Verfahrensinformation
Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau und die mit einer geplanten Ausweitung des Braunkohlentagebaus begründete Verlegung der Autobahn Aachen - Köln (A 4) zwischen Düren und Kerpen. Er hält die Trassenwahl für fehlerhaft, da sie die Immissionsschutzbelange der betroffenen Wohnbevölkerung nicht ausreichend berücksichtige, und begehrt hilfsweise weitergehende Maßnahmen zu seinem Schutz vor Lärm- und Schadstoffimmissionen bzw. eine weitergehende Entschädigung.
Verfahrensinformation
Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau und die mit einer geplanten Ausweitung des Braunkohlentagebaus begründete Verlegung der Autobahn Aachen - Köln (A 4) zwischen Düren und Kerpen. Sie halten den Verlauf der Autobahntrasse und einer dort mit dieser verbundenen Landesstraße im Bereich der Ortslage Ellen für rechtswidrig, da sie die Immissionsschutzbelange der betroffenen Wohnbevölkerung nicht ausreichend berücksichtige. Hilfsweise begehren sie weitergehende Maßnahmen zu ihrem Schutz vor Lärm- und Schadstoffimmissionen bzw. entsprechende Entschädigung.
Verfahrensinformation
Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau und die mit einer geplanten Ausweitung des Braunkohlentagebaus begründete Verlegung der Autobahn Aachen - Köln (A 4) zwischen Düren und Kerpen. Sie halten die Trassenwahl für fehlerhaft, da sie die Immissionsschutzbelange der betroffenen Wohnbevölkerung nicht ausreichend berücksichtige.
Pressemitteilung Nr. 29/2009 vom 13.05.2009
Klagen gegen den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen Kerpen und Düren abgewiesen
In mehreren Klageverfahren wandten sich Einwohner der Ortslagen Buir und Ellen sowie ein staatlich anerkannter Naturschutzverein gegen die Planfeststellung für den Ausbau und die durch den Braunkohletagebau Hambach bedingte Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Kerpen und Düren. Die privaten Kläger machten geltend, insbesondere wegen der für ihre Grundstücke zu befürchtenden Lärmimmissionen müsse die Trasse weiter von ihren Grundstücken entfernt verlaufen. Hilfsweise verlangten sie zusätzliche Maßnahmen zum Schutz ihrer Grundstücke vor Immissionen. Der Naturschutzverein wandte ein, die Planfeststellung verstoße gegen das europäische und deutsche Naturschutzrecht, weil die auch nach Verlegung der Autobahn noch vorgesehene Querung eines nach Europarecht ausgewiesenen besonderen Schutzgebiets, des FFH-Gebiets "Dickbusch, Lörsfelder Busch, Steinheide", zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele dieses Gebiets führe und die Voraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung nicht vorlägen. Außerdem verstoße das Vorhaben gegen das Artenschutzrecht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das hier in erster und letzter Instanz zuständig ist, hat die Klagen abgewiesen. Die Trassenwahl, bei der sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von den Klägern bevorzugten Varianten auseinandergesetzt habe, verletze keine Rechte der privaten Kläger. Diesen ständen auch keine Ansprüche auf weitergehende Schutzvorkehrungen zu. Die Klage des Naturschutzvereins sei ebenfalls unbegründet. Zwar könne das Vorhaben wegen des damit verbundenen Verlustes an Waldflächen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des genannten Schutzgebiets führen. Die vom Beklagten vorsorglich durchgeführte Abweichungsprüfung sei jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Auch artenschutzrechtliche Verbote würden nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
BVerwG 9 A 71.07 - Urteil vom 13.05.2009
BVerwG 9 A 72.07 - Urteil vom 13.05.2009
BVerwG 9 A 73.07 - Urteil vom 13.05.2009
BVerwG 9 A 74.07 - Urteil vom 13.05.2009
Beschluss vom 04.03.2008 -
BVerwG 9 A 74.07ECLI:DE:BVerwG:2008:040308B9A74.07.0
Beschluss
BVerwG 9 A 74.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. März 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost gemäß § 87a Abs. 1 VwGO
beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
1 Die Kläger wenden sich mit ihrer am 21. Dezember 2007 erhobenen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Sie begehren im Klageverfahren die gerichtliche Feststellung, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, sowie den gerichtlichen Ausspruch der Verpflichtung des Beklagten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Planfeststellung hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Kläger vor Immissionen sowie über Ansprüche auf Entschädigung erneut zu entscheiden. Durch Beschluss vom 23. Januar 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht die Beigeladene gemäß § 65 Abs. 1 VwGO zu dem Verfahren beigeladen. Die Gegenvorstellung der Kläger gegen diesen Beschluss, der gemäß § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar ist, gibt zu dessen Aufhebung keinen Anlass.
2 Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Dafür reicht die Möglichkeit aus, dass der Inhalt der Entscheidung auf rechtliche Interessen des Beizuladenden einwirken kann (vgl. Urteil vom 16. September 1981 - BVerwG 8 C 1.81 und 2.81 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 76 S. 3). Dies ist hier der Fall. Jedenfalls die von den Klägern begehrte Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, könnte die Fortführung des von der Beigeladenen betriebenen Tagebaus Hambach nach den Vorgaben des Braunkohlenplans Hambach, Teilplan 12/1 von 1976, der die Verlegung der A 4 im hier planfestgestellten Abschnitt vorsieht, und des bestandskräftigen Rahmenbetriebsplans von 1993, der die bergbauliche Inanspruchnahme der bisherigen Trasse der A 4 vorsieht, zumindest verzögern. Dass sich eine hierauf beziehende bergrechtliche oder vertragliche Rechtsposition der Beigeladenen dadurch verschlechtern könnte, ist jedenfalls nicht auszuschließen.
Urteil vom 13.05.2009 -
BVerwG 9 A 71.07ECLI:DE:BVerwG:2009:130509U9A71.07.0
Urteil
BVerwG 9 A 71.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 13. Mai 2009 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden den Klägern zu je einem Drittel auferlegt.
Gründe
I
1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Der Kläger zu 3 ist Eigentümer und Bewohner des Grundstücks M1 im Ortsteil Buir der Stadt Kerpen, das in einem Wohngebiet liegt und mit einem Wohnhaus bebaut ist. Sein Sohn, der Kläger zu 1, wohnt ebenfalls in diesem Haus und betreibt dort ein Steuerberaterbüro. Der Kläger zu 2, ein weiterer Sohn des Klägers zu 3, wohnt als Mieter im etwa 900 m weiter östlich gelegenen Haus S. in Buir.
3 Ende 1976 stellte der Braunkohlenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen den Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche des Tagebaus Hambach“ auf. Im Juni 1977 wurde dieser Plan vom Ministerpräsidenten genehmigt und bekannt gemacht. Der Plan sieht eine Abbau- und Haldenfläche von ca. 85 km² vor. Im Abbaugebiet können ca. 2,5 Mrd. t Braunkohle gewonnen werden. Bei einer geplanten jährlichen Fördermenge von ca. 50 Mio. t soll der Abbau des gesamten Feldes bis etwa 2045 andauern.
4 Im März 1978 ließ das Bergamt Köln zunächst zwei Rahmenbetriebspläne für eine Teilfläche von 23 km² und den dortigen Abbau bis 1995 zu. Mit der entsprechenden Kohlegewinnung wurde 1984 begonnen. Im August 1995 ließ das Bergamt Düren einen weiteren Rahmenbetriebsplan zu, mit dem der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der Abbau einer anschließenden weiteren Teilfläche in den Jahren 1996 bis 2020 erlaubt wurde. Diese Teilfläche reicht im Süden bis über die bestehende vierstreifige A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen hinweg.
5 Im September 2000 übersandte das Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Unterlagen für die Verlegung der A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen zur Bestimmung der Planung und Linienführung mit dem Vorschlag, von den geprüften sieben Trassenvarianten die Variante 2a als günstigste zu bestimmen. Mit Schreiben vom 19. Januar 2001 bestimmte das Bundesministerium gegenüber dem Land die von diesem vorgeschlagene Linienführung. Danach soll die bisher ca. 2,5 km von Buir entfernte Autobahn im Raum Buir künftig unmittelbar nördlich parallel der Eisenbahnstrecke Aachen-Köln verlaufen, die hier als Schnellbahnstrecke mit einem separaten S-Bahn-Gleis ausgebaut ist und am nördlichen Rand der Ortslage Buir entlangführt. Die Wohnungen der Kläger zu 1 und 3 befinden sich etwa 550 m, die Wohnung des Klägers zu 2 etwa 1 250 m von der vorgesehenen Trasse entfernt.
6 Im März 2005 reichte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen den Plan für den sechsstreifigen Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen (Bau-km 32+350 bis 49+943) bei der Bezirksregierung Köln zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Die Bezirksregierung veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Stadtverwaltung Kerpen vom 2. Mai bis zum 1. Juni 2005 ausgelegt wurde. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass jeder bis zum 30. Juni 2005 bei der Bezirksregierung oder der Stadtverwaltung Einwendungen gegen den Plan erheben könne. Die Einwendung müsse den geltend gemachten Belang und das Maß der Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf dieser Frist seien Einwendungen ausgeschlossen.
7
Innerhalb der Einwendungsfrist erhoben die Kläger mit Schreiben vom 22. Juni 2005 (Kläger zu 2) und 30. Juni 2005 (Kläger zu 1 und 3) im Wesentlichen folgende Einwendungen:
- Die Verlegung der Autobahn sei überflüssig, da der Braunkohlentagebau wegen der sich ändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht wie geplant realisiert werden könne. Es sei nicht einzusehen, dass allein wegen der privatwirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen die Lebensqualität und Gesundheit der Bürger von Buir vernichtet werde.
- Da der Tagebau die bisherige Autobahntrasse erst 2017 erreichen solle, sei deren geplante Verlegung jedenfalls verfrüht.
- Die Variantenprüfung sei unzureichend.
- Die zu erwartende zusätzliche Belastung der Bevölkerung durch Lärm und Feinstaub sei nicht hinnehmbar.
- Durch die Verlegung der Autobahn und den Wegfall der bisherigen Anschlussstelle Buir werde der Bewegungsspielraum der dortigen Bevölkerung eingeschränkt.
- Durch die zu erwartenden Beeinträchtigungen würden die Immobilien der Kläger im Wert und in der Nutzung gemindert.
- Ausgleichs- und Begrünungsmaßnahmen müssten vor der Verlegung in Buir selbst durchgeführt werden.
- Die Bauarbeiten seien auf die Tagesstunden zu beschränken.
- Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit werde missachtet.
- Die physischen und psychischen Belastungen durch die Verlegung nähmen den Klägern Gesundheit und Lebensfreude.
8 Während des Anhörungsverfahrens für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn stellte die Bezirksregierung am 3. August 2005 den Plan für den Neubau der „Hambachbahn“ fest. Diese Grubenanschlussbahn der Beigeladenen für den Abtransport der Braunkohle verläuft bisher durch das zukünftige Abbaugebiet und soll im Bereich Buir künftig nördlich entlang der vorgesehenen neuen Autobahntrasse geführt werden.
9 Vom 3. bis 6. und am 25. April 2006 wurden die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zum Neubau der Autobahn und die Stellungnahmen der Behörden und Verbände zu dem Plan von der Bezirksregierung mit dem Landesbetrieb, den sonstigen Behörden und Verbänden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben hatten, erörtert. Der Kläger zu 1 nahm an dem Erörterungstermin teil und erhielt seine Einwendungen aufrecht. In der Folgezeit wandte er sich zudem mit zahlreichen weiteren Stellungnahmen an die Anhörungsbehörde.
10
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau und die Verlegung der A 4 von Bau-km 32+350 bis Bau-km 49+943 fest. Danach verläuft die Trasse nördlich der Ortslage Buir jenseits der hier mit einer 2,5 m hohen Lärmschutzwand versehenen, östlich des Bahnhofs Buir auf einem von West nach Ost an Höhe über Gelände zunehmenden Bahndamm liegenden Eisenbahnstrecke in einem zwischen 7 und 12 m tiefen Einschnitt, an dessen Böschungskante eine im westlichen und mittleren Bereich 4 m hohe Lärmschutzwand errichtet werden soll. Durch die Nebenbestimmung 5.2.1 wurde der Träger der Straßenbaulast zudem verpflichtet, zum besonderen Schutz der Ortslage Buir zwischen km 40+150 und km 42+700 als Straßenoberflächenbelag einen offenporigen Asphalt aufzubringen und zu unterhalten, der sicherstellt, dass die dafür angegebenen Korrekturwerte DStrO = -5 dB(A) erzielt werden. Außerdem enthält der Planfeststellungsbeschluss zahlreiche weitere Nebenbestimmungen zum Lärmschutz der benachbarten Grundstücke, ohne allerdings den Klägern Ansprüche auf passive Lärmschutzmaßnahmen zuzusprechen. Unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand und eines Korrekturwerts DStrO von nur -2 dB(A) für lärmmindernden Asphalt wurden an der trassenzugewandten Fassade des an das Wohnhaus der Kläger zu 1 und 3 angrenzenden Wohngebäudes auf dem Grundstück M2 für die vom Beklagten prognostizierte Verkehrsbelastung folgende Beurteilungspegel ermittelt:
Erdgeschoss: tags 51,0 dB(A), nachts 46,0 dB(A)
1. Obergeschoss: tags 51,9 dB(A), nachts 46,9 dB(A).
11 Zur Begründung führte der Beschluss aus: Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ergebe sich bereits unmittelbar aus der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz, davon unabhängig aber auch aus den mit der Planung verfolgten inhaltlichen Zielen. Dazu gehöre insbesondere das landesplanerisch verbindliche Ziel der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach, das zwangsläufig die Verlegung der A 4 aus den Abbaugrenzen des Tagebaus vorgebe.
12 Eine Alternative, die in der Gesamtabwägung der planfestgestellten Variante eindeutig vorzuziehen wäre, sei nicht zu erkennen. Die unveränderte weitere Nutzung der vierstreifigen A 4 in der bisherigen Lage widerspräche sowohl den Verkehrserfordernissen als auch den verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung sowie dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen. Aus letztgenanntem Grund komme auch der sechsstreifige Ausbau in der bisherigen Trassenlage nicht in Betracht. Eine andere Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets des Tagebaus Hambach oder unter Zurücknahme der Abbaugrenze dieses Tagebaus komme aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung ebenfalls nicht in Betracht. Selbst wenn man dies außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten.
13
Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Hier sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermei-
dungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Beeinträchtigungen sicher ausgeschlossen werden könnten.
14 Angesichts dessen sei das Vorhaben mit den Belangen des Lärmschutzes vereinbar. Nach einer für die Ortslage Buir durchgeführten Summenpegelberechnung für die gebündelt angeordneten Verkehrswege am nördlichen Rand dieser Ortslage sei auch eine Gesundheitsgefährdung der Betroffenen durch den summierten Verkehrslärm auszuschließen.
15 Entsprechendes gelte für die Belange der Luftreinhaltung. Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe seien nach dem Ergebnis der Schadstoffabschätzung für den Menschen nicht zu erwarten. Bereits bei der Wohnbebauung in unmittelbarer Trassennähe überschreite die aus Vorbelastung und straßenverkehrsbedingter Zusatzbelastung ermittelte Schadstoffgesamtbelastung die bestehenden Grenz- bzw. Orientierungswerte nicht.
16 Der Planfeststellungsbeschluss wurde öffentlich bekannt gemacht; die Auslegung in Kerpen endete am 21. November 2007.
17 Am 19. Dezember 2007 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung behaupten sie, die Lärmgrenzwerte für die Nacht von 49 dB(A) würden in Buir schon jetzt nicht durchgehend eingehalten. Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Werte für die zu erwartende Lärmbelastung seien nicht zutreffend ermittelt worden. Es sei zu bezweifeln, dass die Belastung östlich des Bahnhofs Buir derjenigen westlich des Bahnhofs entspreche. Denn der Bereich westlich des Bahnhofs habe nicht den schallschützenden Erdwall der Eisenbahnlinie. Außerdem seien in den Berechnungen zur Schallbelastung die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse nicht berücksichtigt, insbesondere die Auswirkungen von Regen und regennasser Fahrbahn sowie die unterschiedlichen Luftwiderstände bei Kälte und Wärme. Eine Ermittlung des insgesamt einwirkenden Schallvolumens bezogen auf den Tag, die Woche, das Jahr, die Gleichzeitigkeit mehrerer Lärmquellen, den dynamischen Verlauf des Lärms und die Witterungsverhältnisse sei nicht erfolgt.
18 Auch die Schadstoffbelastungen überschritten je nach Verkehrsaufkommen und Witterung schon jetzt das zulässige Maß. Bei der geplanten Verlegung der Autobahn seien diese Überschreitungen noch häufiger zu erwarten. Die mit dieser Verlegung verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen sei jedoch überhaupt nicht bzw. nicht ausreichend ermittelt worden.
19 Ferner sei davon auszugehen, dass sich Anzahl und Wahrnehmbarkeit der Erdbeben nach der geplanten Verlegung der Autobahn deutlich erhöhen würden, und zwar bedingt durch den Tagebau.
20 In der Umweltverträglichkeitsstudie fehle es an der grundlegenden Prüfung des sechsstreifigen Ausbaus der Autobahn auf der bestehenden Trasse. Die Förderung von Braunkohle bleibe schon nach heutigen Erkenntnissen hinter den ursprünglichen Planungen zurück und habe sich bei jährlich ca. 40 Mio. t eingependelt. Aber auch die Vorschläge der Kläger zur Verlegung der Autobahn auf eine ganz oder teilweise nördlich bzw. nordöstlich der jetzt geplanten Variante gelegene Trasse seien nicht ernsthaft in die Abwägungen eingeflossen. Bergbauliche oder statische Gründe ständen einer derartigen Linienführung nicht entgegen.
21 Bei der Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens zur Verlegung der Hambachbahn habe die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im Jahre 1999 noch selbst eine westliche Umfahrung der Steinheide und damit eine nördlich bzw. nordöstlich vom jetzigen Verlauf der Autobahn gelegene Linienführung in Betracht gezogen. Diese Alternative sei damals deshalb verworfen worden, weil das entsprechende Gebiet noch Abbaugebiet war. Wenn der Braunkohleabbau voraussichtlich 2017 auf die jetzige Autobahn treffe, sei jedoch davon auszugehen, dass das weiter nördlich gelegene Abbaugebiet schon erschöpft und in weiten Teilen rekultiviert sei. Damit stünde einer Verlegung der Autobahn in dieses Gebiet kein ernstzunehmender Aspekt entgegen.
22 Die Anfahrtswege zwischen dem Steuerberaterbüro des Klägers zu 1 und seinen potentiellen Klienten in Arnoldsweiler, Manheim, Morschenich, Elsdorf und Bergheim würden sich durch die Verlegung der Autobahn und den Wegfall der Anschlussstelle Buir verlängern und verteuern. Deshalb würde die Zahl seiner Klienten aus dem bisherigen Einzugsgebiet abnehmen. Der Wert der Immobilien der Kläger werde sich durch die Verlegung der Autobahn erheblich verringern.
23
Das Planfeststellungsverfahren sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft durchgeführt worden:
- Die Auslegungsfrist in Kerpen sei wegen Betriebsausflugs der Bediensteten der Stadtverwaltung um einen Tag unzulässig verkürzt worden.
- Die Umweltverträglichkeitsstudie sei im Anhörungsverfahren nicht ausgelegt worden.
- Planänderungen seien nicht öffentlich ausgelegt und allen Betroffenen mitgeteilt worden.
- Das Vorhaben hätte als Verkehrswegeplanung auf Bundesebene einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 14a UVPG bedurft, an der es fehle.
24 In materiellrechtlicher Hinsicht vertreten die Kläger die Auffassung, der Kläger zu 3 sei durch Verletzung des Abwägungsgebots in seinem Grundrecht auf Eigentum verletzt. Die mit der geplanten Verlegung der Autobahn verbundenen Lärm- und Schadstoffimmissionen und die gegen das Abwägungsgebot verstoßende Trassenwahl beeinträchtigten den Kläger zu 1 in seiner Berufsfreiheit und seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Der Kläger zu 2 sei als Mieter durch Verletzung des Abwägungsgebots ebenfalls in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt.
25 Die Planrechtfertigung könne nicht aus der Unüberwindbarkeit des landesplanerischen Ziels der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach hergeleitet werden. Insoweit falle der Planfeststellungsbehörde ein beachtlicher Abwägungsfehler zur Last. Denn daraus ergebe sich nicht zwingend die planfestgestellte Trassenverlegung der A 4. Da die betroffenen Anwohner ihre privaten Belange nicht in der landesplanerischen Entscheidungsfindung, sondern erst im Planfeststellungsverfahren geltend machen könnten, müsse die landesplanerische Zielvorgabe im Planfeststellungsverfahren mit diesen Belangen abgewogen werden und, wenn diese höherwertig seien, im Extremfall gegenüber diesen Belangen auch ganz oder teilweise zurücktreten. Außerdem schlügen Abwägungsfehler aus der Landesplanung auf das Planfeststellungsverfahren durch. Soweit eine zielförmige landesplanerische Standortentscheidung, deren Zielbindung sich nicht auf private Betroffene erstreckt, inhaltlich im Planfeststellungsbeschluss umgesetzt bzw. konkretisiert werde, müsse eine Inzidentkontrolle auch der landesplanerischen Entscheidung zum Gegenstand der Planfeststellung und ihrer gerichtlichen Überprüfung gemacht werden. Weder der Rahmenbetriebsplan Hambach 12/1 noch der Braunkohlenplan Hambach erfüllten die inhaltlichen Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung. Sie seien räumlich und sachlich nicht ausreichend bestimmt und beruhten auf keiner hinreichenden und abschließenden Abwägung landesplanerischer Anforderungen. Der Braunkohlenplan Hambach sei sogar nichtig, weil die Erfüllung der darin dem Vorhabenträger erteilten Auflagen tatsächlich unmöglich sei. Die ihm zugrunde liegende Abwägung sei durch das gewandelte Umweltbewusstsein inzwischen überholt. Der vorgesehene Restsee sei völlig überdimensioniert und stelle keine ordnungsgemäße Wiedernutzbarmachung i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 7 BBergG dar. Eine Abbaugenehmigung für das erweiterte Abbaugebiet liege auch noch nicht vor, so dass die Verlegung der Autobahn darauf nicht gestützt werden könne. Mangels eines rechtsgültigen Rahmenbetriebsplans für das Gebiet zwischen jetziger Autobahn und Eisenbahnlinie könne der hier beabsichtigte Tagebau nicht als öffentlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden. Die Behauptung, bei Nichtverlegung der Autobahn müssten mehr als 1 Mrd. t Braunkohle aufgegeben werden, werde zudem bestritten.
26 Eine ordnungsgemäße Abwägung der Trassenvarianten habe im Planfeststellungsbeschluss nicht stattgefunden, da eine tabellarische Gegenüberstellung der jeweiligen Vor- und Nachteile fehle. Außerdem seien nicht alle ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten berücksichtigt worden. Gänzlich unberücksichtigt geblieben seien die Möglichkeit, die Autobahn vorübergehend zu unterbrechen und den Verkehr über die A 61 und die A 44 umzuleiten, sowie eine Kurz- bzw. Querungsvariante an der Abbaugrenze des Rahmenbetriebsplans 12/1. Diese Variante sei eindeutig die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Trasse. Außerdem dränge sich die Variante 6 als die Ortschaft Buir erheblich weniger belastende Trasse auf. Bei der Ablehnung dieser Variante sei das Schutzgut Mensch unzulänglich berücksichtigt worden. Bei der Linienbestimmung sei dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen insoweit ein Fehler unterlaufen, als es die Länge der linienbestimmten Trasse um 800 m zu kurz angenommen habe. Die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, die Variante 6 durchschneide einen Freiraum zwischen der Bahnstrecke und der B 264, sei unzutreffend. Die planfestgestellte Trasse greife im Bereich Buir zudem unzulässig in die Sicherheitszone des Tagebaus ein.
27 Verletzt worden seien ferner immissionsschutzrechtliche Bestimmungen, die auch dem Schutz der Kläger dienten. Die von dem Neubau der Autobahn ausgehenden Lärmbelastungen seien für die Kläger unzumutbar. Auch die mit der Verlegung der Autobahn verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen sowie die mit der Bündelung der Verkehrswege verbundenen Erdbebenrisiken seien vom Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden.
28
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 aufzuheben,
hilfsweise,
die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses festzustellen,
weiter hilfsweise,
den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, dass für den Bereich der Ortslage Buir die Führung der Autobahn in einem Tunnelbauwerk vorgesehen wird,
äußerst hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Ergänzung dieses Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Ortslage Buir vor Schallimmissionen erneut zu entscheiden.
29
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
30 Er trägt vor, dass eine Beibehaltung der heutigen Autobahntrasse einen Weiterbetrieb des Tagebaus südlich davon ausschließen würde. Eine Trassenführung im Norden der vorhandenen Trasse habe von vornherein aus technischen und Sicherheitsgesichtspunkten ausgeschlossen werden müssen, da sie mitten über die aktive Betriebsfläche des Tagebaus führen würde. Hier finde während der gesamten Zeit bis über die bergbauliche Inanspruchnahme der bisherigen Trasse hinaus kontinuierlicher Bergbaubetrieb statt. Da die endgültige Oberflächengestaltung in diesem Bereich erst deutlich nach dem vorgesehenen Bauende der neuen Autobahn abgeschlossen sein werde, müsste sich eine neue Autobahntrasse den zum Bauzeitpunkt vorhandenen vorläufigen Geländehöhen anpassen. Damit müsste die Autobahn im Verlegeabschnitt einen Höhenunterschied von ca. 320 m überwinden und anschließend wieder an das Umgebungsniveau anschließen. Derartige Trassenführungen ständen nicht im Einklang mit den Zielen der Raumordnung, die eine land- und forstwirtschaftliche Wiedernutzung der früheren Abbaufläche und die Anlage eines Restsees vorsehe. Eine alternative Trassenführung durch das Abbaugebiet unter Zurücknahme der Abbaugrenze vor Buir oder ein vorzeitiges Zurückschwenken vor Manheim komme wegen der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach nicht in Betracht.
31
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
32 Sie schließt sich der Klageerwiderung des Beklagten an und äußert ergänzend Zweifel an der Klagebefugnis der Kläger. Diese hätten nicht dargelegt, dass ihre planungsrechtlich relevanten Belange nicht ordnungsgemäß in die Abwägung einbezogen worden seien.
II
33 1. Der Senat kann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2009 über die Klage entscheiden, obwohl die Kläger in dieser Verhandlung zwar anwaltlich vertreten, jedoch nicht persönlich anwesend waren. Konkrete Umstände, die eine persönliche Anwesenheit insbesondere des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten, liegen nicht vor. Die Streitsache wurde in der mündlichen Verhandlung mit dem anwesenden Prozessbevollmächtigten der Kläger hinreichend erörtert, wobei er zu allen möglicherweise entscheidungserheblichen Punkten gehört wurde und sich ausführlich hierzu geäußert hat.
34 2. Die Klage ist mit dem auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag und dem auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit gerichteten ersten Hilfsantrag zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
35 Soweit die Kläger Fehler bei der Durchführung des Anhörungsverfahrens beanstanden, legen sie nicht dar, dadurch an der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Belange gehindert worden zu sein. Angesichts der umfangreichen Einwendungen, die die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist erhoben haben, besteht dafür auch kein Anhaltspunkt. Eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsverfahren bestand nicht, da dieses Verfahren nicht auf Bundesebene (vgl. Anlage 3 Nr. 1.1 UVPG), sondern von einer Landesbehörde durchgeführt wurde und zudem nicht der Aufstellung eines Plans oder Programms im Sinne von § 2 Abs. 5 UVPG, sondern der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 2 Abs. 1 UVPG diente.
36 Auch in materiellrechtlicher Hinsicht hat der Beklagte bei der Planfeststellung des Vorhabens, an dessen Planrechtfertigung mit Rücksicht auf die Aufnahme der Erweiterung der A 4 auf sechs Fahrstreifen in den gesetzlichen Bedarfsplan keine Zweifel bestehen, die nicht präkludierten Belange der Kläger weder verkannt noch im Verhältnis zu ihnen entgegenstehenden anderen Belangen objektiv fehlgewichtet. Dies gilt insbesondere für die Immissionsschutzbelange der Kläger.
37 Wie die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, ist die den planfestgestellten Lärm- und Schadstoffuntersuchungen zugrunde liegende Verkehrsprognose anhand eines der Materie hier angemessenen und methodisch vertretbaren Prognoseverfahrens und auf der Basis ausreichend valider Ausgangsdaten erarbeitet worden. Dass dabei im Prognosezeitraum zu erwartende Umstände, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu weiteren Verkehrszunahmen führen werden, unbeachtet geblieben sind, ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den Erläuterungen des für die Verkehrsprognose verantwortlichen Gutachters Dipl.-Ing. G., auszuschließen, ohne dass es dafür einer zusätzlichen Beweiserhebung bedarf. Dies gilt auch für die spekulative Mutmaßung der Kläger, die ab 2017 für etwa zehn Jahre zu erwartende Umleitung des über die A 61 laufenden Verkehrs zwischen den Autobahnkreuzen Jackerath und Mönchengladbach-Wanlo über die A 44, das Autobahnkreuz Holz und die A 46 könnte wegen der damit verbundenen Verlängerung dieser Strecke um etwa 4 km zu einer Verlagerung des Lkw-Fernverkehrs zwischen dem Autobahnkreuz Kerpen und Eindhoven auf die A 4 führen, obwohl dabei eine insgesamt um etwa 20 km längere Autobahnstrecke in Kauf genommen werden muss. Die ermittelten Verkehrsbelastungswerte konnten deshalb den Lärm- und Schadstoffuntersuchungen und der Trassenwahl zugrunde gelegt werden.
