Verfahrensinformation

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ein Disziplinarklageverfahren gegen einen Ruhestandsbeamten, in dem die Vorinstanzen auf die Höchstmaßnahme, nämlich Aberkennung des Ruhegehalts erkannt haben. Der Senat wird die Frage zu klären haben, wie das Dienstvergehen des außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, strafbar gemäß §§ 174, 176 StGB, nach seiner Schwere bei der prognostischen Gesamtwürdigung gemäß § 13 Abs. 1 LDG Berlin (entspricht § 13 Abs. 1 BDG) zu gewichten ist.


Pressemitteilung Nr. 17/2010 vom 25.03.2010

Beendigung des Beamtenverhältnisses bei Kindesmissbrauch

Sexueller Missbrauch eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) durch einen Beamten ist ein besonders schweres Dienstvergehen, das in der Regel die disziplinare Höchstmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst bzw. Aberkennung des Ruhegehalts) rechtfertigt. Das hat heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Fall eines Justizvollzugsbeamten entschieden.


Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Der strafbare sexuelle Missbrauch eines Kindes verletzt in besonders schwerem Maße dessen Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht. Ein sexueller Missbrauch greift in den Reifeprozess des Kindes ein und gefährdet die Entwicklung seiner Persönlichkeit, da ein Kind wegen seiner fehlenden Reife das Erlebte intellektuell und gefühlsmäßig nicht oder nur sehr schwer verarbeiten kann. Demgegenüber benutzt der Täter sein Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. Angesichts dessen kann auch ein außerhalb des Dienstes begangener sexueller Missbrauch eines Kindes durch einen Beamten das Vertrauen in die Integrität des Beamtentums unzumutbar belasten.


Für die Disziplinarmaßnahme im Einzelfall müssen die gesetzlichen Bemessungskriterien mit dem ihnen konkret zukommenden Gewicht ermittelt und gewürdigt werden. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.


Das Oberverwaltungsgericht hat zwar ein Dienstvergehen angenommen, das wegen seiner Schwere im Ausgangspunkt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten führen kann. Sein Urteil beruht aber auf einer mangelhaften oder fehlenden Ermittlung und Bewertung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls. Insbesondere ist die Klärung einer möglicherweise erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten unterblieben. Die Sache musste deshalb unter Aufhebung des angegriffenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden.


BVerwG 2 C 83.08 - Urteil vom 25.03.2010


Beschluss vom 10.12.2008 -
BVerwG 2 B 73.07ECLI:DE:BVerwG:2008:101208B2B73.07.0

Beschluss

BVerwG 2 B 73.07

  • OVG Berlin-Brandenburg - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 15. Mai 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die angestrebte Entscheidung erscheint geeignet, zur Klärung der Frage beizutragen, wie das Dienstvergehen des außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, strafbar gemäß §§ 174, 176 StGB, nach seiner Schwere bei der prognostischen Gesamtwürdigung gemäß § 13 Abs. 1 LDG Berlin (= § 13 Abs. 1 BDG) zu gewichten ist.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 83.08 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt einschließlich Diplomjuristen im höheren Verwaltungsdienst oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt einschließlich Diplomjuristen im höheren Verwaltungsdienst anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss vom 26.03.2009 -
BVerwG 2 PKH 1.09ECLI:DE:BVerwG:2009:260309B2PKH1.09.0

Beschluss

BVerwG 2 PKH 1.09

  • OVG Berlin-Brandenburg - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. März 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Dem Beklagten wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ... beigeordnet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
  2. Der Beklagte hat Monatsraten in Höhe von 45 €, ab März 2010 in Höhe von 95 € an die Bundeskasse zu zahlen
  3. (§ 115 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 und 2 ZPO).
  4. Der Beklagte hat mit der Zahlung der Raten nach Geltendmachung des Anspruchs des Rechtsanwalts auf Gebühren und auf Ersatz seiner entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen zu beginnen. Dem Beklagten wird sodann eine gesonderte Zahlungsaufforderung durch die zuständige Stelle zugehen.

