Beschluss vom 29.12.2009 -
BVerwG 8 B 46.09ECLI:DE:BVerwG:2009:291209B8B46.09.0

Beschluss

BVerwG 8 B 46.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 09.12.2008 - AZ: OVG 6 A 10726/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Dezember 2009
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 9. Dezember 2008 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 492,50 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.

2 Die erhobene Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO greift nicht durch. Die Beschwerde hat nicht dargelegt, mit welchem das angefochtene Urteil unmittelbar tragenden abstrakten Rechtssatz zu eben einem solchen Rechtssatz in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. November 2002 - BVerwG 3 C 44.01 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21) das Oberverwaltungsgericht abgewichen sein soll. In Bezug auf das angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht keinen hiervon abweichenden entscheidungstragenden Rechtssatz aufgestellt. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr im landesrechtlichen Heilberufsgesetz vom 20. Oktober 1978 (GVBl S. 649) die Rechtsgrundlage für die beitragsrechtlichen Heranziehungsbescheide gesehen, wozu sich das in der Entscheidung des 3. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 2002 beurteilte Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 - PsychThG - (BGBl I S. 1311) nicht verhält. In der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ging es vielmehr allein um die Frage der Approbation als Psychologische Psychotherapeutin nach der Übergangsvorschrift des § 12 Abs. 4 des am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetzes. Das landesrechtliche Heilberufsgesetz hat, wie das Oberverwaltungsgericht auf Seite 7 f. ausgeführt hat, nur die neuen Berufsbezeichnungen nach dem bundesrechtlichen Psychotherapeutengesetz übernommen. Die landesrechtlichen Vorschriften des Heilberufsgesetzes verweisen aber nicht ausdrücklich auf Bundesrecht oder nehmen darauf Bezug. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, also wenn Landesrecht auf Bundesrecht verweist oder darauf Bezug nimmt, gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diese Normen im Rahmen des Landesrechts nicht auf Grund eines Gesetzesbefehls des Bundesrechts, sondern sie sind allein vom Landesgesetzgeber in das von ihm erlassene Recht aufgenommen worden, um bestimmte rechtliche Materien zu ergänzen. Ist dies aber der Fall, so ist vom irrevisiblen Landesrecht auszugehen, das einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen ist (vgl. hierzu Urteil des 7. Senats vom 27. Juni 1969 - BVerwG 7 C 19.67 - BVerwGE 32, 249 <251> = Buchholz 401.84 Nr. 8; Urteil des 7. Senats vom 27. Juni 1969 - BVerwG 7 C 20.67 - BVerwGE 32, 252 <254> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 60). Selbst wenn daher Lücken des Landesrechts durch entsprechende Vorschriften des Bundesrechts geschlossen werden oder im Rahmen des Landesrechts allgemeine, dem Bundesrecht entnommene Rechtsgrundsätze, wie z.B. der Grundsatz von Treu und Glauben, angewendet werden, handelt es sich nicht um revisibles Bundesrecht. Dasselbe gilt auch, wenn das Landesrecht Begriffe verwendet, die auch das Bundesrecht kennt, mag sich ihr Inhalt mit dem Bundesrecht decken oder davon abweichen, oder wenn es sich um übereinstimmendes Landesrecht handelt (vgl. Urteil vom 27. Juni 1969 - BVerwG 7 C 20.67 - a.a.O. S. 254 f.) Das Oberverwaltungsgericht hat erkennbar Bestimmungen des bundesrechtlichen Psychotherapeutengesetzes in dem vorgenannten Sinne zur Interpretation des Landesrechts herangezogen, was aber nicht die Revisibilität begründen kann.

3 Auch der von der Klägerin erhobenen Grundsatzrüge ist kein Erfolg beschieden. Die Beschwerde wirft die Frage auf, „ob bei bewusster Aufrechterhaltung der berufsrechtlichen Grundlagen für die Psychotherapeutentätigkeit heilkundlich tätiger Diplompsychologen im Delegationsverfahren derjenige Berufsträger, der nach § 2 PsychThG oder § 12 Abs. 4 PsychThG die Approbation erlangt hat, zwangsläufig bei jeglicher Ausübung von psychotherapeutischen Tätigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 3 PsychThG als ‚psychologischer Psychotherapeut’ arbeitet, oder ob ein Nebeneinander von einerseits selbstständiger Psychotherapeutentätigkeit ‚als psychologischer Psychotherapeut’ i.S.d. § 1 Abs. 1 PsychThG und andererseits ein Aufrechterhalten der bisherigen Tätigkeit als heilkundlich tätiger Diplompsychologe mit Heilpraktikererlaubnis im Delegationsverfahren (berufliche Tätigkeit nach altem Recht) möglich ist“.

4 Diese Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine grundsätzliche Bedeutung kann eine Rechtssache nur haben, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfragen des Bundesrechts von fallübergreifendem Gewicht aufwirft, die in einem künftigen Revisionsverfahren zur Wahrung der einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortentwicklung des Bundesrechts beantwortet werden können. Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage wird sich in einem Revisionsverfahren aber nicht stellen. Im vorliegenden Fall geht es ausschließlich um die Klärung der Rechtmäßigkeit der beitragsrechtlichen Veranlagung der Klägerin zur Landespsychotherapeutenkammer. Diese Frage beurteilt sich allein nach dem landesrechtlichen Heilberufsgesetz vom 20. Oktober 1978. Soweit der Landesgesetzgeber bei dessen Auslegung auf Begriffe des Psychotherapeutengesetzes des Bundes vom 16. Juni 1998 zurückgreift, handelt es sich dabei nach den obigen Ausführungen zur Divergenzrüge um Fragen des irrevisiblen Landesrechts, die einer Überprüfung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Revisionsverfahren nicht unterliegen. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen würden sich vielmehr nur dann stellen, wenn es um die unmittelbare Anwendung des Psychotherapeutengesetzes gehen würde, das für die berufsrechtliche Beurteilung einer Psychotherapeutentätigkeit maßgebend ist.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 GKG.