38 Dass der Beklagte aus anderen Gründen bei der Trassenwahl die Immissionsschutzbelange der Kläger zu ihrem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat, ist ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass sich ohne einen diesbezüglichen Ermittlungs- und Bewertungsmangel der Ausbau der Autobahn auf der bestehenden Trasse oder auf einer südlich oder weiter nördlich von Buir verlaufenden Trassenvariante eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Linienführung darstellen würde.
39 Die Planfeststellungsbehörde hat sich vor dem Hintergrund der von den Klägern erhobenen, die Beeinträchtigung ihres Wohnortes vor allem durch Verkehrslärm betreffenden Einwendungen auch mit der „Nullvariante“ in Form eines Ausbaus der A 4 auf der bestehenden Trasse oder mit einer anderen Trassenführung im Abbaugebiet oder in der Sicherheitszone des Tagebaus Hambach bzw. unter Zurücknahme der vorgesehenen Abbaugrenze dieses Tagebaus auseinandergesetzt. Sie hat insoweit in erster Linie darauf verwiesen, dass eine solche Trassenführung aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach nicht in Betracht komme. Selbst wenn man dies aber außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten. Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Dafür sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Belastungen sicher ausgeschlossen werden könnten.
40 Das Klagevorbringen ist nicht geeignet, die Grundlagen dieser für die Trassenwahl maßgeblichen Erwägungen zu erschüttern. Dass bei der Linienbestimmung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Jahre 2001 Trassenführungen durch das Abbaugebiet des Tagebaus nicht in Betracht gezogen wurden, ist schon deshalb unerheblich, weil sich der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich unabhängig von den Wertungen, die zur Linienbestimmung geführt haben, nochmals mit dem gesamten Planungsvorgang und insbesondere mit den von Einwenderseite angesprochenen Trassenalternativen befasst hat. Er hat die von den Klägern geltend gemachten Immissionsschutzaspekte unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen hinter dem öffentlichen Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze im durch den 1977 für verbindlich erklärten Braunkohlenplan unter Beteiligung der Öffentlichkeit und eines Vertreters des Beklagten landesplanerisch festgelegten Abbaugebiet zurücktreten lassen. Es ist weder schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte dabei die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder den Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen hat, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Insbesondere durfte der Beklagte berücksichtigen, dass sich das genannte öffentliche Interesse durch den Braunkohlenplan und den bestandskräftigen Rahmenbetriebsplan von 1995 in einer die Beibehaltung der bisherigen Autobahntrasse ausschließenden Weise verfestigt hatte. Dass sich die diesem Rahmenbetriebsplan zugrunde liegende durchschnittliche Fördermenge nach dem Jahre 2000 nicht in dem 1995 noch prognostizierten Ausmaß gesteigert haben mag, ändert - unabhängig von der Frage der Verbindlichkeit der im Braunkohlenplan festgelegten Ziele der Raumordnung (vgl. § 22 Abs. 1, §§ 38, 44 Abs. 1 LPlG NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG) - nichts an dem grundsätzlichen Fortbestand des öffentlichen Interesses an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb des hier in Rede stehenden Abbaugebiets.
41 Dem Vorschlag des Klägers zu 1, nach Beendigung des nördlichen Abbaus die Autobahn in die dortige Sohle des Tagebaus zu verlegen, wurde vom Vorhabenträger bereits im Anhörungsverfahren entgegengehalten, dass dafür ein Höhenunterschied von über 300 m zu überwinden wäre, was bei den für Autobahnen vorgegebenen Steigungsparametern eine Länge von etwa 10 km erfordern würde. Abgesehen davon wird der Bergbaubetrieb auch nach Vorrücken der Abbaukante auf die Bestandstrasse nördlich davon noch andauern und damit eine übergangslose Verlegung der Autobahn in das davon betroffene Gebiet ausschließen. Zudem stände eine derartige Trassenführung nicht im Einklang mit dem im Braunkohlenplan landesplanerisch festgelegten Ziel, im Abbaugebiet nach Beendigung des Abbaus eine Wiederauffüllung mit anschließender landschaftlicher und forstlicher Rekultivierung vornehmen sowie im verbleibenden Restloch einen See anlegen zu lassen. Unabhängig von der Frage der rechtlichen Verbindlichkeit dieses Ziels durfte der Beklagte es im Rahmen der Abwägung aufnehmen und den genannten Vorschlag des Klägers deshalb schon auf der Grundlage einer Grobanalyse aus der weiteren Untersuchung ausschließen. Die im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der Hambachbahn im Tagebau Hambach erwogene und wegen Inanspruchnahme des Abbaugebiets verworfene westliche Umfahrung der südlich der jetzigen A 4 gelegenen Steinheide hat mit der von den Klägern hilfsweise vorgeschlagenen Trassenführung mitten durch das Tagebaugebiet nördlich der jetzigen A 4 nichts zu tun.
42 Die südlich der Ortslage Buir verlaufende Trassenvariante 6 hat der Beklagte ebenfalls unabhängig von den Wertungen, die zur Linienbestimmung geführt haben, nicht für vorzugswürdig gehalten, weil sie zu einer neuen Durchtrennung des bisher wenig durchschnittenen Freiraums südlich von Buir führe, auf einer Länge von 10 km erhebliche und neue Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes verursache (Überlagerung der deutlich ausgeprägten Hangkante des Buirer Fließes, höhere Neuversiegelung durch deutlich höhere Streckenlänge) und zu einer neuen und zusätzlichen Beeinträchtigung der Ortslagen Golzheim und Blatzheim sowie zu einer zweiten, neuen Lärmbeeinträchtigung der Ortslage Buir in den bislang von verkehrsbedingten nachteiligen Auswirkungen weitgehend unbeeinflussten südlichen Bereichen führe. Auch insoweit ist weder von den Klägern schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
43 Die darüber hinaus geltend gemachten Bedenken der Kläger gegen die in der Ortslage Buir zu erwartenden Belastungen durch Lärm und Luftverunreinigungen können der Anfechtungsklage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit die Kläger ihre Zweifel an der zutreffenden Ermittlung der zu erwartenden Lärmbelastung auf andere Gesichtspunkte als ihre Zweifel an der Verkehrsprognose stützen, lässt ihr Vorbringen eine schlüssige Substantiierung vermissen. Die annähernd gleiche Schallimmissionsbelastung westlich und östlich des Bahnhofs Buir kommt dadurch zustande, dass dort, wo die Schirmwirkung durch den Bahndamm abnimmt bzw. fehlt, eine 4 m hohe Lärmschutzwand an der Böschungskante des Trasseneinschnitts vorgesehen ist. Die Behauptung der Kläger, bei den Berechnungen zur Schallbelastung seien die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse nicht berücksichtigt worden, und ihre Ansicht, dass weitere zeitliche und schalltechnische Differenzierungen hätten erfolgen müssen, verkennen, dass das Berechnungs- und Beurteilungsverfahren durch die Verkehrslärmschutzverordnung normativ vorgegeben ist. Anhaltspunkte dafür, dass diese rechtlich allein maßgeblichen Vorgaben bei der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung hinsichtlich der Grundstücke der Kläger missachtet wurden, sind weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich. Etwaigen Unsicherheiten der Lärmprognose wird zudem durch die in der Nebenbestimmung 5.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Schallschutzgarantie Rechnung getragen. Abgesehen davon ließe sich ein insoweit der Entscheidung des Beklagten etwa anhaftender Mangel jedenfalls durch schlichte Planergänzung um Schutz- oder Ausgleichsauflagen zugunsten der Kläger beheben.
44 Ebenso unsubstantiiert sind die Ausführungen der Kläger zu den zu erwartenden Schadstoffimmissionen. Soweit sich die Kläger in diesem Zusammenhang auf § 50 BImSchG berufen, übersehen sie, dass dem dort normierten Trennungsgrundsatz nur die Funktion einer Abwägungsdirektive zukommt, die im Rahmen der planerischen Abwägung durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden kann (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <172> m.w.N.). Dem trägt die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vorgenommene Variantenwahl - wie ausgeführt - Rechnung.
45 Die Befürchtung der Kläger, nach der geplanten Verlegung der Autobahn würden sich die Anzahl und die Wahrnehmbarkeit von Erdbeben im Einzugsbereich von Buir erhöhen, entbehrt jeder nachvollziehbaren Grundlage.
46 Mit dem Hinweis auf eine besondere Betroffenheit seines Steuerberaterbüros durch Verlängerung und Verteuerung der Anfahrtswege zwischen diesem Büro und potentiellen Klienten ist der Kläger zu 1 gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. bzw. § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.F. ausgeschlossen, da er eine solche besondere berufliche Betroffenheit innerhalb der Einwendungsfrist nicht geltend gemacht hat. Die unsubstantiierte Behauptung, der Wert „der Immobilien der Kläger“ werde sich durch die geplante Verlegung der Autobahn „erheblich verringern“, ist ebenfalls nicht geeignet, einen beachtlichen Abwägungsmangel darzulegen. Zum einen können nicht Wertminderungen als solche, sondern nur reale Einwirkungen auf ein Grundstück, die zu einer Wertminderung führen, abwägungserheblich sein (vgl. Urteil vom 4. Mai 1988 - BVerwG 4 C 2.85 - NVwZ 1989, S. 151 <152> und Beschluss vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 NB 17.94 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102 S. 34). Zum andern ist bei der Abwägung - entgegen dem Vortrag der Kläger - nicht „völlig unberücksichtigt geblieben“, dass sich das Vorhaben nachteilig auf den Wert zahlreicher fremder Grundstücke auswirken kann, sondern im Planfeststellungsbeschluss (S. 276 ff.) ausführlich behandelt worden. Die Erwägung, solche Wertminderungen seien, soweit nicht die §§ 41 ff. BImSchG und § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG Schutz- oder Ausgleichsansprüche normieren, hier aus überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls hinzunehmen, ist im Hinblick auf die Sozialbindung des Eigentums rechtlich nicht zu beanstanden.
47 Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig zum Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle machen (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 18) wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind. Ihrer nicht schlüssig substantiierten Behauptung, die planfestgestellte Trasse greife im Raum Buir unzulässig in die Sicherheitszone des Tagebaus ein, ist schon deshalb nicht nachzugehen.
48 3. Die auf Verpflichtung des Beklagten zur Planänderung bzw. -ergänzung um weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Kläger vor verkehrsbedingten Immissionen, insbesondere durch Führung der Autobahn in einem Tunnelbauwerk, gerichteten weiteren Hilfsanträge der Kläger sind ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Auf der nach den obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognosen haben die Kläger keinen Anspruch auf weitergehenden Lärmschutz oder auf einen im Zuge der Planfeststellung zu gewährenden Schutz vor Luftschadstoffen. Die Beurteilungspegel an den von ihnen bewohnten Gebäuden erreichen bei weitem nicht die für einen Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen nach § 41 oder § 42 BImSchG maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung. Erst recht bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger trotz der großen Entfernung dieser Gebäude von den Verkehrswegen nördlich der Ortslage Buir eine ihre Gesundheit oder ihr Eigentum beeinträchtigende Gesamtbelastung durch Verkehrslärm oder verkehrsbedingte Luftschadstoffe zu erwarten haben.
49 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Urteil vom 13.05.2009 -
BVerwG 9 A 72.07ECLI:DE:BVerwG:2009:130509U9A72.07.0
Leitsätze:
1. Es entspricht nicht den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich billiger wären.
2. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 41 Abs. 2 BImSchG ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, was für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Erweist sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig, sind schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. In Baugebieten sind dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten gegenüberzustellen und zu bewerten.
3. Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint.
4. Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebietes, die Zahl der betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall).
Urteil des 9. Senats vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07
Urteil
BVerwG 9 A 72.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 13. Mai 2009 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Ehefrau je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks B1 im Ortsteil Buir der Stadt Kerpen, das mit einem seit 1986 von seiner Familie genutzten Wohnhaus bebaut ist.
3 Ende 1976 stellte der Braunkohlenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen den Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche des Tagebaus Hambach“ auf. Im Juni 1977 wurde dieser Plan vom Ministerpräsidenten genehmigt und bekannt gemacht. Der Plan sieht eine Abbau- und Haldenfläche von ca. 85 km² vor. Im Abbaugebiet können ca. 2,5 Mrd. t Braunkohle gewonnen werden. Bei einer geplanten jährlichen Fördermenge von ca. 50 Mio. t soll der Abbau des gesamten Feldes bis etwa 2045 andauern.
4 Im März 1978 ließ das Bergamt Köln zunächst zwei Rahmenbetriebspläne für eine Teilfläche von 23 km² und den dortigen Abbau bis 1995 zu. Mit der entsprechenden Kohlegewinnung wurde 1984 begonnen. Im August 1995 ließ das Bergamt Düren einen weiteren Rahmenbetriebsplan zu, mit dem der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der Abbau einer anschließenden weiteren Teilfläche im Zeitraum von 1996 bis 2020 erlaubt wurde. Diese Teilfläche reicht im Süden bis über die bestehende vierstreifige Bundesautobahn A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen hinweg.
5 Im September 2000 übersandte das Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Unterlagen für die Verlegung der A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen zur Bestimmung der Planung und Linienführung mit dem Vorschlag, von den geprüften sieben Trassenvarianten die Variante 2a als günstigste zu bestimmen.
6 Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie für dieses Verfahren war im April 1994 eine Verkehrsuntersuchung der AGEVA Verkehrstechnik GmbH vorgelegt worden, um festzustellen, ob für den Wegfall der im künftigen Abbaugebiet liegenden bisherigen Anschlussstelle Buir eine oder mehrere Ersatzanschlussstellen erforderlich sind. Im Rahmen der dieser Untersuchung vorangegangenen Erhebungen waren am 15. Mai 1990, einem Dienstag, von 6 bis 9 Uhr und 15 bis 19 Uhr Verkehrszählungen an sieben Knotenpunkten („Knotenstromzählungen“), u.a. an den Anschlussstellen Düren, Buir und Kerpen, sowie „Kennzeichenerfassungszählungen“ an 27 Querschnitten durchgeführt worden, nicht jedoch solche Zählungen an der A 4 selbst. Die in dieser Untersuchung ermittelten Verkehrsbelastungen bildeten die Grundlage einer Verkehrsprognose für das Jahr 2015.
7 Mit Schreiben vom 19. Januar 2001 bestimmte das Bundesministerium gegenüber dem Land die von diesem vorgeschlagene Linienführung. Danach soll die bisher ca. 2,5 km von Buir entfernte Autobahn im Raum Buir zwischen den beiden Ersatzanschlussstellen Ellen und Geilrath künftig unmittelbar nördlich parallel der Eisenbahnstrecke Aachen-Köln verlaufen, die hier als Schnellbahnstrecke mit einem separaten S-Bahn-Gleis ausgebaut ist und am nördlichen Rand der Ortslage Buir entlangführt. Das Grundstück des Klägers befindet sich etwa 120 m südöstlich der vorgesehenen Trasse.
8 Für die Erstellung der Unterlagen zur Vorentwurfsplanung nahm die IGEPA Verkehrstechnik GmbH im Januar 2003 eine Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung von 1994 mit einer Verkehrsprognose für das Jahr 2020 vor. Dafür wurden im September 2001 in unmittelbarer Nähe der bei den früheren Kennzeichenerfassungszählungen betrachteten Querschnitte neue Knotenstromzählungen ohne Kennzeichenerfassung für den Zeitraum von 15 bis 19 Uhr durchgeführt, um die Entwicklung der Analysedaten zu überprüfen. Ferner wurden an ausgewählten Knoten „24-Stunden-Zählungen“ für insgesamt 17 Querschnitte vorgenommen, um die durchschnittliche werktägliche Verkehrsstärke ortsspezifisch zu ermitteln. Solche 24-Stunden-Zählungen wurden darüber hinaus nunmehr auch für die A 4 selbst durchgeführt, und zwar an je einem Querschnitt westlich und östlich der Anschlussstelle Buir. Diese beiden Zählungen erfolgten am 4. September 2001 von 7 bis 19 Uhr, wurden dann wegen erheblicher Stauerscheinungen unterbrochen und am nächsten Tag um 19 Uhr bis zum darauffolgenden Morgen um 7 Uhr fortgesetzt. Alle diese Erhebungen wurden knotenstrombezogen und getrennt nach Pkw und Lkw ausgewertet und zu den jeweiligen - richtungsgetrennten - Querschnittsbelastungen zusammengefasst.
9 Mit den so ermittelten Verkehrszahlen erarbeitete das Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG im Juli 2004 lufthygienische Untersuchungen zum Schadstoffaufkommen durch den Verkehr auf den bestehenden und den geplanten Straßen im Bezugsjahr 2011.
10 Für das nunmehr anstehende Planfeststellungsverfahren verfasste die IGEPA Verkehrstechnik GmbH im März 2005 eine neuerliche Verkehrsuntersuchung, in der die bisherigen Untersuchungsergebnisse nochmals überprüft bzw. aktualisiert werden sollten. Neue Kennzeichenerfassungserhebungen zur Überprüfung bzw. Fortschreibung der Untersuchungsergebnisse von 1994 hielt sie dabei nicht für erforderlich, da sich die betrachteten Siedlungs- und Netzstrukturen seit damals nicht gravierend verändert hätten. Die etwa im Jahre 2002 fertig gestellte Ortsumgehung Blatzheim habe allerdings nicht detailliert berücksichtigt werden können, da kein verwendbares Datenmaterial bezüglich der daraus resultierenden Verkehrsverlagerungen zur Verfügung gestanden habe. Insofern sei die Darstellung der Prognosebelastungen im unmittelbaren Bereich der Ortslage Blatzheim „ausgespart“. Die grundsätzlichen Quelle-Ziel-Beziehungen hinsichtlich der neuen Anschlussstelle Geilrath seien jedoch in der Ursprungsuntersuchung von 1994 berücksichtigt, und die Ortslage Blatzheim könne durch die Ortsumgehung nur entlastet werden.
11 Die für 2020 zu erwartende Verkehrsentwicklung sei auf der Grundlage der Belastungsdaten der Bundesverkehrszählung 2000 aus dem im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erstellten Gutachten „Verkehrsprognose 2015 für die Bundesverkehrswegeplanung“ vom April 2001 abgeleitet worden. Die werktäglichen Verkehrsbelastungen der A 4 zwischen Düren und Kerpen lägen gemäß der Bundesverkehrszählung 2000 bei ca. 63 640 Kfz/24 h mit einem Lkw-Anteil von ca. 25 % = 15 900 Lkw/24 h. Für die Prognose des Güterverkehrs sei das im Gutachten von 2001 vorgestellte „Integrationsszenario“ mit einer Zuwachsrate von 60,4 % in den Jahren 1997 bis 2015 angenommen worden, für die Prognose des Personenverkehrs das „Trendszenario“ mit einer Zuwachsrate von 22,1 % im selben Zeitraum. Daraus ergäben sich für 2020 Prognosebelastungsdaten von ca. 86 000 Kfz/24 h im Abschnitt der A 4 zwischen den künftigen Anschlussstellen Ellen und Geilrath, davon 30,9 % = 26 570 Lkw/24 h.
12 Ebenfalls im März 2005 legte das Ingenieurbüro IBK Dipl.-Ing. Kals auf der Grundlage der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen der IGEPA Verkehrstechnik GmbH eine schalltechnische Untersuchung vor.
13 Im März 2005 reichte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen den Plan für den sechsstreifigen Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen (Bau-km 32+350 bis 49+943) bei der Bezirksregierung Köln zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Die Bezirksregierung veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Stadtverwaltung Kerpen vom 2. Mai bis zum 1. Juni 2005 ausgelegt wurde. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass jeder bis zum 30. Juni 2005 bei der Bezirksregierung oder der Stadtverwaltung Einwendungen gegen den Plan erheben könne. Die Einwendung müsse den geltend gemachten Belang und das Maß der Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf dieser Frist seien Einwendungen ausgeschlossen.
14
Innerhalb der Einwendungsfrist erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 2005 im Wesentlichen folgende Einwendungen:
- Da der Tagebau die bisherige Autobahntrasse erst 2017 erreichen solle, werde mit der geplanten Verlegung und Fertigstellung bis 2011 ein ungerechtfertigter Zeitdruck aufgebaut.
- Ein Ausbau der Autobahn im jetzigen Trassenverlauf sei vorzugswürdig.
- Das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit werde missachtet, weil die Bündelung von Verkehrswegen unabsehbare Gefahren berge, das Leben an Hauptverkehrsstraßen mit erhöhtem Krebsrisiko verbunden sei und eine Kumulierung der Risiken von Unfällen durch Bergschäden, die tektonischen Sprünge in der Ortslage Buir und die im Gebiet vorkommenden Erdbeben drohe.
- Die vorgesehene Teilung der Baukosten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Beigeladenen komme einer versteckten Subventionierung der Beigeladenen gleich.
- Die gesetzlichen Lärmgrenzwerte würden auf dem Grundstück des Klägers nicht eingehalten. Die Kumulierung der verschiedenen Belastungen sei nicht berücksichtigt.
- Die Neutralität des Gutachtens zur Fein- und Grobstaubbelastung sei zweifelhaft. Die Feinstaubbelastung werde sich durch die ortsnahe Trassenführung erhöhen.
- Der Wert des Hauses des Klägers sei mit dem Planfeststellungsverfahren um 30 % gesunken.
- Der Neubau der Autobahn vernichte den Wald und seine natürlichen Filterfunktionen.
- Im Falle der geplanten Verlegung der Autobahn wünsche der Kläger zum aktiven Lärm- und Staubschutz während der Bauarbeiten die vorherige Aufforstung einer Pufferzone und die frühzeitige Errichtung einer Lärmschutzwand.
- Passiver Lärmschutz mit Lüftern sei beim denkmalwürdigen Haus des Klägers aus architektonischen Gründen nicht einsetzbar. Außerdem sei unklar, wer Wartung und Unterhaltung der Lüfter bezahle.
15 Während des Anhörungsverfahrens für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn stellte die Bezirksregierung am 3. August 2005 den Plan für den Neubau der „Hambachbahn“ fest. Diese Grubenanschlussbahn der Beigeladenen für den Abtransport der Braunkohle verläuft bisher durch das zukünftige Abbaugebiet und soll im Bereich Buir künftig nördlich entlang der vorgesehenen neuen Autobahntrasse geführt werden.
16 Vom 3. bis 6. und am 25. April 2006 wurden die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn und die Stellungnahmen der Behörden und Verbände zu dem Plan von der Bezirksregierung mit dem Landesbetrieb, den sonstigen Behörden und Verbänden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben hatten, erörtert. Der Kläger nahm an dem Erörterungstermin teil und erhielt seine Einwendungen aufrecht.
17
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau und die Verlegung der A 4 von Bau-km 32+350 bis Bau-km 49+943 fest. Danach verläuft die Trasse nördlich der Ortslage Buir jenseits der hier mit einer 2,5 m hohen Lärmschutzwand versehenen, östlich des Bahnhofs Buir auf einem von West nach Ost an Höhe über Gelände zunehmenden Bahndamm liegenden Eisenbahnstrecke in einem zwischen 7 und 12 m tiefen Einschnitt, an dessen Böschungskante eine im westlichen und mittleren Bereich 4 m hohe Lärmschutzwand errichtet werden soll. Durch die Nebenbestimmung 5.2.1 wurde der Träger der Straßenbaulast zudem verpflichtet, zum besonderen Schutz der Ortslage Buir zwischen km 40+150 und km 42+700 als Straßenoberflächenbelag einen offenporigen Asphalt aufzubringen und zu unterhalten, der sicherstellt, dass die dafür angegebenen Korrekturwerte DStrO = -5 dB(A) erzielt werden. Unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand und eines Korrekturwerts DStrO von nur -2 dB(A) für lärmmindernden Asphalt wurden in der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung vom März 2005 für das Wohnhaus des Klägers folgende Beurteilungspegel ermittelt:
Nordostfassade:
Erdgeschoss tags 54,1 dB(A)/nachts 49,2 dB(A)
1. Obergeschoss tags 55,9 dB(A)/nachts 50,9 dB(A)
2. Obergeschoss tags 57,4 dB(A)/nachts 52,5 dB(A)
Südwestfassade:
Erdgeschoss tags 50,8 dB(A)/nachts 45,9 dB(A)
1. Obergeschoss tags 55,9 dB(A)/nachts 51,0 dB(A)
2. Obergeschoss tags 57,5 dB(A)/nachts 52,5 dB(A)
18 Unter Berücksichtigung derselben Parameter ergaben sich aus einer Summenpegelbetrachtung des Ingenieurbüros IBK Dipl.-Ing. Kals vom Oktober 2005 unter Einbeziehung des Verkehrslärms der Autobahn, der Bahnstrecke Aachen-Köln, der S-Bahn und der Hambachbahn für das näher an den Trassen dieser Verkehrswege gelegene Haus B2 nächtliche Summenpegel von 61 bis 65 dB(A).
19 Durch die Nebenbestimmung 5.2.2 wurde der Träger der Straßenbaulast verpflichtet, die Eigentümer des Grundstücks B1 darauf hinzuweisen, dass sie gegen die Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen hätten, um Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen zu schützen. Hierzu gehörten auch die notwendigen Lüftungseinrichtungen. Art, Umfang und Durchführung der im Einzelnen notwendigen Schutzmaßnahmen richteten sich nach der 24. BImSchV i.V.m. den VLärmSchR 97. Bei der Bestimmung der Verkehrsbelastung seien Prognosewerte für das Jahr 2020 heranzuziehen.
20 Durch die Nebenbestimmung 5.2.3 wurde festgestellt, dass die Eigentümer des Grundstücks B1, wenn es mit einem Außenwohnbereich ausgestattet sei, gegen den Träger der Straßenbaulast Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld für die Beeinträchtigung des Außenwohnbereichs durch den von der planfestgestellten Straße ausgehenden Verkehrslärm haben; dabei sei nur auf den Immissionsgrenzwert am Tage abzustellen. Dem Träger der Straßenbaulast wurde aufgegeben, die Eigentümer auf die Möglichkeit, solche Ansprüche geltend zu machen, hinzuweisen. Ermittlung und Umfang der Entschädigung richteten sich nach den Regelungen der VLärmSchR 97.
21 Außerdem enthielt der Planfeststellungsbeschluss zahlreiche weitere Nebenbestimmungen zum Lärmschutz der der Autobahntrasse benachbarten Grundstücke.
22 Zur Begründung führte der Beschluss aus: Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ergebe sich bereits unmittelbar aus der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz, davon unabhängig aber auch aus den mit der Planung verfolgten inhaltlichen Zielen. Dazu gehöre insbesondere das landesplanerisch verbindliche Ziel der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach, das zwangsläufig die Verlegung der A 4 aus den Abbaugrenzen des Tagebaus vorgebe.
23 Eine Alternative, die in der Gesamtabwägung der planfestgestellten Variante eindeutig vorzuziehen wäre, sei nicht zu erkennen. Die unveränderte weitere Nutzung der vierstreifigen A 4 in der bisherigen Lage widerspräche sowohl den Verkehrserfordernissen als auch den verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung sowie dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen. Aus letztgenanntem Grund komme auch der sechsstreifige Ausbau in der bisherigen Trassenlage nicht in Betracht. Eine andere Trassenführung innerhalb des Abbaugebietes des Tagebaus Hambach oder unter Zurücknahme der Abbaugrenze dieses Tagebaus komme aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung ebenfalls nicht in Betracht. Selbst wenn man dies außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten.
24 Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Hierfür sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Beeinträchtigungen sicher ausgeschlossen werden könnten.
25 Angesichts dessen sei das Vorhaben mit den Belangen des Lärmschutzes vereinbar. Durch das Zusammenwirken von Tieflage der A 4, Lärmschutzwand und Bahndamm würden in Buir mit den anderen Orten an der A 4 vergleichbare Immissionsverhältnisse geschaffen. Mit den Maßnahmen sei die physikalische Grenze für eine Minderung der Immissionen durch offene Abschirmeinrichtungen erreicht. Die Mehraufwendungen für eine Einhausung der Autobahn ständen außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Der dem Kläger dem Grunde nach zustehende Anspruch auf passiven Lärmschutz sei geeignet, auch unter Berücksichtigung einer Summenpegelbildung die maßgeblichen Innenraumpegel auf ein gesundheitsverträgliches Maß zu reduzieren. Durch die zusätzliche immissionsmindernde Wirkung des offenporigen Asphalts im Bereich der Ortslage Buir werde die Immissionssituation weiter deutlich verbessert. Der Tagebau Hambach sei bei der Summenpegelbildung für die Ortslage Buir nicht mitzubetrachten. Denn dieser werde sich erst ab 2030 der Ortslage nähern. Die Zumutbarkeit des von ihm ausgehenden Lärms sei in dem dafür vorgesehenen bergrechtlichen Verfahren zu beurteilen.