Gründe

1 Die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO) ist gegeben. Der Senat hat die Revision durch Beschluss vom 10. Dezember 2008 - BVerwG 2 B 73.07 - zugelassen, da das Revisionsverfahren geeignet erscheint, die Frage zu klären, welche Maßstäbe für die Bewertung eines Dienstvergehens des außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, strafbar gemäß §§ 174, 176 StGB, gelten. Da diese Frage in der Rechtsprechung des Senats bisher ungeklärt ist, ist der Ausgang des Revisionsverfahrens hinsichtlich der erforderlichen Disziplinarmaßnahme offen. Zwar muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellte Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. - BVerfGE 81, 347 <359>). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung einer Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung noch aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 a.a.O.). Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 596/03 - NJW 2004, 1789 f. m.w.N., vom 7. Mai 2002 - 1 BvR 1699/01 - juris Rn. 7; vom 10. August 2001 - 2 BvR 569/01 u.a. - DVBl 2001, 1748 ff. und vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 - NVwZ 2006, 1156 f.).

2 Auch die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen vor (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 115, 119 Abs. 1 und §§ 120 f. ZPO; § 3 BDG; §§ 3, 41 DiszG). Nach den vorgelegten Bescheinigungen zum Einkommen und zu den monatlichen Ausgaben verbleibt für den Beklagten ein einzusetzendes monatliches Einkommen von derzeit 150 €. Bei dieser Höhe sind monatliche Raten von 45 € aufzubringen (§ 115 Abs. 1 ZPO).
Berechnung nach § 115 Abs. 1 ZPO:
Pension des Klägers = 1 202,23 €
- Freibetrag = 386,00 €
- Unterkunftskosten (gesamt) = 296,35 €
- Versicherungen (gesamt) = 224,75 €
- sonstige besondere Belastungen (gesamt) = 144,19 €
einzusetzendes Einkommen = 150,94 €
nach § 115 Abs. 2 ZPO abzurunden auf = 150,00 €

3 Nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO ist somit eine monatliche Rate in Höhe von 45 € zu zahlen.

4 Hinsichtlich der besondere Belastungen hat die Durchsicht der vorgelegten Unterlagen und eine telefonische Rückfrage ergeben, dass ab März 2010 die monatliche Ratenzahlung in Höhe von 126,79 € nicht mehr zu erbringen ist, da im Februar 2010 die letzte Ratenzahlung auf eine Zahnarztrechnung zu leisten ist. Aus diesem Grunde war nach § 120 Abs. 1 Satz 2 ZPO zugleich die Höhe der Ratenzahlung ab März 2010 festzulegen. Die Ratenhöhe ergibt sich sodann aus einem einzusetzenden Einkommen in Höhe von 277 € (277,73 € nach § 115 Abs. 2 ZPO abzurunden) und beträgt nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO 95 €.

5 Durch den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten vom 19. Februar 2009 wurde weiterhin bekannt, dass durch Beschluss des Amtsgerichts H... (Az.: ...) vom 11. Januar 2007 über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Dies hindert die Anordnung von Ratenzahlungen jedoch nicht, da nicht geltend gemacht wurde, dass weitere Beträge des einzusetzenden Einkommens abzuführen sind. Für die Ratenbemessung gemäß § 115 ZPO ist regelmäßig davon auszugehen, dass auch in einer „Überschuldungssituation“ nur Schulden zu berücksichtigen sind, die tatsächlich bedient werden.

Urteil vom 25.03.2010 -
BVerwG 2 C 83.08ECLI:DE:BVerwG:2010:250310U2C83.08.0

Leitsätze:

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG haben die Verwaltungsgerichte die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>). Bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB kommt die Höchstmaßnahme grundsätzlich nicht mehr in Betracht.

Die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG ist richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Sie indiziert bei einem außerdienstlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB, der mit einer Freiheitsstrafe geahndet wurde, die Höchstmaßnahme, wenn es in der Gesamtheit an hinreichend gewichtigen entlastenden Gesichtspunkten fehlt.

