Verfahrensinformation
Der 3. Senat verhandelt in drei Revisionsverfahren über die elektrische (elektronische) Zigarette. Beim Gebrauch der E-Zigarette wird eine in einer Filterkartusche (oder einem Tank) befindliche Flüssigkeit - das sog. Liquid - elektrisch erhitzt. Der dabei entstehende Dampf wird inhaliert.
Die Klägerin in dem Verfahren BVerwG 3 C 25.13 eröffnete im Dezember 2011 ein Ladengeschäft für E-Zigaretten und Zubehör. Zum Sortiment gehörten aromatisierte Liquids mit und ohne Nikotin. Im Februar 2012 untersagte ihr die beklagte Stadt den Vertrieb nikotinhaltiger Liquids in den Stärken „hoch“ (15 mg) und „mittel“ (10 mg) mit der Begründung, es handele sich bei diesen Produkten um zulassungspflichtige Arzneimittel. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Rechtsauffassung der Stadt bestätigt und die Klage gegen die Untersagungsverfügung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen das Urteil geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Die beanstandeten Liquids seien keine Arzneimittel. Zwar sei Nikotin ein pharmakologisch wirksamer Stoff. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ähnele die E-Zigarette jedoch der Tabakzigarette. Eine therapeutische Eignung und Zweckbestimmung der Liquids seien nicht ersichtlich. Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Kläger in dem Verfahren BVerwG 3 C 26.13 sind eine in Belgien ansässige Firma, die E-Zigaretten und Filterkartuschen mit Liquids herstellt, sowie ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das diese Erzeugnisse europaweit einschließlich im Bundesgebiet vertreibt. Sie klagen gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Feststellung, dass ihre Produkte keine Arzneimittel oder Medizinprodukte seien. Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht haben den Klagen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die die Klagen für unzulässig und unbegründet hält.
In dem Verfahren BVerwG 3 C 27.13 wendet sich die Klägerin - eine Herstellerin von E-Zigaretten und Filterkartuschen mit Liquids - gegen eine Pressemitteilung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen aus Dezember 2011. Darin wurde u.a. vor dem Verkauf nikotinhaltiger Liquids gewarnt, weil es sich um Arzneimittel handele, deren Vertrieb ohne arzneimittelrechtliche Zulassung strafbar sei. Die Klage auf Unterlassung verschiedener Äußerungen aus der Pressemeldung ist vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Das Ministerium habe nicht von einer rechtssicheren Einstufung nikotinhaltiger Liquids als Arzneimittel und von E-Zigaretten als Medizinprodukte ausgehen dürfen, sondern hätte diese Rechtsauffassung als vorläufig oder mit Unsicherheiten behaftet bezeichnen müssen. Unabhängig davon hätten die Äußerungen verbotsähnliche Wirkung und seien geeignet gewesen, die Verkaufschancen und Geschäftsbeziehungen der Klägerin erheblich zu beeinträchtigen. Dieser Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin sei rechtswidrig, weil die verlautbarte Rechtsauffassung unzutreffend sei. Mit der Revision macht das beklagte Land geltend, dass die streitigen Presseäußerungen ein zulässiges staatliches Informationshandeln darstellten.
Pressemitteilung Nr. 68/2014 vom 20.11.2014
E-Zigarette ist kein Arzneimittel oder Medizinprodukt
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute in drei Revisionsverfahren entschieden, dass nikotinhaltige Flüssigkeiten (sog. Liquids), die mittels elektronischer Zigaretten (sog. E-Zigaretten) verdampft und inhaliert werden, keine Arzneimittel sind und dementsprechend die E-Zigarette selbst kein Medizinprodukt ist.
Die Klägerin im ersten Verfahren betrieb in Wuppertal seit Dezember 2011 ein Ladengeschäft für E-Zigaretten und Zubehör. Im Februar 2012 untersagte ihr die beklagte Stadt den Vertrieb nikotinhaltiger Liquids in verschiedenen Stärken mit der Begründung, es handele sich um Arzneimittel, die wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung nicht verkehrsfähig seien. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Untersagungsverfügung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, weil die beanstandeten Liquids keine Arzneimittel seien.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die nikotinhaltigen Liquids sind keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Sie erfüllen nicht Voraussetzungen eines (sog.) Präsentationsarzneimittels. Nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts werden die Liquids nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten vermarktet („präsentiert“); ebenso wenig lässt die Produktaufmachung beim Verbraucher den Eindruck eines Arzneimittels entstehen. Die Liquids sind auch keine (sog.) Funktionsarzneimittel. Zwar ist Nikotin ein Stoff, der die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung nennenswert beeinflusst. Jedoch ist die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, von Fall zu Fall zu treffen; dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen. Anhand dieser Gesamtbetrachtung ist das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler zu dem Schluss gelangt, dass den Liquids keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen fehlt den Liquids eine therapeutische Eignung, weil sich ein Nutzen der E-Zigarette als Hilfsmittel für eine dauerhafte Rauch- und Nikotinentwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Entsprechend messen die Verbraucher nikotinhaltigen Liquids überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel.
In einem zweiten Verfahren wandte sich eine Herstellerin von E-Zigaretten und liquidhaltigen Filterkartuschen gegen eine im Dezember 2011 veröffentlichte Pressemitteilung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums. Darin wurde vor dem Handel und Verkauf von E-Zigaretten und Liquids gewarnt und u. a. darauf hingewiesen, dass nikotinhaltige Liquids nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden dürften; E-Zigaretten dürften nur unter Einhaltung der Kennzeichnungspflichten nach dem Medizinproduktegesetz vertrieben werden. Die Klage auf Unterlassung dieser Äußerungen ist vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und dem beklagten Land die Äußerungen untersagt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin kann die Unterlassung der amtlichen Äußerungen beanspruchen, weil das staatliche Informationshandeln sie in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung verletzt hat. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beeinträchtigten die öffentlichen Äußerungen die Wettbewerbsposition der Klägerin am Markt faktisch ähnlich wie eine Verkaufsbeschränkung. Wegen dieser verbotsähnlichen Wirkung war das Informationshandeln ein funktionales Äquivalent zu einer klassischen Verwaltungsmaßnahme mittels hoheitlicher Regelung und unterlag deshalb den dafür geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen. Danach waren die Äußerungen des Ministeriums rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlte. Zwar erlauben die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes den Überwachungsbehörden erforderlichenfalls auch ein Handeln durch öffentliche Warnungen. Hier aber sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, weil die Liquids und E-Zigaretten nicht den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften unterfallen.
BVerwG 3 C 25.13 - Urteil vom 20. November 2014
Vorinstanzen:
OVG Münster, 13 A 2448/12 - Urteil vom 17. September 2013 -
VG Düsseldorf, 16 K 2585/12 - Urteil vom 10. Oktober 2012 -
BVerwG 3 C 26.13 - Urteil vom 20. November 2014
Vorinstanzen:
OVG Münster, 13 A 1100/12 - Urteil vom 17. September 2013 -
VG Köln, 7 K 3169/11 - Urteil vom 20. März 2012 -
BVerwG 3 C 27.13 - Urteil vom 20. November 2014
Vorinstanzen:
OVG Münster, 13 A 2541/12 - Urteil vom 17. September 2013 -
VG Düsseldorf, 16 K 3792/12 - Urteil vom 10. Oktober 2012 -
Urteil vom 20.11.2014 -
BVerwG 3 C 25.13ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C25.13.0
Leitsätze:
1. Nikotinhaltige Liquids, die zum Verdampfen in E-Zigaretten bestimmt sind und die nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder vermarktet werden, sind keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG (wie Urteile vom selben Tag in den Parallelverfahren BVerwG 3 C 26.13 und BVerwG 3 C 27.13 ).
2. Die Einstufung eines Erzeugnisses als Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG setzt voraus, dass es objektiv geeignet ist, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden.
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Rechtsquellen
AMG § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3a, § 69 Abs. 1 VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4 RL 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2 -
Instanzenzug
VG Düsseldorf - 10.10.2012 - AZ: VG 16 K 2585/12
OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 2448/12
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.11.2014 - 3 C 25.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C25.13.0]
Urteil
BVerwG 3 C 25.13
- VG Düsseldorf - 10.10.2012 - AZ: VG 16 K 2585/12
- OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 2448/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
für Recht erkannt:
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2012 rechtswidrig gewesen ist.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihr der Verkauf nikotinhaltiger Liquids untersagt worden war.
