ: VG 2 K 252.13
OVG Berlin-Brandenburg - 20.08.2015 - AZ: OVG 12 B 22.14
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 27.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C27.15.0]
Urteil
BVerwG 7 C 27.15
- VG Berlin - 05.06.2014 - AZ: VG 2 K 252.13
- OVG Berlin-Brandenburg - 20.08.2015 - AZ: OVG 12 B 22.14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer und Böhmann
für Recht erkannt:
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. August 2015 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin, eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, begehrt Informationszugang zu dienstlichen Telefonnummern von Bediensteten des Beklagten. Diese sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden von einem eigens eingerichteten Service-Center mit einer einheitlichen Telefonnummer entgegengenommen.
2 Einen entsprechenden Antrag der Klägerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz lehnte der Beklagte ab. Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, den Antrag der Klägerin auf Zugang zur Diensttelefonliste des Beklagten mit den Durchwahlnummern der Mitarbeiter im Außenkontakt (Stand 22. August 2013) neu zu bescheiden; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Ob die Klägerin den begehrten Informationszugang erhalte, hänge allein vom Ergebnis der vom Beklagten noch durchzuführenden Beteiligung der betroffenen Bediensteten ab. Insoweit sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig; mangels Spruchreife könne allerdings nur zur Neubescheidung verpflichtet werden.
3 Während des Berufungsverfahrens führte der Beklagte ein Beteiligungsverfahren nach § 8 IFG durch und teilte der Klägerin die Durchwahlnummern der Bediensteten mit, die der Weitergabe zugestimmt hatten. Die Berufung der Klägerin, mit der diese nach Teilerledigungserklärung den Zugang zu den übrigen Durchwahlnummern begehrte, hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dem Informationszugang stehe der Schutz der personenbezogenen Daten der Bediensteten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Die dienstlichen Durchwahlnummern seien den Mitarbeitern persönlich zugeordnet, nicht bestimmten Stellen oder Arbeitsplätzen. Für den im Regelfall voraussetzungslosen Anspruch auf Gewährung von Zugang zu amtlichen Informationen habe der Gesetzgeber den Schutz personenbezogener Daten spezifisch ausgestaltet, indem er ihn grundsätzlich vom Überwiegen des Informationsinteresses des Antragstellers in der Abwägung mit dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs oder dessen Einwilligung abhängig gemacht habe. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4 IFG greife nicht zugunsten der Klägerin ein. Das Informationsinteresse der Klägerin überwiege nicht das schutzwürdige Interesse der betroffenen Bediensteten am Ausschluss des Informationszugangs.
4 Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor: Der Begriff des Bearbeiters im Sinne von § 5 Abs. 4 IFG sei weit zu verstehen und umfasse die in der Diensttelefonliste aufgeführten Bediensteten des Beklagten. Überdies gehe es hier nicht um schutzwürdige Informationen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG. Unabhängig davon habe das Berufungsgericht das Informationsinteresse der Klägerin unzutreffend gewichtet, da diesem durch die Einschaltung des Service-Centers gerade nicht ausreichend Rechnung getragen werde.
5
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. August 2015, soweit es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen hat, das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2014, soweit es die Klage abgewiesen hat, und den Bescheid des Beklagten vom 24. September 2014, soweit er den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin Informationszugang zur Diensttelefonliste des Beklagten (Stand: 22. August 2013) mit den bislang noch nicht mitgeteilten Durchwahlnummern derjenigen Mitarbeiter, die in amtlicher Tätigkeit Kontakt zum Bürger (Außenkontakt) haben, zu gewähren.
6
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7 Die Revision sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Klägerin die begehrte Liste bereits bekannt sei. Im Übrigen verteidigt der Beklagte das angefochtene Urteil.