26 Auch mit den Belangen der Luftreinhaltung sei das Vorhaben zu vereinbaren. Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe seien nach dem Ergebnis der Schadstoffabschätzung für den Menschen nicht zu erwarten. Bereits bei der Wohnbebauung in unmittelbarer Trassennähe überschreite die aus Vorbelastung und straßenverkehrsbedingter Zusatzbelastung ermittelte Schadstoffgesamtbelastung die bestehenden Grenz- bzw. Orientierungswerte nicht.
27 Der Planfeststellungsbeschluss wurde öffentlich bekannt gemacht; die Auslegung in Kerpen endete am 21. November 2007.
28 Am 21. Dezember 2007 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
29 Unter Bezugnahme auf von ihm vorgelegte Gutachten der Firma RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR und der Gertz Gutsche Rümenapp GbR zur Verkehrsprognose sowie zu den schalltechnischen und lufthygienischen Untersuchungen behauptet er, dass wesentliche Grundannahmen und methodische Grundlagen der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Verkehrsuntersuchung fehlerhaft seien und mit höheren als den vom Beklagten angenommenen Immissionsbelastungen zu rechnen sei.
30 Ohne Bezugnahme auf entsprechende Ausführungen in dem von ihm vorgelegten Gutachten trägt der Kläger darüber hinaus vor, der zur Lärmminderung angeordnete offenporige Asphalt unterliege in seiner Wirksamkeit starken Schwankungen durch Abnutzung und Schmutz, die nicht sicherstellten, dass die geplanten Minderungswerte dauerhaft erreicht werden. Die am Wohnhaus des Klägers zu erwartenden hohen Lärmwerte könnten nicht durch passive Lärmschutzmaßnahmen ausgeglichen werden. Denn es müsse dem Kläger möglich sein, in schwülen Sommernächten bei geöffnetem Fenster ohne Ruhestörung durch die neue Autobahn zu schlafen. Außerdem führten die hohen Lärmbelastungen zu einer Entwertung der Außenwohnbereiche und der Erholungsfunktion des auf dem Grundstück befindlichen Gartens. Der Beklagte habe zu Unrecht nicht geprüft, ob eine Einhausung der A 4n im Bereich von Buir die Lärmwerte auf ein zulässiges Maß reduzieren könnte.
31 Die Grenzwerte von Stickstoffdioxid und Feinstaubpartikeln würden auch am Wohnhaus des Klägers überschritten. Mit der Luftreinhalteplanung könne dieser Verstoß nicht beseitigt werden.
32 In rechtlicher Hinsicht vertritt der Kläger die Auffassung, der Beklagte hätte schon zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens ein Summenpegelgutachten anfertigen lassen und als wesentlichen Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlich auslegen müssen. Da er dies nicht getan habe, sei ein verfahrensrelevanter Formfehler gegeben. In einer Summenpegelbetrachtung sei auch die künftige Belastung durch den Braunkohletagebau zu berücksichtigen.
33 Das europäische Gemeinschaftsrecht stehe der Zulassung eines zur Überschreitung gemeinschaftsrechtlich festgesetzter Grenzwerte führenden Vorhabens entgegen. Deshalb führe schon allein die Überschreitung der auf den Luftreinhalterichtlinien beruhenden Grenzwerte der 22. BImSchV zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Wenn das Bundesverwaltungsgericht dies anders sähe, wäre eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erforderlich.
34 Hinsichtlich der Trassenwahl habe der Beklagte nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine den Kläger nicht belastende Trassenvariante von den Vorgaben des Bedarfsplans ebenfalls gedeckt wäre. Dem Vorhaben fehle aber schon die Planrechtfertigung, da der Ausbau der A 4 auf sechs Fahrstreifen auch auf der bisherigen Trasse möglich wäre und die zukünftige Entwicklung des Braunkohleabbaus mit großen Unsicherheiten behaftet sei.
35 Da im Linienbestimmungsverfahren zu Unrecht von einem jahrzehntelang in die Zukunft reichenden Automatismus der Braunkohleentwicklung ausgegangen worden sei, seien sich aufdrängende Trassenalternativen nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit geprüft und deshalb das Linienbestimmungsverfahren im Ergebnis fehlerhaft durchgeführt worden. Ferner sei im Linienbestimmungsverfahren nicht beachtet worden, dass im Bedarfsplan von 2004 nur der Ausbau, nicht aber der Neubau der A 4 zwischen Düren und Kerpen als vordringlicher Bedarf ausgewiesen sei. Beim Variantenvergleich hätte die Beibehaltung der bisherigen Trasse bei gleichzeitiger Standstreifenfreigabe intensiver geprüft werden müssen. Ähnliches gelte für die südlich von Buir verlaufenden Varianten 5 und 6 und eine Verschwenkung der Neubautrasse weiter nördlich von Buir.
36 Schließlich werde der Planfeststellungsbeschluss den Anforderungen des § 50 BImSchG nicht ausreichend gerecht. Er verstoße zugleich gegen die planungsrechtlichen Gebote der Rücksichtnahme und der Konfliktbewältigung.
37 Die Angaben im Planfeststellungsbeschluss zum passiven Lärmschutz seien hinsichtlich des Anspruchsumfangs zu ungenau und wenig konkret. Dasselbe gelte für den Entschädigungsanspruch für den Außenwohnbereich.
38
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Ergänzung dieses Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Maßnahmen zum Schutz des Klägers vor Immissionen sowie um die Festsetzung von Entschädigungsansprüchen des Klägers erneut zu entscheiden.
39
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
40 Den vom Kläger vorgetragenen Beanstandungen der Verkehrsuntersuchung sowie der schalltechnischen und lufthygienischen Untersuchungen tritt er unter Berufung auf gutachtliche Stellungnahmen der IGEPA Verkehrstechnik GmbH sowie des Ingenieurbüros IBK und des Ingenieurbüros Lohmeyer GmbH & Co. KG in der Sache entgegen.
41 Ohne ausdrückliche Bezugnahme auf entsprechende Ausführungen in den von ihm vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen trägt der Beklagte darüber hinaus vor, durch die im Planfeststellungsbeschluss getroffene Anordnung, offenporigen Asphalt mit einem Korrekturwert DStro = -5 dB(A) aufzubringen, werde sich der Beurteilungspegel am Wohnhaus des Klägers zusätzlich um etwa 3 dB(A) reduzieren. Die Dauerhaftigkeit dieser Lärmminderung betrage - wie von der Bundesanstalt für Straßenwesen nachgewiesen - sechs Jahre und werde durch Bindemitteleigenschaften und Korngrößenverteilung der Zuschlagstoffe stetig verbessert. Für offenporige Asphalte, die nach 1998 eingebaut wurden, könne von einer über sechs Jahre hinausgehenden akustischen Wirksamkeit sowie einer besseren Anfangsminderung ausgegangen werden. Eine Beibehaltung der heutigen Autobahntrasse würde einen Weiterbetrieb des Tagebaus südlich davon ausschließen. Die grundlegenden Annahmen, auf denen die Ausweisung des Vorhabens im Bedarfsplan des Bundes beruhe, seien nach wie vor gültig.
42
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
43 Sie schließt sich der Klageerwiderung des Beklagten an und vertieft ergänzend dessen Auffassung, die energiepolitische Notwendigkeit der Fortführung des Tagebaus Hambach bestehe unverändert fort.
II
44 1. Die Klage ist mit dem auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der den Kläger in seinen Rechten verletzt und die Feststellung seiner - vollständigen oder teilweisen - Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
45 a) Soweit es der Kläger als „verfahrensrelevanten Formfehler“ beanstandet, dass der Beklagte nicht schon zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens ein Summenpegelgutachten habe anfertigen und als Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung habe auslegen lassen, ist eine fehlerhafte Durchführung des Anhörungsverfahrens nicht schlüssig dargetan. Auszulegen war gemäß § 17 Abs. 3a FStrG a.F. der vom Träger des Vorhabens gemäß § 73 Abs. 1 VwVfG NRW bei der Anhörungsbehörde eingereichte Plan. Dieser besteht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke oder Anlagen erkennen lassen. Bei Vorhaben, die - wie hier - UVP-pflichtig sind, gehören hierzu auch die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens, die der Träger des Vorhabens der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG vorgelegt hat, insbesondere also eine Beschreibung der von dem Vorhaben zu erwartenden Schallimmissionen und ihre Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung. Dieser Pflicht wurde durch Auslegung der vom Träger des Vorhabens vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom März 2005 genügt. Dass sich der Träger des Vorhabens nach Abschluss der Auslegung aufgrund der eingegangenen Einwendungen veranlasst sah, zusätzlich zu dieser schalltechnischen Untersuchung eine Untersuchung für Summenpegel unter Betrachtung auch anderer Schallquellen zu veranlassen und diese der Anhörungsbehörde vorzulegen, ist im Rahmen des durch den Untersuchungsgrundsatz geprägten Verwaltungsverfahrens nicht zu beanstanden. Ob die Untersuchungen methodisch korrekt durchgeführt wurden und zu zutreffenden Ergebnissen geführt haben, die die getroffene Verwaltungsentscheidung tragen können, ist keine Frage des Verfahrensrechts, sondern der materiellrechtlichen Sachverhaltswürdigung.
46 b) Aus dem Vortrag des Klägers und dem vom Gericht dazu ermittelten Sachverhalt folgt auch keine Verletzung des materiellen Rechts, die einen Anspruch des Klägers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses begründen könnte.
47 Die Planrechtfertigung für den im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes i.d.F. der Bek. vom 20. Januar 2005 <BGBl I S. 201>) als vordringlicher Bedarf ausgewiesenen Ausbau der A 4 auf sechs Fahrstreifen wird vom Kläger nicht schlüssig in Zweifel gezogen. Er wendet sich mit dem Hauptantrag vielmehr lediglich gegen die vorgesehene Trassenführung. Bei deren Festlegung im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte jedoch die nicht präkludierten Belange des Klägers weder verkannt noch im Verhältnis zu ihnen entgegenstehenden anderen Belangen objektiv fehlgewichtet. Insbesondere hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass sich ohne einen diesbezüglichen Ermittlungs- oder Bewertungsmangel der vom Kläger bevorzugte Ausbau der Autobahn auf der bestehenden Trasse, auf einer südlich von Buir verlaufenden Trassenvariante oder auf einer weiter nördlich von Buir verschwenkten Neubautrasse eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Linienführung darstellen würde, so dass sich diese Lösung dem Beklagten hätte aufdrängen müssen und der Planfeststellungsbeschluss deshalb an einem beachtlichen Abwägungsfehler leidet (vgl. zu diesem Maßstab Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N.).
48 Die Planfeststellungsbehörde hat sich vor dem Hintergrund der vom Kläger erhobenen, die Beeinträchtigung seines Wohnhauses vor allem durch Verkehrslärm betreffenden Einwendungen mit der „Nullvariante“ in Form eines Ausbaus der A 4 auf der bestehenden Trasse oder mit einer anderen Trassenführung im Abbaugebiet oder in der Sicherheitszone des Tagebaus Hambach bzw. unter Zurücknahme der vorgesehenen Abbaugrenze dieses Tagebaus auseinandergesetzt. Sie hat insoweit in erster Linie darauf verwiesen, dass eine solche Trassenführung aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach nicht in Betracht komme. Selbst wenn man dies aber außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten. Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Dafür sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Belastungen sicher ausgeschlossen werden könnten. Die Variante, anstelle des sechsstreifigen Ausbaus die Standstreifen zu ertüchtigen und dann die fehlenden beiden Fahrstreifen durch eine Standstreifenfreigabe herzustellen, scheide ebenfalls aus, weil eine Standstreifenfreigabe grundsätzlich nur im Vorgriff auf einen späteren Ausbau in vorhandener Lage möglich sei. Unabhängig davon könne auf die Standstreifen aus Gründen der Verkehrssicherheit hier nicht verzichtet werden. Eine Verschiebung der Trasse der A 4n nördlich von Buir weiter nach Norden in die Sicherheitszone des Tagebaus hat die Planfeststellungsbehörde wegen der dort bestehenden bergsicherheitlichen Risiken abgelehnt, die es erforderlich machten, die Sicherheitszone in voller Breite für bergbaubegleitende Maßnahmen freizuhalten. Die südlich von Buir verlaufenden Varianten 5 und 6 hat die Planfeststellungsbehörde ebenfalls eingehend geprüft, jedoch als insgesamt nachteiliger eingestuft, weil sie im Vergleich zur planfestgestellten Variante nicht nur deutlich größere Neubauanteile hätten, sondern auch zu einer nachteiligeren neuen Zerschneidung und Abtrennung im Freiraum südlich der Steinheide führen würden und dem regionalplanerischen Ziel widersprächen, diesen Freiraum zu schützen und zu entwickeln. Außerdem führten diese Varianten zu neuen und im Ergebnis stärkeren Beeinträchtigungen des FFH-Teilgebiets Dickbusch.
49 Dem Kläger ist es nicht gelungen, die Grundlagen dieser für die Trassenwahl maßgeblichen Erwägungen zu erschüttern. Die von ihm vorgebrachten Beanstandungen des Linienbestimmungsverfahrens sind schon deshalb unerheblich, weil sich der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich unabhängig von den Wertungen, die zur Linienbestimmung geführt haben, und auch unabhängig von der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan nochmals mit dem gesamten Planungsvorgang und insbesondere mit den von Einwenderseite angesprochenen Trassenalternativen befasst hat.
50 Gemäß § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Abwägung verschiedener Planungsvarianten bei der Trassenwahl. Insbesondere dürfen dabei landesplanerische sowie verkehrs-, struktur- und energiepolitische Zielsetzungen als öffentliche Belange berücksichtigt werden. Der Beklagte hat die vom Kläger geltend gemachten Immissionsschutzaspekte unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen hinter dem öffentlichen Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze im durch den 1977 für verbindlich erklärten Braunkohlenplan unter Beteiligung der Öffentlichkeit und eines Vertreters des Beklagten landesplanerisch festgelegten Abbaugebiet zurücktreten lassen. Der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Beklagte dabei die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder den Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen hat, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Insbesondere durfte der Beklagte berücksichtigen, dass sich das genannte öffentliche Interesse durch den Braunkohlenplan und den bestandskräftigen Rahmenbetriebsplan von 1995 in einer die Beibehaltung der bisherigen Autobahntrasse ausschließenden Weise verfestigt hatte. Dass sich die diesem Rahmenbetriebsplan zugrunde liegende durchschnittliche Fördermenge nach dem Jahre 2000 nicht in dem 1995 noch prognostizierten Ausmaß gesteigert haben mag, ändert - unabhängig von der Frage der Verbindlichkeit der im Braunkohlenplan festgelegten Ziele der Raumordnung (vgl. § 22 Abs. 1, §§ 38, 44 Abs. 1 LPlG NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG) - nichts an dem grundsätzlichen Fortbestand des öffentlichen Interesses an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb des hier in Rede stehenden Abbaugebiets.
51 Die darüber hinaus umfangreich geltend gemachten Bedenken des Klägers gegen die der Abwägung zugrunde liegende Verkehrsuntersuchung können seinem Hauptantrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Allerdings verstieße der Planfeststellungsbeschluss gegen den aus § 17 Satz 2 FStrG folgenden Anspruch des Klägers auf gerechte Abwägung seiner rechtlich schutzwürdigen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen, wenn die Planfeststellungsbehörde infolge unrichtiger Grundannahmen oder methodischer Fehler bei der Verkehrsprognose die auf dem Grundstück des Klägers zu erwartenden Belastungen durch Lärm und Luftverunreinigungen zu seinem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat. Zur Überzeugung des Senats lässt sich ein solcher Abwägungsmangel jedoch nicht feststellen.
52 Dass die der Abwägung zugrunde liegende Verkehrsprognose - was hier rechtlich allein zu beanstanden wäre - zu Lasten der Belange des Klägers nicht in einer der Materie angemessenen und methodisch fachgerechten Weise erarbeitet worden ist (vgl. Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <121>, vom 30. Mai 1984 - BVerwG 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <272> und vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286>), ist nicht schlüssig dargetan. Der Unterstellung des Klägers, der für die schalltechnische Untersuchung nach Tabelle 3 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 - RLS-90 maßgebliche Anteil von Lkw über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht sei „offenbar“ nicht erfasst worden, da nur der Lkw-Verkehr ab 3,5 t erhoben worden sei, ist der Beklagte unter Berufung auf eine gutachtliche Stellungnahme der für die Verkehrsuntersuchung verantwortlichen IGEPA substantiiert entgegengetreten. Er hat dargelegt, dass bei der der Prognose für die A 4 zugrunde liegenden Straßenverkehrszählung von 2000 nicht nur der Lkw-Verkehr ab 3,5 t, sondern auch der Lieferwagenverkehr erfasst worden sei und sich bei einem - vom Kläger selbst vorgeschlagenen - Ansatz jedes zweiten Lieferwagens als Lkw ein Lkw-Anteil am Gesamtverkehr zwischen Düren und Kerpen ergebe, der noch unter dem in der Verkehrsuntersuchung auf ca. 25 % geschätzten Anteil liege. Dem hat der Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt.
53 Unter diesen Umständen können auch die maßgeblich auf den angeblich fehlerhaften Ansatz des Lkw-Anteils gestützten Angriffe des Klägers auf die schalltechnische Untersuchung und die von ihr ermittelten Immissionspegel am Wohnhaus des Klägers nicht durchgreifen. Der bloße Hinweis auf das Alter der „fortgeschriebenen“ Verkehrsuntersuchung von 1994, auf mögliche Probleme bei der Interpretation der Zählergebnisse vom September 2000 und auf Zweifel an der Repräsentativität der Verkehrsuntersuchung von 2005 ist zu unsubstantiiert, um die der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Verkehrsprognose zu erschüttern. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, für die schalltechnische Untersuchung habe keine exakte Aufnahme der Örtlichkeiten mit den zu berechnenden Immissionsobjekten stattgefunden. Dass dabei bestimmte schalltechnisch relevante Besonderheiten hinsichtlich seines Grundstücks unbeachtet geblieben seien, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht.
54 Soweit der Kläger seine Zweifel an der Aussagekraft der Verkehrsuntersuchung von 2005 hinsichtlich des Straßennetzes außerhalb der A 4 substantiiert, spielt dies für die an seinem Wohnhaus ermittelten Immissionspegel keine Rolle.
55 Die Entscheidung, der Verkehrsprognose für die A 4 hinsichtlich des Personenverkehrs abweichend vom Bundesverkehrswegeplan hier das „Trendszenario“ zugrunde zu legen und es nur hinsichtlich des Güterverkehrs beim „Integrationsszenario“ zu belassen, hat der Beklagte fachlich nachvollziehbar damit begründet, dass bestimmte Voraussetzungen des „Integrationsszenarios“ beim Personenverkehr (z.B. Radwege, öffentlicher Personennahverkehr, Parkhäuser) im vorliegenden ländlich strukturierten Untersuchungsraum kaum Wirkung zeigen würden, aber auch für die von starkem Urlaubsverkehr geprägte A 4 als solche nicht zuträfen bzw. kaum Einfluss hätten. Demgegenüber sei das „Integrationsszenario“ für den Güterverkehr wegen der dafür eingeführten Mautgebühren sowie der deutlich verbesserten Auslastung durch Verringerung der Leerfahrten sachgerecht. Zudem ergeben sich aufgrund dieser Vorgehensweise höhere Verkehrsbelastungszahlen als bei alleiniger Benutzung des dem Bundesverkehrswegeplan von 2003 zugrunde liegenden „Integrationsszenarios“ für beide Verkehrsarten, so dass daraus jedenfalls keine Untergewichtung der Immissionsschutzbelange des Klägers folgt.
56 Entsprechendes gilt für die Anwendung des Verfahrens der „Trendprognose“ für die A 4 statt der vom Kläger für erforderlich gehaltenen „Modellprognose“. Nach Ziffer 1.2.2.3 (Anhang) der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96 ist die Trendprognose dann anwendbar, wenn vorhandene Verkehrsanlagen betrachtet werden und wenn wesentliche Veränderungen weder hinsichtlich der Struktur des Straßennetzes noch im Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorherzusehen sind. Der Beklagte weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass der Ausbau der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen und ihre Verlegung auf eine etwa 2,5 km weiter südlich gelegene Trasse nicht der - eine Modellprognose erfordernden - Neuplanung einer Autobahn gleichzustellen ist, weil eine Verlagerung des Autobahnverkehrs mangels konkurrierender Verkehrswege nicht zu erwarten ist. Durch eine gutachtliche Stellungnahme der für die Verkehrsuntersuchung verantwortlichen IGEPA und die dazu in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen des Gutachters Dipl.-Ing. G. hat der Beklagte ferner dem Gericht die Überzeugung vermittelt, dass die zu erwartenden Änderungen im nachgeordneten Netz ebenfalls keine neue Modellprognose erforderlich machten, da die wesentlichen Veränderungen und Ergänzungen der Siedlungsstruktur bereits bei der Ursprungsuntersuchung von 1994 bekannt waren und die dadurch zu erwartenden Zusatzverkehre damals als Prognose berücksichtigt, bei den Zählungen von 2001 überprüft und auf dieser Grundlage prognostisch bis 2020 fortgeschrieben wurden. Dem Hinweis des Klägers, in den Jahren von 2000 bis 2005 sei der Verkehr auf der A 4 zwischen Düren und Kerpen entgegen der Entwicklung der gesamten Jahresfahrleistung in Westdeutschland stark rückläufig gewesen, so dass hier kein Trend erkennbar sei, hat der Beklagte entgegengehalten, dass dieser Belastungsrückgang nicht auf Verkehrsverlagerungen ins nachgeordnete Netz, sondern auf vorübergehende Ursachen zurückzuführen sein müsse, weil er in den nur zwei Jahren bis 2007 wieder ausgeglichen worden sei. Auch dem hat der Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt. Im Übrigen würden bei einer hinter den Prognosen zurückbleibenden Verkehrsentwicklung auf der A 4 auch die Immissionsbelastungen am Wohnort des Klägers nicht höher, sondern niedriger liegen als im Planfeststellungsbeschluss angenommen, so dass sich das in die Abwägung einzustellende Gewicht seiner diesbezüglichen Belange nicht erhöhen, sondern vermindern würde.
57 Auch die Angriffe des Klägers gegen die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden lufthygienischen Untersuchungen rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägung die auf dem Grundstück des Klägers zu erwartenden Belastungen durch Luftverunreinigungen zu seinem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat. Soweit der Kläger behauptet, Grenzwertüberschreitungen für Stickstoffdioxid seien bis zu einer Entfernung von 90 bis 100 m von der Trasse festzustellen, wäre sein 120 m von der Trasse entferntes Grundstück hiervon nicht betroffen. Abgesehen davon liegen seinen Berechnungen gebietstypische Vorbelastungswerte für eine Kleinstadt „hoch“ nach Anhang A Tabelle A 1 des Merkblatts über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung - MLuS 02 (Fassung 2005) zugrunde, die nach Ziffer 4.1 dieses Merkblatts nur dann als Anhaltswerte dienen können, wenn keine Daten verfügbar sind. Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine in der mündlichen Verhandlung erläuterte Stellungnahme des für die lufthygienischen Untersuchungen verantwortlichen Ingenieurbüros Lohmeyer ausgeführt, dass in dieser Untersuchung als Hintergrundbelastung genaue Messdaten der Umgebung des Plangebiets verwendet worden seien, so dass die Voraussetzungen dafür, auf die gebietstypischen Vorbelastungswerte zurückzugreifen, nicht vorlägen. Auf der Grundlage von Emissionsdaten aus dem Autobahnverkehr, die noch über den vom Kläger verwendeten lägen, ergäben sich bei Gesamtbetrachtung aller wichtigen Emittenten im Jahr 2011, dem voraussichtlich frühesten Zeitpunkt der Fertigstellung des Vorhabens, in den Wohngebieten von Buir außerhalb des Straßenraums keine Überschreitungen der gesetzlichen Grenzwerte. Auf dem Grundstück des Klägers lägen die Jahresmittelwerte dann voraussichtlich bei 31 µg/m³ für Stickstoffdioxid und 27,6 µg/m³ für Feinstaubpartikel und damit deutlich unter den gemäß § 3 Abs. 4 bzw. § 4 Abs. 2 der 22. BImSchV einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten von 40 µg/m³. Diesen substantiierten Aussagen hat der Kläger nichts Schlüssiges entgegengesetzt. Soweit er bei seiner Behauptung, die Grenzwerte würden an seinem Wohnhaus überschritten, von einem Abstand von nur 80 m zur Neubautrasse ausgeht, steht dies in Widerspruch zu allen vorliegenden Unterlagen, die einen Abstand von etwa 120 m ausweisen.
58 Den vom Kläger darüber hinaus hinsichtlich der Schallimmissionen geäußerten Zweifeln an der dauerhaften Realisierbarkeit der im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Sicherstellung eines Korrekturwerts DStro = -5 dB(A) durch Aufbringung und Unterhaltung eines offenporigen Asphalts ist der Beklagte unter Hinweis auf den Stand der Technik wiedergebende Erkenntnisse der Bundesanstalt für Straßenwesen (vgl. VkBl 2002, S. 314 ff.; 2009, S. 261 ff.) substantiiert entgegengetreten. Auch insoweit kann deshalb nicht von einem - noch dazu offensichtlichen und für die Trassenwahl erheblichen - Abwägungsmangel ausgegangen werden.
59 Soweit sich der Kläger zur Begründung seines Hauptantrags schließlich auf § 50 BImSchG beruft, übersieht er, dass dem dort normierten Trennungsgrundsatz nur die Funktion einer Abwägungsdirektive zukommt, die im Rahmen der planerischen Abwägung durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden kann (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <172> m.w.N.). Dem trägt die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vorgenommene Variantenwahl - wie ausgeführt - Rechnung.
60 2. Der Hilfsantrag des Klägers, das Gericht möge die Verpflichtung des Beklagten aussprechen, über eine Planergänzung um weitergehende Maßnahmen zum Schutz des Klägers vor Immissionen sowie um die Festsetzung von Entschädigungsansprüchen des Klägers erneut zu entscheiden, ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Die Versagung derartiger weitergehender Schutzmaßnahmen oder Entschädigungsansprüche durch den Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
61 Auf der nach den obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognosen des Beklagten überschreiten allerdings die für einen Anspruch des Klägers auf weitergehenden aktiven Schallschutz nach § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV maßgeblichen Beurteilungspegel im zweiten Obergeschoss der Südwest- und Nordostfassade seines Wohnhauses nachts den für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwert von 49 dB(A) auch dann noch, wenn man von einem Korrekturwert DStrO von -5 dB(A) für lärmmindernden Asphalt ausgeht, und zwar um aufgerundet 1 dB(A). Unter diesen Umständen durfte der Beklagte von der Anordnung weitergehender, diese Grenzwertüberschreitung beseitigender aktiver Schallschutzmaßnahmen gemäß § 41 Abs. 2 BImSchG nur absehen, soweit die Kosten solcher Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck ständen. Gemessen daran, ist die Versagung weitergehender Schutzmaßnahmen hier im Ergebnis nicht zu beanstanden.
62 Zwar hat die Befragung des für die schalltechnische Untersuchung verantwortlichen Gutachters Dipl.-Ing. K.in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass die im Planfeststellungsbeschluss aufgestellte Behauptung, mit den für die Ortslage Buir vorgesehenen aktiven Lärmschutzmaßnahmen sei „die physikalische Grenze für eine Minderung der Immissionen erreicht“, so nicht zutrifft und auch eine demnach notwendige, den Anforderungen des § 41 Abs. 2 BImSchG entsprechende Kosten-Nutzen-Abwägung hinsichtlich der Gewährung weitergehenden aktiven Schallschutzes für die Ortslage Buir durch eine weitere Erhöhung der von Bau-km 40+000 bis Bau-km 41+744 vorgesehenen Lärmschutzwand jedenfalls unterhalb einer Gesamthöhe von 8 m im Planfeststellungsverfahren tatsächlich nicht stattgefunden hat. Jedoch ist nach den Ausführungen des genannten Gutachters in der mündlichen Verhandlung zum Lärmschutz und dem damit verbundenen Kostenaufwand und nach den hierzu von ihm vorgelegten Unterlagen auszuschließen, dass bei Anlegung der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an diese Abwägung anzulegenden Maßstäbe eine Erhöhung der Lärmschutzwand in Betracht kommt, die die Überschreitung des Immissionsgrenzwerts nachts am Wohnhaus des Klägers auch im 2. Obergeschoß beseitigt, ohne dass die Kosten hierfür außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck ständen.
63 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht es nicht den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich billiger wären (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <390> und - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34 S. 85). Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, was für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen und zu bewerten.
64 Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 5 S. 2). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 - BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebietes, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 383).