2 Bei den Liquids handelt es sich um Flüssigkeiten, die zum Befüllen von elektr(on)ischen Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) verwendet werden. Die Flüssigkeit wird mittels der E-Zigarette erhitzt. Über das Mundstück kann der dabei entstehende Dampf vom Konsumenten inhaliert werden.
3 Die Klägerin betrieb seit Dezember 2011 in Wuppertal ein Ladengeschäft für E-Zigaretten und Liquids der Marke Vinirette®. Die Flüssigkeiten enthielten laut Produktbeschreibung Propylenglycol, Glycerin und Ethanol sowie verschiedene Aromastoffe. Neben nikotinfreien Liquids bot die Klägerin Liquids mit Nikotin in unterschiedlicher Konzentration (zwischen 0,5 % und 2,5 %) an.
4 Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 10. Februar 2012 untersagte die beklagte Stadt der Klägerin, in ihrem Geschäft Vinirette-Liquids mit den Nikotinstärken „hoch“ (15 mg) und „mittel“ (10 mg) in den Verkehr zu bringen, und drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 € an. Zur Begründung führte sie aus, bei den betroffenen Produkten handele es sich um Arzneimittel, die ohne Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nicht verkehrsfähig seien. Beim Verdampfen der Liquids werde dem Körper eine pharmakologisch relevante Menge Nikotin zugeführt. Nikotin sei eine Substanz, die insbesondere auf das zentrale Nervensystem und das Herz-Kreislauf-System wirke. Sie steigere die psychomotorische Leistungsfähigkeit sowie die Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen, beschleunige den Herzschlag und bewirke über eine Verengung der Blutgefäße eine Erhöhung des Blutdrucks. Der Stoff könne süchtig machen.
5 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hob die Beklagte im April 2012 auf.
6 Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung der Ordnungsverfügung mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Beklagte habe die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft. Es handele sich um Mittel, die geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden. Sie könnten die Entzugssymptome einer Nikotinsucht lindern, also die physiologischen Körperfunktionen positiv beeinflussen. Die objektive Eignung zur therapeutischen Anwendung rechtfertige die Einordnung eines Erzeugnisses als Arzneimittel, unabhängig davon, ob es nach dem Willen des Herstellers oder Vertreibers dazu bestimmt sei. Im Übrigen sei nicht zweifelhaft, dass die vom Konsumenten als angenehm empfundenen pharmakologischen Wirkungen des nikotinhaltigen Dampfes beabsichtigt seien.
7 Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. September 2013 die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Beklagten nach § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG lägen nicht vor. Die nikotinhaltigen Liquids seien keine Präsentationsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Weder die Herstellerin noch die Klägerin würden die Liquids und die zugehörige E-Zigarette als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung der Nikotin- oder Tabaksucht vermarkten. Auch durch die Aufmachung der Liquids entstehe beim Verbraucher nicht der Eindruck, dass sie zu arzneilichen Zwecken bestimmt seien. Ebenso wenig erfüllten die Nikotinlösungen die Merkmale eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass sie bei bestimmungsgemäßer Anwendung angesichts ihres nicht unerheblichen Nikotingehalts den Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.
8 Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsgericht habe den Begriff des Präsentationsarzneimittels unzulässig verengt, weil es die Tatbestandsalternative der Linderung von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden nicht geprüft und die Online-Werbung des Herstellers der Liquids unzureichend aufgegriffen habe. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels verneint. Die vermeintliche Ähnlichkeit mit der Tabakzigarette bestehe nicht. Auf die Kriterien der Geschmacksvarianten, Aufmachung und fehlenden Dosierungsempfehlung könne es nicht entscheidungserheblich ankommen, da es ein Hersteller sonst in der Hand habe, sein Produkt trotz bestehender pharmakologischer Wirkung aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts herauszulösen. Der Aspekt der Verbrauchersicht sei ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig; denn das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels beurteile sich ausschließlich nach den objektiven Merkmalen des Erzeugnisses. Mit dem Kriterium einer auf die Nikotinentwöhnung bezogenen therapeutischen Eignung und Zweckbestimmung entferne sich das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der für die Abgrenzung von Arzneimitteln zu anderen Erzeugnissen wie Lebens- und Genussmitteln allein auf das Merkmal einer nennenswerten Beeinflussung der Körperfunktionen abstelle. Das Beispiel von Methadon und Diamorphin zeige, dass auch die Funktion der Substitution durch eine weniger schädliche Substanz die Arzneimitteleigenschaft begründen könne. Insbesondere der über eine Tabakzigarette deutlich hinausgehende Nikotingehalt und die erheblichen Gesundheitsrisiken sprächen für die Arzneimitteleigenschaft der Liquids.
9 Die Klägerin tritt dem entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil. Sie hat außerdem mitgeteilt, dass sie ihr Ladengeschäft mittlerweile nicht mehr betreibe und ihr bisheriges Anfechtungsbegehren auf den Antrag umgestellt, festzustellen, dass der Bescheid vom 10. Februar 2012 rechtswidrig gewesen ist. Das Feststellungsinteresse leitet sie aus einer beabsichtigten Schadensersatzklage gegen die Beklagte wegen Amtshaftung ab.
II
10 Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass die von der streitigen Untersagungsverfügung betroffenen Erzeugnisse keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Danach war der Bescheid rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG nicht vorgelegen haben.
11 1. Nachdem die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb aufgegeben und sich dadurch der Bescheid vom 10. Februar 2012 erledigt hatte, durfte sie ihr Klagebegehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umstellen. Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht der Antragsumstellung nicht entgegen. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) und deshalb auch in der Revisionsinstanz noch zulässig (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 10. April 1997 - 2 C 38.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 34 und vom 26. August 2010 - 3 C 35.09 - BVerwGE 137, 377 Rn. 24, jeweils m.w.N.).
12 Die Klägerin hat auch das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus der von ihr angestrebten Staatshaftungsklage, mit der sie gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch wegen Umsatzeinbußen geltend machen will, die sie im Zuge des angeordneten Verkaufsverbots erlitten habe. Der beabsichtigte Zivilprozess erscheint - auch in Ansehung der Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht - nicht offensichtlich aussichtslos (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 Rn. 17 m.w.N.). Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 39 Abs. 1 Buchst. b des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NW) ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach dieser Regelung sind Vermögensschäden (§ 40 Abs. 1 OBG NW) zu ersetzen, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1984 - VI ZR 18/83 - NJW 1986, 182; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 Rn. 18 ff.). Unschädlich ist, dass die Klägerin sich nicht ausdrücklich auf § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gestützt hat. Es reicht aus, dass sie den potentiell anspruchsbegründenden Sachverhalt dargelegt hat.
13 2. Grundlage der Untersagungsverfügung war § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung für das Arzneimittel nicht vorliegt. Die Voraussetzungen dieser Eingriffsnorm hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend verneint. Die von der Klägerin vertriebenen Liquids der Nikotinstärken „hoch“ (15 mg) und „mittel“ (10 mg) erfüllen weder die Merkmale eines sog. Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1; dazu unter a), noch handelt es sich bei ihnen um sog. Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG (dazu unter b).
14 a) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).
15 Danach sind die streitigen Produkte nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG anzusehen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die nikotinhaltigen Liquids nicht als Mittel präsentiert werden, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen sie in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen. Diese Tatsachenbewertung bindet das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat hiergegen keine durchgreifenden Revisionsgründe vorgebracht. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Würdigung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen und hat den Begriff des Präsentationsarzneimittels entgegen der Auffassung der Beklagten nicht unzulässig eingeschränkt. Die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind von ihr auch nicht erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden. Ihr Vorbringen erschöpft sich in der Kritik an der Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts, ohne dass sie, wie es § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt, einen Verfahrensmangel rügt und darlegt.
16 b) Die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels liegen ebenfalls nicht vor.
17 aa) Hierzu zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG (Buchst. b ist unstreitig nicht einschlägig) und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.
18 Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).
19 Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.
20 bb) Gemessen daran sind die streitigen Nikotin-Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen.