  • Rechtsquellen
    DiszG Bln §§ 3, 5, 13, 23 Abs. 1, §§ 41, 49
    BDG §§ 57, 58, 60 Abs. 1 und 2, § 65 Abs. 1, §§ 69, 70 Abs. 1 und 2
    BBG a.F. § 48 Satz 1 Nr. 1, § 54 Satz 3
    BBG § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 77 Abs. 1 Satz 2
    BeamtStG § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 47 Abs. 1 Satz 2
    LBG Bln a.F. § 20 Satz 3, § 40 Abs. 1 Satz 2, § 83 Satz 1 Nr. 1
    VwGO § 86, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
    StGB § 2 Abs. 3, §§ 20, 21, 174, 176 Abs. 1

  • OVG Berlin - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06 -
    OVG Berlin-Brandenburg - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:250310U2C83.08.0]

Urteil

BVerwG 2 C 83.08

  • OVG Berlin - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06 -
  • OVG Berlin-Brandenburg - 15.05.2007 - AZ: OVG 80 D 4.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Maidowski
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Branden- burg vom 15. Mai 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der 1955 geborene Beklagte war als Justizvollzugsobersekretär zuletzt in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in B. tätig. Er befindet sich seit dem 1. November 2004 aufgrund einer psychischen Erkrankung wegen dauernder Dienstunfähigkeit im vorzeitigen Ruhestand. Nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung war der Beklagte durch diese Erkrankung im Jahre 2002 gesundheitlich nicht in der Lage, die Folgen seines unentschuldigten Fehlens im Dienst objektiv zu beurteilen.

2 Der Beklagte war von Mai 1998 bis Oktober 2001 in zweiter Ehe mit einer aus G. stammenden Frau verheiratet, die einen 1986 geborenen Sohn und eine 1991 geborene Tochter mit in die Ehe brachte. Während der Ehe litt er unter Alkoholabhängigkeit. Mit rechtskräftigem Strafurteil des Amtsgerichts T. vom 23. Juli 2003 wurde er wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes (§§ 174, 176 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts rief der Beklagte an einem Abend zwischen Juni und August 1998 seine sechs Jahre alte Stieftochter zu sich auf den Balkon, wo er mit herabgelassener Hose und sichtbar erigiertem Penis saß. Er veranlasste sie, sich zu ihm zu setzen. Dann zog er ihr die Hose und Unterhose herunter und hob ihr T-Shirt an, streichelte und küsste sie am Bauch und an den Innenseiten der Oberschenkel und manipulierte mit seiner Hand an ihrer Scheide. Er ergriff eine Hand des Kindes und führte sie in Richtung seines Penis.

3 Wegen dieser Straftat hat das Berufungsgericht im Disziplinarklageverfahren auf die Berufung des Beklagten die Aberkennung des Ruhegehalts durch das Verwaltungsgericht bestätigt. Es hat sich an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil gebunden gesehen, die auch die Feststellung schuldhaften Handelns umfassten. Der sexuelle Missbrauch stelle ein gravierendes Dienstvergehen dar. Der Beklagte habe während seiner Zeit im aktiven Dienst das Ansehen des Berufsbeamtentums nachhaltig beschädigt, was die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis notwendig mache. Dem entspreche nach der Versetzung in den Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts. Das strafbare Fehlverhalten sei von einer Reihe erschwerender Umstände gekennzeichnet. Das Eigengewicht der Tat sei erheblich und bewege sich nicht am unteren Rand denkbarer Missbrauchsfälle. Die Tat sei durch eine erhebliche Intensität der intimen Berührungen gekennzeichnet. Seine im gemeinsamen Haushalt lebende Stieftochter sei zum Zeitpunkt des Übergriffs erst sechs Jahre alt und dem sexuellen Übergriff schutzlos ausgeliefert gewesen. Negative Folgewirkungen für das Kind seien nicht ausgeschlossen. Da die strafrechtliche Bedeutung das disziplinarische Gewicht des Fehlverhaltens maßgebend bestimme, zeige schließlich auch das Strafmaß die Schwere des Dienstvergehens.