65 Bei der planfestgestellten Trassenführung bestand in der Ortslage Buir in insgesamt etwa 1 600 Fällen die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einzuhaltende Pflicht, Grenzwertüberschreitungen, die ohne aktiven Schallschutz einträten, zu vermeiden. Bei der vorgesehenen Höhe der Lärmschutzwand von 4 m im westlichen und mittleren Bereich wird nur noch in 212 Fällen ein Grenzwert überschritten. In etwa 1 388 Fällen werden also infolge der vorgesehenen Schutzmaßnahmen die Grenzwerte voraussichtlich eingehalten. Die dabei für den baulichen Schallschutz zu erwartenden Kosten belaufen sich auf 1 960 000 €. Die Kosten je „Schutzfall“ liegen demnach bei 1 412 €. Da der Kläger weitergehende aktive Schallschutzmaßnahmen fordert, ist im Vergleich dazu hier nur das Kosten-Nutzen-Verhältnis für diejenigen Varianten zu untersuchen, die eine weitergehende Reduzierung der Zahl der Grenzwertüberschreitungen erwarten lassen und dem Wohnhaus des Klägers, bei dem der Grenzwert nur geringfügig überschritten ist, Vollschutz verschaffen. Ebenso müssen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen alle Varianten außer Betracht bleiben, die nur dem Wohnhaus des Klägers und seiner Umgebung Vollschutz verschaffen, anderen, in vergleichbarer Weise bebauten Bereichen der Ortslage gleich wirksamen Schallschutz jedoch vorenthalten. Um dem Kläger Vollschutz zu verschaffen, müsste die Wand auf mindestens 7 m erhöht und, um den anderen Bereichen der Ortslage gleich wirksamen Schallschutz zu verschaffen, auf 2 200 m verlängert werden. Die Kosten dieser Variante betragen 3 940 000 € für 1 525 Schutzfälle, was 2 584 € je Schutzfall entspricht. Alternativ käme eine 8 m hohe und 1 950 m lange Lärmschutzwand mit gleichen Kosten für 1 528 Schutzfälle in Betracht, was 2 579 € je Schutzfall entspräche.
66 Vollschutz für Buir wäre erst mit einer 10 bis 15 m hohen und 2 700 m langen Wand zu erreichen, die 7 400 000 €, d.h. 4 625 € je Schutzfall kosten würde. Im Hinblick darauf, dass die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebiets bereits durch die von der Bahnstrecke ausgehende Vorbelastung gemindert ist, erweist sich dieser für einen Vollschutz von Buir notwendige Aufwand als unverhältnismäßig. Erst recht gilt dies für die Führung der Autobahn in einem Tunnelbauwerk, die einen dreistelligen Millionenbetrag erfordern würde. Von den unterhalb des Vollschutzes in Betracht kommenden, den Schallschutz des Klägers nicht verschlechternden Varianten erreicht die planfestgestellte Variante ein Kosten-Nutzen-Verhältnis, das den weiteren Varianten deutlich überlegen ist. Die nächst günstige in Betracht kommende Variante wäre mit einer Verdoppelung der Kosten verbunden und würde die Zahl der durch aktiven Lärmschutz bewältigten Schutzfälle dennoch nur um etwa ein Zehntel erhöhen. Dass bei einer derartigen Relation die Kosten außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck ständen, ist offensichtlich.
67 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine über den durch den Planfeststellungsbeschluss zuerkannten Anspruch auf passiven Schallschutz hinausgehende Entschädigung. Soweit der Planfeststellungsbeschluss für Art und Umfang der im Einzelnen notwendigen Maßnahmen, die vom Anspruch auf passiven Schallschutz umfasst sind, auf die 24. BImSchV i.V.m. den VLärmSchR 97 verweist, ist dies hinreichend bestimmt. In der Nebenbestimmung 5.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses wurde für die Eigentümer aller Grundstücke in Buir, für die in den schalltechnischen Untersuchungen unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand und eines Korrekturwerts DStrO von nur -2 dB(A) für lärmmindernden Asphalt noch eine Grenzwertüberschreitung angegeben war, ein Anspruch auf passiven Schallschutz dem Grunde nach festgestellt, auch soweit infolge der Anordnung der Aufbringung offenporigen Asphalts mit einem Korrekturwert DStrO = -5 dB(A) und damit um etwa 3 dB(A) niedrigeren Beurteilungspegeln keine Überschreitung mehr verbliebe. Der Anspruchsberechtigung sind also die in der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung ausgewiesenen Beurteilungspegel zugrunde zu legen, die auf einem Korrekturwert DStrO von nur -2 dB(A) beruhen. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem Hinweis auf die „zusätzliche immissionsmindernde Wirkung“ des offenporigen Asphalts in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses und ist deshalb nach den für Verwaltungsakte geltenden Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB analog) aus der Sicht von Adressaten und Drittbetroffenen nach Treu und Glauben geboten.
68 Dass der Planfeststellungsbeschluss dem Kläger - zu Recht - keinen Anspruch auf Entschädigung für die Beeinträchtigung des Außenwohnbereichs gewährt, ergibt sich mit hinreichender Klarheit daraus, dass nach der entsprechenden Nebenbestimmung 5.2.3 im Einklang mit § 2 Abs. 3 der 16. BImSchV und Nr. 51.1 Abs. 2 VLärmSchR 97 dabei nur auf den Immissionsgrenzwert am Tage abzustellen ist und dieser auf dem Grundstück des Klägers durch die in der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung ausgewiesenen Beurteilungspegel nicht überschritten wird.
69 Ein Anspruch des Klägers auf weitergehenden Schallschutz ergibt sich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für Gesundheit und Eigentum. Denn nach den vom Kläger nicht schlüssig in Zweifel gezogenen Berechnungen des Beklagten erreicht der Summenpegel von sämtlichen künftig am nördlichen Ortsrand von Buir vorhandenen Verkehrswegen am Hause des Klägers voraussichtlich nicht die dafür maßgeblichen Schwellenwerte von 70 dB(A) tags oder 60 dB(A) nachts. Eine mögliche zukünftige Belastung durch Lärm aus dem künftigen Braunkohletagebaubetrieb musste in diese Betrachtung nicht einbezogen werden, weil sie außerhalb des Prognosezeitraums läge und zudem der Beurteilung in einem entsprechenden bergrechtlichen Zulassungsverfahren vorbehalten bleiben muss. In diesem Verfahren wäre auch zu prüfen, ob - unter Berücksichtigung dann vorhandener Vorbelastungen - gesundheitsgefährdende Auswirkungen des Betriebs auf die benachbarten Wohnlagen zu erwarten sind (vgl. Urteile vom 4. Juli 1986 - BVerwG 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315 <323 ff.> und vom 13. Dezember 1991 - BVerwG 7 C 25.90 - BVerwGE 89, 246 ff.). Für eine Beeinflussung des Summenpegels durch auf das Wohnhaus des Klägers einwirkenden sonstigen Gewerbelärm fehlt es an jedem schlüssigen Anhaltspunkt.
70 Auf der nach den obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognosen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf einen im Zuge der Planfeststellung zu gewährenden Schutz vor Luftschadstoffen, etwa durch weitergehende Schutzvorkehrungen nach § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Wie im Zusammenhang mit dem Hauptantrag dargelegt, ist eine unzulässige Überschreitung der durch die 22. BImSchV in Übereinstimmung mit Gemeinschaftsrecht festgelegten Schadstoffgrenzwerte auf dem Grundstück des Klägers nicht zu erwarten. Deshalb scheidet auch ein Entschädigungsanspruch nach § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG insoweit aus.
71 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Urteil vom 13.05.2009 -
BVerwG 9 A 73.07ECLI:DE:BVerwG:2009:130509U9A73.07.0
Leitsätze:
1. § 48d LG NRW trifft eine spezielle Regelung für die FFH-Verträglichkeitsprüfung, deren Maßstab sich von dem an jede Ausweisung eines Naturschutzgebiets anknüpfenden, über § 34 Abs. 1 und § 69 Abs. 1 LG NRW geregelten Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterscheidet.
2. Der Einwendungsausschluss des § 61 Abs. 3 BNatSchG im gerichtlichen Verfahren tritt nicht ein, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlage durch eine gutachtliche Ausarbeitung nachträglich ergänzt hat, ohne sie dem Verein, wie es durch § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG geboten gewesen wäre, noch zur Stellungnahme zuzuleiten.
3. Was als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Habitatrichtlinie anzusehen ist, ist eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage, die je nach den Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann.
Urteil
BVerwG 9 A 73.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. und 23. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 13. Mai 2009 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Der Kläger, ein im Land Nordrhein-Westfalen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Ende 1976 stellte der Braunkohlenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen den Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche des Tagebaus Hambach“ auf. Im Juni 1977 wurde dieser Plan vom Ministerpräsidenten genehmigt und bekannt gemacht. Der Plan sieht eine Abbau- und Haldenfläche von ca. 85 km² vor. Im Abbaugebiet können ca. 2,5 Mrd. t Braunkohle gewonnen werden. Der Abbau des gesamten Feldes soll bis etwa 2045 andauern.
3 Im März 1978 ließ das Bergamt Köln zunächst zwei Rahmenbetriebspläne für eine Teilfläche von 23 km² und den dortigen Abbau bis 1995 zu. Mit der Kohlegewinnung wurde 1984 begonnen. Im August 1995 ließ das Bergamt Düren einen weiteren Rahmenbetriebsplan zu, mit dem der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der Abbau einer anschließenden weiteren Teilfläche bis 2020 erlaubt wurde. Diese reicht im Süden über die bestehende vierstreifige A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen hinweg.
4 Im September 2000 übersandte das Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Unterlagen für die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen zur Bestimmung der Planung und Linienführung mit dem Vorschlag, von den geprüften sieben Varianten die Variante 2a als günstigste zu bestimmen. Im Januar 2001 bestimmte das Bundesministerium die vorgeschlagene Linienführung. Danach soll die Autobahn, die bisher durch den nördlichen Bereich des Teilgebiets Steinheide des entsprechend der Habitatrichtlinie an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemeldeten Gebiets „Dickbusch, Lörsfelder Busch, Steinheide“ (DE 5105301) führte, künftig im südlichen Bereich dieses Teilgebiets verlaufen.
5 Im März 2005 reichte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen den Plan für den sechsstreifigen Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen bei der Bezirksregierung Köln zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Die Bezirksregierung forderte die Behörden und Verbände, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wurde, zur Stellungnahme auf und veranlasste die Auslegung des Plans in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt.
6 Zu dem ausgelegten Plan gehörten ein landschaftspflegerischer Begleitplan sowie eine im Auftrag des Landesbetriebs im Juni 2003 erstellte und im Februar 2005 überarbeitete FFH-Verträglichkeitsprüfung. Diese kam zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben für sich und im Zusammenwirken mit anderen Planungen und Projekten für die Erhaltungsziele des inzwischen in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen Meldegebiets DE 5105301 verträglich sei. Da die Flächenverluste nur einen vergleichsweise geringen Teil „der Lebensraumtypen des Erhaltungszieles“ beträfen, sei unter Beachtung aller vorhabenbezogenen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung festzustellen, dass die für das dauerhafte Überleben „der Lebensraumtypen des Eichen-Hainbuchenwaldes und dessen Lebensgemeinschaften“ maßgeblichen Teile nicht erheblich beeinträchtigt würden. Auch die festgestellten Beeinträchtigungen durch Inanspruchnahme und Störungen der Lebensräume „der für das Erhaltungsziel bedeutsamen Arten“ nach Anhang II der Habitatrichtlinie und Anhang I der Vogelschutzrichtlinie seien im Hinblick auf die Erhaltung und Entwicklung dieser Arten im kohärenten Netz und im Meldegebiet nicht erheblich.
7
Mit Schreiben vom 30. Juni 2005 nahm der Kläger zu dem Vorhaben Stellung:
- Die Verlegung der Autobahn sei nicht notwendig, da die Braunkohleförderung weit hinter den ursprünglichen Prognosen zurückbleibe, die unveränderte Fortführung des Tagebaus energiepolitisch nicht mehr erforderlich sei und die Beigeladene möglicherweise auf dessen Fortführung verzichten werde.
- Die Linienbestimmung sei abwägungsfehlerhaft, da der sechsstreifige Ausbau auf der bestehenden Trasse nicht geprüft worden sei und die linienbestimmte Variante gegenüber anderen Varianten Nachteile aufweise.
- Im Planfeststellungsverfahren müsse eine bislang fehlende Strategische Umweltprüfung nachgeholt werden.
- Das Vorhaben verstoße gegen die Vorgaben des Braunkohlenplans von 1977, weil die linienbestimmte Variante zwischen Bau-km 38+200 und 44+600 auf der Sicherheitslinie bzw. innerhalb der Sicherheitszone verlaufe.
- Das Vorhaben verstoße gegen das Naturschutzrecht und das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung. Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Menschen seien die Ermittlungen und Bewertungen der Feinstaub- und Lärmimmissionen mangelhaft. Die Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen seien nicht ihrem Gewicht entsprechend in die Abwägung eingebracht worden. Die gewählte Trassenvariante sei mit erheblichen Eingriffen in das FFH-Gebiet DE 5105301 verbunden. Dazu gehöre ein Flächenverlust von 8,1 ha im Bürgewald Steinheide, der als FFH-Lebensraum 9160 (Stieleichen-Hainbuchenwald) auch wegen der zahlreichen Vorkommen von Spechtarten, Waldkauz, Waldohreule und Fledermausarten naturschutzfachlich von überregional hoher Bedeutung sei. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe sich zu Unrecht auf einen Teil dieses Gebiets beschränkt. Ihre Darstellung der Methodik sei ungenau und missverständlich. Die angegebenen Häufigkeiten und Untersuchungsmethoden stellten teilweise nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Die Verlegung der Autobahn verhindere die Entwicklungsperspektive des FFH-Gebiets, die drei einzelnen Gebietsteile über funktionale Waldbrücken zu verbinden. Durch die Verlegung der Autobahn würde der Merzenicher Erbwald zerschnitten und die Steinheide von ihrem östlichen Nachbarwald, dem Dickbusch, stärker als bisher abgetrennt. Dies habe langfristig eine genetische Isolierung der Populationen zur Folge. Die Verlegung der Autobahn werde mit dem ebenfalls geplanten Aus- und Neubau der B 477 und dem Tagebau Hambach zu einer irreparablen Schädigung des Maiglöckchen-Stieleichen-Hainbuchenwaldes der Region führen. Durch das Vorhaben werde es zur Inanspruchnahme oder Störung von Habitatbereichen zahlreicher in Anhang IV der Habitrichtlinie aufgeführter Arten kommen, nämlich der Gelbbauchunke, der Kreuzkröte, der Großen Bartfledermaus, der Fransenfledermaus, der Bechsteinfledermaus, des Großen Mausohrs, der Zwergfledermaus, der Rauhautfledermaus, des Großen Abendseglers, des Kleinen Abendseglers und des Braunen Langohrs.
8 Mit Schreiben vom 6. August 2005 erhob auch die höhere Landschaftsbehörde Bedenken gegen das Vorhaben. Dabei beanstandete sie insbesondere dessen Zerschneidungswirkungen zwischen den FFH-Gebietsteilen Steinheide und Dickbusch und forderte, die Möglichkeit einer diese Gebiete vernetzenden Grünbrücke zu prüfen. Den Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung werde widersprochen. Die Autobahn greife nicht nur unmittelbar durch Flächeninanspruchnahme in die Funktionen des FFH-Gebiets ein, sondern beeinträchtige dies in erheblichem Maße durch ihre randlichen Störeinflüsse sowie ihre Zerschneidungs- und Isolationswirkungen. Hiernach sei von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets auszugehen.
9 Während des Anhörungsverfahrens für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn stellte die Bezirksregierung im August 2005 den Plan für den Neubau der „Hambachbahn“ fest. Diese Grubenanschlussbahn für den Transport der Braunkohle verläuft bisher durch das zukünftige Abbaugebiet, soll die Steinheide künftig östlich und südlich nahezu völlig umfahren und nach Westen hin anschließend nördlich entlang der neuen Autobahntrasse geführt werden.
10 Im April 2006 fand ein Erörterungstermin statt. Dabei erklärte der Kläger, er halte eine optimierte Variante „2+“ für sinnvoll. Da eine Einschwenkung der A 4n auf die A 4alt auch außerhalb des Dickbusches möglich sei, die Ortslage Dorsfeld wegen der Abgrabung ohnehin aufgegeben werde, eine Überbauung der rekultivierten Mülldeponie möglich erscheine und eine weiter westlich gelegene Überquerung der DB-Bahnstrecke durch die Autobahn in Betracht komme, könne dadurch jede schwere Beeinträchtigung des FFH-Gebiets vermieden werden.
11 Nach weiteren Fachgesprächen im Anhörungsverfahren übersandte der Landesbetrieb der Anhörungsbehörde im August 2006 geänderte Planunterlagen (Deckblatt I), die u.a. die LBP-Flächen Steinheide-Nord und bei Haus Forst betrafen. Die Anhörungsbehörde übersandte dem Landesbüro der Naturschutzverbände eine Ausfertigung dieser Unterlagen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger nahm im September 2006 hierzu Stellung und forderte eine weitere Untersuchung der Wanderungsbeziehung geschützter Amphibien im Baugebiet der A 4n sowie von Amphibien begehbare Querungsmöglichkeiten.
12 Im selben Monat übersandte der Landesbetrieb der Anhörungsbehörde Ausarbeitungen zur Erforderlichkeit einer Grünbrücke im Bereich des FFH-Gebiets, zur FFH-Verträglichkeit der Trassenwahl und zur Prüfung besonderer artenschutzrechtlicher Anforderungen im Planfeststellungsverfahren. Auch diese Ausarbeitungen gab die Anhörungsbehörde dem Kläger zur Kenntnis.
13 Im Dezember 2006 kündigte der Landesbetrieb an, ergänzend zu den bisherigen Untersuchungen das Wanderverhalten der Amphibien untersuchen zu lassen, um festzustellen, ob, in welchem Umfang und wo ein Austausch stattfindet. Ziel sei die genaue Positionierung und die Ermittlung der notwendigen Anzahl der Durchlässe. In der Folgezeit führte ein Büro für Ökologie und Landschaftsplanung in Abstimmung mit dem Kläger eine entsprechende Fangzaunkartierung durch und legte im Juni 2007 seinen Abschlussbericht vor.
14 Ende Juni 2007 übersandte der Landesbetrieb der Anhörungsbehörde erneut geänderte Planunterlagen (Deckblatt II). Darin waren u.a. die Errichtung einer 37,6 m breiten Grünbrücke als Querungshilfe für Amphibien, die Anlage von acht amphibiengerechten Durchlässen und beidseitigen Amphibienleiteinrichtungen sowie eine Änderung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen südlich von Haus Forst sowie östlich und nördlich der Steinheide vorgesehen. Die Anhörungsbehörde forderte die Behörden und Verbände, deren Aufgabenbereich durch die Änderungen berührt wurde, zur Stellungnahme auf und veranlasste die Auslegung des Plans in den Gemeinden, in denen sich die Änderungen voraussichtlich auswirken. Die höhere Landschaftsbehörde begrüßte diese Änderungen, erhob aber ergänzende Forderungen zur amphibiengerechten Ausgestaltung der Grünbrücke. Der Kläger erhob Bedenken gegen die Aussagekraft der Amphibienkartierung, forderte eine Verbreiterung der Grünbrücke auf 55 m und eine weitere Verbesserung der Schutzmaßnahmen für Amphibien.
15 Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau und die Verlegung der A 4 fest. Danach entspricht der Verlauf der Trasse der im Jahre 2001 bestimmten Linienführung. Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören auch die vom Landesbetrieb im September 2006 eingereichten Ausarbeitungen zum Artenschutz, zur FFH-Verträglichkeit der Trassenwahl und zur Erforderlichkeit einer Grünbrücke sowie eine im Auftrag des Landesbetriebs erstellte weitere Ausarbeitung vom August 2007 zu den Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Standes neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse. Unter Abschnitt A Nr. 4 enthält der Planfeststellungsbeschluss eine Befreiung von den Verboten der von dem Vorhaben betroffenen Landschaftspläne sowie eine umfangreiche artenschutzrechtliche Befreiung, die sich für Fledermäuse allerdings nur auf das Tötungsverbot erstreckt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss unter Abschnitt A Nr. 5.4 umfangreiche Nebenbestimmungen zum Natur- und Landschaftsschutz.
16 Zur Begründung führte der Beschluss aus: Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ergebe sich aus der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz, davon unabhängig aber auch aus den mit der Planung verfolgten Zielen. Dazu gehöre insbesondere das landesplanerisch verbindliche Ziel der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach, das zwangsläufig die Verlegung der A 4 aus den Abbaugrenzen des Tagebaus vorgebe.
17 Eine Alternative, die in der Gesamtabwägung eindeutig vorzuziehen wäre, sei nicht zu erkennen. Die unveränderte weitere Nutzung der vierstreifigen A 4 in der bisherigen Lage widerspräche sowohl den Verkehrserfordernissen als auch den verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung sowie dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen. Aus letztgenanntem Grund komme auch der sechsstreifige Ausbau in der bisherigen Trassenlage nicht in Betracht. Die Variante, anstelle des sechsstreifigen Ausbaus die Standstreifen zu ertüchtigen und dann die fehlenden beiden Fahrstreifen durch eine Standstreifenfreigabe herzustellen, scheide ebenfalls aus, weil eine Standstreifenfreigabe grundsätzlich nur im Vorgriff auf einen späteren Ausbau in vorhandener Lage möglich sei. Unabhängig davon könne auf die Standstreifen aus Gründen der Verkehrssicherheit hier nicht verzichtet werden.
18 Für die Entscheidung zwischen den verschiedenen Trassenvarianten östlich von Buir seien die Aspekte des Freiraumschutzes, der Bündelungswirkung sowie der Schutz der Wohnbevölkerung maßgeblich. Darüber hinaus gewinne hier der Schutz von Natur und Landschaft durch die Betroffenheit des FFH-Gebiets besondere Bedeutung. Bei einer zusammenfassenden Beurteilung der Vor- und Nachteile der in Betracht kommenden Trassenvarianten bestätige sich in der Abwägung die Entscheidung für die linienbestimmte Trasse 2a auch in diesem Bereich. Die Trassenvarianten 3, 5 und 6 hätten im Vergleich zu den Varianten 2 und 2a nicht nur deutlich größere Neubauanteile mit den damit verbundenen nachteiligen Folgen für die Umwelt, sondern führten auch zu einer im Vergleich nachteiligeren neuen Zerschneidung und Abtrennung im Freiraum und widersprächen regionalplanerischen Zielsetzungen. Sie führten außerdem zu neuen und im Ergebnis stärkeren Beeinträchtigungen des FFH-Teilgebiets Dickbusch und müssten daher insgesamt als nachteiliger bewertet werden.
19 Die Varianten 2 und 2a könnten aus heutiger Sicht nur gemeinsam mit der im August 2005 planfestgestellten Hambachbahn beurteilt werden. Dabei sei zu beachten, dass eine Realisierung der Variante 2 zur Folge hätte, dass die Hambachbahn im Gegensatz zur Festlegung ihrer Trasse im Planfeststellungsbeschluss von 2005 weiter in das Waldgebiet der Steinheide hinein verschoben werden müsste. Dies stehe nicht zur Disposition und wäre im Übrigen auch nicht mit den Erhaltungszielen vereinbar. Außerdem entständen bei der Variante 2 zusätzliche Kosten von ca. 41,5 Mio. € durch den schleifenden Schnitt zur Unterquerung der Bahnlinie Köln-Aachen. Die vom Kläger vorgeschlagene Variante 2+, bei der die Autobahn diese Bahnstrecke weiter westlich queren solle, komme nicht ernsthaft in Betracht. Sie hätte zunächst zur Folge, dass die Querung der Bahnstrecke mit einem lang schleifenden Kreuzungsbauwerk erfolgen müsste, was mit noch höheren Mehrkosten als bei der Variante 2 verbunden wäre. Eine solche Querung würde zur Anschneidung der in diesem Bereich befindlichen Mülldeponie „Haus Forst“ führen, in der durchmischte Haus- und Siedlungsabfälle eingelagert worden seien. Bei einer Unterquerung der Bahnstrecke müsste der entsprechende Teil des Deponiekörpers abgeschnitten und abgetragen werden. Eine Überquerung würde nicht nur in das Landschaftsbild eingreifen, sondern ebenfalls die vollständige Abtragung des betroffenen Teils der Deponie erfordern, weil der abgelagerte Müll für einen Autobahnbau nicht ausreichend tragfähig sei. Im weiteren Verlauf würden zudem drei Wohnhäuser der Siedlung Dorsfeld in Anspruch genommen. Diese Lösung stehe erkennbar außer Verhältnis zu den mit ihr verbundenen Vorteilen.
20 Eine Umgehung des Waldgebiets Dickbusch durch Optimierung der Variante 2 im östlichen Bereich scheide bereits deshalb aus, weil durch die erforderliche Verknüpfung der A 4 mit der im März 2007 planfestgestellten B 477n die Lage der hierfür erforderlichen Anschlussstelle vorgegeben sei. Diese Anschlussstelle könne wegen der erforderlichen Zu- und Abfahrtsrampen aufgrund der Bahnstrecke Köln-Aachen nicht weiter nach Norden verschoben werden. Daraus folge, dass der Kurvenradius der A 4 zwingend vorgegeben sei. Zudem würde bei einer Verschiebung der Trasse nach Norden der Klarahof in Anspruch genommen.
21 Das Vorhaben sei mit den Anforderungen des nationalen und europäischen Naturschutzrechts vereinbar. Unüberwindbare rechtliche Hindernisse ständen seiner Verwirklichung nicht entgegen. Möglicherweise erfüllte Verbotstatbestände könnten mit Hilfe von Befreiungen überwunden werden.
22 Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass in Bezug auf das Ziel der Erhaltung und Entwicklung des Lebensraumtyps Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen anderer Pläne und Projekte auf das Gebiet sich aus dem gesamten Flächenverbrauch, den gesamten Störpotentialen, allen Zerschneidungswirkungen und allen Hemmnissen für die Entwicklung oder Wiederbesiedlung des Lebensraums keine erheblichen Beeinträchtigungen der Entwicklungsmöglichkeiten des Lebensraumtyps ableiten ließen. Nach dem Landschaftsplan 3 „Bürgewälder“ sei das FFH-Gebiet als Naturschutzgebiet zu einem geschützten Landschaftsbestandteil erklärt worden. Für das FFH-Teilgebiet Steinheide werde dort die Erhaltung und Wiederherstellung des FFH-Lebensraumtyps 9160 (Stieleichen-Hainbuchenwald) als Schutzzweck benannt. Der Verlust an Flächen mit diesem Lebensraumtyp belaufe sich nach Bau der A 4n und der Hambachbahn auf 1,7 ha und damit auf rund 0,8 % der Vorkommen im gesamten FFH-Gebiet. Das führe nach eingehender funktionaler Betrachtung der betroffenen Flächen zu keiner Beeinträchtigung dieses Erhaltungsziels bzw. des FFH-Gebiets als solchen.
23 Gleichwohl sei vorsorglich eine Abweichungsprüfung durchgeführt worden. Diese habe ergeben, dass selbst im Fall einer angenommenen Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des Gebiets das Vorhaben jedenfalls nach § 48d Abs. 5 des nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetzes zulassungsfähig wäre.
24 Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Beschluss um zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Fledermäusen ergänzt.
25 Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen die Vorschriften zum Schutz von FFH-Gebieten. Nach dem Landschaftsplan 3 „Bürgewälder“ sei Schutzzweck des Naturschutzgebietes Bürgewald Steinheide als Teil des FFH-Gebiets DE 5105301 insbesondere die Erhaltung und Wiederherstellung des Stieleichen-Hainbuchenwaldes (LRT 9160). In diesem Schutzzweck werde das FFH-Gebiet beeinträchtigt.
26 Das ergebe sich schon daraus, dass die Verlegung der Autobahn gegen das in Abschnitt 2.1 des Landschaftsplans normierte Verbot verstoße, in dem Gebiet Straßen und sonstige Verkehrsanlagen anzulegen sowie Verfüllungen, Aufschüttungen, Bodenauftrag, Ausschachtungen und Abgrabungen vorzunehmen oder die Boden- oder Geländegestaltung in anderer Weise zu verändern. Eine Prüfung des Vorhabens auf Verträglichkeit mit den durch den Schutzzweck konkretisierten Erhaltungszielen könne kein positives Ergebnis haben, wenn das Vorhaben gegen die den Schutzzweck sichernden Verbote verstoße.
27 Abgesehen davon könne die Vernichtung von deutlich mehr als 1 ha des Lebensraumtyps 9160 in seiner Funktion schon vom Wortsinn der Habitatrichtlinie her nicht verträglich mit den Erhaltungszielen sein. Vielmehr führten selbst kleine Flächenverluste des geschützten Lebensraumstyps zu einer Unverträglichkeit mit dem entsprechenden Erhaltungsziel. Dies sei erst recht der Fall, wenn - wie hier - 1,7 ha der Fläche des Lebensraumtyps ihre Funktion verlören, was 2,3 % des Gesamtvorkommens des Lebensraumtyps im FFH-Teilgebiet Steinheide ausmache. Die vom Bundesamt für Naturschutz als Fachkonvention vorgeschlagenen Bagatellgrenzen seien damit jedenfalls überschritten.
28 Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommene Aufrechnung von Entlastungswirkungen mit neuen Beeinträchtigungen sei - wenn sie überhaupt zulässig sein sollte - zu undifferenziert. Sie würde eine konkrete Prüfung der Reaktion der in dem Lebensraum vorkommenden charakteristischen Tierarten auf Lärm, optische Störungen und Schadstoffe voraussetzen. Stattdessen habe es die FFH-Verträglichkeitsprüfung bei einer pauschalen Wirkzonenbetrachtung belassen. Dies sei mit Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie unvereinbar.