21 Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den von der Klägerin vertriebenen Erzeugnissen in einer Dosierung vorhanden war, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Merkmale der Produkte ist das Oberverwaltungsgericht aber zu dem Schluss gelangt, dass sie nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Gegen diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
22 Für die Genussmitteleigenschaft spricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den streitigen Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Einen solchen therapeutischen Nutzen weisen die von der Klägerin vertriebenen Liquids nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf. Es hat angenommen, dass sich die Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat die Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).
23 Danach kann die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründet werden, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden Gefahren für die Gesundheit noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG <ABl. Nr. L 127 S. 1>, die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist <Art. 29 Abs. 1>). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).
24 c) § 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).
25 d) Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).
26 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Urteil vom 20.11.2014 -
BVerwG 3 C 26.13ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C26.13.0
Leitsätze:
1. Besteht zwischen einem Hersteller von E-Zigaretten mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Streit über die rechtliche Einstufung der Produkte, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO vor.
2. Nikotinhaltige Liquids, die zum Verdampfen in E-Zigaretten bestimmt sind und nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder vermarktet werden, sind keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG (wie Urteile vom selben Tag in den Parallelverfahren BVerwG 3 C 25.13 und BVerwG 3 C 27.13 ).
3. E-Zigaretten sind keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (wie Urteil vom selben Tag in dem Parallelverfahren BVerwG 3 C 27.13 ).
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Rechtsquellen
AMG § 2 Abs. 1, § 21 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 MPG § 2 Abs. 3, § 13 Abs. 3 VwGO § 43 Abs. 1 AMGVwV § 11 -
Instanzenzug
VG Köln - 20.03.2012 - AZ: 7 K 3169/11
OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 1100/12
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.11.2014 - 3 C 26.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C26.13.0]
Urteil
BVerwG 3 C 26.13
- VG Köln - 20.03.2012 - AZ: 7 K 3169/11
- OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 1100/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2013 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. März 2012, soweit es den nicht in der Hauptsache für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits betrifft, werden teilweise geändert. Die Klage der Klägerin zu 1 wird abgewiesen.
- Im Übrigen wird die Revision der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird festzustellen, dass das Produkt SuperSmoker (elektronische Zigarette) kein Medizinprodukt ist. Die vom Verwaltungsgericht Köln getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Produkte SuperSmoker Filterkartusche NORMAL, SuperSmoker Filterkartusche LIGHT sowie SuperSmoker Filterkartusche MENTHOL bleiben aufrechterhalten.
- Die Klägerin zu 1 und die Beklagte tragen die Gerichtskosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die Klägerin zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst sowie die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2 sowie die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.
Gründe
I
1 Die Klägerin zu 2, deren Firmensitz in Belgien liegt, stellt unter dem Markennamen „SuperSmoker“ elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten enthalten Propylenglykol, Glycerin und Aromastoffe und werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin angeboten. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren. Die Klägerin zu 1 mit Firmensitz in Deutschland vertreibt die Produkte der Klägerin zu 2 europaweit einschließlich des Bundesgebiets.
2 Mit Schreiben vom 1. März 2010 teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) der Klägerin zu 2 auf ihre Anfrage vom Februar 2009 mit, dass die nikotinhaltige Variante ihrer E-Zigarette als ein zulassungspflichtiges Arzneimittel einzustufen sei. Das Verdampfungsgerät (Applikator) sei als Medizinprodukt anzusehen. Es handele sich hierbei um eine vorläufige und nicht rechtsverbindliche Einschätzung. Eine verbindliche Entscheidung ergehe erst im Rahmen eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens oder der Überwachungstätigkeit der Landesbehörden.
3 Unter dem 23. Dezember 2010 beantragte die Klägerin zu 2 beim BfArM unter Bezugnahme auf den bisherigen Schriftwechsel die Feststellung, dass die von ihr hergestellte E-Zigarette kein Arzneimittel sei. Der Antrag blieb auch nach mehrfacher Erinnerung unbeschieden.
4 Die Klägerin zu 1 erhielt von dem Regierungspräsidium Freiburg im Mai 2011 die Mitteilung, die von ihr vertriebene nikotinhaltige E-Zigarette „SuperSmoker“ dürfe nicht ohne Arzneimittelzulassung in den Verkehr gebracht werden. Stelle sie den Vertrieb nicht ein, müsse sie mit einer Untersagungsverfügung rechnen. Zur Begründung verwies das Regierungspräsidium auf einen bestandskräftigen Bescheid des BfArM vom Juli 2009, mit dem die E-Zigarette eines anderen Herstellers auf Anfrage einer für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörde als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft worden war. Vergleichbar äußerte sich die Regierung von Niederbayern mit Schreiben vom März und April 2011.
5 Mit ihren im Juni 2011 erhobenen Klagen haben die Klägerinnen die Feststellung begehrt, dass die E-Zigarette „SuperSmoker“ sowie die Filterkartuschen „NORMAL“, „MENTHOL“ (Nikotingehalt jeweils: 1,9 %) und „LIGHT“ (1,45 %) keine Arzneimittel oder Medizinprodukte seien. Sie haben geltend gemacht, die pharmakologische Wirkung ihrer Produkte sei deutlich geringer als bei herkömmlichen Tabakzigaretten, deren Nikotingehalt um ein Vielfaches höher liege. Die Erzeugnisse seien auch nicht zur Nikotinentwöhnung bestimmt, sondern würden ganz überwiegend als Genussmittel verwendet. Die Gebrauchsmodalitäten ähnelten dem Zigarettenrauchen. Die Gesundheitsrisiken seien erheblich geringer.
6 Die Beklagte hat die Klagen bereits für unzulässig gehalten, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 oder Abs. 4 AMG nicht vorlägen. Nach § 21 Abs. 3 AMG bedürfe es für das Tätigwerden des BfArM eines Antrags des pharmazeutischen Unternehmers auf Zulassung eines Arzneimittels. Gemäß § 21 Abs. 4 AMG entscheide das BfArM ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels. Unternehmern oder sonstigen Dritten stehe dieses Antragsrecht nicht zu. Im Übrigen liege die Zuständigkeit für die arzneimittelrechtliche Einstufung von Erzeugnissen bei den jeweiligen Überwachungsbehörden der Länder. Die Klagen hätten aber auch in der Sache keinen Erfolg. Nikotinhaltige Liquids könnten zur Behandlung von Nikotinsucht eingesetzt werden und seien daher als Funktionsarzneimittel einzustufen.
7 Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteil vom 20. März 2012 stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. September 2013 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es bestehe ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte vertrete gegenüber den Klägerinnen und den für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörden nachdrücklich die Auffassung, dass die streitigen Erzeugnisse den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften unterfielen. Das BfArM habe in zwei Fällen auf Antrag einer Landesbehörde entschieden, dass es sich bei nikotinhaltigen Liquids anderer Hersteller um Arzneimittel handele. Die Bundesregierung sei im Februar 2012 in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage davon ausgegangen, dass die Rechtsauffassung des BfArM auf nikotinhaltige E-Zigaretten sonstiger Hersteller übertragbar sei. Diese Äußerung wirke sich auf das Vollzugsverhalten der Überwachungsbehörden faktisch ähnlich aus wie ein die Arzneimitteleigenschaft feststellender Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG. Der Mitteilung des BfArM vom 1. März 2010 fehle nicht die Rechtsverbindlichkeit. Gemäß § 11 Satz 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes (AMGVwV) sei das BfArM für die Beantwortung der Anfrage zuständig gewesen. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich aus den gesetzlichen Beschränkungen für das Inverkehrbringen der Erzeugnisse, die eine Einstufung als Arzneimittel und Medizinprodukt zur Folge habe. Die Klägerinnen könnten ihr Begehren auch nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Ihnen sei weder ein Antrag auf arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 Abs. 3 AMG und im Falle eines ablehnenden Bescheids die Erhebung einer Verpflichtungsklage zuzumuten, noch das Abwarten einer Ordnungsverfügung und deren Anfechtung. Die Feststellungsklagen seien auch begründet. Die streitigen nikotinhaltigen Liquids seien keine Arzneimittel. Sie erfüllten nicht die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Weder die Liquids noch die E-Zigarette würden als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung der Nikotin- oder Tabaksucht vermarktet. Auch durch die Aufmachung der Produkte entstehe beim Verbraucher nicht der Eindruck, dass sie zu arzneilichen Zwecken bestimmt seien. Ebenso wenig handele es sich um Funktionsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass die Liquids bei bestimmungsgemäßer Anwendung angesichts ihres nicht unerheblichen Nikotingehalts den Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, für arzneiliche Zwecke eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall. Mangels Arzneimitteleigenschaft der Liquids sei die E-Zigarette kein Medizinprodukt im Sinne von § 2 Abs. 3, § 3 Nr. 1 bis 3 MPG.
