Verfahrensinformation

Die Kläger sind Journalisten und begehren die Aufhebung von Kostenentscheidungen für die Gewährung von Informationszugang. Im Zuge von Recherchen über die finanzielle Förderung der deutschen Sportverbände hatten sie bei dem Bundesministerium des Innern Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes beantragt. Das Bundesministerium gab dem Informationsbegehren mit 66 Bescheiden teilweise statt und setzte hierfür Gebühren i.H.v. ca. 12 000 € und Auslagen i.H.v. knapp 2 300 € fest. Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Die Aufspaltung des Informationsbegehrens in 66 gebührenpflichtige Amtshandlungen verstoße gegen das im Informationsfreiheitsgesetz bestimmte Verbot einer prohibitiven Wirkung der Gebührenbemessung. Die Gebührenhöhe sei geeignet, potentielle Informationsberechtigte von der Stellung eines Informationsantrags abzuhalten. Liege - wie hier - nur ein Antrag vor, der sich auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt beziehe, sei auch gebührenmäßig von einem einheitlichen Informationsbegehren auszugehen. Die angefochtenen Bescheide seien auch hinsichtlich der Erhebung von Auslagen rechtswidrig. Es fehle an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.


Pressemitteilung Nr. 87/2016 vom 20.10.2016

Kosten für die Gewährung von Informationszugang

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Entscheidung über einen Antrag auf Informationszugang, der einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft, im Hinblick auf die dafür anfallenden Gebühren als einheitliche Amtshandlung anzusehen ist. Das gilt auch dann, wenn die informationspflichtige Stelle das Informationsbegehren mit mehreren Verwaltungsakten beschieden hat.


Die Kläger sind Journalisten und beantragten im Zuge von Recherchen über die finanzielle Förderung der deutschen Sportverbände bei dem Bundesministerium des Innern Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Das Bundesministerium gab dem Informationsbegehren mit mehr als 60 Bescheiden teilweise statt und setzte hierfür Gebühren i.H.v. über 12 000 € und Auslagen i.H.v. über 2 000 € fest. Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Die Aufspaltung des Informationsantrags in zahlreiche Einzelbegehren und eine entsprechende Zahl gebührenpflichtiger Amtshandlungen verstoße gegen das im Informationsfreiheitsgesetz bestimmte Verbot einer abschreckenden Wirkung der Gebührenbemessung. Auslagen könnten auch nicht erhoben werden, weil es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehle. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Über einen Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde in der Regel mit einem nach § 10 Abs. 1 IFG gebührenpflichtigen Verwaltungsakt. Die Gebühren sind innerhalb eines Rahmens, der auch bei einem höheren Verwaltungsaufwand 500 € nicht übersteigt, gemäß § 10 Abs. 2 IFG so zu bemessen, dass der begehrte Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Diese Vorgaben sind auch zu beachten, wenn die Behörde - etwa wegen des Umfangs der Informationen ‑ mehrere Bescheide erlässt. Betrifft ein auf Informationszugang gerichteter Antrag einen einheitlichen Lebenssachverhalt, so stellt seine Bescheidung - unabhängig von der Zahl der ergangenen Verwaltungsakte - gebührenrechtlich eine einheitliche Amtshandlung dar, die eine Gebühr von höchstens 500 € auslöst. Der Erhebung von Auslagen steht entgegen, dass die hierauf bezogenen Teile der Informationsgebührenverordnung mangels einer gesetzlichen Grundlage nichtig sind.


BVerwG 7 C 6.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 26.14 - Urteil vom 19. März 2015 -

VG Berlin, 2 K 232.13 - Urteil vom 10. Juli 2014 -


Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 6.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C6.15.0

Kosten für die Gewährung von Informationszugang

Leitsätze:

1. Betrifft ein auf Informationszugang gerichteter Antrag einen einheitlichen Lebenssachverhalt, so stellt seine Bescheidung - unabhängig von der Zahl der ergangenen Verwaltungsakte - gebührenrechtlich eine einheitliche Amtshandlung dar.