29 Die Voraussetzungen für eine Ausnahme i.S.v. Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie lägen nicht vor. Der sechsstreifige Ausbau der A 4 sei aufgrund eines von 1997 bis 2000 an der Dauerzählstelle Kerpen festzustellenden Rückgangs des Verkehrsaufkommens um 8 % und einer seitdem anhaltenden Stagnation dieses Aufkommens nicht mehr erforderlich. Aus einer vom Kläger vorgelegten Kurzstellungnahme der Firma RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR vom Januar 2008 ergebe sich, dass die Bundesverkehrsprognose von 2001 als Grundlage des Bundesverkehrswegeplans für den hier relevanten Autobahnabschnitt unplausibel sei.
30 Jedenfalls gebe es keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für die Verlegung der Autobahntrasse. Ein verkehrlicher Bedarf dafür bestehe nicht. Soweit dem Bundesverkehrswegeplan eine entsprechende Trassenfestlegung zu entnehmen sein sollte, wäre diese verfassungswidrig. Die dem Planfeststellungsbeschluss zu entnehmende Annahme, dass eine Fortführung des Tagebaus Hambach energiepolitisch notwendig sei, werde bestritten. Jedenfalls sei es nicht Aufgabe einer fernstraßenrechtlichen Planfeststellung, zugunsten eines privaten Unternehmens eine Autobahn zu verlegen, um ihm bei der Fortführung seines Tagebauvorhabens behilflich zu sein. Auch die Genehmigung des Braunkohlenplans von 1977 und die daraus folgenden landes- und raumplanerischen Konsequenzen bedingten nicht, dass eine bereits zuvor bestandskräftig genehmigte und gebaute Straße vom Träger der Straßenbaulast zu verlegen wäre. Das fernstraßenrechtliche Planfeststellungsverfahren sei dafür nicht vorgesehen. Ferner sei für die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele eine Alternativlösung vorhanden. Ein Vergleich mit dem Ausbau der vorhandenen Trasse, der aus allen außerhalb des Braunkohlentagebaus liegenden Gründen und insbesondere unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit eindeutig vorzugswürdig wäre, habe nicht stattgefunden. Zusätzlich schlügen die Fehler bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung auf die Ausnahmeentscheidung durch, weil diese auf unzureichenden Sacherkenntnissen beruhe.
31 Sodann verfehle die Planung auch die an die Gewährleistung der Kohärenz von Natura 2000-Gebieten zu stellenden Anforderungen. Durch die Verlegung der Autobahn gingen 1,5 ha ältere Waldbestände des Lebensraumtyps 9160 verloren. Diese böten Lebensraum für die darin vorkommenden charakteristischen Fledermaus- und Vogelarten, der für Jahrzehnte ersatzlos wegfalle. Die geplanten Aufforstungen könnten daran nichts ändern. Andere Maßnahmen zur Erhaltung der Kohärenz seien nicht ersichtlich. Die vorgesehene Verbesserung des ökologischen Zustandes von Flächen in der Steinheide durch Entfernung von Nadelbaumbeständen und Waldumbaumaßnahmen sei nicht als Kohärenzsicherungsmaßnahme zu werten, weil sie im Landschaftsplan - unabhängig vom Bau der Autobahn - ohnehin vorgesehen sei. Wo die im Planfeststellungsbeschluss unterstellten Ausweichflächen für die Vogelwelt liegen sollten, sei nicht erkennbar. Denn andere für die jeweilige Art nutzbare Flächen seien bereits von anderen Individuen dieser Art in Anspruch genommen.
32 Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch gegen die Vorschriften zum Artenschutz. Beim Bau und durch den Betrieb der Autobahn würden die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG a.F. erfüllt, insbesondere in Bezug auf die in den angrenzenden Waldflächen lebenden Fledermäuse. Diese würden durch das Vorhaben in ihrem Habitat gestört, und es würden ihre Ruhestätten beschädigt. Außerdem werde es durch das Vorhaben zu erheblichen Individuenverlusten infolge von Kollisionen mit dem Straßenverkehr kommen.
33 Die im Planfeststellungsbeschluss erteilte Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 BNatSchG a.F. nicht vorlägen. Zum einen gebe es für die Verlegung der Autobahn keine überwiegenden Gründe des Gemeinwohls. Zum anderen sei nicht sichergestellt, dass die Populationen der Bechsteinfledermaus trotz der Befreiung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen würden. Aus einer vom Kläger vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme von Frau K. beim Institut für Zoologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 31. Januar 2008 ergebe sich, dass die Steinheide für die Erhaltung der Bechsteinfledermaus von besonderer Bedeutung sei. In Nordrhein-Westfalen werde der Erhaltungszustand dieser Fledermausart als schlecht eingeschätzt. Im Naturraum Niederrheinisches Tiefland/Kölner Bucht sei der Erhaltungszustand noch ungünstiger, weil sich das Vorkommen auf zwei bekannte Wochenstubenkolonien in den Bürgewäldern beschränke. Eine davon befinde sich auf der für den Braunkohleabbau vorgesehenen Fläche des Hambacher Forstes und werde mit dessen Kahlschlag vermutlich zugrunde gehen. Die andere befinde sich im Gebiet Steinheide/Nörvenicher Wald. Der Erhaltungszustand der Population in der Steinheide werde sich durch den rodungsbedingten Verlust von Lebensräumen und die Gefährdung der Tiere durch Fahrzeugkollisionen beim Queren der Autobahntrasse weiter verschlechtern. Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen im betroffenen Bauabschnitt seien unzureichend. Um die stark strukturgebundene und oft tief fliegende Bechsteinfledermaus aus dem Fahrbahnbereich fernzuhalten und das Risiko einer Bestandsgefährdung zu reduzieren, sei die lückenlose beidseitige Anlage von Schutzvorkehrungen und Überflughilfen in dem gesamten die Waldgebiete der Steinheide durchschneidenden Bauabschnitt und den angrenzenden Bereichen erforderlich. Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Planergänzung trage dem nicht ausreichend Rechnung. Wichtig seien auch eine vorzeitige Bepflanzung der Grünbrücke und der beidseitigen Zuwegungen mit 2 bis 3,5 m hohen Hecken und Gebüschen als Leitstrukturen sowie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h in der Lern- und Eingewöhnungsphase der Tiere.
34 Abgesehen davon sei mit einem Ausbau der A 4 auf der bisherigen Trasse eine Alternativlösung vorhanden, welche die nach dem Fernstraßenrecht allein maßgeblichen Ziele des Vorhabens sogar besser verwirklichen würde.
35
Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
36
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
37 Zu den habitatschutzrechtlichen Einwendungen des Klägers trägt er vor, den Verboten des Landschaftsplans komme keine die FFH-Verträglichkeitsprüfung ersetzende Wirkung zu. Projekte seien vielmehr unabhängig von diesen Verboten auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen zu überprüfen.
38 Mit seinen Einwendungen gegen den mit dem Vorhaben verbundenen Flächenverlust und gegen die angeblich zu undifferenzierte Aufrechnung von Entlastungswirkungen mit neuen Beeinträchtigungen sowie mit der Rüge eines Verstoßes gegen Entwicklungsziele des Landschaftsplans sei der Kläger präkludiert, da er im Anhörungsverfahren hierzu keine oder nur unsubstantiierte Einwendungen erhoben habe. Abgesehen davon sei nicht jeder Flächenverlust erheblich. Hilfsweise tritt der Beklagte dem entsprechenden Vorbringen des Klägers auch in der Sache entgegen.
39 Jedenfalls sei die vorsorglich durchgeführte Abweichungsprüfung nicht zu beanstanden. Die Zweifel des Klägers an der dem Ausbau der Autobahn zugrunde liegenden Verkehrsprognose seien unbegründet, wie sich aus einer Stellungnahme der IGEPA Verkehrstechnik GmbH vom März 2008 ergebe. Das überwiegende öffentliche Interesse an der Verlegung der Autobahn folge aus dem öffentlichen Interesse an der weiteren Braunkohlegewinnung innerhalb der genehmigten Abbaugrenzen des Tagebaus. Der Ausbau der Autobahn in vorhandener Lage sei nicht von den Planungszielen des Vorhabenträgers gedeckt und stelle deshalb keine näher zu prüfende Alternative dar. Die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sei auch dann gewährleistet, wenn man eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch Flächenverlust und Sekundärwirkungen unterstelle. Vorgesehen seien Neuaufforstungen des Lebensraumtyps 9160 von rd. 49 ha im bzw. am FFH-Gebiet, was über die im Landschaftsplan festgelegten Ziele hinausgehe. Auch verschiedene in der Nebenbestimmung 5.4.12 des Planfeststellungsbeschlusses festgesetzte lebensraumverbessernde Maßnahmen seien im Landschaftsplan nicht so vorgesehen.
40 Dass es aufgrund der langen Entwicklungszeit der vorgesehenen Neuaufforstungen bis zur vollständigen Funktionsreife zu einem erheblichen Rückgang der Populationen kommen werde, sei nicht zu erwarten, wie sich aus einer Stellungnahme der Smeets + Damaschek Planungsgesellschaft mbH vom April 2008 ergebe. Das FFH-Gebiet weise ein überdurchschnittliches Vorkommen an für Baumhöhlen bewohnende Vogelarten geeigneten Brutmöglichkeiten auf. Auch bei den Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus werde kein nachteiliger „time lag“ eintreten, da das Baumhöhlenangebot in der Steinheide ausreichend hoch sei, so dass genügend Reserven für diese Arten bereitständen. Dies gelte auch in Bezug auf Nahrungslebensräume.
41 Die vorsorglich erteilte Befreiung vom artenschutzrechtlichen Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Das überwiegende öffentliche Interesse ergebe sich aus den gleichen Erwägungen wie bei der habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung. Mit dem auf die Bechsteinfledermaus bezogenen Vorbringen sei der Kläger präkludiert, da er im Anhörungsverfahren insoweit keinen konkreten Nachbesserungsbedarf aufgezeigt habe. Abgesehen davon seien seine diesbezüglichen Beanstandungen unbegründet, wie sich aus einer Stellungnahme des Instituts für Tierökologie und Naturbildung vom Februar 2008 ergebe. Danach sei der Erhaltungszustand der Bechsteinfledermaus im Bereich der Niederrheinischen Bucht und selbst im engeren Umfeld der Steinheide günstig. Die Bepflanzung der Grünbrücke werde nach Beendigung der Bautätigkeit am Brückenbauwerk erfolgen. Damit stehe ein zeitlicher Vorlauf von etwa zwei Jahren bis zur Inbetriebnahme der Autobahn für den Aufbau von Leitstrukturen zur Verfügung.
42
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
43 Sie schließt sich der Klageerwiderung des Beklagten an und vertieft unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Kieler Instituts für Landschaftsökologie vom 12. Juni 2008 die Ausführungen des Beklagten zur sachlichen Unbegründetheit der habitatschutzrechtlichen Einwendungen des Klägers: Durch die Verlegung der Autobahn aus einem Kernbereich in einen Randbereich des Lebensraumtyps 9160 würden Regenerationsprozesse im Kernbereich ermöglicht, so dass der Erhaltungszustand des Lebensraumtyps unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen im Schutzgebiet stabil bleiben werde.
II
44 Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss, der nur mit der in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzung gilt und in dieser Gestalt Gegenstand der Klage ist, leidet an keinem Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer - vollständigen oder teilweisen - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolge rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, gegen Vorschriften, die aufgrund oder im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG; dazu Beschluss vom 23. November 2007 - BVerwG 9 B 38.07 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 7 S. 6 f.).
45 1. Den besonderen Anforderungen an den Schutz von FFH-Gebieten trägt der Planfeststellungsbeschluss mit der in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzung im Wesentlichen ausreichend Rechnung. Er verstößt insbesondere nicht gegen die der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) dienende Vorschrift des § 48d des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (Landschaftsgesetz - LG -) i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV NRW S. 568). Nach Abs. 1 dieser Vorschrift sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung zu überprüfen. Sie dürfen nach § 48d Abs. 4 LG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Sind nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen, ist das Projekt vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig.
46 Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 48d Abs. 1 LG hat hier hinsichtlich des besonderen Schutzgebiets „Dickbusch, Lörsfelder Busch, Steinheide“ (DE 5105301) stattgefunden. Nach den dieser Prüfung zugrunde liegenden Erkenntnissen durfte der Beklagte jedoch gemäß § 48d Abs. 4 LG nicht davon ausgehen, dass das Vorhaben für sich oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich sei.
47 Zum Prüfprogramm nach § 48d Abs. 4 LG gehört die Frage, ob das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets „in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen“ führen kann. § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG, auf den § 3b LG verweist, definiert die „Erhaltungsziele“ als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der Habitatrichtlinie sowie der in einem Vogelschutzgebiet vorkommenden, in Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie) aufgeführten oder in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume. Für die Begriffsbestimmung des „Schutzzwecks“ verweist § 10 Abs. 1 Nr. 10 BNatSchG i.V.m. § 3b LG auf die hierzu erlassenen Vorschriften über Schutzgebiete. Diese Verweisung trägt der sich aus § 33 Abs. 2 und 3 BNatSchG ergebenden grundsätzlichen Verpflichtung der Länder Rechnung, die in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragenen Gebiete nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft i.S.d. § 22 Abs. 1 BNatSchG zu erklären und dabei den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu bestimmen. § 48c Abs. 1 und 2 LG enthält für Nordrhein-Westfalen eine entsprechende landesrechtliche Verpflichtung. Für das hier in Rede stehende FFH-Gebiet ist diese Schutzausweisung gemäß § 16 Abs. 2 und 4 LG durch den als Satzung beschlossenen Landschaftsplan 3 „Bürgewälder“ des Rhein-Erft-Kreises i.d.F. der am 5. Dezember 2006 in Kraft getretenen dritten Änderung erfolgt. Danach werden die Naturschutzgebiete Bürgewald Steinheide sowie Bürgewald Dickbusch und Lörsfelder Busch geschützt insbesondere zur Erhaltung und Wiederherstellung des natürlichen Lebensraums von gemeinschaftlichem Interesse „Stieleichen-Hainbuchenwald“, der in Anhang I der Habitatrichtlinie unter der Kennziffer 9160 aufgeführt ist, das Naturschutzgebiet Steinheide darüber hinaus insbesondere zur Erhaltung der in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten Mittelspecht und Wespenbussard sowie zur Wiederherstellung von Lebensräumen und stabilen überlebensfähigen Populationen dieser Vogelarten. Soweit diese Schutzzweckbestimmung den „Stieleichen-Hainbuchenwald“ betrifft, entspricht sie den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets, wie sich aus den der Gebietsmeldung an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beigefügten Informationen ergibt. Soweit diese Informationen darüber hinaus darauf hinweisen, dass das Gebiet auch Bedeutung für Mittelspecht und Wespenbussard habe, liegt dies grundsätzlich außerhalb der Erhaltungsziele eines FFH-Gebiets, weil insoweit die Vogelschutzrichtlinie eine spezielle Regelung des Gebietsschutzes trifft. Etwas anderes könnte ausnahmsweise nur dann gelten, wenn es sich bei diesen Vogelarten um charakteristische Arten des genannten Lebensraumtyps handelt (vgl. Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ff. Rn. 77 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ff. Rn. 78). Dies könnte nur für den Mittelspecht in Betracht kommen, der als eine Charakterart von Eichen-Hainbuchenwäldern gilt (vgl. Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen, Dezember 2007, S. 168). Demgemäß geht der Planfeststellungsbeschluss ausweislich der planfestgestellten Ausarbeitung der Smeets + Damaschek Planungsgesellschaft mbH vom August 2007 zu den Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Standes neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse davon aus, dass der Mittelspecht eine für die Eichen-Hainbuchenwälder charakteristische Art sei.
48 Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen ergibt sich zwar entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon daraus, dass die Verlegung der Autobahn gegen das in Abschnitt 2.1 des Landschaftsplans 3 generell normierte Verbot verstößt, in dem geschützten Gebiet Straßen und sonstige Verkehrsanlagen anzulegen sowie Verfüllungen, Aufschüttungen, Bodenauftrag, Ausschachtungen und Abgrabungen vorzunehmen oder die Boden- oder Geländegestalt in anderer Weise zu verändern, und dass im Planfeststellungsbeschluss eine Befreiung von diesem Verbot erteilt wurde. § 48d LG trifft insoweit eine spezielle Regelung für die FFH-Verträglichkeitsprüfung, deren Maßstab sich von dem an jede Ausweisung eines Naturschutzgebiets anknüpfenden, über § 34 Abs. 1 und § 69 Abs. 1 LG geregelten Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterscheidet. Dies wird in den Erläuterungen des Satzungsgebers zu den entsprechenden textlichen Festsetzungen des Landschaftsplans ausdrücklich hervorgehoben.
49 Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen ergibt sich jedoch aus dem im Planfeststellungsbeschluss eingeräumten vollständigen Verlust von 1,7 ha Flächen des FFH-Lebensraumtyps 9160. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen vorhabensbedingte Verluste von Flächen eines Lebensraumtyps des Anhangs I der Habitatrichtlinie dann keine erhebliche Beeinträchtigung dar, wenn sie lediglich Bagatellcharakter haben, wofür die im einschlägigen Konventionsvorschlag des Bundesamts für Naturschutz erarbeiteten Kriterien herangezogen werden können (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124 ff.). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Flächenverlust - wie hier für 0,7 ha - durch unmittelbare Inanspruchnahme für ein Projekt herbeigeführt wird oder dadurch eintritt, dass eine Fläche infolge ihrer Abtrennung durch die Autobahn ihre Funktion für den Lebensraumtyp vollständig verliert, wie dies hier in der Verträglichkeitsprüfung für 1 ha angenommen wurde.
50 Der sich daraus ergebende, mit dem Bau der A 4n und der Hambachbahn verbundene Verlust von Flächen des Lebensraumtyps 9160 in Höhe von 1,7 ha entspricht rund 0,8 % der Vorkommen im gesamten FFH-Gebiet und rund 2,3 % der Vorkommen im Teilgebiet Steinheide. Da es sich bei dem Teilgebiet Steinheide um ein Inselbiotop handelt, liegt es fachlich nahe, als Bezugsmaßstab dieses räumlich-funktional getrennte Teilgebiet heranzuziehen. Damit überschreitet der Flächenverlust deutlich schon den relativen Orientierungswert von 1 % der Gebietsfläche (vgl. Lambrecht/Trautner, Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP, Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007, S. 35). Zieht man als Bezugsmaßstab das gesamte FFH-Gebiet heran, wird jedenfalls der einschlägige absolute Orientierungswert von 100 m² (Lambrecht/Trautner, a.a.O. S. 37) um das 170-fache überschritten. Angesichts dieser Größenverhältnisse sind keine Umstände des Einzelfalles erkennbar, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Flächenverlust sei unerheblich. Dass der weit überwiegende Teil der unmittelbar in Anspruch genommenen oder funktional vollständig entwerteten Flächen aufgrund ihrer randlichen Lage, ihrer schmalen Ausformung und ihrer Vorbelastung „funktional wenig bedeutend“ sein mag, wie der Beklagte vorträgt, mag moderate Zuschläge zu den Orientierungswerten als angebracht erscheinen lassen, rechtfertigt es jedoch nicht, sich von diesen Werten völlig zu entfernen.
51 Auch das übrige Vorbringen des Beklagten in diesem Zusammenhang rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er hält den Kläger mit der entsprechenden Einwendung zu Unrecht für gemäß § 61 Abs. 3 BNatSchG ausgeschlossen. Der Kläger hat im Anhörungsverfahren, ausgehend von den im Jahre 2005 ausgelegten Planunterlagen, auf den nach seiner Auffassung erheblichen Flächenverlust, auf seine Bedenken gegen die Methodik und Darstellungsweise der damaligen FFH-Verträglichkeitsprüfung und auf die von ihm befürchtete Beeinträchtigung der Entwicklung des FFH-Gebiets durch die Verlegung der Autobahn hingewiesen. Diese Einwendungen waren auch - ausgehend von den damals ausgelegten Unterlagen - ausreichend substantiiert. Dass sie der Kläger in Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses und der ihnen zugrunde liegenden, ihm im Verwaltungsverfahren nicht zur Stellungnahme zugeleiteten Ausarbeitung der Smeets + Damaschek Planungsgesellschaft mbH vom August 2007 im Klageverfahren weiter konkretisiert und präzisiert hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
52 Ob sich aufgrund der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Ermittlungen mit der nötigen Sicherheit ausschließen lässt, dass die durch den direkten Flächenverlust von 1,7 ha eintretende erhebliche Beeinträchtigung durch die darüber hinaus zu erwartenden Belastungen von ca. 9,6 ha weiterer Waldflächen des Lebensraumtyps 9160 mit Schadstoffen, Lärm und optischer Beunruhigung noch deutlich verstärkt wird, oder ob - wie der Beklagte vorträgt - diese Belastungen durch entsprechende Entlastungen infolge des Rückbaus und der Renaturierung der bisherigen Autobahntrasse kompensiert werden, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen.
53 Unberechtigt ist dagegen die Rüge des Klägers, das Vorhaben sei auch unvereinbar mit dem im Landschaftsplan zum Schutzzweck des Gebiets erklärten Ziel, den Lebensraumtyp 9160 nicht nur zu erhalten, sondern auch wiederherzustellen. Dieses Ziel umfasst entgegen der Ansicht des Klägers nicht die in den Erläuterungen des Landschaftsplans auch erwähnte Notwendigkeit, die gesamten Restflächen der Bürgewälder durch Umwandlung der Nadelholzbestände und eine naturnahe Waldbewirtschaftung ökologisch aufzuwerten und als Gesamtfläche zu einem standortgerechten heimischen Bestand zu entwickeln. Dieser weitere Schutzzweck dient nicht der Umsetzung eines - der Gebietsmeldung zu entnehmenden - FFH-rechtlichen Erhaltungsziels und ist deshalb für die FFH-Verträglichkeitsprüfung unbeachtlich. Bei der Wiederherstellung eines Lebensraumtyps kann es nämlich nur darum gehen, geschädigte oder durch Eingriffe verlorengegangene Flächen dieses Typs wieder in einen ihm gemäßen Zustand zu versetzen, nicht aber darum, das gesamte Waldareal des Gebiets zu einer Fläche dieses Typs umzugestalten. Dass die vorhabensbedingten Eingriffe in nicht zum Lebensraumtyp 9160 gehörende Waldflächen das so verstandene Ziel der Wiederherstellung dieses Lebensraumtyps ernsthaft erschweren würden, hat der Kläger nicht substantiiert geltend gemacht.
54 Näherer Behandlung bedarf allerdings schon hier die im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Befreiung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Erhaltungszustand der Population der Bechsteinfledermaus im Gebiet Steinheide/Nörvenicher Wald würde sich durch den rodungsbedingten Verlust von Lebensräumen und die Gefährdung der Tiere durch Fahrzeugkollisionen beim Queren der Autobahntrasse deutlich verschlechtern. Denn die Bechsteinfledermaus ist nach den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss und der ihnen zugrunde liegenden, planfestgestellten Ausarbeitung vom August 2007 als charakteristische Art des Eichen-Hainbuchenwaldes anzusehen, so dass der günstige Erhaltungszustand dieser Art zugleich Voraussetzung des günstigen Erhaltungszustandes dieses natürlichen Lebensraumes ist und seine Erhaltung oder Wiederherstellung damit zum habitatrechtlich relevanten Schutzzweck des hier in Rede stehenden Schutzgebiets gehört.
55 Der Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, die Flächeninanspruchnahme durch die Verlegung der A 4 und die dabei entstehenden Höhlenbaumverluste in der Steinheide würden sich nicht erheblich auf den Erhaltungszustand der Bechsteinfledermaus auswirken, da im Waldgebiet Steinheide nach den Feststellungen des Gutachters Dr. D. (Institut für Tierökologie und Naturbildung, Vertiefende fledermausfachliche Untersuchungen im Rahmen der Planfeststellung zur Verlegung A 4, Schlussbericht März 2005) ein ausreichendes Angebot an Höhlenbäumen vorhanden sei, um den Bedarf zu decken. Um eine Gefährdung von Fledermäusen unmittelbar durch die Fällung auszuschließen, werde allerdings angeordnet, die im Zuge der Untersuchungen markierten bzw. erkennbaren Baumhöhlen im Eingriffsbereich vor der Fällung auf Besatz zu kontrollieren und die Fällung auf die Dauer eines Besatzes auszusetzen (Nebenbestimmung 5.4.10). Ein Kollisionsrisiko von Fledermäusen an Autobahnen sei nicht auszuschließen. Gefährdet durch Fahrzeugkollisionen seien jedoch nur tief fliegende, insbesondere in Bodennähe jagende Arten wie die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr. Um die Kollision von Fledermäusen mit Fahrzeugen nach dem derzeit besten wissenschaftlichen Kenntnisstand zu vermeiden, habe der Gutachter nach exakten Telemetrieergebnissen zu Einflugwegen von Bechsteinfledermäusen und Großen Mausohren in die Steinheide konstruktive Maßnahmen entwickelt. Hierzu zählten Überflughilfen an den Rändern und entlang des Mittelstreifens. Empfohlen werde beiderseits der Autobahn eine dicht mit Knöterich bewachsene Holzwand mit einer Höhe von 4,5 m. Diese verlaufe in ganzer Breite der Einflugwege und darüber hinaus. Weiterhin seien dicht bepflanzte Wälle empfohlen. Diese Maßnahmen zwängen die Fledermäuse zu einer Flughöhe, die sie vor einer direkten Kollision mit Fahrzeugen schütze. Um ein zu starkes Absenken der Flughöhe zu vermeiden, solle auf dem Mittelstreifen ebenfalls eine Überflughilfe installiert werden. Auch diese bestehe aus einer 4,5 m hohen, mit Knöterich bewachsenen Holzwand. Diese Maßnahmen seien erforderlich, aber auch ausreichend, um den festgestellten Fledermäusen einen sicheren Überflug zu ermöglichen. Jedenfalls könnten weitere sichere Überflüge unweit an diese Überflughilfen angrenzend über die geplante und im Rahmen der Ausführungsplanung entsprechend zu gestaltende Grünbrücke in der Steinheide gewährleistet werden. Diese Funktion könnten auch die 2 x 2 m großen Amphibiendurchlässe übernehmen.
56 Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass populationswirksame Risiken aus einer möglichen Kollision mit dem Straßenverkehr durch diese Maßnahmen vermieden würden. Gleichwohl sei ein Monitoring angeordnet, um bei einem Fehlschlag dieser Prognose weitere Maßnahmen ergreifen zu können (Nebenbestimmung 5.4.18.2). Dabei müsse festgestellt werden, ob die Überflughilfen in der prognostizierten Intensität von Fledermäusen genutzt werden. Falls dies nicht der Fall sei und es anhand objektiver Umstände aus gutachterlicher Sicht nicht auszuschließen sei, dass dies auf die A 4n zurückzuführen ist, seien die Überflughilfen nach Maßgabe der gutachterlichen Empfehlungen zu erhöhen, um einen sicheren Überflug zu gewährleisten. Zusätzlich sei die Nutzbarkeit der Grünbrücke durch Planung weiterer Leitstrukturen zu intensivieren, um dort sichere Überflüge zu ermöglichen. Außerdem werde für diesen Fall angeordnet, das Nahrungsangebot auf geeigneten Flächen innerhalb des Aktionsradius der genannten beiden Fledermausarten zu verbessern, um den Verlust einzelner Individuen durch höheres Wachstum der Population zu kompensieren. Dies könne beispielsweise durch Freistellen von Eichenbeständen mittels Entfernung von Unterwuchs erfolgen, um die Jagdmöglichkeiten zu verbessern.
57 Der Kläger trägt hierzu vor, um die Bechsteinfledermaus aus dem Fahrbahnbereich fernzuhalten und das Risiko einer Bestandsgefährdung zu reduzieren, sei die lückenlose beidseitige Anlage von Schutzvorkehrungen und Überflughilfen im gesamten die Waldgebiete der Steinheide durchschneidenden Bauabschnitt und den angrenzenden Bereichen erforderlich. Wichtig seien auch eine vorzeitige Bepflanzung der Grünbrücke und ihrer Zuwegungen mit 2 bis 3,5 m hohen Hecken und Gebüschen als Leitstrukturen sowie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h in der Lern- und Eingewöhnungsphase der Tiere.