4 Durchgreifende Entlastungsgründe lägen nicht vor. Insbesondere handele es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation. Zwar sei zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen, dass er bei der Tatbegehung vermindert schuldfähig gewesen sei. Dies wirke sich aber nicht mildernd aus, weil der Beklagte selbstverständliche Grundpflichten des Beamtenverhältnisses verletzt habe.

5 Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,
die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Juni 2006 und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Mai 2007 aufzuheben und dem Beamten das Ruhegehalt zu kürzen.

6 Der Kläger verteidigt das angegriffene Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7 Der Vertreter des Bundesinteresses verteidigt ebenfalls das angegriffene Berufungsurteil.

II

8 Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesrecht (§ 49 Abs. 1 Satz 1, § 41 des Disziplinargesetzes für das Land Berlin (DiszG) i.V.m. §§ 69, 70 BDG). Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die gegen die gesetzlichen Vorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 DiszG verstößt. Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 41 DiszG i.V.m. § 70 Abs. 2 BDG).

9 Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 DiszG (entspricht § 13 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 41 DiszG i.V.m. § 58 BDG, § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 41 DiszG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDG, § 5 DiszG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

10 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

11 Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat für die wortgleiche Vorschrift des § 13 BDG in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 DiszG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 DiszG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

12 Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13 1. Das rechtskräftig festgestellte außerdienstliche Sexualdelikt des Beklagten gegen ein Kind ist in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen der Allgemeinheit gegenüber dem Beamten in einer für sein Amt und das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise gravierend zu beeinträchtigen (zu a). Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens und der damit verbundenen Ansehensschädigung auch dann geeignet, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zu rechtfertigen, wenn die Tat keinen dienstlichen Bezug aufweist (zu b). Dies entbindet die Gerichte nicht von einer Prüfung der sonstigen relevanten subjektiven und objektiven Handlungsmerkmale im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG (zu c und 2.).

14 a) Auch strafbares außerdienstliches Verhalten stellt nur dann ein disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten dar, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. (seit 1. April 2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) erfüllt sind, d.h. es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

15 Für die entsprechenden bundesrechtlichen Vorschriften in § 54 Satz 3 BBG a.F. und § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG hat der Disziplinarsenat (Urteil vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 ff.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23) hervorgehoben, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG dem Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten Rechnung tragen wollte. Diese werden nicht mehr als Vorbild in allen Lebenslagen angesehen, die besonderen Anforderungen an Moral und Anstand unterliegen. Daher ist ein außerdienstliches Fehlverhalten nur dann disziplinarisch bedeutsam, wenn es die Achtung und das Vertrauen beeinträchtigt, die der Beruf des Beamten erfordern. Die Beeinträchtigung muss sich auf das konkrete Amt des Beamten beziehen oder das Ansehen des Beamtentums nachhaltig beschädigen.

16 In Reaktion auf diese Rechtsprechung erwähnt § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG den Ansehensverlust nicht mehr. Insoweit wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, dass die vorkonstitutionelle Auffassung, Beamte seien „immer im Dienst“, in dieser Allgemeinheit nicht mehr gelte. Es gehe allein um das Vertrauen in eine objektive, rechtmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung (vgl. BTDrucks 16/4027). Eine Rechtsänderung ergibt sich hieraus nicht. Die Wahrung des „Ansehens des Beamtentums“ dient allein der Erhaltung eines allgemeinen Vertrauens in eine rechtsstaatliche Verwaltung. Das Berufsbeamtentum soll eine stabile gesetzestreue Verwaltung sichern, die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung verteidigen und durch Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen. Das Vertrauen, dass er diesem Auftrag gerecht wird und dessen er zur Erfüllung seiner Aufgabe bedarf, darf der Beamte durch sein Verhalten nicht beeinträchtigen (Urteil vom 30. August 2000 a.a.O. m.w.N.).

