Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Die kla­gen­de Ge­mein­de wen­det sich ge­gen ei­ne dem Bei­ge­la­de­nen er­teil­te Bau­ge­neh­mi­gung zur Er­wei­te­rung ei­nes Wohn­ge­bäu­des. Die Kla­ge war in ers­ter und zwei­ter In­stanz er­folg­reich. Nach Auf­fas­sung des Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs han­delt es sich bei dem ge­plan­ten An­bau um ein Au­ßen­be­reichs­vor­ha­ben, das die Er­wei­te­rung oder Ver­fes­ti­gung ei­ner Split­ter­sied­lung be­fürch­ten las­se. „Er­wei­ter­ten Be­stands­schutz“ nach § 35 Abs. 4 Nr. 5 Buch­sta­be a BauGB ge­nie­ße das be­stehen­de Wohn­ge­bäu­de nicht, da es nicht zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet sei. Dies gel­te auch, wenn das ur­sprüng­lich als Wo­chen­end­haus ge­neh­mig­te Ge­bäu­de be­reits vor In­kraft­tre­ten des BBauG im Jahr 1960 als Wohn­haus ge­nutzt wor­den sei.


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on zur Klä­rung der Fra­ge zu­ge­las­sen, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Wohn­ge­bäu­de i.S.v. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buch­sta­be a BauGB zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet wor­den sind, die vor dem In­kraft­tre­ten des BBauG im Jahr 1960 ent­stan­den sind.


Be­schluss vom 03.07.2015 -
BVer­wG 4 B 18.15ECLI:DE:BVer­wG:2015:030715B4B18.15.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 4 B 18.15

  • VG Mün­chen - 28.10.2010 - AZ: VG M 11 K 10.278
  • VGH Mün­chen - 13.01.2015 - AZ: VGH 1 B 14.459

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 4. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 3. Ju­li 2015
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Ru­bel und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Gatz und Dr. Külp­mann
be­schlos­sen:

  1. Auf die Be­schwer­de des Bei­ge­la­de­nen wird die Ent­schei­dung des Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs über die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on ge­gen sein Ur­teil vom 13. Ja­nu­ar 2015 auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.
  4. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren vor­läu­fig auf 10 000 € fest­ge­setzt.

Grün­de

1 Die Be­schwer­de ist be­grün­det. Die Re­vi­si­on ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO zu­zu­las­sen, weil das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren vor­aus­sicht­lich zur Klä­rung der Fra­ge bei­tra­gen kann, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Ge­bäu­de im Sin­ne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet wor­den sind, die vor dem In­kraft­tre­ten des Bun­des­bau­ge­set­zes vom 23. Ju­ni 1960 (BGBl. I S. 341) ent­stan­den sind.

2 Die vor­läu­fi­ge Streit­wert­fest­set­zung für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­ruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 4 C 3.15 fort­ge­setzt. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt und beim Bun­des­fi­nanz­hof vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl. I S. 3091) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO ver­tre­ten las­sen.

Ur­teil vom 03.08.2016 -
BVer­wG 4 C 3.15ECLI:DE:BVer­wG:2016:030816U4C3.15.0

Leit­sät­ze:

1. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB ver­langt ein zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­te­tes Wohn­ge­bäu­de.

2. Be­stands­schutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB kann auch sol­chen Vor­ha­ben nicht von vorn­her­ein ver­sagt wer­den, de­ren ur­sprüng­li­che Er­rich­tung nicht an bun­des­recht­li­chen Zu­läs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen zu mes­sen war. Die ge­gen­tei­li­ge Auf­fas­sung (BVer­wG, Ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - BVer­w­GE 107, 264 <269>) gibt der Se­nat auf.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 4 C 3.15

  • VG Mün­chen - 28.10.2010 - AZ: VG M 11 K 10.278
  • VGH Mün­chen - 13.01.2015 - AZ: VGH 1 B 14.459

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 4. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 3. Au­gust 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Ru­bel und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Gatz, Petz, Dr. De­cker und Dr. Külp­mann
oh­ne wei­te­re münd­li­che Ver­hand­lung für Recht er­kannt:

  1. Auf die Re­vi­si­on des Bei­ge­la­de­nen wird das Ur­teil des Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs vom 13. Ja­nu­ar 2015 auf­ge­ho­ben.
  2. Die Sa­che wird zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an den Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­rück­ver­wie­sen.
  3. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt der Schluss­ent­schei­dung vor­be­hal­ten.