2. Die Regelungen der Informationsgebührenverordnung über die Erhebung von Auslagen sind mangels einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage unwirksam.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 80 Abs. 1 Satz 2
    IFG § 7 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 1, 2 und 3
    VwKostG § 10 Abs. 1 Nr. 2
    BGebG § 23 Abs. 1 und 2
    IFGGebV § 1 Abs. 1

  • VG Berlin - 10.07.2014 - AZ: VG 2 K 232.13
    OVG Berlin-Brandenburg - 19.03.2015 - AZ: OVG 12 B 26.14

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 6.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C6.15.0]

Urteil

BVerwG 7 C 6.15

  • VG Berlin - 10.07.2014 - AZ: VG 2 K 232.13
  • OVG Berlin-Brandenburg - 19.03.2015 - AZ: OVG 12 B 26.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer
und Böhmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. März 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Kläger sind Journalisten und begehren die Aufhebung von Kostenentscheidungen für die Gewährung von Informationszugang.

2 Im Mai 2011 beantragten die Kläger im Zuge von Recherchen über die finanzielle Förderung der deutschen Sportverbände bei dem Bundesministerium des Innern Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Nachdem die Kläger um Mitteilung eventuell anfallender Kosten gebeten hatten, wies das Bundesministerium darauf hin, dass 31 Themengebiete betroffen seien und damit eine entsprechende Anzahl an Einzelanträgen vorliege. Im Februar 2012 beantragten die Kläger darüber hinaus Einsicht in die Strukturpläne des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ab dem Jahr 2001. Das Ministerium wies die Kläger darauf hin, dass dieser Antrag zu 35 neuen kostenmäßig zu berücksichtigenden Einzelanträgen führe.

3 Das Bundesministerium gab den Anträgen mit insgesamt 66 Bescheiden teilweise statt und setzte hierfür Gebühren in Höhe von insgesamt 12 676,25 € und Auslagen von insgesamt 2 275,95 € fest. Den gegen 64 der 66 Kostenentscheidungen erhobenen Widerspruch wies das Bundesministerium mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2013 zurück.

4 Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: § 10 Abs. 2 IFG enthalte mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer wirksamen Inanspruchnahme des Informationszugangs das Verbot einer abschreckenden Wirkung der Gebührenbemessung. Ein Verstoß gegen dieses Verbot sei nicht nur dann anzunehmen, wenn die Gebühr in einem groben Missverhältnis zu dem Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand stehe, sondern auch dann, wenn sie prohibitiv wirke. Dass die Kläger vorab über die Kostenfolge ihrer Anträge informiert worden seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Festsetzung der Auslagen komme wegen Fehlens einer hinreichenden Rechtsgrundlage nicht in Betracht. § 10 Abs. 3 IFG enthalte keine gesetzliche Ermächtigung, Auslagentatbestände und Auslagensätze im Wege einer Rechtsverordnung zu regeln.

5 Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor: Das Oberverwaltungsgericht habe einen unzutreffenden Maßstab für das Vorliegen eines Informationsbegehrens angewandt. Es komme auf die materielle Teilbarkeit des Informationsantrags an. Für die Erhebung von Auslagen könne § 10 Abs. 3 IFG im Wege einer erweiternden Auslegung eine wirksame Ermächtigungsgrundlage entnommen werden. Im Übrigen folge eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Auslagen aus dem ergänzend anwendbaren § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG.

6 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. März 2015 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

7 Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8 Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

II

9 Die zulässige Revision ist nicht begründet. In Bezug auf die Ausführungen zur Gebührenerhebung verstößt das Berufungsurteil nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; 1.). Ob Gleiches in jeglicher Hinsicht auch gilt, soweit das Berufungsurteil die Auslagenerstattung betrifft, kann dahinstehen; denn insoweit erweist es sich jedenfalls als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO; 2.).

10 1. Die Aufspaltung eines einheitlichen Informationsbegehrens in eine Vielzahl von Einzelanträgen ist mit dem in § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG a.F.) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722) angelegten Verbot einer abschreckend wirkenden Gebührenerhebung unvereinbar.

11 a) Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht § 10 IFG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung - IFGGebV) in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7. August 2013 (BGBI. I S. 3154) gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) als Rechtsgrundlage der Gebührenerhebung herangezogen.

12 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beurteilt sich die Frage, ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt, nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Juli 1989 - 7 C 39.87 - BVerwGE 82, 260 <261> und vom 31. März 2004 - 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250>). Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33).

13 bb) Eine derartige abweichende Regelung trifft § 11 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) i.d.F. des Gesetzes vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821); auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 20. September 2013 ist demnach nicht abzustellen. § 11 Abs. 1 VwKostG bestimmt - soweit hier von Interesse -, dass die Gebührenschuld bei antragsgebundenen Amtshandlungen mit dem Eingang des Antrags bei der zuständigen Behörde entsteht; dies dient insbesondere der Vorhersehbarkeit der Kosten für den Antragsteller (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 2010 - 3 B 46.10 - Buchholz 401.85 VwKostG Nr. 11 Rn. 5) und legt zugleich die Antragstellung als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt fest. Hierzu enthält § 10 IFG a.F. nebst der Informationsgebührenverordnung keine Regelung, so dass ergänzend auf das Verwaltungskostengesetz zurückzugreifen ist (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 10 Rn. 11 ff.; Debus, DVBl 2013, 9).