II
8 1. Die Revision ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass eine Liste, die Durchwahlnummern der Bediensteten des Beklagten enthält, im Internet verfügbar ist. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Revision ist - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen - dann zu bejahen, wenn die angefochtene Entscheidung dem Rechtsmittelführer etwas versagt hat, was er beantragt hat (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1956 - 3 C 102.55 - BVerwGE 4, 16 <17>). Diese das Rechtsschutzbedürfnis begründende formelle Beschwer liegt hier wegen des die Berufung zurückweisenden Urteils des Oberverwaltungsgerichts vor.
9 2. Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
10 a) Die Revision scheitert allerdings nicht schon daran, dass eine Liste mit Durchwahlnummern des Beklagten im Internet zugänglich ist. Dabei kann offen-bleiben, ob dieser Umstand schon das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage entfallen lassen oder nur im Rahmen des § 9 Abs. 3 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) Berücksichtigung finden könnte. Denn nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts entspricht die im Internet verfügbare Liste nicht dem Informationsbegehren der Klägerin, das auf die Durchwahlnummern mit dem Stand 22. August 2013 gerichtet ist.
11 b) Soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, den Antrag der Klägerin neu zu bescheiden, ist das Urteil rechtskräftig und einer Überprüfung im Revisionsverfahren nicht zugänglich.
12 aa) Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage - namentlich auch im Revisionsverfahren - von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits entschieden worden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. August 1962 - 1 C 161.58 - BVerwGE 14, 359 <362 f.> und vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70 m.w.N.). Die in einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) verbindlich zum Ausdruck gebrachte, für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung bestimmt dessen Rechtskraftwirkung (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Dezember 1967 - 8 C 2.67 - BVerwGE 29, 1 <2 f.> und vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30 und 31.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157). Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70 m.w.N.).
13 bb) Daran gemessen folgt aus dem rechtskräftig gewordenen Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, dass der Erfolg der Klage insoweit allein von der Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 8 IFG abhängt und Ausschlussgründe, die dem Informationsbegehren entgegenstehen könnten, abgesehen von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht vorliegen. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene und vom Oberverwaltungsgericht durch Zurückweisung der Berufung der Klägerin bestätigte Klageabweisung "im Übrigen". Sie umfasst die Ablehnung eines spruchreifen Anspruchs der Klägerin auf den begehrten Informationszugang sowie eine Abweichung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts von derjenigen der Klägerin, soweit sie zu deren Nachteil ausfällt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30 und 31.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157 und vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, je m.w.N.). Im Hinblick darauf ist ein Bundesrechtsverstoß des Berufungsgerichts zu verneinen.
14 c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass § 5 Abs. 4 IFG nicht zugunsten der Klägerin eingreift. Nach dieser Vorschrift sind bestimmte personenbezogene Daten von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Bearbeiter im Sinne der Norm sind aber nicht alle Bediensteten einer Behörde, sondern nur diejenigen, die mit einem bestimmten Verwaltungsvorgang befasst gewesen sind, zu dem Informationszugang begehrt wird (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016 § 5 Rn. 104 ff.; Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, § 5 IFG Rn. 25, beide mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung; ferner Debus, NJW 2015, 981 <983>).
15 aa) Dieses Verständnis ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, da der Begriff der Bearbeitung die Erledigung einer konkreten dienstlichen Aufgabe bezeichnet. Die Herausgabe der personenbezogenen Daten der Bediensteten, die mit dieser Aufgabe befasst gewesen sind, erfolgt - funktionsbezogen - nur bei Gelegenheit eines Informationsbegehrens, welches auf den bearbeiteten Verwaltungsvorgang gerichtet ist. Damit richtet sie sich auf Daten, die im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit dieser Bediensteten sind.
16 bb) Die Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes deutet in dieselbe Richtung. § 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 IFG enthält eine Vorwegnahme bzw. einen Ausschluss der von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG vorgesehenen Abwägung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 26). Das Gefüge dieser Vorschriften, die jeweils bestimmte Arten personenbezogener Daten betreffen und diese spezifischen Regeln unterwerfen, würde durch ein erweiterndes, nicht mehr funktionsbezogen an einen bestimmten Verwaltungsvorgang anknüpfendes Verständnis des § 5 Abs. 4 IFG, das unterschiedslos alle Bediensteten einer Behörde umfasste, verkannt.
