Beschluss vom 12.06.2007 -
BVerwG 9 B 28.07ECLI:DE:BVerwG:2007:120607B9B28.07.0
Leitsatz:
Die Bestandskraft der Schlussfeststellung (§ 149 Abs. 1 und 2 FlurbG) steht der Ergänzung eines Flurbereinigungsplans um einen Nachtrag, mit dem ein Ausgleichsanspruch gemäß § 51 FlurbG wegen im Zusammenhang mit der Flurbereinigung entstandener Schäden eines Beteiligten festgesetzt werden soll, regelmäßig entgegen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen vor den Zivilgerichten zu verfolgende (Schadensersatz-)Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung (wie BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - III ZR 241/84 - BGHZ 98, 85 <88>).
Beschluss
BVerwG 9 B 28.07
- VGH München - 01.03.2007 - AZ: VGH 13 A 06.854 -
- Bayerischer VGH München - 01.03.2007 - AZ: VGH 13 A 06.854
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Juni 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - Flurbereinigungsgericht - vom 1. März 2007 wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
- Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
1. Der Rechtssache kommt nicht die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die von der Beschwerde als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage,
ob mit der Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung gemäß § 149 FlurbG tatsächlich feststeht, dass den Beteiligten keinerlei erdenkliche Ansprüche mehr zustehen, die mit dem Flurbereinigungsverfahren im Zusammenhang stehen, oder ob vielmehr nur solche Ansprüche ausgeschlossen sein sollen, die unmittelbar im Flurbereinigungsverfahren selbst, im Rahmen des Flurbereinigungsgesetzes, hätten berücksichtigt werden müssen,
kann, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, ohne Weiteres anhand des Gesetzes und vorhandener Rechtsprechung beantwortet werden.
3 Die gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 FlurbG von der Flurbereinigungsbehörde zu treffende Schlussfeststellung ist der letzte der inhaltlich aufeinander bezogenen Verfahrensabschnitte, in die das Flurbereinigungsverfahren gegliedert ist. Diese Verfahrensstufung hat zur Folge, dass die in den einzelnen Verfahrensabschnitten ergangenen Regelungen einer selbständigen Anfechtbarkeit unterliegen und Einwendungen, die in einem früheren Verfahrensabschnitt gegen eine konkrete Regelung hätten vorgebracht werden müssen, in einem späteren Stadium regelmäßig unbeachtlich sind, sofern nicht eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 und 3 FlurbG in Betracht kommt (vgl. Urteil vom 16. September 1975 - BVerwG 5 C 44.75 - BVerwGE 49, 176 <178>). Die Schlussfeststellung hat, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, (u.a.) zur Voraussetzung, dass den Beteiligten keine Ansprüche mehr zustehen, die „im Flurbereinigungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen“. Vorher geltend zu machen und nach Bestandskraft der Schlussfeststellung regelmäßig ausgeschlossen sind somit solche Ansprüche, die - wie es die Zulassungsfrage formuliert - „unmittelbar im Flurbereinigungsverfahren selbst“ geltend zu machen sind. Dagegen sind z.B. etwaige Amtshaftungsansprüche nicht im Flurbereinigungsverfahren geltend zu machen; sie haben bei der Schlussfeststellung außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - III ZR 241/84 - BGHZ 98, 85 <88> = NJW 1987, 491 <492>).
4 Hier hat das Flurbereinigungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2007 ausweislich der darüber gefertigten Niederschrift den Kläger darauf hingewiesen, dass die von ihm geltend gemachten Ansprüche wegen von ihm behaupteter, im Einzelnen aufgeschlüsselter Schäden im Zusammenhang mit drei Flurbereinigungsverfahren entweder als Ausgleichsanspruch i.S.v. § 51 FlurbG zu behandeln oder im Wege der Amtshaftung (dann wäre eine Verweisung des Rechtsstreits an das Zivilgericht angezeigt) zu verfolgen seien. Ausweislich der erwähnten Niederschrift hat der Kläger trotz der in der mündlichen Verhandlung erörterten Bedenken, ob nach den bereits in den Jahren 1998 bzw. 2000 erfolgten Schlussfeststellungen in den drei Flurbereinigungsverfahren eine Festsetzung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche im Wege eines Nachtrags zu dem jeweiligen Flurbereinigungsplan noch möglich sei, darauf bestanden, den erstgenannten Weg zu verfolgen. Dass das Flurbereinigungsgericht daraufhin im hier angegriffenen Urteil einen Anspruch gemäß § 51 FlurbG verneint hat, weil der Kläger mit einem solchen Anspruch wegen der Unanfechtbarkeit der ergangenen Schlussfeststellungen ausgeschlossen sei, entspricht der dargestellten Rechtslage (vgl. Urteil vom 16. September 1975 a.a.O. S. 184). Wenn es dem Kläger, wie er dies nunmehr in seiner Nichtzulassungsbeschwerde darstellt, „nicht primär“ um einen Schadensausgleich gemäß § 51 FlurbG geht, sondern „vor allem“ bzw. „im wesentlichen“ um Ansprüche im Rahmen der Staatshaftung, ist er nach dem Obigen durch § 149 FlurbG nicht gehindert, diese im Zivilrechtsweg geltend zu machen.
5 2. Vor diesem Hintergrund liegen auch die von der Beschwerde gerügten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor. Das Flurbereinigungsgericht hat weder gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) noch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, noch hat es den Klageantrag des Klägers nicht voll erfasst (§ 88 VwGO). Für eine weitere Sachaufklärung über die genauen Umstände und Ausmaße der geltend gemachten Schäden des Klägers bestand auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts kein Anlass. Mit Blick auf die erwähnten Hinweise, die das Flurbereinigungsgericht in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, besteht auch kein Anhaltspunkt, dass eine weitergehende Gewährung von rechtlichem Gehör angezeigt gewesen oder dass das Klagebegehren, soweit dafür der Verwaltungsrechtsweg eröffnet war, unzutreffend erfasst worden wäre.
6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.