8 Mit ihrer Revision vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Die Klagen seien unzulässig. Mit der Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses verletze das Berufungsurteil Art. 83 GG und § 21 Abs. 4 AMG. Außer nach § 21 Abs. 3 AMG sei das BfArM nur nach Maßgabe von § 21 Abs. 4 AMG zur Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft und Zulassungspflicht eines Produkts berufen. Ansonsten seien die Arzneimittelüberwachungsbehörden der Länder zuständig. § 11 AMGVwV richte sich an dieser Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern aus. Aus § 11 Satz 4 AMGVwV ergebe sich nichts Abweichendes. Im Unterschied zu § 13 Abs. 3 MPG sei die Antragsberechtigung eines Unternehmers im Fall von § 21 Abs. 4 AMG nicht bezweckt. Darüber hinaus fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen ihr, der Beklagten, und der Klägerin zu 1 auch deshalb, weil diese erstmals mit der Klageerhebung gegenüber dem BfArM in Erscheinung getreten sei. Zudem greife die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin zu 1 hätte vorrangig gegenüber dem Regierungspräsidium Freiburg die Feststellung begehren können, dass es sich bei den von ihr vertriebenen Produkten nicht um Arzneimittel oder Medizinprodukte handele. Zu der Klägerin zu 2 bestehe ebenfalls kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Nach dem Arzneimittelgesetz könne diese nicht die Feststellung beantragen, dass ein Produkt kein Arzneimittel sei. Eine Rechtsbeziehung entstehe erst mit der von einer Landesbehörde eingeholten Stellungnahme nach § 21 Abs. 4 AMG, die gegenüber dem betreffenden Unternehmer die Wirkungen eines Verwaltungsakts habe. Die Feststellungsklagen seien auch unbegründet. Die Liquids seien als Funktionsarzneimittel einzustufen. Sie seien objektiv geeignet, therapeutische Zwecke zu erfüllen. Das Berufungsgericht habe das vorgelegte Erkenntnismaterial fehlinterpretiert und sei bei der Subsumtion zu falschen Schlussfolgerungen gelangt. E-Zigaretten könnten das Rauchverlangen und die mit einem sinkenden Nikotinspiegel verbundenen Entzugssymptome lindern und die Rauchentwöhnung gleichermaßen fördern wie die zur Nikotinersatztherapie zugelassenen Arzneimittel. Die von dem Berufungsgericht angestellte Gesamtbetrachtung überzeuge nicht. Die E-Zigarette ähnele nicht Tabakzigaretten, sondern sei vielmehr mit den Nikotinersatzpräparaten, insbesondere dem Nicorette® Inhaler, vergleichbar. Die erheblichen Gesundheitsrisiken, die mit der Aufnahme von Nikotin verbunden seien, sprächen ebenfalls für die Einstufung als Arzneimittel. Zudem beschränke das angegriffene Urteil den Begriff des Funktionsarzneimittels zu Unrecht auf Stoffe oder Erzeugnisse, die eine therapeutische Zweckbestimmung aufwiesen. Ausreichend sei, wenn der Anwendungsnutzen wie hier in einer nervenberuhigenden, gehirnanregenden Wirkung oder in der Linderung von Entzugssymptomen liege. Das Berufungsgericht hätte zumindest die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG anwenden müssen. Die Medizinprodukteeigenschaft der E-Zigarette ergebe sich aus § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG.
9 Die Klägerinnen verteidigen das angegriffene Urteil.
II
10 Die Revision der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es die zugunsten der Klägerin zu 1 ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt hat. Die Feststellungsklage der Klägerin zu 1 ist unzulässig (1.). Die Urteile der Vorinstanzen waren daher insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin zu 2 einen Anspruch auf die begehrten Feststellungen hat (2.).
11 1. Das Feststellungsbegehren der Klägerin zu 1 ist unzulässig, weil zwischen ihr und der Beklagten kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO besteht.
12 Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer (natürlicher oder juristischer) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 17 und Beschluss vom 26. Juli 2007 - 6 B 25.07 - Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 3, jeweils m.w.N.). Rechtliche Beziehungen eines Beteiligten zu einem anderen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, Urteile vom 13. Januar 1969 - 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 S. 1 und vom 30. November 2011 - 6 C 20.10 - BVerwGE 141, 223 Rn. 12 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den Feststellungsantrag der Klägerin zu 1 nicht vor. Zwar lassen sich die Bedenken an der Antragsformulierung, die auf das Nichtbestehen der Arzneimittel- und Medizinprodukteeigenschaft und damit auf nicht feststellungsfähige Tatbestandsmerkmale abhebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 und Beschluss vom 26. Juli 2007 - 6 B 25.07 - Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 4), ausräumen. Das Antragsbegehren zielt sinngemäß auf die Klärung der Frage, ob die von der Klägerin zu 1 vertriebenen Filterkartuschen und E-Zigaretten der Zulassungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014, BGBl. I S. 261) und der Kennzeichnungspflicht nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146; zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2014, BGBl. I S. 1133) unterliegen. So verstanden richtet sich das Begehren auf die Feststellung des Nichtbestehens der sich aus bestimmten Normen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AMG, §§ 6 ff. MPG) ergebenden Pflichten. Im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten fehlt es aber an einem konkreten, durch diese Normen gekennzeichneten Sachverhalt.
13 a) Die Klägerin zu 1 hat im Vorfeld der Klageerhebung keine Anfragen oder Anträge an die Beklagte gerichtet. Die Anfrage vom Februar 2009 und die Antwort des BfArM vom 1. März 2010 betrafen allein die Klägerin zu 2. Dasselbe gilt für den Antrag an das BfArM vom 23. Dezember 2010, festzustellen, dass es sich bei der E-Zigarette „SuperSmoker“ um kein Arzneimittel handele. Auch die weiteren Schreiben vom 15. Februar, 29. März und 12. April 2011, mit denen die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen an die noch ausstehende Antragsbescheidung erinnert hatten, bezogen sich nur auf Klägerin zu 2.
14 Die Klägerin zu 1 hat erstmals mit Erhebung der Klage ein Begehren gegenüber der Beklagten und dem BfArM geltend gemacht. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist damit nicht begründet worden. Das Prozessverhältnis selbst ist kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Abzustellen ist vielmehr auf den zugrunde liegenden Streitgegenstand. Aber auch durch das Vorbringen im gerichtlichen Verfahren haben sich zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten keine rechtlichen Beziehungen konkretisiert, die ihrem Feststellungsbegehren entsprechen. Die Beklagte hat stets in Abrede gestellt, dass das BfArM gegenüber der Klägerin zu 1 für eine inhaltliche Äußerung über die Arzneimitteleigenschaft und Zulassungspflicht der E-Zigarette „SuperSmoker“ zuständig sei, und auf die Kompetenz der Arzneimittelüberwachungsbehörden der Länder verwiesen. Die dadurch aufgeworfene Frage nach der sachlichen Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des BfArM ist der mit der Klage verfolgten Klärung der Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht der streitigen Produkte vorgelagert und begründet ein selbstständiges Rechtsverhältnis.
15 b) Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ergibt sich auch nicht aufgrund von § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AMG. Die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG begründet ein Rechtsverhältnis zwischen dem BfArM als der für die Zulassungserteilung zuständigen Behörde (vgl. § 77 Abs. 1 AMG) und demjenigen, dessen Produkt der Zulassung bedarf. Das ist nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG in der Regel der pharmazeutische Unternehmer. Nach § 4 Abs. 18 Satz 2 und § 9 Abs. 1 Satz 1 AMG ist als pharmazeutischer Unternehmer derjenige anzusehen, der das Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt. Weder ist die Klägerin zu 1 gegenüber dem BfArM als Unternehmerin aufgetreten, die die streitigen Produkte unter ihrem Namen in Verkehr bringt und danach als potentielle Antragstellerin nach § 21 Abs. 3 AMG in Betracht kommen kann, noch will sie das BfArM als solche behandeln. Soweit das Schreiben des BfArM vom 1. März 2010 auf eine pharmazeutische Unternehmerschaft abhebt, betrifft das allein die Klägerin zu 2.