14 cc) Auch wenn § 11 Abs. 1 VwKostG seinerseits nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes am 15. August 2013 außer Kraft getreten ist, ergibt sich seine Anwendung im vorliegenden Fall aus § 23 Abs. 1 des an seine Stelle getretenen Gesetzes über Gebühren und Auslagen des Bundes (Bundesgebührengesetz - BGebG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666). Danach ist für die Erhebung von Gebühren und Auslagen für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung, die vor dem 15. August 2013 beantragt oder begonnen, aber noch nicht vollständig erbracht wurde, das Verwaltungskostengesetz weiter anzuwenden. Nach ihrem Wortlaut betrifft die Vorschrift zwar nur Fälle noch nicht durchgeführter Leistungen, ihre Zwecksetzung gebietet aber eine erweiternde Interpretation, die auch Fälle abgeschlossener Leistungserbringung erfasst. Denn der Gesetzgeber wollte mit § 23 Abs. 1 BGebG aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsvorschrift schaffen (vgl. BT-Drs. 17/10422 S. 118). Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes beansprucht indessen nicht nur in den von § 23 Abs. 1 BGebG ausdrücklich geregelten Fällen, sondern erst recht dann Geltung, wenn die gebührenpflichtige Amtshandlung vor Inkrafttreten der Neuregelungen nicht nur beantragt, sondern darüber hinaus vollständig erbracht war.

15 dd) Anderes folgt auch nicht daraus, dass nach der amtlichen Begründung zu § 23 BGebG für die Fälle, in denen die Leistungserbringung bis zum Inkrafttreten des Bundesgebührengesetzes abgeschlossen ist, die Übergangsregelungen in § 23 Abs. 2 bis 7 BGebG gelten sollen. Damit will der Gesetzgeber insbesondere gewährleisten, dass für die geltenden fachrechtlichen Vorschriften über die Erhebung von Gebühren und Auslagen die nach dem Verwaltungskostengesetz bestehenden bisherigen Kalkulationsgrundlagen in der Übergangszeit bis zur Ablösung des gebührenrechtlichen Fachrechts durch die Gebührenverordnungen nach § 22 Abs. 3 und 4 BGebG fortgelten (BT-Drs. 17/10422 S. 118); jedenfalls insoweit steht § 23 Abs. 2 bis 7 BGebG deshalb einem am Grundsatz des Vertrauensschutzes orientierten erweiternden Verständnis des § 23 Abs. 1 BGebG nicht entgegen.

16 b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass in den Fällen, in denen ein Informationsantrag zu einem einheitlichen Lebenssachverhalt gestellt wird, ein einheitliches Informationsbegehren vorliegt, dessen Bescheidung unabhängig von der Zahl der erlassenen Verwaltungsakte gebührenrechtlich eine einheitliche Amtshandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. darstellt, begegnet keinen bundesrechtlichen Bedenken.

17 aa) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. werden Gebühren für Amtshandlungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhoben. Gemäß Satz 2 der Vorschrift sind sie so zu bemessen, dass der Informationszugang nach § 1 IFG wirksam in Anspruch genommen werden kann.

18 Diese Vorschrift ist Ausdruck des gesetzgeberischen Ziels, dass jeder gegenüber den Behörden und Einrichtungen des Bundes einen Anspruch auf Informationszugang haben soll, ohne hiervon durch erhebliche finanzielle Hürden abgeschreckt zu werden. Deshalb sollen Gebühren und Auslagen orientiert am Verwaltungsaufwand, jedoch nicht notwendig kostendeckend bemessen werden. Die Bemessung der Gebühren nach § 10 Abs. 2 IFG a.F. hat den Verwaltungsaufwand - nur - zu berücksichtigen, die wirksame Inanspruchnahme des Informationszugangs aber in vollem Umfang zu gewährleisten. Die Gebühren dürfen also nicht abschreckend wirken (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 6 und 16). Für die Frage einer abschreckenden Wirkung der Gebührenbemessung ist entscheidend, ob die Gebühr ihrer Höhe nach objektiv geeignet ist, potentielle Antragsteller von der Geltendmachung eines Anspruchs auf Informationszugang abzuhalten (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 10 Rn. 73 bis 78).