58 Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Kläger mit diesem Vorbringen nicht gemäß § 61 Abs. 3 BNatSchG ausgeschlossen. Er hat im Anhörungsverfahren zwar nur darauf hingewiesen, dass die durch Flächenverlust betroffene Steinheide als FFH-Lebensraum 9160 auch wegen der zahlreichen Vorkommen von Fledermausarten naturschutzfachlich von überregional hoher Bedeutung sei, die stärkere Abtrennung von ihrem östlichen Nachbarwald Dickbusch langfristig eine genetische Isolierung der Populationen zur Folge habe und das Vorhaben auch Habitatbereiche der Bechsteinfledermaus in Anspruch nehmen oder stören werde. Diese Einwendungen waren - ausgehend von den damals ausgelegten Unterlagen mit genauen Angaben zu Lage und Ausgestaltung der zugunsten der Fledermäuse vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen - nicht ausreichend substantiiert, um dem Kläger konkreten Vortrag offenzuhalten, dass und in welchem Umfang das geplante Schutzkonzept mangelhaft oder ergänzungsbedürftig sei (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ff. Rn. 49 m.w.N.). Die Möglichkeit, solchen Vortrag im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger jedoch dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen durch die Ausarbeitung vom August 2007 zu den „Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Standes neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse“ nachträglich ergänzt hat, ohne sie dem Kläger, wie es durch § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG geboten gewesen wäre, noch zur Stellungnahme zuzuleiten (vgl. dazu Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362> und vom 27. Februar 2003 - BVerwG 4 A 59.01 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 1 S. 16). In dieser Ausarbeitung wurden bei der Beurteilung der Beeinträchtigungen von Fledermäusen Erkenntnisse eines 2005 begonnenen Forschungsvorhabens zur „Quantifizierung und Bewältigung verkehrsbedingter Trennwirkungen“ einbezogen sowie ausgeführt, dass die im Deckblatt II vorgesehenen Querungshilfen für Amphibien (Grünbrücke und Durchlässe) auch Fledermäusen eine konfliktfreie Querung der Autobahn ermöglichten. Außerdem wurde für den Fall einer geringeren Wirksamkeit der Überflughilfen ein Monitoring empfohlen.
59 In der Sache hat das Gericht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden, unter Beteiligung der Sachbeistände Dr. D. und K. geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen und das nach der Planergänzung verfolgte Konzept von Schutz- und Leiteinrichtungen unter Berücksichtigung des zusätzlich angeordneten Monitorings grundsätzlich ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer durch das Vorhaben verursachten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bechsteinfledermaus im Gebiet Steinheide/Nörvenicher Wald auszuschließen. Da es im Rahmen des Habitatschutzes nicht um den Schutz einzelner Individuen, sondern nur um den Schutz der betreffenden Art vor Einflüssen geht, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Art auswirken können, erscheint es berechtigt, bei Fledermausarten, die - wie die Bechsteinfledermaus - bei ihren Flugrouten eine enge Bindung an vorhandene Strukturen aufweisen, die Anordnung geeigneter Überflughilfen in Verbindung mit entsprechenden Leiteinrichtungen auf den Korridor dieser Flugrouten zu beschränken und nicht für den gesamten Einzugsbereich des betreffenden Schutzgebiets die beidseitige Anlage von Schutzzäunen und Überflughilfen zu verlangen. Damit besteht auch für die vom Kläger zusätzlich geforderte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h in der Lern- und Eingewöhnungsphase der Tiere kein zwingender Grund.
60 Allerdings ist die Umsetzung des genannten Konzepts in den mit der Planergänzung vorgelegten Lageplänen noch insoweit defizitär, als danach in den südlich der Fahrbahn vorgesehenen Schutz- und Leiteinrichtungen zwei Lücken von 60 m und 2 m Länge erkennbar sind, auf die der Kläger in seinem nachgelassenen Schriftsatz hingewiesen hat. Dieser Mangel, der auf einem offensichtlichen Versehen des Beklagten beruhen dürfte und deshalb durch Berichtigung oder jedenfalls durch schlichte Planergänzung behoben werden kann, ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn er kann nicht zu einem Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Plans oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, sondern nur auf entsprechende Planergänzung führen. Einen darauf gerichteten Antrag hat der Kläger im vorliegenden Verfahren jedoch auch in seinem nachgelassenen Schriftsatz nicht gestellt.
61 Soweit der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz über seine bisherigen Forderungen hinaus die Einhausung bzw. Eindeckelung mindestens des im Wald verlaufenden Autobahnabschnitts oder die Errichtung einer weiteren Grünbrücke im Bereich der in der Klagebegründung von ihm noch als „vorbildlichst“ bezeichneten Überflughilfe bei Bau-km 44+700 für notwendig hält und sich hierfür auf den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen vom Dezember 2008 beruft, mussten die darin bekundeten allgemeinen, nicht auf die Situation der Steinheide bezogenen Einschätzungen der Autoren dieses Entwurfs im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den Ausführungen des für die fledermausfachlichen Untersuchungen im Rahmen der Planfeststellung verantwortlichen und damit über Detailkenntnisse vor Ort verfügenden Gutachters Dr. Dietz auch ohne zusätzliche Beweiserhebung durch ein Sachverständigengutachten auszuschließen, dass das nach der Planergänzung verfolgte Konzept von Schutz- und Leiteinrichtungen unter Berücksichtigung des zusätzlich angeordneten Monitorings ungeeignet ist, eine durch das Vorhaben verursachte Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bechsteinfledermaus im betreffenden Gebiet mit ausreichender Sicherheit zu vermeiden.
62 Hinsichtlich der Rüge, die vorhabensbedingte Rodung von Höhlenbäumen werde zu einer Beeinträchtigung der Bechsteinfledermaus führen, hat der Beklagte seine Beurteilung, dadurch werde der Erhaltungszustand dieser Art nicht nachteilig verändert, nachvollziehbar damit begründet, dass die Steinheide einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Höhlenbäumen, aber eine vergleichsweise geringe Individuendichte der Bechsteinfledermaus und keine Wochenstubenkolonien mit ihrem erhöhten Quartierbaumbedarf aufweise. Dem hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nichts entgegengesetzt, was die Beurteilung des Beklagten vernünftigen Zweifeln aussetzen könnte.
63 Jedenfalls wegen der durch den direkten Flächenverlust des Lebensraumtyps 9160 eintretenden erheblichen Beeinträchtigung des Schutzgebiets durfte das Vorhaben gemäß § 48d Abs. 5 und 7 LG nur auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung zugelassen werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist, keine zumutbaren Alternativen vorhanden sind, den mit dem Vorhaben verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, und wenn dem Vorhabenträger die zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen auferlegt worden sind. Eine solche Prüfung hat der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss hilfsweise durchgeführt. Diese genügt auch den rechtlichen Anforderungen.
64 Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses hat der Beklagte die Aufrechterhaltung einer bedeutsamen Ost-West-Verbindung und die Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf diesem zentralen und stark befahrenen Autobahnabschnitt sowie das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung von Braunkohle aus dem Tagebau Hambach zur Gewährleistung einer sicheren Energieversorgung ins Feld geführt und für die Alternativenprüfung auf den im Rahmen der planerischen Abwägung vorgenommenen Variantenvergleich verwiesen. Das Klagevorbringen ist nicht geeignet, die Grundlagen dieser für die Abweichungsprüfung maßgeblichen Erwägungen zu erschüttern. Dies gilt insbesondere für die Bedenken des Klägers gegen die der Abweichungsprüfung zugrunde liegende Verkehrsprognose. Dass diese - was hier rechtlich allein zu beanstanden wäre - zu Lasten des FFH-Gebietsschutzes nicht in einer der Materie angemessenen und methodisch fachgerechten Weise erarbeitet worden ist (vgl. Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <121>, vom 30. Mai 1984 - BVerwG 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <272> und vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286>), ist nicht schlüssig dargetan. Der Behauptung des Klägers, an der „Dauerzählstelle Kerpen“ sei von 1997 bis 2000 ein Rückgang des Verkehrsaufkommens um 8 % und seitdem eine Stagnation festzustellen, ist der Beklagte unter Berufung auf eine gutachtliche Stellungnahme der für die Verkehrsuntersuchung verantwortlichen IGEPA substantiiert entgegengetreten. Er hat dargelegt, dass an der bis 2000 vorhandenen Zählstelle Kerpen und der damit allein vergleichbaren, ab 2001 vorhandenen Zählstelle Kerpen (Ost) zwischen 1997 und 2005 eine Zunahme von 4,4 % und seitdem bis 2007 von jährlich 1,5 % zu verzeichnen gewesen sei und dies auch mit der Verkehrsentwicklung an der Dauerzählstelle Würselen auf der A 4 übereinstimme. Außerdem gebe es seit 2004 eine automatische Dauerzählstelle bei Buir, die zwischen 2005 und 2007 eine Steigerung um jährlich 3,85 % ergeben habe. Dem hat der Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt.
65 Abgesehen davon verleiht die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die einen sechsstreifigen Ausbau der Autobahn vorsieht, dem Vorhaben besonderen Stellenwert (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ff. Rn. 135). Das dem Vorhaben aufgrund dessen zukommende Gewicht wird nicht durch Änderungen gegenüber der Prognosebasis relativiert, die der gesetzlichen Bedarfsplanung zugrunde lag (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ff. Rn. 159). Im Übrigen würde auch die vom Kläger für 2005 behauptete Verkehrsstärke von 68 869 Kfz/24 h den sechsstreifigen Ausbau der Autobahn rechtfertigen, zumal die übrigen Abschnitte der A 4 im betreffenden Raum sechsstreifig ausgebaut sind und es somit um einen Lückenschluss geht. Auf die Einwendungen des Klägers gegen die Plausibilität der dem Bundesverkehrswegeplan zugrunde liegenden Bundesverkehrsprognose von 2001 kommt es unter diesen Umständen nicht an.
66 Soweit der Kläger das für die Verlegung der Autobahn maßgebliche öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung von Braunkohle aus dem Tagebau Hambach zur Gewährleistung einer sicheren Energieversorgung bestreitet, ist sein Vorbringen in der Sache unsubstantiiert. Dass derartige öffentliche Belange im Rahmen der Abwägung der Trassenvarianten, die für einen den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG entsprechenden Ausbau in Betracht kommen, nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie mit privaten Belangen übereinstimmen, lässt sich dem Bundesfernstraßengesetz nicht entnehmen. Dies wirkt sich auch im Rahmen der nach § 48d Abs. 5 Nr. 2 LG gebotenen Alternativenprüfung aus. Eine Alternativlösung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass sich der mit dem Vorhaben zulässigerweise verfolgte Zweck trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lässt (Urteil vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <261 f.>). Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbstständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht nicht berücksichtigt zu werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 143). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - das den sechsstreifigen Ausbau tragende, von § 1 Abs. 1 FStrG umfasste Ziel, einem überörtlichen Verkehrsbedarf Rechnung zu tragen, mit einem anderen Ziel gebündelt wird, das über die bloße Bedarfsdeckung hinausgeht. In diesem Rahmen dürfen insbesondere auch andere landesplanerische sowie verkehrs-, struktur- und energiepolitische Ziele mit dem Projekt verfolgt werden. Dazu gehören nicht nur die im Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche Hambach“ von 1976 festgelegten Ziele der Raumordnung (vgl. § 22 Abs. 1, §§ 38, 44 Abs. 1 LPlG NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG a.F.), sondern auch das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb des in Rede stehenden Abbaugebiets.
67 Nicht zum Erfolg verhelfen kann der Klage auch der Einwand des Klägers, die - wie dargelegt - fehlerhafte Annahme der Planfeststellungsbehörde, das Vorhaben sei mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets verträglich, schlage auf die hilfsweise getroffene Abweichungsentscheidung durch. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist dies dann nicht der Fall, wenn die Behörde die tatsächlich in Rechnung zu stellenden Beeinträchtigungen im Wege der Wahrunterstellung qualitativ und quantitativ zutreffend zugrunde gelegt hat (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 154; Beschluss vom 17. Juli 2008 - BVerwG 9 B 15.08 - NVwZ 2008 S. 1115 <1118>). Die Planfeststellungsbehörde darf sich also weder bei der zu fordernden Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen und dem Integritätsinteresse des FFH-Gebiets noch bei dem erforderlichen Nachweis der Alternativlosigkeit des Vorhabens noch bei der Festlegung der gemäß § 48d Abs. 7 LG erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen darauf beschränken, pauschal eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele zu unterstellen, sondern sie muss im Einzelnen angeben, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang sie Beeinträchtigungen als gegeben bzw. möglich ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 162).
68 Hinsichtlich des Flächenverlustes für den Lebensraumtyp 9160 ist dieser Anforderung genügt. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen durch Schadstoffbelastungen liegt der Abweichungsprüfung die Annahme zugrunde, diese seien durch den zur Reduzierung der Schadstoffausbreitung in der Steinheide entlang der A 4n auf deren nördlicher Seite geplanten, 10 m breiten Waldschutzmantel begrenzt und würden durch das in der Nebenbestimmung 5.4.18 angeordnete Monitoring überprüft, um ggf. durch weitere Korrektur- und Schutzmaßnahmen (Schutzwände) hierbei festgestellten Verschlechterungen zu begegnen. Substantiierte Einwände hiergegen sind der Klagebegründung nicht zu entnehmen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen durch Lärm und optische Störeffekte, die für charakteristische Arten des Lebensraumtyps bedeutsam sein könnten, spricht nichts dafür, dass die Planfeststellungsbehörde von qualitativ oder quantitativ unzutreffenden Annahmen ausgegangen ist. Der Kläger hat hierzu geltend gemacht, Lärm und optische Störeffekte seien im Rahmen eines Vergleichs der Neubelastung durch die A 4n mit der Entlastung durch den Wegfall der alten, die Steinheide ebenfalls durchschneidenden Trasse nur ganz pauschal betrachtet worden, ohne sie in ihrer jeweiligen konkreten Wirkung differenzierend zu erfassen. Im Anschluss daran führt die Klagebegründung jedoch aus, in der Steinheide komme es weder durch Lärm noch durch optische Effekte der alten Trasse zu gewichtigen Störungen der betreffenden Tierarten. Dass und warum dies im Bereich der neuen, die Steinheide nur randlich schneidenden Trasse anders sein sollte, wird nicht ansatzweise erläutert. Angesichts dessen spricht nichts für die Annahme, die Abweichungsentscheidung beruhe in dieser Hinsicht auf einer Fehleinschätzung der tatsächlich in Rechnung zu stellenden Beeinträchtigungen.
69 Dem Projektträger sind schließlich gemäß § 48d Abs. 7 LG die zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen auferlegt worden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist durch solche Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 199). Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen hat sich deshalb nach Art und Umfang funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Dementsprechend kommen bei der erheblichen Beeinträchtigung eines Lebensraums die Wiederherstellung des beeinträchtigten oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums, die Neuanlage eines Lebensraums oder die Beantragung der Eingliederung eines neuen Gebiets mit entsprechendem Erhaltungsziel in das Netz „Natura 2000“ als Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Betracht. Diese müssen in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Gebietsbeeinträchtigung stehen. In räumlicher Hinsicht muss die Einbuße der Funktion des beeinträchtigten Gebiets für die biogeografische Verteilung der geschützten Lebensräume und Arten ausgeglichen werden. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird, bevor ein Ausgleich tatsächlich erfolgt. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 200).
70 An die Beurteilung der Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als an diejenige der Eignung von Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen: Es genügt, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Insoweit verfügt die Planfeststellungsbehörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative, die im gerichtlichen Verfahren nur einer Vertretbarkeitskontrolle unterliegt. Um diese vornehmen zu können, muss die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar offengelegt werden. Dafür genügt eine verbal-argumentative Darstellung, sofern sie rational nachvollziehbar ist und erkennen lässt, ob der Bilanzierung naturschutzfachlich begründbare Erwägungen zugrunde liegen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 201 f.).
71 Dass Maßnahmen zugleich dazu dienen, im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zu kompensieren, stellt ihre Eignung als Kohärenzsicherungsmaßnahme nicht in Frage; allerdings muss gewährleistet sein, dass keine Doppelanrechnung auf tatsächlich verschiedene Beeinträchtigungen erfolgt. Ein und dieselbe Maßnahme kann überdies bezogen auf unterschiedliche Erhaltungsziele einerseits eine in der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigende Schadensminderungsmaßnahme, andererseits eine Kohärenzsicherungsmaßnahme darstellen. Da Kohärenzsicherungsmaßnahmen gezielt plan- bzw. projektbedingte Beeinträchtigungen ausgleichen sollen, sind sie prinzipiell zusätzlich zu den Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen, durch die gemäß § 48c Abs. 2 Satz 3 LG im Rahmen des Gebietsmanagements sicherzustellen ist, dass den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie entsprochen wird (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 203).
72 Gemessen an diesen Grundsätzen, fasst sich der Planfeststellungsbeschluss selbst hinsichtlich der Festlegungen der erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen recht kurz: Nach den gutachterlichen Feststellungen komme den bereits vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere den geplanten Aufforstungen mit dem Ziel einer Entwicklung von Eichen-Hainbuchenbeständen, aufgrund ihres Umfangs und ihrer Wirkungsweise zugleich eine kohärenzsichernde Funktion zu. Bis zur vollständigen Wiederherstellung vergleichbar reifer Waldbestände bestehe für die betroffenen Tierarten kein populationswirksames Risiko, da ausreichend Ausweichlebensräume zur Verfügung ständen und zusätzlich insbesondere für charakteristische Vogel- und Fledermausarten bereits mit Inbetriebnahme der A 4n weitere lebensraumverbessernde Maßnahmen umgesetzt seien. Diese seien geeignet, vorübergehende Habitatveränderungen auszugleichen. Darüber hinaus würden übergreifende Funktions- und Wechselbeziehungen zwischen den Natura 2000-Gebieten nicht gefährdet.
73 Die damit in Bezug genommenen „gutachterlichen Feststellungen“ finden sich in der Ausarbeitung vom August 2007 zu den „Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Standes neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse“. Danach sieht der Planfeststellungsbeschluss jedenfalls die östlich der Steinheide und westlich des Dickbusches geplanten Aufforstungen auf einer Fläche von insgesamt ca. 39,6 ha als Kohärenzsicherungsmaßnahme zum Ausgleich des Flächenverlustes von 1,7 ha für den Lebensraumtyp 9160 vor. Allerdings ist im Maßnahmenverzeichnis des landschaftspflegerischen Begleitplans nicht ausdrücklich vorgesehen, dass dort ein Eichen-Hainbuchenwald entwickelt werden soll. Dies wurde jedoch durch eine Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt. Zieht man von der Gesamtfläche dieser Maßnahme die Sukzessions- und Wasserflächen ab, so verbleibt nach der im Klageverfahren vorgelegten Berechnung vom April 2008 eine Aufforstungsfläche von 35,59 ha, die den Flächenverlust um mehr als das 20-fache übersteigt. Diese erhebliche Überkompensation gleicht die längere Zeit zu erwartenden Funktionseinbußen, die der Ersatz älterer Waldbestände durch Neuaufforstungen verursacht, jedenfalls dann aus, wenn das Erhaltungsziel, einen günstigen Erhaltungszustand des Lebensraumtyps im betreffenden Schutzgebiet zu erhalten oder wiederherzustellen, während dieser Zwischenzeit voraussichtlich nicht irreversibel beeinträchtigt wird.
74 Der Planfeststellungsbeschluss geht im Anschluss an die erwähnten „gutachterlichen Feststellungen“ davon aus, dass eine solche irreversible Beeinträchtigung nicht zu erwarten sei, weil für die charakteristischen Vogel- und Fledermausarten ausreichender Ausweichlebensraum (insbesondere Höhlenbäume in Altwaldbeständen) zur Verfügung stehe und vorübergehende Habitatveränderungen zusätzlich durch weitere lebensraumverbessernde Maßnahmen ausgeglichen werden könnten, die bereits mit Inbetriebnahme der neuen Autobahn umgesetzt seien. Dass diese Prognose naturschutzfachlich unvertretbar wäre, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Die bloße Behauptung, andere für die jeweilige Art nutzbare Flächen seien bereits von anderen Individuen dieser Art in Anspruch genommen, reicht dafür angesichts der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen zur Aufwertung und Verbesserung des Lebensraumangebots (z.B. durch Bereitstellung von Ersatznisthöhlen) für alle höhlenbaumbrütenden Vogelarten mit dem Ziel einer Erhöhung der Besiedelungsdichte (vgl. Nebenbestimmung 5.4.12) nicht aus.
75 Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung weitere zur Aufforstung vorgesehene Flächen innerhalb und außerhalb der Steinheide als Kohärenzsicherungsmaßnahmen heranzieht, ist dies in die Eingriffs- und Kompensationsbilanz des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nicht eingegangen und kann deshalb nach den dargestellten Auslegungsgrundsätzen zu § 48d Abs. 7 LG nicht Gegenstand der Überprüfung im vorliegenden Verfahren sein.
76 2. Der Planfeststellungsbeschluss in seiner aktuellen Fassung entspricht - mit Ausnahme der bereits erwähnten, nicht entscheidungserheblichen beiden Lücken in der planerischen Umsetzung des Fledermausschutzkonzepts - auch den geltenden Anforderungen des deutschen und europäischen Artenschutzrechts, soweit der Sachverhalt zu einer näheren Prüfung dieser Anforderungen Anlass bietet. Insoweit ist in rechtlicher Hinsicht von Folgendem auszugehen:
77 Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Oktober 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) - BNatSchG a.F. - zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG a.F. verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG a.F. eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG a.F. entfallen ist. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG a.F. für die Ausführung eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 der Habitatrichtlinie bzw. des Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie abhängig machte, deren Umsetzung die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes auch dienen. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ff. Rn. 215).
78 Der Planfeststellungsbeschluss enthält im Abschnitt A Nr. 4.2 i.V.m. Abschnitt B Nr. 5.10.3.2 eine derartige Befreiung von dem in § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. enthaltenen Tötungsverbot u.a. für Fledermäuse. Dabei ist die Planfeststellungsbehörde davon ausgegangen, dass die Realisierung dieses Verbotstatbestandes in Einzelfällen in Bezug auf einzelne Individuen dieser besonders geschützten Arten nicht auszuschließen sei, dass jedoch § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. i.V.m. Art. 16 der Habitatrichtlinie es rechtfertige, aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls eine Befreiung zu gewähren. Zwar seien im Trassenbereich keine Wochenstubenquartiere von Fledermäusen ermittelt und auch keine weiteren von Fledermäusen besetzten Baumhöhlen gefunden worden. Gleichwohl sei vorgesehen, bekannte und erkennbare Höhlenbäume in Laubbaumbeständen innerhalb der Trasse der A 4n vor einer Fällung auf Besatz zu prüfen und, falls kein Besatz vorliegt, unmittelbar zu verschließen. Bei Feststellung eines Besatzes sei die Fällung auszusetzen, bis die Fledermäuse ausgeflogen sind, und die Baumhöhle anschließend zu verschließen. Die Fällungen selbst seien auf das Winterhalbjahr beschränkt. Dadurch sei eine Störung oder unbeabsichtigte Tötung von Fledermäusen in besetzten, bislang unbekannten Quartieren ausgeschlossen.
79 In Bezug auf einzelne Individuen aller kartierten Fledermausarten könne durch die Veränderungen der Habitatstruktur in ihren potentiellen Jagdrevieren im Zusammenhang mit ihren Wohn- oder Zufluchtstätten sowie durch Lärm- und Lichtemissionen aus Bau und Betrieb der A 4 allerdings eine Störung erfolgen.
80 Mit einem erhöhten Kollisionsrisiko sei vor allem für die sog. Gleaner-Arten, die bei ihren Flugrouten eine enge Bindung an vorhandene Strukturen aufweisen, und für unerfahrene Jungtiere in den Dämmerungs- und Nachtstunden und in Trassenabschnitten auf Geländeniveau und in Dammlagen ohne Schutzeinrichtungen zu rechnen. Das Unfallrisiko durch Fahrzeugkollisionen werde aber nicht erheblich erhöht, da Querungshilfen und Leiteinrichtungen nach dem Stand der Wissenschaft (u.a. Schutzwände, -zäune, Durchlässe) vorgesehen seien. Dies treffe insbesondere für die Arten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu, für die gutachterlich bestimmte Raumbeziehungen ermittelt worden seien, die im Bereich der künftigen Trasse der A 4 lägen. Auch die im Rahmen des Deckblatts II vorgesehene Grünbrücke sei dazu geeignet, eine Leitfunktion für die Fledermäuse zum Überqueren der A 4 zu übernehmen und sichere Überflüge im Bereich der Steinheide zu gewährleisten. Es sei allerdings nie gänzlich auszuschließen, dass einzelne Individuen durch Kollision mit Fahrzeugen trotz der ergriffenen Schutzmaßnahmen getötet werden können.
81 Trotz der geplanten Schutz-, Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen könnten somit nach den gutachterlichen Feststellungen Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 (durch Tötung einzelner Individuen infolge Kollision) und Nr. 3 BNatSchG a.F. (durch Störung) in Einzelfällen erfüllt werden.
82 Jedoch lägen die Befreiungsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. vor. Insbesondere stehe Art. 16 der Habitatrichtlinie einer Befreiung nicht entgegen. Eine anderweitige zufriedenstellende Lösung gebe es nicht, da die anderen Trassenvarianten aus spezifisch artenschutzrechtlicher Sicht für die betroffenen Fledermäuse jedenfalls nicht als günstiger zu bewerten seien. Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen sei auch festzustellen, dass die betroffenen Fledermausarten trotz einer Befreiung in einem günstigen Erhaltungszustand verblieben oder jedenfalls alle Voraussetzungen geschaffen würden, damit die betroffenen Arten im Wirkungszusammenhang des Vorhabens einen günstigen Erhaltungszustand erreichen könnten.
83 Der Verlust an Baumhöhlen im Trassenbereich durch die erforderlichen Baumfällarbeiten führe nach gutachterlicher Einschätzung zu keiner erheblichen Reduzierung des Quartierangebots. Dies werde auch gewährleistet durch Bereitstellung von Fledermauskästen und Anlage von Fledermausquartieren in Bauwerken. Aufgrund des festgestellten Anteils an Eichen und Buchen der höheren Altersklassen, des Flächenumfangs dieser Arten und des hohen Altholzanteils beständen gute Lebensraumvoraussetzungen und dadurch zahlreiche Ausweichquartiere für die nachgewiesenen Fledermausarten. Zudem erfolge für die betroffenen Fledermausarten eine Aufwertung von Habitaten und eine allgemeine Verbesserung der Lebensraumbedingungen im Zuge der Anlage von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durch Aufforstungen, Waldrandaufbau, Grünland-, Gewässer- und Sukzessionsentwicklung. Zahlreiche landschaftspflegerische Maßnahmen seien bereits vor der Baudurchführung vorgesehen, um ein günstiges Lebensraumangebot ohne zeitliche Unterbrechung sicherzustellen. In der Steinheide würden mit der Verlegung der A 4 an den Südrand und dem Rückbau der bestehenden Trasse innerhalb des Schutzgebiets Zerschneidungswirkungen im wertvollen Kernbereich aufgehoben. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Arten reduzieren werde oder künftig kein für ein langfristiges Überleben der Art ausreichend großer Lebensraum mehr zur Verfügung stehe.
84 Bezüglich der tief fliegenden, in Bodennähe jagenden Arten wie der Bechsteinfledermaus, des Großen Mausohres und der Großen Bartfledermaus, für die zudem bei landesweiter Betrachtung kein günstiger Erhaltungszustand bestehe, sei zusätzlich zu den Überflughilfen und sonstigen Schutzeinrichtungen ein Monitoring anzuordnen, um zu prüfen, ob die im Bereich der Steinheide und des Ellebachs vorgesehenen Überflughilfen den erwarteten Erfolg bringen und Kollisionen dieser Tiere mit dem Verkehr sicher vermeiden.
85 Für den Fall einer wider Erwarten nicht zureichenden Überflughilfe werde bereits aus Gründen der FFH-Verträglichkeit für Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr als charakteristische Arten des Eichen-Hainbuchenwaldes vorgesehen, diese Überflughilfen zu erhöhen und die Nutzung der Grünbrücke an der Steinheide zu intensivieren. Zusätzlich werde für diesen Fall angeordnet, das Nahrungsangebot auf geeigneten Flächen innerhalb des Aktionsradius der genannten drei Fledermausarten zu verbessern, um den Verlust einzelner Individuen durch ein höheres Wachstum der Population zu kompensieren, beispielsweise durch Freistellen von Eichenbeständen mittels Entfernung von Unterwuchs, um Jagdmöglichkeiten zu verbessern.
86 Im Hinblick auf diese Ausführungen, die insbesondere in den Nebenbestimmungen 5.4.10, 5.4.17 und 5.4 .18.2 ihren verbindlichen Ausdruck gefunden haben, ist schon der Tatbestand des Tötungsverbots in § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG a.F. nicht erfüllt, so dass die im Planfeststellungsbeschluss erteilte Befreiung von diesem Verbot ins Leere geht und es auf das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nicht ankommt. Nach dem planfestgestellten artenschutzrechtlichen Gutachten sind zwar aufgrund der vorwiegend niedrigen Flughöhe von Bartfledermaus, Bechsteinfledermaus, Großem Mausohr und Braunem Langohr nach Inbetriebnahme der Autobahntrasse in neuer Lage Tierverluste von einzelnen Individuen nicht auszuschließen. Das reicht aber nicht aus, um den genannten Tatbestand als erfüllt anzusehen. Ein Verstoß gegen das dort normierte Tötungsverbot durch die Zulassung eines Straßenbauvorhabens setzt vielmehr nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats voraus, dass sich das Kollisionsrisiko für die betroffenen Tierarten durch das Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ff. Rn. 219 und vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ff. Rn. 90 f.). Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, wie Überflughilfen, Leitstrukturen u.ä., in die Betrachtung einzubeziehen. Hiernach ist das Tötungsverbot nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist.