17 Eine Gleichsetzung von Bearbeitern und Bediensteten lässt sich zudem mit dem Regelungsgehalt von § 11 Abs. 2 IFG nicht vereinbaren. Danach sind Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten allgemein zugänglich zu machen. Enthalten vergleichbare amtliche Informationen wie etwa behördliche Geschäftsverteilungspläne personenbezogene Daten, sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 11 Abs. 2 IFG nicht von der Abwägung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG freigestellt werden (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16). Eine solche Freistellung wäre indessen der Sache nach die Folge des von der Revision für richtig gehaltenen Verständnisses des § 5 Abs. 4 IFG.
18 cc) Nichts anderes folgt schließlich aus dem Sinn und Zweck von § 5 Abs. 4 IFG. Die dort aufgeführten personenbezogenen Daten werden grundsätzlich nicht von § 5 Abs. 1 IFG geschützt, weil sie regelmäßig nur die amtliche Funk-tion der Bediensteten im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit betreffen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 14) und in diesem Rahmen ein übermäßiger Anonymisierungsaufwand vermieden werden soll (vgl. Debus, NJW 2015, 981 <983>). Der von der Vorschrift damit vorausgesetzte funktionale Zusammenhang zwischen einer konkreten dienstlichen Aufgabe und den personenbezogenen Daten der damit befassten Bediensteten und das daraus folgende geringere Schutzbedürfnis dieser Daten lägen aber dann nicht mehr vor, wenn alle Bediensteten einer Behörde als Bearbeiter im Sinne der Vorschrift angesehen würden.
19 d) § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG verlangt bei fehlender Einwilligung des Dritten eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs, die gerichtlich voll überprüfbar ist (BVerwG, Urteile vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 25 und vom 28. Juli 2016 - 7 C 7.14 - juris Rn. 29). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das Informationsinteresse der Klägerin nicht das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Bediensteten überwiegt, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
20 aa) Als Umstände, die für das Informationsinteresse der Klägerin sprechen, hat das Berufungsgericht deren Interesse an der Förderung der Transparenz und ein berufliches Interesse an der unmittelbaren Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Sachbearbeiter festgestellt. Diese Aspekte hat das Berufungsgericht nicht für besonders gewichtig erachtet, weil die Erreichbarkeit des Beklagten über das eigens hierfür eingerichtete Service-Center sichergestellt sei und das allgemeine Interesse an Behördentransparenz über die dem Informationsfreiheitsgesetz allgemein zugrunde liegende Zwecksetzung nicht hinausgehe.
21 bb) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Berufungsgericht dem Geheimhaltungsinteresse der Bediensteten ein dem Informationsinteresse der Klägerin mindestens gleiches Gewicht beigemessen. Denn die dienstlichen Telefonnummern werden als personenbezogene Daten der Mitarbeiter vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 25; Beschlüsse vom 19. Juni 2013 - 20 F 10.12 - ZIP 2014, 442 Rn. 10, 13 und vom 29. Oktober 2015 - 1 B 32.15 - CR 2016, 154 Rn. 7). Nach der im Rahmen des § 5 Abs. 1 IFG anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 BDSG (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 20) sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Telefonnummern gehören zu diesen personenbezogenen Daten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 - 20 F 10.12 - ZIP 2014, 442 Rn. 10; Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 3 Rn. 3; Schild, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, § 3 BDSG Rn. 19; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 11 Rn. 39). Dieser Personenbezug besteht auch bei Nummern dienstlicher Telefonanschlüsse, soweit sie sich bestimmten oder bestimmbaren bediensteten Personen zuordnen lassen. Bei ihrer Gewichtung ist daher dem relativen Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse, der § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG zugrunde liegt (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 25), Rechnung zu tragen.