16 c) Auch aus den medizinprodukterechtlichen Vorschriften ergeben sich keine verdichteten rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und dem BfArM. Nach § 13 Abs. 3 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 MPG entscheidet das BfArM auf Antrag einer zuständigen Behörde oder des Herstellers über die Klassifizierung einzelner Medizinprodukte oder über die Abgrenzung von Medizinprodukten zu anderen Produkten. Hersteller im Sinne des Medizinproduktegesetzes ist die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinproduktes im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist (§ 3 Nr. 15 und § 5 MPG). Inverkehrbringen ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Medizinprodukten an andere (§ 3 Nr. 11 Satz 1 MPG), und erstmaliges Inverkehrbringen meint die erste Abgabe von neuen oder als neu aufbereiteten Medizinprodukten an andere im Europäischen Wirtschaftsraum (§ 3 Nr. 11 Satz 2 MPG). Danach steht der Klägerin zu 2 als Herstellerin der streitigen E-Zigarette das Antragsrecht nach § 13 Abs. 3 MPG zu. Dass die Klägerin zu 1 ebenfalls als Herstellerin im Sinne des Medizinproduktegesetzes anzusehen wäre, ist nicht erkennbar. Sie hat bei dem BfArM auch keinen Antrag nach § 13 Abs. 3 MPG gestellt oder sich einer Antragsbefugnis berühmt.
17 d) Ebenso wenig wird ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dadurch begründet, dass das BfArM mit Bescheiden vom 22. Juli 2009 und 29. Februar 2012 vergleichbare Produkte anderer Hersteller als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft hat. Nichts anderes gilt für die Äußerungen der Bundesregierung zur Arzneimitteleigenschaft von E-Zigaretten in ihrer Stellungnahme auf eine parlamentarische Anfrage vom 29. Februar 2012 (vgl. BT-Drs. 17/8772 S. 2). Diese Umstände mögen die Klägerin zu 1 zwar besorgen lassen, dass sie mit einem ordnungsbehördlichen Einschreiten der zuständigen Landesbehörde nach § 69 Abs. 1 AMG rechnen muss, falls sie die streitigen Produkte weiterhin in den Verkehr bringt. Sie rechtfertigen aber nicht die Annahme eines Rechtsverhältnisses zu der Beklagten. Zeichnet sich - wie hier durch die Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 10. Mai 2011 - ein behördliches Tätigwerden ab, bestehen die rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und der betreffenden Ordnungsbehörde. Daraus mag sich von Fall zu Fall die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Arzneimittelüberwachungsbehörde ergeben (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1985 - 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 ff. sowie - 3 C 28.84 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 85 S. 24 f. und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18), nicht jedoch gegen die Beklagte und das BfArM, die an jenem Rechtsverhältnis nicht beteiligt wären. Aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union folgt nichts Gegenteiliges; denn gegen konkret drohende ordnungsrechtliche Maßnahmen kann die Klägerin zu 1 ihre Rechte hinreichend und zumutbar mit einer Klage unmittelbar gegen die zuständige Landesbehörde bzw. deren Rechtsträger verfolgen.
18 e) Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage streitet entgegen dem Oberverwaltungsgericht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum wettbewerbswidrigen Verhalten desjenigen, der ein zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel im Vertrauen auf die (vermeintliche) Richtigkeit der ihm von einer Landesbehörde erteilten günstigen Auskunft in den Verkehr bringt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 2. Oktober 2002 - I ZR 177/00 - NVwZ 2003, 503 <504> und vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08 - GesR 2011, 62 Rn. 19, 21). Aus den Entscheidungen lässt sich wegen ihrer anders gelagerten tatsächlichen Umstände und Rechtsgrundlagen für die Frage des Bestehens eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nichts ableiten. Bei den wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten stand anders als hier eine die Verkehrsfähigkeit bejahende Auskunft einer Überwachungsbehörde in Rede. Im Lichte dessen ist auch die auf § 3, § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bezogene Annahme des Bundesgerichtshofs einzuordnen, allein das BfArM sei für Entscheidungen und Auskünfte über die Zulassungspflicht von Arzneimitteln zuständig (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08 - GesR 2011, 62 Rn. 19). Die Bewertung verwaltungsrechtlicher Beziehungen, die sich aufgrund arzneimittel- und medizinprodukterechtlicher Vorschriften ergeben, wird davon nicht berührt.
19 2. Die Klage der Klägerin zu 2 hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend als zulässig (a) und begründet (b) angesehen.
20 a) aa) Soweit der Antrag der Klägerin zu 2 darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die von ihr hergestellten nikotinhaltigen Filterkartuschen nicht den Vorschriften des Arzneimittelrechts unterliegen, kann sie ihr Begehren mit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO verfolgen. Das erforderliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis ergibt sich aus dem Streit mit der Beklagten über die Arzneimitteleigenschaft der Nikotin-Liquids. Das BfArM hat mit Schreiben vom 1. März 2010 gegenüber der Klägerin zu 2 die Auffassung vertreten, dass sie diese Erzeugnisse nicht ohne Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz in den Verkehr bringen darf, und dabei zur Frage der Arzneimittel- und Medizinprodukteeigenschaft der Liquids und der E-Zigarette ausführlich Stellung genommen. Seine Zuständigkeit zur Abgabe der Stellungnahme hat das BfArM aus § 11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes (AMGVwV) vom 29. März 2006 (BAnz. Nr. 63 S. 2287) entnommen. Nach § 11 Satz 1 AMGVwV sind Anfragen zur Zulassungspflicht eines Arzneimittels von der zuständigen Behörde des Landes zu beantworten, in dem der pharmazeutische Unternehmer seinen Sitz hat oder begründen will. Hat der pharmazeutische Unternehmer wie im Fall der Klägerin zu 2 seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, ist das BfArM für die Beantwortung der Anfrage zuständig (§ 11 Satz 4 AMGVwV).
21 Des Weiteren hat die Klägerin zu 2 mit ihrem Schreiben vom 23. Dezember 2010 sinngemäß (auch) eine Entscheidung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG beantragt. Das Antragsschreiben knüpft an die vorausgegangene Mitteilung des BfArM vom 1. März 2010 an, die sich auch zu der Frage der Einstufung der E-Zigarette als Medizinprodukt verhält. Die Klägerin zu 2 hat vollumfänglich Bezug genommen auf den bisherigen Schriftwechsel mit dem BfArM und ihn zum Gegenstand des Antrags gemacht. Wörtlich heißt es: „Käme es entsprechend dieser Auskunft zu einem feststellenden Verwaltungsakt, wäre dies ... keinesfalls eine rechtlich und sachlich gebotene Entscheidung“. Danach ist ihr Begehren dahin auszulegen, dass sie durch das BfArM auch klargestellt wissen möchte, dass die von ihr hergestellte E-Zigarette nicht als Medizinprodukt einzustufen sei. § 13 Abs. 3 MPG räumt ihr eine solche Antragsbefugnis ein. Die Vorschrift ist mit Wirkung vom 21. März 2010 dahingehend ergänzt worden, dass neben den zuständigen Landesbehörden auch der Hersteller eine Entscheidung über die Medizinprodukteeigenschaft seines Erzeugnisses beanspruchen kann (Art. 1 Nr. 10 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2326; BT-Drs. 16/12258 S. 28). Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG gilt das Medizinproduktegesetz auch für Produkte, die dazu bestimmt sind, Arzneimittel zu verabreichen. § 2 Abs. 3 Satz 2 MPG regelt die Anwendung des Gesetzes auf Erzeugnisse, bei denen Medizinprodukt und Arzneimittel ein einheitliches, miteinander verbundenes Produkt bilden. Demgemäß erstreckt sich die Prüfung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG auch auf die Abgrenzung zwischen Medizinprodukt und Arzneimittel (vgl. BT-Drs. 16/12258 S. 28) sowie darauf, ob das fragliche Produkt dazu dient, ein Arzneimittel zu verabreichen. Das bringt es mit sich, dass das BfArM bei seiner Entscheidung gegebenenfalls auch darauf eingehen muss, ob die verabreichten Stoffe Arzneimittel sind. So verhält es sich hier. Die Einstufung der E-Zigarette als Medizinprodukt setzt nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG voraus, dass es sich bei den nikotinhaltigen Liquids um Arzneimittel handelt.