17 Der mit der Gesetzesänderung nachvollzogene Wertungswandel bei der Beurteilung außerdienstlichen Verhaltens als Dienstvergehen ist zu berücksichtigen, entsprach aber bereits zum Tatzeitpunkt der Auslegung der seinerzeit geltenden § 20 Satz 3 und § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. durch das Bundesverwaltungsgericht. Für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist daher weiterhin die damalige Sach- und Rechtslage maßgebend, weil es auch im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB kein für den Beklagten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gibt (vgl. dazu zuletzt: Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, m.w.N.).

18 Vorsätzlich begangene schwerwiegende Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden sind, führen allerdings auch ohne Bezug auf das konkrete Amt in der Regel zu einer Ansehensschädigung wie die gesetzgeberische Wertung in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG (bzw. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, vormals § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F. bzw. § 83 Satz 1 Nr. 1 LBG a.F.) zeigt (Urteil vom 30. August 2000 a.a.O.). Um eine solche schwerwiegende Straftat handelt es sich bei einem vorsätzlich begangenen außerdienstlichen Sexualdelikt gegen ein Kind im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB, das mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden ist. Eine solche Straftat ist - unabhängig vom konkreten Amt, das der Beamte innehat - geeignet, das Ansehen des Berufsbeamtentums derart schwerwiegend zu beeinträchtigen, dass als Richtschnur für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zugrunde gelegt werden kann.

19 b) Das folgt aus der in hohem Maße schädlichen Wirkung eines sexuellen Missbrauchs für die Persönlichkeit des Kindes (Art. 2 Abs. 1 GG) verbunden mit einer schweren Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die auch in dem hohen Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommt. Der strafbare sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeitsschädigend, weil er in den Reifeprozess eines jungen Menschen eingreift und nachhaltig die Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit gefährdet. Ein Kind oder Jugendlicher kann wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife das Erlebte intellektuell und gefühlsmäßig in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten. Zugleich benutzt der Täter sein kindliches Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In dieser Herabminderung zum bloßen Objekt seines eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes. Sexualdelikte gegen Kinder unterliegen mittlerweile durchgängig einer starken gesellschaftlichen Ächtung. Der Gesetzgeber hat in Reaktion hierauf Kinder unter 14 Jahren unter einen uneingeschränkten strafrechtlichen Schutz gestellt. Die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176, 176a, 176b, ebenso § 184b, vgl. auch § 5 Nr. 8b StGB) bezwecken, die Entwicklung des Kindes vor vorzeitigen sexuellen Erlebnissen zu schützen. Deshalb führt auch der außerhalb des Dienstes begangene sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Beamten in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einer erheblichen Ansehensbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zu völligem Ansehensverlust, also zu einem Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität des Beamtentums. Insbesondere in einem freiheitlich- demokratischen Rechtsstaat ist das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Beamtenschaft für den geordneten Ablauf der öffentlichen Verwaltung unabdingbar. Dieses Vertrauen wird auch durch das persönliche Ansehen eines jeden Beamten bestimmt (vgl. zuletzt Urteil vom 24. Februar 1999 - BVerwG 1 D 72.97 - juris, m.w.N.).

20 c) Dies entbindet die Gerichte jedoch nicht davon, die Umstände des Einzelfalls ausreichend zu würdigen. Für die Zumessungsentscheidung müssen die in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen zukommenden Gewicht ermittelt und eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (stRspr, vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669 f., m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 30). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen, die maßgebend auch vom Verschulden des Beamten abhängt. Insbesondere entfällt die Indizwirkung dann, wenn sich im Einzelfall aufgrund des Persönlichkeitsbildes des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, dass die prognostische Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört (dazu sogleich zu 2.).

21 Ungeachtet der Schwere des mit einer Freiheitsstrafe geahndeten sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB können über das Eigengewicht der Tat hinaus weitere erschwerende Umstände hinzutreten. Darauf kommt es an, wenn dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ mildernde Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen.

22 Hier kann sich der Umstand, dass in Tateinheit mit dem Kindesmissbrauch der Missbrauch einer Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) verwirklicht wurde, neben dem Eigengewicht der Tat nicht zusätzlich erschwerend auswirken. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn dem Beamten - etwa einem Lehrer - dienstlich Kinder anvertraut sind, da dann dem außerdienstlichen Fehlverhalten zugleich eine Indizwirkung für die Erfüllung der Dienstpflichten zukommt.