19 bb) Das lässt sich effektiv nur ausschließen, wenn das Verbot abschreckender Wirkung nicht allein bei der Bemessung der Gebührenhöhe nach § 10 Abs. 2 IFG a.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFGGebV a.F., sondern auch bereits bei der Bestimmung der einzelnen gebührenpflichtigen Amtshandlung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. beachtet wird. § 10 Abs. 2 IFG a.F. beansprucht deshalb nach seinem Sinn und Zweck auch auf dieser Ebene Geltung.

20 Der Begriff der Amtshandlung ist im Informationsfreiheitsgesetz nicht definiert und im Verwaltungskostengesetz nur allgemein umschrieben worden (vgl. § 1 Abs. 1 VwKostG), erschließt sich aber aus § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG. Danach entscheidet die verfügungsberechtigte Behörde über den Antrag auf Informationszugang durch Verwaltungsakt. Dieser Verwaltungsakt ist die Amtshandlung, an die die Gebührenpflicht anknüpft. Das eröffnet der Behörde jedoch nicht die Möglichkeit, durch Aufteilung ihrer Sachentscheidung auf mehrere Verwaltungsakte die Zahl der Gebühren zu erhöhen. Dem steht das erwähnte Verbot prohibitiv wirkender Gebührenerhebung entgegen. Enthält ein Informationszugangsantrag ein einheitliches Zugangsbegehren, so ist dessen Bescheidung gebührenrechtlich als eine Amtshandlung zu qualifizieren, gleichviel ob sie durch einen oder mehrere Verwaltungsakte erfolgt. Ob ein Antrag ein oder mehrere Begehren enthält, hängt - wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben - von dem konkreten Sachverhalt ab. Stellt dieser sich bei wertender Betrachtung als einheitlicher Lebenssachverhalt dar, so liegt nur ein Begehren vor, dessen Bescheidung gebührenrechtlich nur eine Amtshandlung ist. Für dieses Verständnis streitet auch § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 IFG a.F. In diesen Regelungen geht das Informationsfreiheitsgesetz davon aus, dass über einen Zugangsantrag durch einen Verwaltungsakt entschieden wird. Eine Aufspaltung in mehrere Verwaltungsakte erweist sich danach als Ausnahme, die nur dann mehrere Gebühren rechtfertigen kann, wenn in einem Antrag mehrere Begehren zusammengefasst sind.

21 cc) Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen, dass von höchstens zwei Informationsbegehren der Kläger zu dem einheitlichen Lebenssachverhalt "Förderung des Sports durch das Bundesministerium des Innern" auszugehen ist. Das unterliegt keinen bundesrechtlichen Bedenken und überschreitet insbesondere nicht die rechtlichen Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238>). Auch wenn die Bescheidung der Informationsbegehren durch 66 Verwaltungsakte erfolgte, lösten diese Begehren lediglich höchstens zwei gebührenpflichtige Amtshandlungen aus. Hiermit stehen die angefochtenen Bescheide, die von 64 Amtshandlungen ausgehen, nicht in Einklang.

22 Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass die angefochtenen Bescheide, soweit mit ihnen Gebühren festgesetzt werden, insgesamt aufzuheben und nicht teilweise aufrecht zu erhalten sind. Es fehlt an einer rechtmäßigen, auf die maßgeblichen Amtshandlungen bezogenen Ermessensausübung der Beklagten hinsichtlich der nach Teil A Nr. 1.2 bis 3 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses zur Informationsgebührenverordnung innerhalb der dort vorgegebenen Rahmen festzusetzenden Gebühr. Dies hat zur Folge, dass die angefochtenen Gebührenfestsetzungen insgesamt rechtswidrig sind.

23 2. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist ebenfalls frei von Bundesrechtsverstößen, soweit es die Rechtswidrigkeit der festgesetzten Auslagen in Höhe von 2 184,35 € bejaht hat.

24 a) Die angefochtenen Bescheide können insoweit nicht auf die Teile der Informationsgebührenverordnung gestützt werden, die die Erhebung von Auslagen regeln, weil diese Vorschriften mangels einer den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügenden Ermächtigungsgrundlage unwirksam sind.