22 Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob nach § 21 Abs. 4 AMG eine Entscheidung des BfArM über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nur auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde herbeigeführt werden kann oder die Vorschrift dahin auszulegen ist, dass entsprechend § 13 Abs. 3 MPG auch ein Produkthersteller das BfArM in Zweifelsfällen um eine Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen der Zulassungspflicht ersuchen kann. Der Wortlaut und die Gesetzesmaterialien weisen auf eine abschließende Regelung hin (vgl. BT-Drs. 13/11020 S. 25; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 21 AMG Rn. 75). Andererseits hat der Gesetzgeber im Interesse der Rechtsklarheit und der Schaffung einer einheitlichen Rechtspraxis bei der Abgrenzung von Medizinprodukten zu Arzneimitteln und anderen Produkten das Bedürfnis gesehen, dem Hersteller eine Antragsbefugnis einzuräumen. Das kann dafür sprechen, dass ein Antragsrecht des Unternehmers durch § 21 Abs. 4 AMG nicht generell ausgeschlossen werden soll. Das lässt sich zumindest für Fälle erwägen, in denen wie hier die Zuständigkeit des BfArM für eine inhaltliche Befassung wegen § 11 Satz 4 AMGVwV ohnehin gegeben ist. Kompetenzrechtliche Bedenken lassen sich insoweit nicht ausmachen, weil die Befugnis des BfArM zu einer verbindlichen Stellungnahme durch die Regelung in § 11 Satz 4 AMGVwV vorgezeichnet scheint. Unabhängig davon kommt in Betracht, dass sich aus der Kompetenz des BfArM, über einen Zulassungsantrag nach § 21 Abs. 3 AMG zu befinden, auch die Zuständigkeit für einen Antrag auf negative Feststellung der Arzneimitteleigenschaft und Feststellung des Nichtbestehens der Zulassungspflicht ableiten ließe; denn im Zulassungsverfahren ist stets zu prüfen, ob das beantragte Mittel die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG). Diese Fragen bedürfen indes keiner abschließenden Klärung. § 21 Abs. 4 AMG steht der Statthaftigkeit der Feststellungsklage der Klägerin zu 2 auch dann nicht entgegen, wenn dadurch das Antragsrecht eines Unternehmers gegenüber dem BfArM ausgeschlossen wäre. Die sich aus § 13 Abs. 3 MPG und § 11 Satz 4 AMGVwV ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 2 und der Beklagten sind hinreichend verdichtet, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen.
23 Die Zulässigkeit der Feststellungsklage begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Wegen der mit einer Arzneimitteleigenschaft verbundenen gesetzlichen Beschränkungen für die Verkehrsfähigkeit der nikotinhaltigen Filterkartuschen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 AMG, § 96 Nr. 5 AMG) hat die Klägerin zu 2 ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage könnte sie ihre Rechte nicht gleichermaßen effektiv verfolgen (§ 43 Abs. 2 VwGO). Insbesondere ist ihr nicht zuzumuten, die streitige Rechtsfrage im Zuge eines Zulassungsantrags nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG klären zu lassen.
24 bb) Hinsichtlich der weiter begehrten Feststellung, dass es sich bei der E-Zigarette „SuperSmoker“ nicht um ein Medizinprodukt handelt, ist der Klageantrag in ein Verpflichtungsbegehren umzudeuten (§ 88 VwGO). Nach § 13 Abs. 3 MPG „entscheidet“ das BfArM über die Einstufung eines Erzeugnisses als Medizinprodukt, das heißt, es hat einen feststellenden Bescheid (§ 35 Satz 1 VwVfG) zu erlassen. Statthafte Klageart ist daher die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht der Umdeutung nicht entgegen. Eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO liegt nicht vor, da der Klagegrund im Wesentlichen unverändert ist. Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage ist auch sonst nicht zweifelhaft. Den von der Klägerin zu 2 mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 gestellten Antrag nach § 13 Abs. 3 MPG hat das BfArM nicht beschieden, so dass die Klage insoweit als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig ist.
25 b) Die Klage ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass es sich bei den streitigen Liquids nicht um Arzneimittel handelt (aa) und die E-Zigarette kein Medizinprodukt ist (bb).
26 aa) Die nikotinhaltigen Liquids erfüllen weder die Merkmale eines sog. Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. L 299 S. 1), noch handelt es sich bei ihnen um sog. Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG.
27 (1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).
28 Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die Liquids und die E-Zigarette nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.
29 (2) Die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels liegen ebenfalls nicht vor. Hierzu zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).
30 Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>.; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.
31 Gemessen daran sind die in Rede stehenden Nikotin-Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den Liquids der Klägerin zu 2 in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Gegen diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
32 Für die Genussmitteleigenschaft spricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Einen solchen therapeutischen Nutzen weisen die streitigen Liquids nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf. Es hat angenommen, dass sich die Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Die von dem Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat die Beklagte nicht erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen; sie sind daher der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Das Vorbringen der Beklagten erschöpft sich in der Kritik an der berufungsgerichtlichen Würdigung, ohne dass sie, wie es § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt, einen Verfahrensmangel rügt und darlegt.
33 Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG <ABl. L 127 S. 1>, die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist <Art. 29 Abs. 1>). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).
34 (3) § 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).
35 (4) Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).
36 bb) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.
37 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
Urteil vom 20.11.2014 -
BVerwG 3 C 27.13ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C27.13.0
Leitsätze:
1. Die öffentliche Warnung eines Gesundheitsministeriums vor dem Handel und Verkauf von E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids unter Hinweis darauf, die Produkte unterfielen den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften, greift wegen ihrer verbotsähnlichen Wirkung in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Produkthersteller ein und bedarf daher gemäß Art. 12 Abs. 1 GG einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
2. Die Aufgabe der Staatsleitung und die aus ihr abgeleitete Befugnis zu staatlichem Informationshandeln genügen in diesem Fall nicht als Ermächtigung.
3. Nikotinhaltige Liquids, die zum Verdampfen in E-Zigaretten bestimmt sind und die nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder vermarktet werden, sind keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG (wie Urteile vom selben Tag in den Parallelverfahren BVerwG 3 C 25.13 und BVerwG 3 C 26.13 ).
4. E-Zigaretten sind keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (wie Urteil vom selben Tag in dem Parallelverfahren BVerwG 3 C 26.13 ).
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Rechtsquellen
GG Art. 12 Abs. 1 AMG § 2 Abs. 1 MPG § 2 Abs. 3 -
Instanzenzug
VG Düsseldorf - 10.10.2012 - AZ: VG 16 K 3792/12
OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 2541/12
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 20.11.2014 - 3 C 27.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C27.13.0]
Urteil
BVerwG 3 C 27.13
- VG Düsseldorf - 10.10.2012 - AZ: VG 16 K 3792/12
- OVG Münster - 17.09.2013 - AZ: OVG 13 A 2541/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
für Recht erkannt:
- Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2013 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin stellt elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten bestehen aus Propylenglykol, Glycerin, künstlichen Lebensmittelaromen und Wasser. Wie zahlreiche andere Hersteller bietet die Klägerin die Liquids in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin an. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren.
