Verfahrensinformation

Die Klägerin begehrt die "Umdiplomierung" ihres in der ehemaligen DDR erworbenen Diplomgrades. Nach einem Studium in der Grundstudienrichtung Wirtschaftswissenschaften, Fachrichtung Ökonomie des Binnenhandels, verlieh ihr die Handelshochschule Leipzig im Jahre 1988 den akademischen Grad "Diplomökonom". Auf Antrag der Klägerin stellte der Beklagte 1999 fest, dass jener Abschluss einem an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule des alten Bundesgebietes erworbenen Abschluss gleichwertig sei; dieser Bescheid ist bestandskräftig. Die Klägerin will nunmehr erreichen, dass ihr der Beklagte die Berechtigung zuerkennt, den im alten Bundesgebiet eingeführten Grad "Diplom-Kauffrau" zu führen. Sie beruft sich hierzu auf Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages von 1990, wonach die in den neuen Ländern und die in den alten Ländern der Bundesrepublik abgelegten Prüfungen oder erworbenen Befähigungsnachweise einander gleichstehen und die gleichen Berechtigungen verleihen, wenn sie gleichwertig sind. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht haben der Klage stattgegeben; dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.


Pressemitteilung Nr. 60/2005 vom 24.11.2005

Keine Umdiplomierung aufgrund des Einigungsvertrages

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass der 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik geschlossene Einigungsvertrag keinen Anspruch auf Umwandlung in der DDR erworbener Diplomgrade gewährt.


Der Klägerin wurde im Jahr 1988 nach einem Studium in der Grundstudienrichtung Wirtschaftswissenschaften, Fachrichtung Ökonomie des Binnenhandels, von der Handelshochschule Leipzig der akademische Grad "Diplomökonom" verliehen. Auf Antrag der Klägerin stellte der beklagte Freistaat Sachsen 1999 fest, dass jener Abschluss einem an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule des alten Bundesgebietes erworbenen Abschluss gleichwertig ist. Die Klägerin wollte darüber hinaus erreichen, dass ihr die Berechtigung zuerkannt wird, den im alten Bundesgebiet eingeführten Grad "Diplom-Kauffrau" zu führen. Sie berief sich auf eine Bestimmung des Einigungsvertrages, wonach die in den neuen Ländern und die in den alten Ländern der Bundesrepublik abgelegten Prüfungen einander gleichstehen und die gleichen Berechtigungen verleihen, wenn sie gleichwertig sind.


Das Bundesverwaltungsgericht stellte nun klar, dass diese Berechtigungen grundsätzlich nicht die Befugnis umfassen, einen Diplomgrad in einer anderen als der verliehenen Form zu führen: Den Partnern des Einigungsvertrages ging es nicht um die bloße Einpassung der in der DDR erworbenen Abschlüsse in das Bildungssystem der alten Bundesrepublik, sondern vielmehr um die Zusammenführung unterschiedlicher Bildungsgänge in der nunmehr gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland. Durch den "Umtausch" von DDR-Diplomen in bundesdeutsche Grade würden jene Diplome faktisch entwertet; einer solchen Entwicklung wollten die Partner des Einigungsvertrages nicht Vorschub leisten. Deshalb ist im Vertrag vorgesehen, dass die bisher erworbenen Grade und Titel weitergeführt werden dürfen, wobei auf Antrag ihrer Inhaber die Gleichwertigkeit der jeweils zugrunde liegenden Prüfungen festzustellen ist.


BVerwG 6 C 19.04 - Urteil vom 23.11.2005


Urteil vom 23.11.2005 -
BVerwG 6 C 19.04ECLI:DE:BVerwG:2005:231105U6C19.04.0

Leitsatz:

Aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages ergibt sich kein Anspruch auf Umwandlung eines in der DDR verliehenen Diplomgrades in einen vergleichbaren Diplomgrad, der in den alten Bundesländern verliehen wird ("Umdiplomierung").

  • Rechtsquellen
    Einigungsvertrag Art. 37 Abs. 1 Satz 2

  • OVG Bautzen - 05.10.2004 - AZ: OVG 4 B 148/04 -
    Sächsisches OVG - 05.10.2004 - AZ: OVG 4 B 148/04

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 23.11.2005 - 6 C 19.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:231105U6C19.04.0]

Urteil

BVerwG 6 C 19.04

  • OVG Bautzen - 05.10.2004 - AZ: OVG 4 B 148/04 -
  • Sächsisches OVG - 05.10.2004 - AZ: OVG 4 B 148/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht B ü g e , Dr. G r a u l i c h , V o r m e i e r und Dr. B i e r
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2004 und das Urteil des Verwaltungsgerichts
  2. Dresden vom 16. Januar 2002 werden aufgehoben.
  3. Die Klage wird abgewiesen.
  4. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

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