25 aa) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen im Gesetz bestimmt werden. Der Gesetzgeber muss daher selbst entscheiden, welche Fragen innerhalb welcher Grenzen und mit welchem Ziel durch die Rechtsverordnung geregelt werden sollen. Die Ermächtigung muss von Verfassungs wegen hinreichend bestimmt sein. Es genügt, wenn die Grenzen der Ermächtigung durch Auslegung anhand der allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze bestimmbar sind; dabei sind Zielsetzung des Gesetzes, Sinnzusammenhang mit anderen Bestimmungen und Entstehungsgeschichte des Gesetzes von Bedeutung (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 - 2 BvC 3/07 u.a. - BVerfGE 123, 39, 78 m.w.N.). Die vom Verordnungsgeber in Anspruch genommene Rechtsetzungsbefugnis muss sich zudem aus der nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG angeführten Rechtsgrundlage ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 - 7 C 17.12 - BVerwGE 152, 1 Rn. 22). Die genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

26 bb) § 10 Abs. 3 Satz 1 IFG a.F. ermächtigt lediglich zur Bestimmung von Gebührentatbeständen und -sätzen durch Rechtsverordnung. Regelungen, die Auslagen zum Gegenstand haben, sind hiervon nicht erfasst. Auslagen, die nach allgemein anerkanntem Begriffsverständnis unter dem Oberbegriff der Kosten mit den Gebühren zusammengefasst werden, sind von letzteren zu unterscheiden (vgl. Schlabach, Gebührenrecht der Verwaltung in Baden-Württemberg, § 1 VwKostG Rn. 1; § 10 VwKostG Rn. 1), wie sich nunmehr auch aus den unterschiedlichen Legaldefinitionen in § 3 Abs. 4 und 5 BGebG ergibt.

27 cc) Eine von diesem anerkannten Begriffsverständnis abweichende, auch die Regelung von Auslagentatbeständen und -sätzen erlaubende Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 1 IFG a.F. kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts der Norm nicht in Betracht und lässt sich auch nicht auf die Systematik, die Gesetzgebungsgeschichte oder die Zielsetzung des § 10 IFG a.F. stützen. Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. zwar die Erhebung von Auslagen für Amtshandlungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich vorgesehen, wobei Näheres in einer Rechtsverordnung geregelt werden sollte (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16). Gleichwohl hat er bislang davon abgesehen, § 10 Abs. 3 Satz 1 IFG a.F. so auszugestalten, dass auch die Auslagenerstattung in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Weise erfasst wird. Dagegen hat er die entsprechende Verordnungsermächtigung in § 10 Abs. 2 des Umweltinformationsgesetzes vom 8. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490), die sich ebenfalls nur auf die Regelung der Höhe der Gebühren bezog, durch Art. 21 Nr. 4 Buchst. a des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) auf die Regelung der Höhe der Kosten und damit auch der Auslagen durch den Verordnungsgeber erweitert. Diese partielle Untätigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage im Informationsfreiheitsgesetz steht deren erweiternder, über den Wortlaut hinausgehender Auslegung entgegen.

28 b) Die angefochtenen Bescheide können, soweit sie die Erstattung von Auslagen regeln, auch nicht auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gestützt werden. Das Berufungsurteil erweist sich jedenfalls im Ergebnis als richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), so dass offenbleiben kann, ob seine Begründung insoweit im Einklang mit Bundesrecht steht.

29 aa) § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG sieht eine Auslagenerstattung für weitere Ausfertigungen, Abschriften und Abzüge vor, die auf besonderen Antrag erstellt werden. Weder aus den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts noch aus sonstigen Umständen ergibt sich, dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die von der Beklagten erstellten Kopien stellen keine "weiteren" Abschriften im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG dar, weil sie lediglich für die Durchführung einer Amtshandlung - hier zur Erfüllung der Informationsbegehren der Kläger - gefertigt wurden. Ebenso fehlt es an einem gerade auf die Erstellung derartiger zusätzlicher Abschriften bezogenen, besonderen Antrag der Kläger.

30 bb) Damit kommt es auf die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge nicht mehr an. Mit ihr macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe seine aus § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgende Pflicht verletzt, die Höhe, in der ein rechtswidriger Abgabenbescheid aufrechterhalten werden kann, selbst festzustellen und den Betrag des von den Klägern geschuldeten Auslagenersatzes nach Maßgabe des von § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG in Bezug genommenen § 136 des Gesetzes über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung - KostO) zu ermitteln. Da indessen ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz von Auslagen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG schon dem Grunde nach nicht besteht, bedarf es keiner Entscheidung zur Höhe der Auslagen mehr.

31 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.