2
Am 16. Dezember 2011 veröffentlichte das für Gesundheit zuständige Ministerium des Beklagten eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Ministerin Steffens warnt vor Verkauf von illegalen E-Zigaretten: Geschäftsgründungen sind riskant - Gesundheitsschäden zu befürchten“. In der Mitteilung hieß es:
„Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat heute ... vor dem Verkauf von elektronischen Zigaretten, die im Handel als E-Zigaretten angeboten werden, gewarnt. ‚Der Handel und der Verkauf von E-Zigaretten sowie von liquidhaltigen Kartuschen, Kapseln oder Patronen für E-Zigaretten sind, sofern die arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, gesetzlich verboten. Insbesondere nikotinhaltige Liquids dürfen nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Bei nikotinfreien Liquids ist im Einzelfall anhand der Inhaltsstoffe zu prüfen, ob sie den arzneimittelrechtlichen Vorschriften unterliegen. Wer gegen die genannten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, setzt sich der Gefahr strafrechtlicher Ahndung aus. Eine Information über diese geltende Rechtslage habe ich heute an die Bezirksregierungen und die Kreise sowie kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht‘, erläuterte die Ministerin. ... ‚Angesichts der vielen Fragezeichen und der rechtlichen Situation kann ich allen Menschen nur abraten, ihre wirtschaftliche Existenz darauf zu gründen. Viel Zeit und Geld könnten fehlinvestiert werden‘, sagte die Ministerin“.
3 In einem an die Bezirksregierungen, Kreise und kreisfreien Städte gerichteten Erlass vom selben Tag wies das Ministerium auf seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids hin. Nikotin sei eine pharmakologisch wirksame Substanz. Nikotinhaltige Liquids unterfielen daher als Funktionsarzneimittel den arzneimittelrechtlichen Regelungen. Die E-Zigarette (Applikator) unterliege den Kennzeichnungsvorschriften des Medizinproduktegesetzes. Der Erlass wurde nachrichtlich an die Landesapothekerkammern übersandt.
4 Nachdem dem Beklagten mit Beschluss vom 23. April 2012 (OVG Münster - 13 B 127/12 - NVwZ 2012, 767) untersagt worden war, die Verlautbarungen über die rechtliche Einordnung der E-Zigarette und der Liquids zu wiederholen, hat die Klägerin im Mai 2012 Klage auf Unterlassung der Äußerungen erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Inhalt der Pressemitteilung und des Erlasses sei unrichtig. Nikotinhaltige E-Zigaretten seien keine Arzneimittel. Eine therapeutische Funktion komme ihnen nicht zu. Es handele sich vielmehr um Genussmittel. Zudem sei das Ministerium für die in Rede stehende Informationstätigkeit unzuständig. Zu öffentlichen Warnungen vor Arzneimitteln sei allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berufen.
5 Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Äußerungen stellten ein zulässiges Informationshandeln des Beklagten dar. Insbesondere verletzten sie nicht das Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit. Die öffentliche Information über die arzneimittel- und medizinprodukterechtliche Einstufung der E-Zigarette sei auch nicht als funktionales Äquivalent einer Verbotsverfügung anzusehen und unterliege daher nicht den für einen Grundrechtseingriff geltenden Bindungen. Dasselbe gelte für den Erlass an die nachgeordneten Behörden. Abgesehen davon sei die Rechtsauffassung des Ministeriums nicht zu beanstanden. Nikotinhaltige Liquids erfüllten die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Die E-Zigarette als Applikator sei gemäß § 2 Abs. 3 MPG ein Medizinprodukt.
6 Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und der Klage stattgegeben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung der streitigen Äußerungen, weil deren Wiederholung drohe und sie rechtswidrig in die Berufsfreiheit der Klägerin eingriffen. Zwar stelle die verfassungsunmittelbare Aufgabenzuweisung der Staatsleitung grundsätzlich eine hinreichende Ermächtigung der Regierung zur Information der Öffentlichkeit dar. Auch liege kein Verstoß gegen die Kompetenzordnung vor, da § 69 Abs. 4 AMG einer Informationstätigkeit der Länder nicht entgegenstehe. Jedoch genügten die Äußerungen nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein zulässiges staatliches Informationshandeln. Zum Zeitpunkt der Verlautbarung habe eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestanden, ob E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes unterfielen. Das Ministerium hätte seine Rechtsauffassung daher als vorläufig kennzeichnen oder als mit Unsicherheiten behaftet bezeichnen müssen. Unabhängig davon erwiesen sich die Äußerungen als funktionales Äquivalent einer Verbotsregelung; denn sie beeinträchtigten den Absatz der E-Zigaretten und Liquids faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung. Die verbotsähnliche Wirkung sei vom Ministerium auch bezweckt gewesen und durch den Erlass vom 16. Dezember 2011, der über die nachgeordneten Behörden hinaus auch den Apothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden sei, noch verstärkt worden. Wegen dieses Eingriffscharakters unterlägen die Äußerungen denselben Rechtmäßigkeitsanforderungen wie ein belastender Verwaltungsakt. Offen bleiben könne, ob für sie eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich sei. Ihre Rechtswidrigkeit ergebe sich jedenfalls daraus, dass die verlautbarte Rechtsauffassung unzutreffend sei. Im Regelfall seien nikotinhaltige Liquids nicht als Arzneimittel einzustufen und erfüllten E-Zigaretten nicht die Voraussetzungen eines Medizinprodukts. Etwas anderes gelte nur, wenn ihnen von Seiten der Hersteller oder Vertreiber im Sinne eines Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG eine Bestimmung zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zugeschrieben werde. Dafür sei indes nichts ersichtlich. Die Erzeugnisse seien auch keine Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass marktübliche nikotinhaltige Liquids den menschlichen Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.
7 Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Er macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsurteil stehe nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum staatlichen Informationshandeln. Die Grundsätze über die Richtigkeit und Sachlichkeit einer Information könnten nicht auf die amtliche Äußerung einer Rechtsauffassung übertragen werden. Anders als Tatsachen seien rechtliche Wertungen nicht dem Beweis zugänglich und ließen sich daher nicht abschließend als richtig oder falsch qualifizieren. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Eingriffsschwelle erst überschritten werde, wenn die Rechtsauffassung völlig abwegig oder unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt mehr vertretbar erscheine. Abgesehen davon überzeuge die Annahme einer Rechtsunsicherheit nicht; denn die zahlreichen Stellungnahmen, die eine Arzneimitteleigenschaft bejahten, blieben unerwähnt. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Arzneimitteleigenschaft der nikotinhaltigen Liquids zu Unrecht verneint. Das Vorliegen eines therapeutischen Nutzens sei für die Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht zwingend. Auch die Voraussetzungen einer funktionalen Eingriffsäquivalenz seien nicht erfüllt. Die streitigen Äußerungen seien in ihrer Zielsetzung und Wirkung nicht mit einer Verbotsverfügung vergleichbar. Ein wirtschaftlicher Schaden der Klägerin sei nicht dargelegt. Er - der Beklagte - habe auch nicht bezweckt, den Handel mit E-Zigaretten und Liquids faktisch unmöglich zu machen. Die offenkundig missverständliche Interpretation der amtlichen Äußerungen durch Teile der Medien müsse er sich nicht zurechnen lassen. Selbst wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs bejaht würden, sei er gerechtfertigt, weil das Ministerium die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft habe.
8 Die Klägerin verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. Ergänzend trägt sie vor, dass die Äußerungen wegen ihrer eingriffsgleichen Wirkung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften, an der es fehle.
9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass der Beklagte die Marktteilnehmer nicht auf verbleibende Unsicherheiten bei der rechtlichen Einstufung der E-Zigarette hätte hinweisen müssen. Gelangten die zuständigen Überwachungsbehörden zu dem Schluss, dass nikotinhaltige E-Zigaretten ohne arzneimittelrechtliche Zulassung nicht verkehrsfähig seien, müssten sie ein Inverkehrbringen unverzüglich und wirksam unterbinden. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Ministerium wegen der Vielzahl der befürchteten Verstöße auf diesen Sachverhalt aufmerksam mache und seine rechtliche Bewertung für Hersteller und Verbraucher deutlich mache.
II
10 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die in Rede stehenden Äußerungen rechtswidrig in ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung eingreifen.
11 1. Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung der Wiederholung einer amtlichen Äußerung setzt voraus, dass diese rechtswidrig in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift und die konkrete Gefahr ihrer Wiederholung droht. Fehlt es - wie hier - an einer spezialgesetzlichen Grundlage, leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Betroffenen ab. Die Grundrechte schützen vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Der Betroffene kann daher, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweilige Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <77 f.> und vom 21. Mai 2008 - 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 Rn. 13; Beschluss vom 11. November 2010 - 7 B 54.10 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen vor.