23 Irrelevant sind auch die weiteren vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstände, dass das Tatgeschehen durch eine erhebliche Intensität der intimen Berührungen gekennzeichnet sei, es sich um ein erst sechs Jahre altes Kind gehandelt habe und eine hohe Freiheitsstrafe ausgesprochen worden sei. Diese Umstände begründen die Schwere des Dienstvergehens und fallen deshalb nicht zusätzlich ins Gewicht.

24 Bemessungsrelevant sind dagegen solche Umstände, die auch nach der Wertung im Strafrecht zu berücksichtigen sind - etwa die Intensität und Häufigkeit der sexuellen Beziehungen und die Folgen für das Kind - wie dies durch die § 176 Abs. 3, § 176a und § 176b StGB zum Ausdruck kommt. Weniger schwerwiegend sind etwa die in § 176 Abs. 4 und 5 StGB beschriebenen Straftaten.

25 Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den negativen Folgewirkungen für das Kind verletzen § 13 Abs. 1 DiszG in mehrfacher Hinsicht:

26 Negative Folgewirkungen für das Kind sind disziplinarisch nur dann - im Gleichklang mit dem Strafrecht - als erschwerend anzusehen, wenn das Kind durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Schädigung der seelischen oder körperlichen Entwicklung des Kindes gebracht wird (vgl. § 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB). Diese strafschärfende Qualifikation hat das Amtsgericht jedoch nicht festgestellt. Unabhängig davon genügt es nicht, wenn negative Folgewirkungen lediglich nicht ausgeschlossen werden können. Zum einen ist die Gefahr einer seelischen Schädigung mit einem sexuellen Missbrauch immer verbunden, lässt sich also nie ausschließen. Gerade deshalb sind die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet. Zum anderen führt die Wendung, negative Folgewirkungen für das Kind seien nicht ausgeschlossen, in einen Konflikt mit dem auch im Disziplinarrecht geltenden Grundsatz „in dubio pro reo“. Eine Gefahr setzt voraus, dass hinreichende und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich diese verwirklichen wird. Worin diese bestehen, muss aufgezeigt werden.

27 Hinzu kommt Folgendes: Dem Strafurteil lässt sich zu Folgewirkungen für das Kind nichts entnehmen, so dass das Berufungsgericht hierzu den Sachverhalt hätte selbst aufklären und die erforderlichen Beweise erheben müssen (§ 41 DiszG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG, § 3 DiszG i.V.m. § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 2 VwGO, vgl. Beschluss vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5). Das Berufungsgericht stellt in diesem Zusammenhang auf die polizeiliche Vernehmung des Kindes ab. Der erkennende Senat vermag dieser Vernehmung nichts dergleichen zu entnehmen. Eine besondere eigene Sachkunde hat das Berufungsgericht nicht geltend gemacht. Die von ihm in diesem Zusammenhang herangezogenen Stellungnahmen der behandelnden Pädagogin und der Soziologin (nicht: Psychotherapeutin) lassen nicht erkennen, dass der sexuelle Missbrauch als Hauptursache für die Leistungs- und Verhaltensprobleme des Kindes anzusehen ist. Die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin des Jugendamtes hat ausgeführt, dass das Kind während der Therapiestunden nicht über einen sexuellen Missbrauch gesprochen habe und auch keine Hinweise in seinem Verhalten vorlägen, die eindeutig auf sexuellen Missbrauch zurückzuführen seien. Auch angesichts dessen hätte das Berufungsgericht, wollte es diesem Umstand maßgebende Bedeutung beimessen, hierzu den Sachverhalt weiter aufklären müssen.

28 2. Das Berufungsgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Frage einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten bei der Tat im Sinne des § 21 StGB aufzuklären und entsprechend ihrer rechtlichen Bedeutung bei der Würdigung der subjektiven Handlungsmerkmale und des Persönlichkeitsbildes des Beklagten zu berücksichtigen.