22 cc) Dem steht nicht entgegen, dass eine Behörde mit Publikumsverkehr ihrerseits grundsätzlich befugt ist, dienstliche Kontaktdaten ihrer Bediensteten zu veröffentlichen, und diese keinen Anspruch darauf haben, von der Möglichkeit der Kontaktaufnahme abgeschirmt zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 - 2 B 131.07 - Buchholz 237.8 § 102 RhPLBG Nr. 2 Rn. 8). Diese Vorgaben gelten allein für die Rechtsbeziehung zwischen dem Bediensteten und seinem Dienstherrn. Die im Verhältnis dazu stärkere Gewichtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen eines Informationszugangsbegehrens folgt hingegen aus der speziellen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG, die dem schutzwürdigen Interesse der in diesem Recht Betroffenen an einem Ausschluss des Informationszugangs besondere Bedeutung beimisst.
23 dd) Die Einwände, die die Revision gegen die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Abwägung und ihr Ergebnis erhebt, greifen nicht durch. Soweit die Klägerin bestreitet, dass die telefonische Erreichbarkeit des Beklagten durch die Tätigkeit des Service-Centers gewährleistet sei, und daraus eine fehlerhafte Gewichtung ihres Interesses an der Kontaktaufnahme mit dem Beklagten ableitet, wendet sie sich gegen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Den Umstand, dass die Klägerin eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt, hat das Berufungsgericht in die Abwägung eingestellt, ihm aber ohne Rechtsverstoß kein die gegenläufigen Belange überwiegendes Gewicht beigemessen. Die berufliche Stellung der Gesellschafter der Klägerin wird nicht deswegen unzureichend berücksichtigt, weil die hier vorgenommene Abwägung dazu führt, dass einem Rechtsanwalt nur die seitens einer Behörde allgemein eröffneten Kommunikationswege zur Verfügung stehen. Gründe dafür, dass ein Rechtsanwalt insoweit gegenüber den Kunden eines Jobcenters bevorzugt werden müsste, sind nicht ersichtlich.
24 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 28.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C28.15.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 28.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C28.15.0]
Urteil
BVerwG 7 C 28.15
- VG Berlin - 05.06.2014 - AZ: VG 2 K 54.14
- OVG Berlin-Brandenburg - 20.08.2015 - AZ: OVG 12 B 21.14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer und Böhmann
für Recht erkannt:
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. August 2015 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Der Kläger begehrt Informationszugang zu dienstlichen Telefonnummern von Bediensteten des Beklagten. Diese sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden von einem eigens eingerichteten Service-Center unter einer einheitlichen Telefonnummer entgegengenommen.
2 Einen entsprechenden Antrag des Klägers nach dem Informationsfreiheitsgesetz lehnte der Beklagte ab. Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, den Antrag des Klägers auf Zugang zur Diensttelefonliste des Beklagten (Stand: 29. Dezember 2013) neu zu bescheiden, soweit die Liste Mitarbeiter der Widerspruchsstelle und Mitarbeiter betrifft, denen in dieser Liste Anfangsbuchstaben von Kundennamen zugewiesen sind; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Ob der Kläger den begehrten Informationszugang erhalte, hänge allein vom Ergebnis der vom Beklagten noch durchzuführenden Beteiligung der betroffenen Bediensteten ab. Insoweit sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig; mangels Spruchreife könne allerdings nur zur Neubescheidung verpflichtet werden.
3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dem begehrten Informationszugang stehe der Schutz der personenbezogenen Daten der Bediensteten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Bei den Durchwahlnummern, die den Bediensteten zugeordnet seien, handele es sich um personenbezogene Daten. Der Personenbezug entfalle auch nicht deswegen, weil der Kläger die Namen der jeweiligen Mitarbeiter nicht erfahren wolle. Diese Beschränkung führe nur scheinbar zu einer Anonymisierung. Für den im Regelfall voraussetzungslosen Anspruch auf Gewährung von Zugang zu amtlichen Informationen habe der Gesetzgeber den Schutz personenbezogener Daten spezifisch ausgestaltet, indem er ihn grundsätzlich vom Überwiegen des Informationsinteresses des Antragstellers in der Abwägung mit dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs oder dessen Einwilligung abhängig gemacht habe. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4 IFG greife nicht zugunsten des Klägers ein. Das Informationsinteresse des Klägers überwiege nicht das schutzwürdige Interesse der betroffenen Bediensteten am Ausschluss des Informationszugangs.