87 Das Vorbringen des Klägers hierzu, das bereits im Rahmen der FFH-Verträglichkeit behandelt wurde, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Soweit der Kläger die Wirksamkeit der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen in Zweifel zieht, gibt sein Vorbringen auch unter Berücksichtigung seiner Vertiefung in der mündlichen Verhandlung und den hierzu nachgereichten Schriftsätzen dem Gericht keinen ausreichenden Anlass, der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten nicht zu folgen. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der sachverständig beratenen Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Artenschutzrechts insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist. Diese hat sich darauf zu beschränken, ob die Einschätzung der Behörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar ist und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruht, das sich als unzulängliches oder ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 65 f.). Von daher ist eine naturschutzfachliche Meinung einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie „strengere“ Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Standpunkt der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Dem Klagevorbringen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der von der Planfeststellungsbehörde eingenommene Standpunkt zur Wirksamkeit der Vermeidungsmaßnahmen nach aktuellem - und erst recht nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses erreichten - Erkenntnisstand fachwissenschaftlich nicht vertretbar ist. Der Hinweis darauf, dass diese Maßnahmen den im Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen vom Dezember 2008 bekundeten, allgemein strengeren Anforderungen der Autoren dieses Entwurfs nicht genügen mögen, reicht dafür nicht aus.
88 Soweit der Kläger das in § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. enthaltene Verbot der Beschädigung von Wohn- oder Zufluchtstätten und das Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. für verletzt hält, ist die Einschränkung dieser Verbotstatbestände durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) zu berücksichtigen. Denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 87).
89 Insbesondere bezogen auf die Bechsteinfledermaus verstößt das Vorhaben nicht gegen das nunmehr in § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. enthaltene Verbot, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten zu zerstören. Allerdings ist vom Verlust einzelner von Bechsteinfledermäusen genutzter Höhlenbäume auszugehen. Gleichwohl greift das Zerstörungsverbot nicht ein, weil hier § 42 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG anzuwenden ist. Danach scheidet dieses Verbot für nach § 19 BNatSchG zulässige Eingriffe aus, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Im Planfeststellungsbeschluss wird eingehend dargelegt, dass und warum der Verlust von Baumhöhlen im Trassenbereich nach gutachterlicher Einschätzung zu keiner erheblichen Reduzierung des Quartierangebots für Fledermäuse führe sowie dass wegen der vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht zu erwarten sei, dass sich das Verbreitungsgebiet der betroffenen Arten reduzieren werde. Dem Klagevorbringen ist auch insoweit nicht zu entnehmen, dass diese von der Planfeststellungsbehörde übernommene gutachterliche Einschätzung, die der anerkannte Fachgutachter Dr. D. in seiner Stellungnahme vom Februar 2008 und in der mündlichen Verhandlung nochmals mit Nachdruck bekräftigt hat, nach aktuellem Erkenntnisstand fachwissenschaftlich nicht vertretbar ist.
90 Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Habitatrichtlinie der durch § 42 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG n.F. vorgenommenen Eingrenzung des Zerstörungsverbots jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegensteht. Der Schutz des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots wird nach der Rechtsprechung des Senats zu § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 222) nicht dem Lebensraum der geschützten Arten insgesamt, sondern nur selektiv den ausdrücklich bezeichneten Lebensstätten zuteil, die durch bestimmte Funktionen für die jeweilige Art geprägt sind. An der damit verbundenen engen räumlichen Begrenzung des Begriffs der Lebensstätte hat sich durch die Neuregelung nichts geändert. Dies folgt zum einen aus der scharfen systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Zerstörungstatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F., der die eingriffsbetroffenen Lebensstätten nennt, und der ergänzenden Regelung in § 42 Abs. 5 BNatSchG n.F., die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht (vgl. Gellermann, NuR 2007, 783 <786>). Dasselbe folgt zum anderen daraus, dass es § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahe legt, die jeden einer solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand - wie einzelne Nester oder eben auch einzelne Höhlenbäume - einschließt. Im Gegensatz dazu verpflichtet Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Habitatrichtlinie die Mitgliedstaaten nur, jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu verbieten. Dementsprechend vertritt die Generaldirektion Umwelt der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in ihrem „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG“, auf den sich die Gesetzesbegründung beruft (vgl. BTDrucks 16/5100, S. 11 f.), ein artspezifisch weit gefasstes, funktionsbezogenes Verständnis dieser Begriffe („Gebiete, die für die Paarung und Niederkunft erforderlich sind“, bzw. „Gebiete, die für das Überleben eines Tieres oder einer Gruppe von Tieren während der nicht aktiven Phase erforderlich sind“).
91 Da die Habitatrichtlinie keine Aussage enthält, was als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte anzusehen ist, handelt es sich um eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage, die je nach den Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann. Wie die in der mündlichen Verhandlung angehörten Gutachter Dr. D. und K. übereinstimmend bekundet haben, nutzt jede Bechsteinfledermaus als Ruhestätte nicht nur eine einzelne Baumhöhle, sondern einen Verbundkomplex von etwa zehn verschiedenen Baumhöhlen, zwischen denen sie regelmäßig wechselt. Bei einem derartigen Sachverhalt ist es aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts nicht zu beanstanden, wenn der deutsche Gesetzgeber in § 42 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG n.F. bei nach § 19 BNatSchG zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft den an sich die Beschädigung oder Zerstörung jedes einzelnen Höhlenbaums erfassenden Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. nicht als erfüllt ansieht, soweit die ökologische Funktion dieser von dem Eingriff betroffenen Ruhestätte (im engeren Sinne) im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Denn eine Beschädigung oder Zerstörung der Ruhestätte im weiteren, gemeinschaftsrechtlichen Sinne liegt dann gerade nicht vor. Die Rodung einzelner Quartierbäume der Bechsteinfledermaus wäre hiernach nur dann eine Beschädigung (im Sinne einer Funktionsbeeinträchtigung) der fraglichen Ruhestätte, wenn die Funktion der gerodeten Bäume von den verbleibenden bzw. durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen ergänzten Teilen dieser Ruhestätte nicht uneingeschränkt mit erfüllt werden könnte. Davon kann angesichts des überdurchschnittlich hohen Anteils an Höhlenbäumen bei vergleichsweise geringer Individuendichte der Bechsteinfledermaus in der Steinheide keine Rede sein.
92 Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bleiben ferner vorhabensbedingte Störungen im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. ebenfalls unter der in dieser Vorschrift durch die Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population einer Art bestimmten Erheblichkeitsschwelle. Mit den Vorgaben der Habitatrichtlinie steht auch diese Tatbestandseinschränkung in Einklang, weil der entsprechende Tatbestand des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie nur Störungen der „Art“ im Gegensatz zur Tötung von „Exemplaren dieser Arten“ in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie und daher ebenfalls einen art- bzw. populationsbezogenen Ansatz aufweist (vgl. Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 237 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 104).
93 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Urteil vom 13.05.2009 -
BVerwG 9 A 74.07ECLI:DE:BVerwG:2009:130509U9A74.07.0
Urteil
BVerwG 9 A 74.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 13. Mai 2009 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden den Klägern zu je einem Achtel auferlegt.
Gründe
I
1 Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken im Ortsteil Ellen der Gemeinde Niederzier, die mit von ihnen selbst genutzten Wohnhäusern bebaut sind. Sie wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Ende 1976 stellte der Braunkohlenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen den Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche des Tagebaus Hambach“ auf. Im Juni 1977 wurde dieser Plan vom Ministerpräsidenten genehmigt und bekannt gemacht. Der Plan sieht eine Abbau- und Haldenfläche von ca. 85 km² vor. Im Abbaugebiet können ca. 2,5 Mrd. t Braunkohle gewonnen werden. Der Abbau soll bis etwa 2045 andauern.
3 Im März 1978 ließ das Bergamt Köln zunächst zwei Rahmenbetriebspläne für eine Teilfläche von 23 km² und den dortigen Abbau bis 1995 zu. Mit der Kohlegewinnung wurde 1984 begonnen. Im August 1995 ließ das Bergamt Düren einen weiteren Rahmenbetriebsplan zu, mit dem der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der Abbau einer anschließenden weiteren Teilfläche bis 2020 erlaubt wurde. Diese reicht im Süden über die bestehende vierstreifige Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen hinweg.
4 Im September 2000 übersandte das Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Unterlagen für die Verlegung der A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen zur Bestimmung der Planung und Linienführung mit dem Vorschlag, von den geprüften sieben Varianten die Variante 2a als günstigste zu bestimmen.
5 Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie für dieses Verfahren war im April 1994 eine Verkehrsuntersuchung der AGEVA Verkehrstechnik GmbH vorgelegt worden, um festzustellen, ob für den Wegfall der im künftigen Abbaugebiet liegenden bisherigen Anschlussstelle Buir eine oder mehrere Ersatzanschlussstellen erforderlich sind. Im Rahmen der dieser Untersuchung vorangegangenen Erhebungen waren am 15. Mai 1990, einem Dienstag, von 6 bis 9 Uhr und 15 bis 19 Uhr Verkehrszählungen an sieben Knotenpunkten („Knotenstromzählungen“), u.a. an den Anschlussstellen Düren, Buir und Kerpen, sowie „Kennzeichenerfassungszählungen“ an 27 Querschnitten durchgeführt worden, nicht jedoch solche Zählungen an der A 4 selbst. Die in dieser Untersuchung ermittelten Verkehrsbelastungen bildeten die Grundlage einer Verkehrsprognose für das Jahr 2015.
6 Im Januar 2001 bestimmte das Bundesministerium gegenüber dem Land die von diesem vorgeschlagene Linienführung. Danach soll die bisher etwa 100 m südlich der Ortslage Ellen verlaufende Autobahn südwestlich von Ellen nach Südosten verschwenken, hier den Ellebach überqueren, etwa 1 km südlich der Ortslage eine neue Anschlussstelle Merzenich an die östlich der Ortslage verlaufende Landesstraße L 264 erhalten und danach in östlicher Richtung parallel zur Eisenbahnstrecke Aachen - Köln geführt werden. Die Grundstücke der Kläger zu 1 bis 4 befinden sich im nördlichen Teil von Ellen und sind etwa 1 250 m von der neuen Autobahntrasse, jedoch nur etwa 200 m (Kläger zu 1 und 2) bzw. 260 m (Kläger zu 3 und 4) von der L 264 entfernt. Die Grundstücke der Kläger zu 5 bis 8 befinden sich außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im zusammenhängend mit Wohnhäusern bebauten südlichen Ortsrandbereich von Ellen und sind etwa 400 m von der neuen Autobahntrasse und etwa 290 m (Kläger zu 5 und 6) bzw. 230 m (Kläger zu 7 und 8) von der L 264 entfernt.
7 Für die Erstellung der Unterlagen zur Vorentwurfsplanung nahm die IGEPA Verkehrstechnik GmbH im Januar 2003 eine Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung von 1994 mit einer Verkehrsprognose für das Jahr 2020 vor. Dafür wurden im September 2001 in unmittelbarer Nähe der bei den früheren Kennzeichenerfassungszählungen betrachteten Querschnitte neue Knotenstromzählungen ohne Kennzeichenerfassung für den Zeitraum von 15 bis 19 Uhr durchgeführt, um die Entwicklung der Analysedaten zu überprüfen. Ferner wurden an ausgewählten Knoten „24-Stunden-Zählungen“ für insgesamt 17 Querschnitte vorgenommen, um die durchschnittliche werktägliche Verkehrsstärke ortsspezifisch zu ermitteln. Solche 24-Stunden-Zählungen wurden darüber hinaus nunmehr auch für die A 4 selbst durchgeführt, und zwar an je einem Querschnitt westlich und östlich der Anschlussstelle Buir. Diese beiden Zählungen erfolgten am 4. September 2001 von 7 bis 19 Uhr, wurden dann wegen erheblicher Stauerscheinungen unterbrochen und am nächsten Tag um 19 Uhr bis zum darauffolgenden Morgen um 7 Uhr fortgesetzt. Alle diese Erhebungen wurden knotenstrombezogen und getrennt nach Pkw und Lkw ausgewertet und zu den jeweiligen - richtungsgetrennten - Querschnittsbelastungen zusammengefasst.
8 Mit den so ermittelten Verkehrszahlen erarbeitete das Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG im Juli 2004 lufthygienische Untersuchungen zum Schadstoffaufkommen durch den Verkehr auf den bestehenden und geplanten Straßen im Bezugsjahr 2011.
9 Für das nunmehr anstehende Planfeststellungsverfahren verfasste die IGEPA im März 2005 eine neuerliche Verkehrsuntersuchung, in der die bisherigen Untersuchungsergebnisse überprüft bzw. aktualisiert werden sollten. Neue Kennzeichenerfassungserhebungen hielt sie dabei nicht für erforderlich, da sich die betrachteten Siedlungs- und Netzstrukturen seit 1994 nicht gravierend verändert hätten. Die etwa 2002 fertig gestellte Ortsumgehung Blatzheim habe allerdings nicht detailliert berücksichtigt werden können, da kein verwendbares Datenmaterial bezüglich der daraus resultierenden Verkehrsverlagerungen zur Verfügung gestanden habe. Insofern sei die Darstellung der Prognosebelastung im unmittelbaren Bereich der Ortslage Blatzheim „ausgespart“. Die grundsätzlichen Quelle-Ziel-Beziehungen hinsichtlich der neuen Anschlussstelle Geilrath seien jedoch in der Ursprungsuntersuchung von 1994 berücksichtigt, und die Ortslage Blatzheim könne durch die Ortsumgehung nur entlastet werden.
10 Die für 2020 zu erwartende Verkehrsentwicklung sei aus dem im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erstellten Gutachten „Verkehrsprognose 2015 für die Bundesverkehrswegeplanung“ vom April 2001 abgeleitet worden. Die werktäglichen Belastungen der A 4 zwischen Düren und Kerpen lägen gemäß der Bundesverkehrszählung 2000 bei ca. 63 640 Kfz/24 h mit einem Lkw-Anteil von ca. 25 % = 15 900 Lkw/24 h. Für den Güterverkehr sei das im Gutachten von 2001 vorgestellte „Integrationsszenario“ mit einer Zuwachsrate von 60,4 % zwischen 1997 und 2015 angenommen worden, für den Personenverkehr das „Trendszenario“ mit einer Zuwachsrate von 22,1 % im selben Zeitraum. Daraus ergäben sich für 2020 Belastungen von ca. 86 000 Kfz/24 h im Abschnitt der A 4 zwischen den künftigen Anschlussstellen Ellen und Geilrath, davon 30,9 % = 26 570 Lkw/24 h.
11 Ebenfalls im März 2005 legte das Ingenieurbüro IBK Dipl.-Ing. Kals auf der Grundlage der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen der IGEPA Verkehrstechnik GmbH eine schalltechnische Untersuchung vor.
12 Im März 2005 reichte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen den Plan für den sechsstreifigen Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen bei der Bezirksregierung Köln zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Die Bezirksregierung veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Gemeindeverwaltung Niederzier vom 2. Mai bis 1. Juni 2005 ausgelegt wurde. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass jeder bis zum 30. Juni 2005 bei der Bezirksregierung oder der Gemeindeverwaltung Einwendungen gegen den Plan erheben könne. Nach Ablauf dieser Frist seien Einwendungen ausgeschlossen.
13 Innerhalb der Einwendungsfrist erhoben die Kläger zu 1 bis 6 und der Rechtsvorgänger der Kläger zu 7 und 8 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Durch das Vorhaben werde sich die Lärm- und Feinstaubbelastung in Ellen unzumutbar erhöhen. Infolgedessen werde auch ein erheblicher Wertverlust ihrer Häuser und Grundstücke eintreten. Um die Situation für sie erträglich zu halten, müsse mit der Verschwenkung der A 4 um 200 m nach Süden ca. 200 m westlich der derzeit vorhandenen Brücke im Zuge der Kreisstraße K 2 begonnen und die L 264 hinter den Sportplatz verlegt werden. Die Kläger zu 1 bis 4 machten zusätzlich geltend, die geplante Entwässerung der A 4n in Höhe der schützenswerten Ellebachaue bedeute eine Mehrbelastung von Mensch, Flora und Fauna. Durch den starken Bogenradius werde die Autobahn ca. 200 m länger, was einer weiteren Versiegelung von 7 500 m² entspreche. Die Ellebachaue werde unnötig versiegelt. Die Einleitung des Oberflächenwassers von der A 4n in den Ellebach gefährde das am Bach gelegene Wasserschutzgebiet.
14 Während des Anhörungsverfahrens für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn stellte die Bezirksregierung im August 2005 den Plan für den Neubau der „Hambachbahn“ fest. Diese Grubenanschlussbahn für den Transport der Braunkohle verläuft bisher durch das zukünftige Abbaugebiet und soll im Bereich Ellen künftig östlich der L 264 geführt werden.
15 Im April 2006 fand ein Erörterungstermin statt. Dabei erhielten die Kläger ihre bzw. die von ihrem Rechtsvorgänger erhobenen Einwendungen aufrecht.
16 Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau und die Verlegung der A 4 von Bau-km 32+350 bis 49+943 fest. Danach verläuft die Trasse ca. 250 m südlich der Ortslage Ellen jenseits eines ca. 3,5 m hohen Erdwalls, der sich an der Nordseite der vorhandenen A 4 befindet und erhalten bleiben soll, auf einem bis zu 7 m hohen Damm, auf dem unmittelbar neben der Fahrbahn nach Norden hin eine - bezogen auf die Mitte des nördlichen Fahrstreifens - 4,5 m hohe Lärmschutzwand errichtet werden soll. Durch die Nebenbestimmung 5.2.1 wurde der Träger der Straßenbaulast verpflichtet, lärmmindernden Asphalt mit einem Korrekturwert DStrO = - 2 dB(A) aufzubringen und zu unterhalten. Dadurch würden die in den lärmtechnischen Unterlagen genannten Beurteilungspegel bzw. die durch die 16. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte auf Dauer eingehalten. Soweit dies nicht gewährleistet werden könne, sei die Einhaltung der Pegelwerte bzw. der Immissionsgrenzwerte durch zusätzliche Maßnahmen sicherzustellen; ggf. sei für diese Maßnahmen ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durchzuführen.
17 Unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand und des Korrekturwertes DStrO = - 2 dB(A) wurden in der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung für das Wohnhaus der Kläger zu 5 und 6 (B... 94) Beurteilungspegel ermittelt, die an der Südostfassade nachts bis zu 50,5 dB(A) erreichen. Für das Wohnhaus der Kläger zu 7 und 8 lag der höchste Beurteilungspegel nachts bei 48,6 dB(A).
18 Durch die Nebenbestimmung 5.2.2 wurde der Träger der Straßenbaulast verpflichtet, die Eigentümer des Grundstücks B... 94 darauf hinzuweisen, dass sie gegen die Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen hätten, um Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen zu schützen. Hierzu gehörten auch die notwendigen Lüftungseinrichtungen. Art, Umfang und Durchführung der im Einzelnen notwendigen Schutzmaßnahmen richteten sich nach der 24. BImSchV i.V.m. den VLärmSchR 97. Bei der Bestimmung der Verkehrsbelastung seien Prognosewerte für das Jahr 2020 heranzuziehen.
19 Durch die Nebenbestimmung 5.2.3 wurde festgestellt, dass die Eigentümer des Grundstücks B... 94, wenn es mit einem Außenwohnbereich ausgestattet ist, gegen den Träger der Straßenbaulast Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld durch den von der planfestgestellten Straße ausgehenden Verkehrslärms haben; dabei sei nur auf den Immissionsgrenzwert am Tage abzustellen. Dem Träger der Straßenbaulast wurde aufgegeben, die Eigentümer auf die Möglichkeit, solche Ansprüche geltend zu machen, hinzuweisen. Ermittlung und Umfang der Entschädigung richteten sich nach den Regelungen der VLärmSchR 97.
20 Außerdem enthielt der Planfeststellungsbeschluss weitere Nebenbestimmungen zum Lärmschutz der der Autobahntrasse benachbarten Grundstücke.
21 Zur Begründung führte der Beschluss aus: Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ergebe sich unmittelbar aus der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz, davon unabhängig auch aus den mit der Planung verfolgten inhaltlichen Zielen. Dazu gehöre insbesondere das landesplanerisch verbindliche Ziel der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach, das die Verlegung der A 4 aus den Abbaugrenzen des Tagebaus vorgebe.
22 Eine Alternative, die in der Gesamtabwägung eindeutig vorzuziehen wäre, sei nicht zu erkennen. Die unveränderte weitere Nutzung der vierstreifigen A 4 in der bisherigen Lage widerspräche sowohl den Verkehrserfordernissen als auch den verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung sowie dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen. Aus letztgenanntem Grund komme auch der sechsstreifige Ausbau in der bisherigen Trassenlage nicht in Betracht.
23 Die Forderungen, die Autobahn im Bereich Ellen/Arnoldsweiler frühzeitiger aus der vorhandenen Trasse zu verschwenken und weiter von der Ortslage Ellen abzurücken bzw. die Gradiente im Bereich der Ortslage Ellen stärker abzusenken, würden zurückgewiesen. Die Trassenführung und die Gradientenhöhe seien in einem komplexen Planungsprozess unter Berücksichtigung von planerischen Randbedingungen und vorhandenen Zwangspunkten optimiert worden. Dabei seien die Flächeninanspruchnahme (u.a. durch weitestgehende Nutzung der vorhandenen Trasse) und weitere negative Umweltauswirkungen (u.a. durch die Planung aktiver Lärmschutzmaßnahmen) minimiert und gleichzeitig die gebotene Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch geeignete Radien, Sichtweiten sowie Quer- und Längsneigung gewährleistet worden. Ein frühzeitigeres Abrücken der Trasse würde zu einer höheren Flächeninanspruchnahme und einer stärkeren Neuversiegelung führen. Die Trasse würde näher an Arnoldsweiler und an Haus Rath heranrücken und diese stärker belasten, ohne dass die Ortslage Ellen hierdurch eine deutliche Entlastung erführe. Das Landschaftsschutzgebiet im Bereich der Ellebachniederung würde ebenfalls stärker angeschnitten und dadurch stärker beeinträchtigt. Für die Gradiente bilde u.a. der Ellebach einen Fixpunkt. Befürchtungen von Immissionsnachteilen aufgrund der gewählten Höhenlage und der Trassenführung seien unbegründet, da die aktiven Lärmschutzeinrichtungen entsprechend bemessen würden.
24 Angesichts dessen sei das Vorhaben mit den Belangen des Lärmschutzes vereinbar. Durch die um 150 m größere Entfernung der Ortslage Ellen zur Autobahn und die Verwendung eines lärmarmen Straßenbelags werde sich trotz der prognostizierten höheren Verkehrsbelastung die Lärmsituation Ellens gegenüber der heutigen Situation verbessern. Angesichts der Vielzahl der von Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte Betroffenen werde gleichwohl zur Minderung der Schallausbreitung von der A 4 zur Ortslage eine 4,5 m hohe Lärmschutzwand errichtet. Dadurch werde eine Pegelminderung von 3 bis 7 dB(A) erreicht, so dass alle Tagesgrenzwerte eingehalten und alle Außenwohnbereiche ausreichend geschützt würden. Überschreitungen der Nachtgrenzwerte um nicht mehr als 3 dB(A) seien nur noch für vereinzelte Gebäude am Südrand der Ortslage zu erwarten. Diese Grenzwertüberschreitungen an den der Autobahn zugewandten Seiten von 15 Gebäuden in der Burgstraße und der Bergstraße in unmittelbarer Autobahnnähe beträfen im Wesentlichen die Obergeschosse.
25 Selbst bei einer Erhöhung der Lärmschutzwand auf 6 m würden Grenzwertüberschreitungen an drei Gebäuden verbleiben. Die Aufwendungen hierfür betrügen ca. 350 000 €. Diesen Aufwendungen ständen Kosten für passiven Lärmschutz von ca. 20 000 € bei Verzicht auf die Erhöhung gegenüber. Dieser Kostenvergleich indiziere ein Missverhältnis. Größere Abschirmhöhen seien darüber hinaus nachteilig für das Landschaftsbild, da die Gesamthöhe von Autobahndamm und geplanter Lärmschutzwand bereits bis zu 12 m betrage.
26 Die von Einwendern aus Lärmschutzgründen geforderte Verlegung der L 264 hinter den Sportplatz bedürfte eines eigenständigen Genehmigungsverfahrens, um die dadurch erzeugten neuen Betroffenheiten hinreichend berücksichtigen zu können. Dass durch die neue Anschlussstelle Merzenich ein erheblicher Lärmzuwachs auf der L 264 entstehe, sei unwahrscheinlich. Jedenfalls fehle es an einem eindeutigen Ursachenzusammenhang zwischen dem Vorhaben und der prognostizierten Verkehrszunahme. Nach der vorliegenden Prognose werde sich die Belastung auf der L 264 von 6 254 Kfz/24 h im Jahre 2001 auf 10 157 Kfz/24 h im Jahre 2020 erhöhen. Diese Erhöhung sei nicht eindeutig und ausschließlich der neuen Anschlussstelle zuzuordnen. Vielmehr werde die zweifellos durch die Anschlussstelle entstehende Verkehrszunahme überlagert durch die allgemeine Verkehrszunahme von 17,5 % und Straßennetzänderungen wie den späteren Wegfall der L 257 nördlich der neuen Anschlussstelle und die Verlegung der B 56 (Ortsumgehung Düren). Eine etwaige Überschreitung der Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung wäre als Fall der Lärmsanierung im Rahmen von Lärmminderungsplänen von der Gemeinde und dem Straßenbaulastträger zu bewältigen.
27 Auch mit den Belangen der Luftreinhaltung sei das Vorhaben zu vereinbaren. Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe seien nach dem Ergebnis der Schadstoffabschätzung für den Menschen nicht zu erwarten. Bereits bei der Wohnbebauung in unmittelbarer Trassennähe überschreite die aus Vorbelastung und straßenverkehrsbedingter Zusatzbelastung ermittelte Schadstoffgesamtbelastung die bestehenden Grenz- bzw. Orientierungswerte nicht.
28 Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Sie wenden sich damit nicht gegen die Verlegung der Autobahn als solche, sondern gegen die nach ihrer Ansicht unzureichende Bewältigung ihrer Immissionsbelastung durch die planfestgestellte Ausführungsvariante.
29 Unter Bezugnahme auf von ihnen vorgelegte Gutachten der Firma RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR vom Januar 2008 zur Analyse und Bewertung der Verkehrsuntersuchung der IGEPA sowie zu den schalltechnischen und lufthygienischen Untersuchungen der Ingenieurbüros IBK und Lohmeyer behaupten die Kläger, die Auswirkungen der Planung auf ihre Interessen, vor verkehrsbedingten Lärm- und Feinstaubimmissionen geschützt zu werden, seien vom Beklagten fehlerhaft ermittelt worden. Die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung wäre durch die von ihnen geforderte Trassenverschiebung der A 4n im Raum Ellen nach Süden möglich. Dabei würde die Querung des Ellebachs auf eine etwa 200 m weiter südlich gelegene Stelle verlegt, wo nur geringfügig in den bachbegleitenden Baumbestand eingegriffen werden müsse. Das sich nach Süden anschließende kleine Wäldchen und der Altholzbestand an der L 264 würden knapp umfahren. Durch diese Linienverschiebung würde sich die Entfernung der Trasse zum südlichen Ortsrand von Ellen auf ca. 600 m erhöhen. Dies würde eine Minderung der Lärmbelastung um knapp 3 dB(A) bewirken. Zwar stiege dadurch die Belastung in Arnoldsweiler. Die einschlägigen Grenzwerte würden auch dort jedoch nicht überschritten. Im Hinblick auf Haus Rath sei der Entfernungsunterschied zwischen beiden Trassen nur geringfügig. Eine Überschreitung des im dortigen Außenbereich maßgeblichen Grenzwerts für Mischgebiete sei nicht zu erwarten. Jedenfalls könne deren Einhaltung durch Schallschutzmaßnahmen sichergestellt werden. Die Entlastung der wesentlich größeren Zahl von Betroffenen in Ellen lasse die Belastungen des Hauses Rath nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Bei der von den Klägern gewünschten Trassenvariante würde sich auch die aufwendige Dammlage der planfestgestellten Trasse erübrigen. Denn diese Variante ließe sich so durch die Landschaft führen, dass ein Anstieg der Trasse nicht erforderlich wäre. Zudem würde sich die Trassenlänge um ca. 150 m verkürzen, und das nur wegen der Dammlage erforderliche Regenrückhaltebecken Ellebach könnte entfallen. Außerdem wäre der Flächenverbrauch geringer, da der breite Dammfuß entfiele.
30 Die von den Klägern vorgeschlagene Variante dränge sich auch deshalb als eindeutig vorzugswürdig auf, weil die im Raum Ellen vorhandenen geologischen Störungen - insbesondere im Zusammenhang mit Geländeabsenkungen durch bergbauliche Sümpfungsmaßnahmen und durch Grundwasserentnahme zur Trinkwasserversorgung - Risiken mit sich brächten, für die ein Dammbauwerk besonders anfällig wäre. Deshalb seien infolge von Bergschäden häufige Sperrungen der Autobahn zu befürchten, durch die die Kläger umleitungsbedingtem Verkehrslärm ausgesetzt würden. Zwar würde die Ellebachniederung durch die von ihnen vorgeschlagene Variante etwas stärker beansprucht; der Großteil des Baumbestandes bliebe jedoch unangetastet. Dennoch entstehende Verluste würden zumindest teilweise dadurch ausgeglichen, dass der aus naturschutzfachlicher Sicht äußerst erhaltungswürdige Altholzbestand an der L 264 südlich der Abfalldeponie, der für die planfestgestellte Trasse gerodet werden müsste, umfahren werden könnte. Bezüglich der Verkehrssicherheit im Hinblick auf geeignete Radien, Sichtweiten sowie Quer- und Längsneigungen seien von der vorgeschlagenen Variante eher Vorteile zu erwarten.