12 2. Dass die Klägerin die Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Äußerungen durch den Beklagten zu besorgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 34 und vom 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 Rn. 21), hat das Oberverwaltungsgericht ausgehend von seinen das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zutreffend angenommen.
13 3. Die streitigen Äußerungen verletzen die Klägerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit.
14 a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt (u.a.) die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung einschließlich der Teilhabe am Wettbewerb (BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 - 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 <189> und vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66). Zwar haben die Wettbewerber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge unterliegen vielmehr den jeweiligen Funktionsbedingungen des Marktes. Entsprechend ist nicht jedes marktbezogene Informationshandeln des Staates schon als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <265 ff.>; Nichtannahmebeschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 2566/95 - NJW-RR 2004, 1710 <1711>; BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f.). Eine staatliche Informationstätigkeit, die sich nachteilig auf die unternehmerische Wettbewerbsposition auswirken und den Markterfolg des Unternehmers behindern kann, stellt aber jedenfalls dann eine Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine behördliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Bei Vorliegen eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs hängt die Rechtmäßigkeit des Informationshandelns davon ab, dass die für Grundrechtseingriffe maßgeblichen rechtlichen Anforderungen erfüllt sind (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <273> und vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76, 78>; Kammerbeschluss vom 31. August 2009 - 1 BvR 3275/07 - NVwZ 2009, 1486 Rn. 11).
15 b) Danach greifen die Äußerungen über die rechtliche Einstufung der E-Zigaretten und Liquids unzulässig in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin ein.
16 aa) Die Verlautbarungen des Ministeriums stellen sich als funktionales Äquivalent eines klassischen Grundrechtseingriffs mittels hoheitlicher Regelung dar. Eine solche eingriffsgleiche Maßnahme liegt vor, wenn der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will. Der nachteilige Effekt darf nicht nur zufällig eintreten oder unvorhersehbare Folge des staatlichen Handelns sein (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f. und vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 29 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllt. Danach haben die streitigen Äußerungen die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung beeinträchtigt. Der Hinweis auf die drohenden strafrechtlichen Konsequenzen sei in besonderem Maße geeignet gewesen, Marktteilnehmer vom Handel mit E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids abzuhalten. Vergleichbares gelte für die Information des Ministeriums, es habe die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung unterrichtet; denn dadurch sei den Marktteilnehmern der Eindruck vermittelt worden, es sei mit einem baldigen ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen den Vertrieb der E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids zu rechnen. Damit seien die Absatzmöglichkeiten der Klägerin (und anderer Hersteller) erheblich behindert worden. Der nachteilige Effekt für den Handel und Verkauf dieser Produkte sei von dem Ministerium auch beabsichtigt gewesen (UA S. 21 ff.). Diese Annahmen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Zielsetzung und Wirkungen der Äußerungen gehört zur Tatsachenfeststellung und -würdigung, die für den Senat bindend ist. Durchgreifende Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben (§ 137 Abs. 2 VwGO).
17 Ein Rechtsfehler liegt auch nicht in der Annahme des Berufungsgerichts, durch die mediale Berichterstattung über die Äußerungen des Ministeriums sei deren verbotsähnlicher Effekt noch verstärkt worden. Bei der Bewertung der Wirkungen, die von der Presseinformation vom 16. Dezember 2011 ausgegangen sind, ist maßgeblich darauf abzuheben, wie die Äußerungen vom verständigen Durchschnittspublikum aufgenommen und verstanden worden sind (objektiver Empfängerhorizont). Dabei ist auch die Medienberichterstattung zu berücksichtigen, die zur Verbreitung der Äußerungen in besonderem Maße beigetragen hat. Die Einbeziehung der Medien als Multiplikatoren war von dem Ministerium zudem beabsichtigt; denn die Mitteilung war ausdrücklich an die Presse gerichtet. Soweit der Beklagte auf eine teilweise missverständliche Interpretation der Presseinformation in den Medien verweist, hat das Berufungsgericht dem entgegengesetzt, dass es sich um eine unerhebliche Abweichung gehandelt hat und es im Übrigen an dem Beklagten liegt, den mit einer unzutreffenden Berichterstattung verbundenen Wirkungen seines Informationshandelns erforderlichenfalls entgegenzusteuern. Dagegen ist aus Sicht des Revisionsrechts nichts zu erinnern.
18 Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben den Verlautbarungen in der Pressemitteilung auch Äußerungen aus dem Erlass vom 16. Dezember 2011 Eingriffswirkung beigemessen hat. Richtig ist allerdings, dass das Ministerium die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids informieren durfte. Solches Handeln gehört zum Aufgabenkreis einer obersten Aufsichtsbehörde. Die Weitergabe von Informationen an nachgeordnete Stellen im Erlasswege ist auch keine öffentliche Informationstätigkeit, sondern vielmehr eine interne Verwaltungsmaßnahme. Dass der Erlass nachrichtlich an die Landesapothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden ist, steht dem nicht entgegen; denn sie sind in die öffentliche Aufgabe, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 AMG, § 1 Abs. 1 ApoG), nach Maßgabe der Vorschriften des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes einbezogen. Das Berufungsgericht durfte die in dem Erlass getroffenen Aussagen zur arzneimittelrechtlichen und medizinprodukterechtlichen Beurteilung der E-Zigaretten und Liquids aber gleichwohl berücksichtigen, weil das Ministerium hierauf in seiner Pressemitteilung ausdrücklich Bezug genommen und den Erlass damit zum Gegenstand seines öffentlichen Informationshandelns gemacht hat. Demzufolge bezieht sich der tenorierte Unterlassungsanspruch der Klägerin, worauf der Senat zur Klarstellung hinweist, nur auf öffentliche Äußerungen und nicht auf Mitteilungen diesen Inhalts mit rein verwaltungsinterner Zweckbestimmung.
19 bb) Der Grundrechtseingriff ist nicht gerechtfertigt, weil dem Beklagten für die Äußerungen die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) fehlt.
20 Die unmittelbar durch die Landesverfassung zugewiesene Aufgabe der Staatsleitung bietet insoweit keine hinreichende Grundlage. Erweist sich die staatliche Informationstätigkeit - wie hier - als funktionales Äquivalent eines Eingriffs, ist auch dafür eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich, weil andernfalls durch die Wahl der Handlungsform die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Grundrechtseingriff umgangen werden könnten (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerwGE 105, 279 <303>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 26 f.). Angesichts dessen braucht die in diesem Zusammenhang von den Beteiligten aufgeworfene Frage nicht beantwortet zu werden, ob für die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns, das die Äußerung von Rechtsansichten zum Gegenstand hat, auf die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung abzustellen ist und ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, die Marktteilnehmer auf die Vorläufigkeit der rechtlichen Bewertung hinzuweisen.
21 Die angegriffenen Äußerungen des Beklagten lassen sich auch nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) stützen. Zwar kann die Vorschrift dahin ausgelegt werden, dass die zuständigen Landesbehörden zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichenfalls auch befugt sind, öffentliche Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 69 AMG, Rn. 20; Delewski, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 69 Rn. 6: keine Beschränkung der Handlungsformen). Die materiellen Eingriffsvoraussetzungen liegen jedoch mangels Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass nikotinhaltige Liquids im Regelfall - und so auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte - keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Ebenso scheidet § 26 Abs. 2 Satz 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) als Ermächtigungsgrundlage aus, da E-Zigaretten nicht als Medizinprodukte im Sinne von § 2 Abs. 3 oder § 3 Nr. 1 bis 3 MPG einzustufen sind.
22 (1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1) fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).
23 Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die von der Klägerin hergestellten Liquids und E-Zigaretten sowie sonstige marktübliche Erzeugnisse dieser Art nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.
24 (2) Die Produkte erfüllen auch nicht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG. Hierzu zählen alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).
25 Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.
26 Danach sind nikotinhaltige Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den marktüblichen Liquids in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber rechtsfehlerfrei zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Für die Genussmitteleigenschaft spricht, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Ein solcher therapeutischer Nutzen kommt der E-Zigarette nicht zu. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich eine Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat der Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).
27 Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG <ABl. Nr. L 127 S. 1>, die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist <Art. 29 Abs. 1>). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).
28 § 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).
29 Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).
30 (3) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.
31 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.