4 Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor: Die nicht mit einem Namen verknüpften Diensttelefonnummern stellten keine personenbezogenen Daten im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG dar. Der Begriff des Bearbeiters im Sinne von § 5 Abs. 4 IFG sei weit zu verstehen und umfasse die in der Diensttelefonliste aufgeführten Bediensteten des Beklagten. Unabhängig davon habe das Berufungsgericht das Informationsinteresse des Klägers unzutreffend gewichtet.
5
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. August 2015, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2014, soweit es die Klage abgewiesen hat, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Informationszugang zu den dienstlichen Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Beklagten (Stand: 29. Dezember 2013) mit Angabe ihres Zuständigkeitsbereichs unter Unkenntlichmachung ihrer Vornamen und Namen zu gewähren.
6
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7 Die Revision sei unzulässig, da sich ihre Begründung nicht zum Erfordernis der Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 8 Abs. 1 IFG verhalte. Im Übrigen verteidigt der Beklagte das angefochtene Urteil.
II
8 1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere ist sie in der von § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gebotenen Weise begründet worden. Dazu gehört, dass der Revisionsführer zum Ausdruck bringt, warum die Erwägungen, auf die die angefochtene Entscheidung gestützt ist, gegen das Gesetz verstoßen und damit ungeeignet sind, das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1980 - 7 C 88.79 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 55). Dies gilt aber nur, soweit das Berufungsurteil Gegenstand der Revision ist. Daher waren hier keine Darlegungen zu den an § 8 Abs. 1 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) anknüpfenden Erwägungen des Berufungsgerichts erforderlich. Denn die Revision wendet sich ausschließlich dagegen, dass das Berufungsgericht ein Überwiegen des Informationsinteresses des Klägers (§ 5 Abs. 1 Satz 1 IFG) sowie die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 IFG und damit einen spruchreifen Anspruch des Klägers verneint hat. Insoweit ist das Urteil indessen nicht auf § 8 Abs. 1 IFG gestützt.
9 2. Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
10 a) Soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, den Antrag des Klägers neu zu bescheiden, ist das Urteil rechtskräftig und einer Überprüfung im Revisionsverfahren nicht zugänglich.
11 aa) Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage - namentlich auch im Revisionsverfahren - von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits entschieden worden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. August 1962 - 1 C 161.58 - BVerwGE 14, 359 <362 f.> und vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70 m.w.N.). Die in einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) verbindlich zum Ausdruck gebrachte, für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung bestimmt dessen Rechtskraftwirkung (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Dezember 1967 - 8 C 2.67 - BVerwGE 29, 1 <2 f.> und vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30 und 31.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157). Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70 m.w.N.).
12 bb) Daran gemessen folgt aus dem rechtskräftig gewordenen Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, dass der Erfolg der Klage insoweit allein von der Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 8 IFG abhängt und Ausschlussgründe, die dem Informationsbegehren entgegenstehen könnten, abgesehen von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht vorliegen. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene und vom Oberverwaltungsgericht durch Zurückweisung der Berufung des Klägers bestätigte Klageabweisung "im Übrigen". Sie umfasst die Ablehnung eines spruchreifen Anspruchs des Klägers auf den begehrten Informationszugang sowie eine Abweichung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts von derjenigen des Klägers, soweit sie zu dessen Nachteil ausfällt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30 und 31.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157 und vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, je m.w.N.). Im Hinblick darauf ist ein Bundesrechtsverstoß des Berufungsgerichts zu verneinen.