29 a) Das Berufungsgericht ist zu Gunsten des Beklagten davon ausgegangen, dass seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs im Sinne des § 21 StGB vermindert war (UA S. 14u), verneint aber gleichwohl die Relevanz, also die Erheblichkeit dieser Annahme, weil der Beklagte die leicht einsehbare Pflicht verletzt habe, die sexuelle Integrität Dritter, insbesondere von Kindern nicht zu verletzen. Dies verstößt nicht nur gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 1 bis 4 DiszG, sondern auch gegen das verfassungsrechtlich fundierte Schuldprinzip (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30). Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 m.w.N.; stRspr). Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund der krankhaften seelischen Störung erheblich im Sinne des § 21 StGB war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 33).

30 Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Alkoholabhängigkeit kommt, auch wenn sie pathologischer Natur ist, hinsichtlich des Schweregrades einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Betroffene die Tat im akuten Rausch begangen hat. Nur unter diesen Voraussetzungen kann eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB in Betracht kommen.

31 Das Berufungsgericht durfte daher die Frage, aufgrund welcher Tatsachen die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB ernsthaft in Betracht kommen („in dubio pro reo“) nicht offen lassen oder zugunsten des Beklagten ohne tatsächliche Grundlagen eine erhebliche Minderung unterstellen. Vielmehr musste es selbst die hierfür erforderlichen Umstände aufklären. Die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB gehandelt hat, darf nicht quasi schematisch als unbeachtlich behandelt werden (stRspr, Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50).

32 Hier ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte möglicherweise schon zum Tatzeitpunkt psychisch erkrankt war und unter Alkoholmissbrauch litt. Ferner gab es einen Beweisantrag zu § 21 StGB, so dass für das Berufungsgericht begründeter Anlass bestand, diesen entscheidungserheblichen Fragen nachzugehen.

33 b) Das Berufungsgericht wird daher zunächst durch Einholung von Sachverständigengutachten zu prüfen haben, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte im Tatzeitraum an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat. Sollte eine solche Störung nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht ausgeschlossen werden können, so stellt sich die Frage nach der Erheblichkeit einer dadurch bewirkten Verminderung der Schuldfähigkeit.

34 Liegt allerdings eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB tatsächlich vor, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Auch insoweit leidet das Berufungsurteil an einem Abwägungsmangel. Es hat zwar eine Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 21 StGB ohne eigene Tatsachenfeststellung unterstellt, diesen Umstand aber dann als unbeachtlich gewertet. Dies ist in sich widersprüchlich. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können.

35 Unter Umständen kann dann der Umstand, dass die Tat in eine zeitlich begrenzte und mittlerweile abgeschlossene Lebensphase verstärkten Alkoholkonsums fiel, ebenfalls Gewicht erlangen.

36 Litt der Beamte tatsächlich an einer Störung im Sinne des § 20 StGB bereits zum Zeitpunkt der Missbrauchstat, ist nicht auszuschließen, dass er bereits seinerzeit schuldunfähig war, wie dies das Berufungsgericht (und bereits das Verwaltungsgericht) für die weiter angeklagten Taten des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst und der Versäumung der amtsärztlichen Untersuchungen angenommen hat. Erhebliche Fehlzeiten und der Verdacht eines Alkoholmissbrauchs waren bereits zum Tatzeitpunkt gegeben. Das Amtsgericht ist dem Alkoholkonsum nicht näher nachgegangen, die psychische Erkrankung des Beamten, die schließlich zu seiner Dienstunfähigkeit geführt hat, wurde nicht problematisiert. Insoweit könnte das Ergebnis der Ermittlungen des Berufungsgerichts zu § 21 StGB sogar Anlass zu einer Lösung von den Feststellungen des Strafgerichts zu § 20 StGB geben. Diese Feststellungen wären dann nicht mehr nach § 41 DiszG i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG bindend, weil sie sich als offenbar unrichtig im Sinne des Satzes 2 dieser Vorschrift erwiesen hätten.