31 Die durch Planung der neuen Anschlussstelle Merzenich geschaffene Problematik eines erhöhten Verkehrsaufkommens auf der L 264 entlang der Ortslage Ellen werde im Planfeststellungsbeschluss nicht bewältigt. Da zwischen dieser Anschlussstelle und der Ortslage keine anderweitige Abflussmöglichkeit für den Verkehr bestehe, werde dieser zwingend auch an den Wohnhäusern der Kläger zu 1 bis 4 vorbei geleitet. Infolge des Fehlens einer Modellprognose werde in der Planfeststellung die Belastung der L 264 erheblich unterschätzt. Der geplante Bau der Anschlussstelle Merzenich verursache eine wesentliche Änderung der L 264 im Bereich Ellen, die einen Anspruch der Kläger auf angemessene Bewältigung der hierdurch entstehenden Lärmbelastung auslöse. Deshalb hätte die in Betracht zu ziehende Verlegung der L 264 im Bereich Ellen nach Osten als Teil des Planfeststellungsbeschlusses behandelt werden müssen. Durch eine solche Verlegung würde auch dem Gebot des Schutzes der Kinder Rechnung getragen, die die östlich der L 264 gelegenen Sportplätze gegenwärtig nur durch Überqueren dieser Straße erreichen könnten.
32 Auch die Problematik der planungsbedingten Verschärfung der Feinstaubbelastung in Ellen, die vom Beklagten infolge seiner fehlerhaften Verkehrsprognose unterschätzt worden sei, könne durch die von den Klägern vorgeschlagene Optimierung der Autobahntrasse und die Verlegung der L 264 nach Osten gelöst werden. Der Kläger zu 8 sei insoweit besonders betroffen, da er an Sarkoidose leide und deshalb einem erhöhten Erkrankungsrisiko infolge von Feinstaub ausgesetzt sei. Im Übrigen führe allein schon die Überschreitung der Grenzwerte der 22. BImSchV zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Eine abweichende Rechtsauffassung bedürfte einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften. Mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung könne die durch den Planfeststellungsbeschluss verursachte Grenzwertüberschreitung jedenfalls nicht behoben werden.
33
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, soweit er die Trassenführung von Bau-km 32+350 bis Bau-km 38+000 betrifft,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Ergänzung dieses Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Kläger vor Immissionen sowie um die Festsetzung von Entschädigungsansprüchen der Kläger erneut zu entscheiden.
34
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
35 Den von den Klägern vorgetragenen Beanstandungen der Verkehrsuntersuchung sowie der schalltechnischen und lufthygienischen Untersuchungen tritt er unter Berufung auf gutachtliche Stellungnahmen der IGEPA sowie der Ingenieurbüros IBK und Lohmeyer in der Sache entgegen.
36 Mit der von den Klägern vorgeschlagenen Linienführung der A 4n im Raum Ellen würden die Verkehrssicherheit und die Sichtverhältnisse - insbesondere in den Kurven - gegenüber der planfestgestellten Lösung in mit den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Straßen nicht zu vereinbarender Weise verschlechtert. Weiterhin wäre mit der Überquerung des Dorfbachs eine zusätzliche Gewässerkreuzung mit einem Kreuzungsbauwerk von ca. 50 m Länge erforderlich. Außerdem müsste durch die schiefwinklige Überquerung des Ellebachs das hierfür erforderliche Bauwerk von bisher ca. 40 m auf ca. 80 m verlängert werden. Aufgrund der durch das Brückenbauwerk der K 2 und die einzuhaltenden Mindestradien einer sechsstreifigen Autobahn vorgegebenen Zwangspunkte der Planung ergäbe sich für die Alternativtrasse nur eine mögliche Einsparung von 100 m Länge, der erhebliche Mehrkosten für zusätzliche bzw. aufwendigere Brückenbauwerke gegenüberständen. Das am Ellebach vorgesehene Regenrückhaltebecken könne nicht entfallen, da es wegen des Sägezahnprofils der Fahrbahn in den Radien und des Mittelstreifenkanals auch bei der vorgeschlagenen Alternativtrasse erforderlich wäre. Diese nähme zudem empfindliche Waldflächen am Ellebach und den Freiraum des Tales in größerem Umfang in Anspruch. Eine Verringerung der Dammlage wäre nicht zu erwarten, da beide Trassen annähernd gleiche Höhenlinien schnitten. Nach der Richtlinie für naturnahe Unterhaltung und naturnahen Ausbau der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen seien im Bereich von Brücken lichte Mindesthöhen einzuhalten. Außerdem müssten die neben den Gewässern verlaufenden Fuß- und Radwege mit unterführt werden. Deshalb sei ein geländenaher Gradientenverlauf hier nicht möglich. Zudem sei die Dammlage hier günstig für die Abschirmwirkung der straßennahen Lärmschutzwand. Dass durch das weitere Abrücken der Trasse die Immissionen um knapp 3 dB(A) gemindert würden, werde bestritten. Die Befürchtung häufiger bergschadensbedingter Sperrungen der Autobahn habe angesichts des sechsstreifigen Ausbaus keine realistische Grundlage.
37
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
38 Sie schließt sich der Klageerwiderung des Beklagten an und vertieft dessen Auffassung, dass im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens kein Anspruch auf Schutz der Kläger gegen den von der L 264 ausgehenden Verkehrslärm bestehe.
II
39 1. Die Klage ist mit dem auf Feststellung der teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag zulässig, jedoch unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet, soweit er die Trassenführung von der westlichen Feststellungsgrenze bis Bau-km 38+000 östlich der vorgesehenen Neuanschlussstelle Merzenich betrifft, an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt. Da die Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses keine Rügen erheben, bedarf lediglich seine materielle Rechtmäßigkeit insoweit näherer Behandlung.
40 Aus dem Vortrag der Kläger und dem vom Gericht dazu ermittelten Sachverhalt folgt keine Verletzung des materiellen Rechts, die einen Anspruch der Kläger auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschusses, soweit er die Trassenführung von der westlichen Feststellungsgrenze bis Bau-km 38+000 betrifft, begründen könnte.
41 Die Planrechtfertigung des Vorhabens als solche wird von den Klägern nicht in Zweifel gezogen. Sie wenden sich mit dem Hauptantrag vielmehr lediglich gegen die vorgesehene Trassenführung im Raum südlich von Ellen. Bei deren Festlegung im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte jedoch die nicht präkludierten Belange der Kläger weder verkannt noch im Verhältnis zu ihnen entgegenstehenden anderen Belangen objektiv fehlgewichtet. Insbesondere hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass sich ohne einen diesbezüglichen Ermittlungs- oder Bewertungsmangel die von den Klägern bevorzugte Trassenverschiebung nach Süden eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Linienführung darstellen würde, so dass sich diese Lösung dem Beklagten hätte aufdrängen müssen und der Planfeststellungsbeschluss deshalb an einem beachtlichen Abwägungsfehler leidet (vgl. zu diesem Maßstab Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N.).
42 Die Planfeststellungsbehörde hat sich vor dem Hintergrund der von den Klägern bzw. ihrem Rechtsvorgänger erhobenen, die Beeinträchtigung ihrer Wohngrundstücke vor allem durch Verkehrslärm betreffenden Einwendungen mit der schon im Anhörungsverfahren vorgeschlagenen Trassenverschiebung im Raum Ellen nach Süden auseinandergesetzt. Sie hat insoweit in erster Linie darauf verwiesen, dass die vorgesehene Trassenführung unter Berücksichtigung der in diesem Raum vorhandenen Randbedingungen und Zwangspunkte aus einer Optimierung zwischen den widerstreitenden Umwelt- und Verkehrsbelangen hervorgegangen sei. Im Klageverfahren hat der Beklagte diese für die Trassenwahl maßgeblichen Erwägungen vertiefend erläutert.
43 Den Klägern ist es nicht gelungen, die Grundlagen der diesbezüglichen Abwägung des Beklagten zu erschüttern. Dies gilt insbesondere für die unter Berufung auf RegioConsult umfangreich geltend gemachten Bedenken der Kläger gegen die der Abwägung zugrunde liegende Verkehrsuntersuchung. Allerdings verstieße der Planfeststellungsbeschluss gegen den aus § 17 Satz 2 FStrG folgenden Anspruch der Kläger auf gerechte Abwägung ihrer rechtlich schutzwürdigen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen, wenn die Planfeststellungsbehörde infolge unrichtiger Grundannahmen oder methodischer Fehler bei der Verkehrsprognose die auf den Grundstücken der Kläger zu erwartenden Belastungen durch Lärm und Luftverunreinigungen zu ihrem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat. Zur Überzeugung des Senats lässt sich ein solcher Abwägungsmangel jedoch nicht feststellen.
44 Dass die der Abwägung zugrunde liegende Verkehrsprognose - was hier rechtlich allein zu beanstanden wäre - zu Lasten der Belange der Kläger nicht in einer der Materie angemessenen und methodisch fachgerechten Weise erarbeitet worden ist (vgl. Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <121>, vom 30. Mai 1984 - BVerwG 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <272> und vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286>), ist nicht schlüssig dargetan. Der Unterstellung der Kläger, der für die schalltechnische Untersuchung nach Tabelle 3 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 - RLS-90 maßgebliche Anteil von Lkw über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht sei „offenbar“ nicht erfasst worden, da nur der Lkw-Verkehr ab 3,5 t erhoben worden sei, ist der Beklagte unter Berufung auf eine gutachtliche Stellungnahme der für die Verkehrsuntersuchung verantwortlichen IGEPA substantiiert entgegengetreten. Er hat dargelegt, dass bei der der Prognose für die A 4 zugrunde liegenden Straßenverkehrszählung von 2000 nicht nur der Lkw-Verkehr ab 3,5 t, sondern auch der Lieferwagenverkehr erfasst worden sei und sich bei einem - von den Klägern selbst vorgeschlagenen - Ansatz jedes zweiten Lieferwagens als Lkw ein Lkw-Anteil am Gesamtverkehr zwischen Düren und Kerpen ergebe, der noch unter dem in der Verkehrsuntersuchung auf ca. 25 % geschätzten Anteil liege. Dem haben die Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt.
45 Unter diesen Umständen können auch die maßgeblich auf den angeblich fehlerhaften Ansatz des Lkw-Anteils gestützten Angriffe der Kläger auf die schalltechnische Untersuchung und die von ihr ermittelten Immissionspegel an den Wohnhäusern der Kläger zu 5 bis 8 nicht durchgreifen. Der Hinweis auf das Alter der „fortgeschriebenen“ Verkehrsuntersuchung von 1994, auf mögliche Probleme bei der Interpretation der Zählergebnisse vom September 2000 und auf Zweifel an der Repräsentativität der Verkehrsuntersuchung von 2005 ist zu unsubstantiiert, um die der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Verkehrsprognose zu erschüttern. Entsprechendes gilt für die Behauptung der Kläger, für die schalltechnische Untersuchung habe keine exakte Aufnahme der Örtlichkeiten mit den zu berechnenden Immissionsobjekten stattgefunden. Dass dabei bestimmte schalltechnisch relevante Besonderheiten ihrer Grundstücke unbeachtet geblieben seien, ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht.
46 Soweit die Kläger ihre Zweifel an der Aussagekraft der Verkehrsuntersuchung von 2005 hinsichtlich des Straßennetzes außerhalb der A 4 substantiieren, spielt dies für die an ihren Wohnhäusern ermittelten Immissionspegel für den von der A 4 ausgehenden Verkehrslärm keine Rolle.
47 Die Entscheidung, der Verkehrsprognose für die A 4 hinsichtlich des Personenverkehrs abweichend vom Bundesverkehrswegeplan hier das „Trendszenario“ zugrunde zu legen und es nur hinsichtlich des Güterverkehrs beim „Integrationsszenario“ zu belassen, hat der Beklagte fachlich nachvollziehbar damit begründet, dass bestimmte Voraussetzungen des „Integrationsszenarios“ beim Personenverkehr (z.B. Radwege, öffentlicher Personennahverkehr, Parkhäuser) im vorliegenden ländlich strukturierten Untersuchungsraum kaum Wirkung zeigen würden, aber auch für die von starkem Urlaubsverkehr geprägte A 4 als solche nicht zuträfen bzw. kaum Einfluss hätten. Demgegenüber sei das „Integrationsszenario“ für den Güterverkehr wegen der dafür eingeführten Mautgebühren sowie der deutlich verbesserten Auslastung durch Verringerung der Leerfahrten sachgerecht. Zudem ergeben sich aufgrund dieser Vorgehensweise höhere Verkehrsbelastungszahlen als bei alleiniger Benutzung des dem Bundesverkehrswegeplan von 2003 zugrunde liegenden „Integrationsszenarios“ für beide Verkehrsarten, so dass daraus jedenfalls keine Untergewichtung der Immissionsschutzbelange der Kläger folgt.
48 Entsprechendes gilt für die Anwendung des Verfahrens der „Trendprognose“ für die A 4 statt der von den Klägern für erforderlich gehaltenen „Modellprognose“. Nach der die fachwissenschaftlichen Maßstäbe wiedergebenden Ziffer 1.2.2.3 (Anhang) der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96 ist die Trendprognose anwendbar, wenn vorhandene Verkehrsanlagen betrachtet werden und wenn wesentliche Veränderungen weder hinsichtlich der Struktur des Straßennetzes noch im Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorherzusehen sind. Der Beklagte weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass der Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen auf eine etwa 2,5 km weiter südlich gelegene Trasse nicht der - eine Modellprognose erfordernden - Neuplanung einer Autobahn gleichzustellen ist, weil eine Verlagerung des Verkehrs auf die oder von der Autobahn mangels konkurrierender Verkehrswege nicht zu erwarten ist. Hinzu kommt, dass die A 4 westlich und östlich des hier streitigen Abschnitts bereits sechsstreifig ausgebaut ist. Durch eine gutachtliche Stellungnahme der für die Verkehrsuntersuchung verantwortlichen IGEPA und die dazu in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen des Gutachters Dipl.-Ing. G... hat der Beklagte ferner dem Gericht die Überzeugung vermittelt, dass die zu erwartenden Änderungen im nachgeordneten Netz ebenfalls keine Modellprognose erforderlich machten, da die wesentlichen Veränderungen und Ergänzungen der Siedlungsstruktur bereits bei der Ursprungsuntersuchung von 1994 bekannt waren und die dadurch zu erwartenden Zusatzverkehre damals als Prognose berücksichtigt, bei den Zählungen von 2001 überprüft und auf dieser Grundlage prognostisch bis 2020 fortgeschrieben wurden. Dem Hinweis der Kläger, in den Jahren von 2000 bis 2005 sei der Verkehr auf der A 4 zwischen Düren und Kerpen entgegen der Entwicklung der gesamten Jahresfahrleistung in Westdeutschland stark rückläufig gewesen, so dass hier kein Trend erkennbar sei, hat der Beklagte entgegengehalten, dass dieser Belastungsrückgang nicht auf Verkehrsverlagerungen ins nachgeordnete Netz, sondern auf vorübergehende Ursachen zurückzuführen sein müsse, weil er in den nur zwei Jahren bis 2007 wieder ausgeglichen worden sei. Auch dem haben die Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt. Im Übrigen würden bei einer hinter den Prognosen zurückbleibenden Verkehrsentwicklung auf der A 4 auch Immissionsbelastungen am Wohnort der Kläger nicht höher, sondern niedriger liegen als im Planfeststellungsbeschluss angenommen, so dass sich das in die Abwägung einzustellende Gewicht ihrer diesbezüglichen Belange nicht erhöhen, sondern vermindern würde.
49 Auch die Angriffe der Kläger gegen die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden lufthygienischen Untersuchungen rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägung die auf den Grundstücken der Kläger zu erwartenden Belastungen durch Luftverunreinigungen zu ihrem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat. Soweit die Kläger behaupten, dass bis in eine Entfernung von 200 m der Immissionsgrenzwert für Feinstaubpartikel unzulässig oft überschritten werde, ist dies für ihre mehr als 200 m von der Autobahntrasse entfernten Grundstücke ohne Aussagekraft. Abgesehen davon ist das von ihnen angewandte Berechnungsverfahren des Merkblatts über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung - MLuS 02 (Fassung 2005) für mehr als 200 m vom Fahrbahnrand entfernte Grundstücke nicht anwendbar. Zudem liegen den Berechnungen der Kläger gebietstypische Vorbelastungswerte für eine Kleinstadt „hoch“ nach der Tabelle A1 dieses Merkblatts zugrunde, die nach Ziffer 4.1 des Merkblatts nur dann als Anhaltswerte dienen können, wenn keine Daten verfügbar sind. Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine gutachtliche Stellungnahme des für die lufthygienischen Untersuchungen verantwortlichen Ingenieurbüros Lohmeyer ausgeführt, dass darin als Hintergrundbelastungen genaue Messdaten der Umgebung des Plangebiets verwendet worden seien, so dass die Voraussetzungen dafür, auf die gebietstypischen Vorbelastungswerte zurückzugreifen, nicht vorlägen. Auf der Grundlage von Emissionsdaten aus dem Autobahnverkehr, die noch über den von den Klägern verwendeten lägen, ergäben sich bei Gesamtbetrachtung aller wichtigen Emittenten im Jahr 2011, dem voraussichtlich frühesten Zeitpunkt der Fertigstellung des Vorhabens, in den Wohngebieten von Ellen außerhalb des Straßenraums keine Überschreitungen der gesetzlichen Grenzwerte. Dies hat der Gutachter Dr. L... in der mündlichen Verhandlung unter Erläuterung seiner Berechnungen und der darin enthaltenen Sicherheitsmargen überzeugend bestätigt.
50 Mit der Einwendung, die im Raum Ellen vorhandenen geologischen Störungen brächten Risiken mit sich, für die ein Dammbauwerk besonders anfällig wäre, sind die Kläger gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. bzw. § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.F. ausgeschlossen, da sie diesen Gesichtspunkt innerhalb der Einwendungsfrist nicht geltend gemacht haben. Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können sie zudem eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange - etwa der Bergschadenssicherheit - ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber nicht zum Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle machen (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 18). Abgesehen davon hat der Beklagte substantiiert darauf hingewiesen, dass eine Verringerung der Dammlage auch bei der von den Klägern vorgeschlagenen Alternativtrasse nicht zu erwarten wäre und ihre Befürchtung, durch häufige bergschadensbedingte Sperrungen der Autobahn dem Verkehrslärm von Umleitungen auf andere Straßen - etwa die L 264 - ausgesetzt zu sein, keine realistische Grundlage habe. Dem haben die Kläger nichts Erhebliches entgegengesetzt.
51 Die von den Klägern selbst geäußerten Hinweise darauf, dass bei Wahl der von ihnen vorgeschlagenen Alternativtrasse die Ellebachniederung stärker beansprucht und die Bewohner von Arnoldsweiler und Haus Rath einer höheren Lärmbelästigung ausgesetzt würden, machen im Gegenteil deutlich, dass keine Rede davon sein kann, dass sich diese Alternativtrasse unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Linienführung dem Beklagten hätte aufdrängen müssen.
52 2. Der Hilfsantrag der Kläger, das Gericht möge die Verpflichtung des Beklagten aussprechen, über eine Planergänzung um weitergehende Maßnahmen zu ihrem Schutz vor Immissionen sowie um die Festsetzung von Entschädigungsansprüchen der Kläger erneut zu entscheiden, ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Die Versagung derartiger weitergehender Schutzmaßnahmen oder Entschädigungsansprüche durch den Planfeststellungsbeschluss verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
53 Auf der nach obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognose des Beklagten überschreiten allerdings die für einen Anspruch der Kläger auf weitergehenden aktiven Schallschutz nach § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV maßgeblichen Beurteilungspegel an der Südostfassade des Hauses der Kläger zu 5 und 6 nachts den für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwert von 49 dB(A). Daher durfte der Beklagte von der Anordnung weitergehender, diese Überschreitung beseitigender aktiver Schallschutzmaßnahmen gemäß § 41 Abs. 2 BImSchG nur absehen, soweit die Kosten solcher Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck ständen. Gemessen daran ist die Versagung weitergehender Schutzmaßnahmen hier im Ergebnis nicht zu beanstanden.
54 Der Beklagte hat solchen weitergehenden Schallschutz als unverhältnismäßig im Sinne von § 41 Abs. 2 BImSchG angesehen, weil bei der jetzt gewählten Schallschutzkonzeption in Ellen nur noch an den der Autobahn zugewandten Seiten von 15 Gebäuden in unmittelbarer Autobahnnähe Überschreitungen der Nachtgrenzwerte um höchstens 3 dB(A) verblieben, selbst bei einer Erhöhung der Lärmschutzwand um 1,5 m auf 6 m die Grenzwerte an drei Gebäuden weiterhin überschritten würden, die hierfür entstehenden Aufwendungen von 350 000 € außer Verhältnis zu den Einsparungen von 20 000 € für passiven Schallschutz ständen und die Gesamthöhe von Autobahndamm und geplanter Lärmschutzwand schon jetzt 12 m betrage, so dass eine noch größere Abschirmhöhe nachteilig für das Landschaftsbild wäre.
55 Diese Begründung begegnet jedenfalls teilweise rechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht es nicht den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich billiger wären (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <390> und - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34 S. 85). Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, was für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen und zu bewerten.
56 Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 5 S. 2). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 - BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebietes, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 383).
57 Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Unverhältnismäßigkeit der Kosten zusätzlichen aktiven Lärmschutzes allerdings nicht allein aus dem Vergleich mit der Ersparnis an passivem Lärmschutz hergeleitet, sondern darüber hinaus auf die Nachteile einer über 12 m hinausgehenden Gesamthöhe von Damm und Lärmschutzwand für das Landschaftsbild der als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Ellebachniederung hingewiesen. Diesem nachvollziehbaren Hinweis, der die Entscheidung selbständig trägt, haben die Kläger auch nicht widersprochen, so dass eine weitere Aufklärung hierzu nicht geboten erscheint. Dass im Rahmen der durch § 41 Abs. 2 BImSchG gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch zu berücksichtigen ist, ob öffentliche Belange des Landschaftsschutzes der Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten aktiven Schallschutzes entgegenstehen, entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 <139>). Dass der Beklagte diesen gegen eine Erhöhung der Lärmschutzwand sprechenden öffentlichen Belangen hier höheres Gewicht als den dafür sprechenden privaten Belangen der noch von Überschreitungen der Nachtgrenzwerte betroffenen Besitzer von 15 Gebäuden in unmittelbarer Autobahnnähe beigemessen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumal das Gewicht dieser Belange durch die von der bisherigen Autobahntrasse ausgehenden Vorbelastungen erheblich gemindert ist.
58 Ein Anspruch der übrigen Kläger auf weitergehenden Schallschutz gegen den von der neuen Autobahntrasse zu erwartenden Verkehrslärm aus § 41 Abs. 1 oder § 42 Abs. 1 BImSchG scheidet schon deshalb aus, weil die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV für Wohngebiete festgelegten Immissionsgrenzwerte durch diesen Lärm auf ihren Grundstücken nicht überschritten werden.
59 Für einen Anspruch sämtlicher Kläger auf Schallschutz gegen den von der L 264 ausgehenden Verkehrslärm bieten die §§ 41, 42 BImSchG keine Grundlage, weil im Bereich der Ortslage Ellen kein baulicher Eingriff in diese Straße erfolgt und deshalb keine wesentliche Änderung im Sinne von § 41 Abs. 1 BImSchG vorliegt (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <338 f.> m.w.N.).
60 Ein Anspruch auf weitergehenden Schallschutz ergibt sich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für Gesundheit und Eigentum. Denn nach den von den Klägern nicht schlüssig in Zweifel gezogenen Berechnungen des Beklagten erreicht der Summenpegel von beiden in Betracht zu ziehenden Verkehrswegen an den Häusern der Kläger bei weitem nicht die dafür maßgeblichen Schwellenwerte von 70 dB(A) tags oder 60 dB(A) nachts.
61 Soweit die Kläger meinen, die als Folge der neuen Anschlussstelle Merzenich zu erwartende Verkehrszunahme auf der L 264 und der davon ausgehende Lärmzuwachs hätte im Rahmen der Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG mit der Folge berücksichtigt werden müssen, dass die L 264 im Bereich der Ortslage Ellen nach Osten verlegt oder ihnen zumindest Lärmschutz gegen diese Straße zugesprochen worden wäre, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts dann, wenn infolge eines Straßenbauvorhabens der Verkehr auf einer anderen, vorhandenen Straße zunimmt, der von ihr ausgehende Lärmzuwachs im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, wenn er mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem Straßenbauvorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf der anderen Straße besteht (Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157 f.>.). Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss einen solchen eindeutigen Ursachenzusammenhang verneint, weil die zweifellos durch die Anschlussstelle entstehende Verkehrszunahme durch die allgemeine Verkehrszunahme und die Folgen anderer Straßennetzänderungen „überlagert“ werde. Dies ist rechtlich nicht überzeugend. Denn die Überlagerung ändert nichts daran, dass von der „zweifellos“ durch die neue Anschlussstelle verursachten Verkehrszunahme auf der L 264 ein Lärmzuwachs ausgeht, der zunächst einmal ermittelt werden müsste, um seine Erheblichkeit beurteilen zu können.
62 Ein diesbezüglicher Abwägungsmangel kann jedoch dem Hilfsantrag der Kläger jedenfalls gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG nicht zum Erfolg verhelfen. Denn diese können - wie dargelegt - nur die gerichtliche Prüfung erreichen, ob die Planung im Hinblick auf die nachteilige Berührung ihrer eigenen Belange dem Abwägungsgebot entspricht. Jedoch besteht nicht die konkrete Möglichkeit, dass die Berücksichtigung des Belangs der Kläger, vor jenem eindeutig auf die neue Anschlussstelle zurückzuführenden Lärmzuwachs geschützt zu werden, den Beklagten veranlasst hätte, eine Verlegung der L 264 im Bereich der Ortslage Ellen in das Planfeststellungsverfahren einzubeziehen (vgl. § 78 VwVfG) oder den Klägern im Planfeststellungsbeschluss aktiven oder passiven Lärmschutz gegen diese Straße zuzusprechen. Nach der von den Klägern selbst vorgelegten, vom Beklagten als zu hoch bestrittenen Lärmberechnung für die auf den Grundstücken der Kläger zu 1 bis 4 vom Gesamtverkehr auf der L 264 im Jahre 2020 zu erwartenden Immissionspegel werden dort die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung jedenfalls eingehalten. Da dieser Berechnung eine Entfernung von nur 190 m zugrunde gelegt wurde, wäre bei den von der L 264 weiter entfernten Häusern der Kläger zu 5 bis 8 kein anderes Ergebnis zu erwarten. Dieser Befund hätte bei realistischer Betrachtungsweise auch dann keinen Handlungsbedarf des Beklagten zugunsten der Kläger ausgelöst, wenn dieser berücksichtigt hätte, dass ein Teil der Immissionspegel eindeutig auf die neue Anschlussstelle zurückzuführen wäre und auch benachbarte Anlieger in gleicher Weise betroffen wären (vgl. dazu Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 S. 6). Denn der Beklagte hat sogar für den Fall einer Überschreitung der Grenzwerte der - hier tatbestandlich nicht eingreifenden - Verkehrslärmschutzverordnung durch die prognostizierte Verkehrsbelastung auf der L 264 ein eigenes Tätigwerden im Rahmen der Planfeststellung abgelehnt und auf eine spätere Lärmsanierung im Rahmen von Lärmminderungsplänen verwiesen. Ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen der Lärmzuwachs, der von der durch ein Straßenbauvorhaben verursachten Verkehrszunahme auf einer anderen, vorhandenen Straße ausgeht, bei Einhaltung der genannten Grenzwerte überhaupt als erheblich angesehen werden kann und seine Vermeidung deshalb zu den abwägungserheblichen Belangen der davon Betroffenen gehört, kann unter diesen Umständen hier offen bleiben.
63 Auf der nach obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognose des Beklagten haben die Kläger auch keinen Anspruch auf im Zuge der Planfeststellung zu gewährenden Schutz vor Feinstaubimmissionen durch weitergehende Schutzvorkehrungen oder auf Entschädigung nach § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG. Wie schon zum Hauptantrag dargelegt, ist eine unzulässige Überschreitung der durch die 22. BImSchV in Übereinstimmung mit Gemeinschaftsrecht festgelegten Schadstoffgrenzwerte auf den Grundstücken der Kläger nicht zu erwarten. Die von den Klägern vorgelegte Berechnung der entlang der L 264 in Ellen zu erwartenden Schadstoffbelastung ist schon deshalb nicht schlüssig, weil - wie dargelegt - die Voraussetzungen für die Verwendung des gebietstypischen Vorbelastungswertes von 30 µg/m³ aus dem Merkblatt MLuS 02 (Fassung 2005) nicht vorlagen. Auch die besondere gesundheitliche Disposition des Klägers zu 8 kann in diesem Zusammenhang schon deshalb keine Rolle spielen, weil er sie der Planfeststellungsbehörde während des Verwaltungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht hat (§ 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. i.V.m. § 32 VwVfG NRW).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Dr. Storost Dr. Nolte Domgörgen