13 b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich das Informationsbegehren des Klägers auf personenbezogene Daten im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG richtet, steht im Einklang mit Bundesrecht. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Namen der Bediensteten nicht erfahren will, sondern nur, welchem Zuständigkeitsbereich ihre dienstlichen Telefonnummern zugeordnet sind.
14 Nach der im Rahmen des § 5 Abs. 1 IFG anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 BDSG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 20) sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Telefonnummern gehören zu diesen personenbezogenen Daten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 - 20 F 10.12 - ZIP 2014, 442 Rn. 10; Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 3 Rn. 3; Schild, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, § 3 BDSG Rn. 19; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 11 Rn. 39). Ihr Personenbezug entfällt nicht schon dadurch, dass die Namen der ihnen zugeordneten Bediensteten nicht mitgeteilt werden. Diese Beschränkung des begehrten Informationszugangs führt nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu einer Anonymisierung der betroffenen Daten im Sinne des - ebenfalls anwendbaren (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 41) - § 3 Abs. 6 BDSG. Die aus dieser Vorschrift folgende Voraussetzung einer Anonymisierung, dass die Nummern nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können, ist nicht erfüllt. Bereits ein einfacher Anruf stellt, wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt, bei lebensnaher Betrachtung die Verknüpfung der Telefonnummer mit einer - in der Regel nicht nur bestimmbaren, sondern bestimmten - Person her.
15 c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass § 5 Abs. 4 IFG nicht zugunsten des Klägers eingreift. Nach dieser Vorschrift sind bestimmte personenbezogene Daten von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Bearbeiter im Sinne der Norm sind aber nicht alle Bediensteten einer Behörde, sondern nur diejenigen, die mit einem bestimmten Verwaltungsvorgang befasst gewesen sind, zu dem Informationszugang begehrt wird (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 5 Rn. 104 ff.; Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, § 5 IFG Rn. 25, beide mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung; ferner Debus, NJW 2015, 981 <983>).
16 aa) Dieses Verständnis ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, da der Begriff der Bearbeitung die Erledigung einer konkreten dienstlichen Aufgabe bezeichnet. Die Herausgabe der personenbezogenen Daten der Bediensteten, die mit dieser Aufgabe befasst gewesen sind, erfolgt - funktionsbezogen - nur bei Gelegenheit eines Informationsbegehrens, welches auf den bearbeiteten Verwaltungsvorgang gerichtet ist. Damit richtet sie sich auf Daten, die im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit dieser Bediensteten sind.
17 bb) Die Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes deutet in dieselbe Richtung. § 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 IFG enthält eine Vorwegnahme bzw. einen Ausschluss der von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG vorgesehenen Abwägung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 26). Das Gefüge dieser Vorschriften, die jeweils bestimmte Arten personenbezogener Daten betreffen und diese spezifischen Regeln unterwerfen, würde durch ein erweiterndes, nicht mehr funktionsbezogen an einen bestimmten Verwaltungsvorgang anknüpfendes Verständnis des § 5 Abs. 4 IFG, das unterschiedslos alle Bediensteten einer Behörde umfasste, verkannt.
18 Eine Gleichsetzung von Bearbeitern und Bediensteten lässt sich zudem mit dem Regelungsgehalt von § 11 Abs. 2 IFG nicht vereinbaren. Danach sind Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten allgemein zugänglich zu machen. Enthalten vergleichbare amtliche Informationen wie etwa behördliche Geschäftsverteilungspläne personenbezogene Daten, sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 11 Abs. 2 IFG nicht von der Abwägung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG freigestellt werden (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16). Eine solche Freistellung wäre indessen der Sache nach die Folge des von der Revision für richtig gehaltenen Verständnisses des § 5 Abs. 4 IFG.
19 cc) Nichts anderes folgt schließlich aus dem Sinn und Zweck von § 5 Abs. 4 IFG. Die dort aufgeführten personenbezogenen Daten werden grundsätzlich nicht von § 5 Abs. 1 IFG geschützt, weil sie regelmäßig nur die amtliche Funk-tion der Bediensteten im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit betreffen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 14) und in diesem Rahmen ein übermäßiger Anonymisierungsaufwand vermieden werden soll (vgl. Debus, NJW 2015, 981 <983>). Der von der Vorschrift damit vorausgesetzte funktionale Zusammenhang zwischen einer konkreten dienstlichen Aufgabe und den personenbezogenen Daten der damit befassten Bediensteten und das daraus folgende geringere Schutzbedürfnis dieser Daten lägen aber dann nicht mehr vor, wenn alle Bediensteten einer Behörde als Bearbeiter im Sinne der Vorschrift angesehen würden.
20 d) § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG verlangt bei fehlender Einwilligung des Dritten eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs, die gerichtlich voll überprüfbar ist (BVerwG, Urteile vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 NVwZ 2016, 1014 Rn. 25 und vom 28. Juli 2016 - 7 C 7.14 - juris Rn. 29). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das Informationsinteresse des Klägers nicht das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Bediensteten überwiegt, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
21 aa) Als Umstände, die für das Informationsinteresse des Klägers sprechen, hat das Berufungsgericht dessen Interesse an der Förderung der Transparenz und ein privates Interesse an der unmittelbaren - wenn auch nicht in eigenen Angelegenheiten des Klägers erfolgenden - Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Sachbearbeiter festgestellt. Diese Aspekte hat das Berufungsgericht nicht für besonders gewichtig erachtet, weil die Erreichbarkeit des Beklagten über das eigens hierfür eingerichtete Service-Center sichergestellt sei und das allgemeine Interesse an Behördentransparenz über die dem Informationsfreiheitsgesetz allgemein zugrunde liegende Zwecksetzung nicht hinausgehe.
22 bb) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Berufungsgericht dem Geheimhaltungsinteresse der Bediensteten ein dem Informationsinteresse des Klägers mindestens gleiches Gewicht beigemessen. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei den dienstlichen Telefonnummern, auf die das Informationszugangsbegehren des Klägers gerichtet ist, um personenbezogene Daten. Sie werden vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 25; Beschlüsse vom 19. Juni 2013 - 20 F 10.12 - ZIP 2014, 442 Rn. 10, 13, und vom 29. Oktober 2015 - 1 B 32.15 - CR 2016, 154 Rn. 7). Bei ihrer Gewichtung ist daher dem relativen Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse, der § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG zugrunde liegt (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - NVwZ 2016, 1014 Rn. 25), Rechnung zu tragen.
23 cc) Dem steht nicht entgegen, dass eine Behörde mit Publikumsverkehr ihrerseits grundsätzlich befugt ist, dienstliche Kontaktdaten ihrer Bediensteten zu veröffentlichen, und diese keinen Anspruch darauf haben, von der Möglichkeit der Kontaktaufnahme abgeschirmt zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 - 2 B 131.07 - Buchholz 237.8 § 102 RhPLBG Nr. 2 Rn. 8). Diese Vorgaben gelten allein für die Rechtsbeziehung zwischen dem Bediensteten und seinem Dienstherrn. Die im Verhältnis dazu stärkere Gewichtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen eines Informationszugangsbegehrens folgt hingegen aus der speziellen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG, die dem schutzwürdigen Interesse der in diesem Recht Betroffenen an einem Ausschluss des Informationszugangs besondere Bedeutung beimisst.
24 dd) Die Einwände, die die Revision gegen die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Abwägung und ihr Ergebnis erhebt, greifen nicht durch, wobei der Senat an die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist. Das gelegentliche Engagement des Klägers für Empfänger von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) und sein allgemeines Interesse an der Förderung von Transparenz hat das Oberverwaltungsgericht in die Abwägung eingestellt, diesen nicht spezifisch grundrechtlich geprägten Umständen aber ohne Rechtsverstoß kein Gewicht beigemessen, das die gegenläufigen, vom Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfassten Belange und deren gesetzlich vorgegebenen relativen Vorrang überwiegt.
25 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.