Grün­de

I

1 Die kla­gen­de Ge­mein­de wen­det sich ge­gen ei­ne Bau­ge­neh­mi­gung für die Er­wei­te­rung ei­nes Ge­bäu­des.

2 Der Bei­ge­la­de­ne ist Ei­gen­tü­mer des Grund­stücks G.​straße 38 im Ge­mein­de­ge­biet des Klä­gers (Ge­mar­kung R., Flur-Nr. A), das mit ei­nem ein­ge­schos­si­gen Ge­bäu­de mit rund 31 m² Grund­flä­che be­baut ist. Der Flä­chen­nut­zungs­plan weist ei­ne pla­ne­risch be­deut­sa­me Grün­flä­che aus; das Grund­stück liegt im Gel­tungs­be­reich der Ver­ord­nung über das Land­schafts­schutz­ge­biet "Am­mer­see-West" vom 1. Ok­to­ber 1997. Ein Be­bau­ungs­plan fehlt. Auf dem süd­lich an­gren­zen­den Grund­stück steht ein Wohn­haus, nach Wes­ten, Nor­den und Os­ten hin be­fin­den sich nur un­ter­ge­ord­ne­te Bau­lich­kei­ten.

3 Das auf dem Grund­stück vor­han­de­ne Ge­bäu­de wur­de ur­sprüng­lich vor dem 2. Welt­krieg er­rich­tet. Un­ter dem 8. Ja­nu­ar 1952 ge­neh­mig­te das Land­rats­amt Lands­berg/Lech den Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­trag ei­ner Er­ben­ge­mein­schaft nach § 4 des Ge­set­zes über die Auf­schlie­ßung von Wohn­sied­lungs­ge­bie­ten vom 22. Sep­tem­ber 1933 (RGBl. I S. 659) in der Fas­sung des Än­de­rungs­ge­set­zes vom 27. Sep­tem­ber 1938 (RGBl. I S. 1246) (Wohn­sied­lungs­ge­setz - WSG). In den Auf­la­gen be­stimmt der Be­scheid: "Auf den Grund­stü­cken Pl.​Nr. B ([...]) darf je 1 Haupt­ge­bäu­de er­rich­tet wer­den. Et­wai­ge Ne­ben­ge­bäu­de sind mit dem Haupt­ge­bäu­de zu pla­nen und mit die­sem in ei­nen ar­chi­tek­to­ni­schen Zu­sam­men­hang zu brin­gen." Zu ei­nem wei­te­ren Grund­stück hei­ßt es, dort sei "das Wohn­ge­bäu­de in dem nach der Bau­ord­nung mög­li­chen ge­rings­ten Ab­stand von der West­gren­ze" zu er­rich­ten. Mit Be­scheid vom 10. Ju­ni 1954 ge­neh­mig­te das Land­rats­amt Lands­berg/Lech Um- und An­bau­ar­bei­ten "am Wo­chen­end­haus".

4 Der Bei­ge­la­de­ne will das Ge­bäu­de um ei­nen Schlaf­raum mit et­wa 18 m² Grund­flä­che er­wei­tern. Für die­ses Vor­ha­ben er­teil­te das zu­stän­di­ge Land­rats­amt un­ter dem 8. Ja­nu­ar 2010 ei­ne Bau­ge­neh­mi­gung bei gleich­zei­ti­ger Er­set­zung des zu­vor ver­wei­ger­ten ge­meind­li­chen Ein­ver­neh­mens des Klä­gers.

5 Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat die Bau­ge­neh­mi­gung auf­ge­ho­ben, die Be­ru­fung des Bei­ge­la­de­nen hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­rück­ge­wie­sen (VGH Mün­chen, Ur­teil vom 17. April 2013 - 1 B 11.28 00 - BRS 81 Nr. 127). Mit Be­schluss vom 16. Ja­nu­ar 2014 - 4 B 32.13 - (ZfBR 2014, 375) hat der er­ken­nen­de Se­nat die­ses Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che we­gen ei­nes Ver­fah­rens­feh­lers an den Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­rück­ver­wie­sen. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ha­be nach sei­ner Rechts­auf­fas­sung der Fra­ge nach­ge­hen müs­sen, wel­che Er­schlie­ßungs­auf­wen­dun­gen die Nut­zung des Ge­bäu­des als Wohn­ge­bäu­de er­for­dert hät­ten und ob die­se un­wirt­schaft­lich ge­we­sen sei­en.

6 Mit dem an­ge­grif­fe­nen Ur­teil hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Be­ru­fung des Bei­ge­la­de­nen er­neut zu­rück­ge­wie­sen. Das Vor­ha­ben lie­ge pla­nungs­recht­lich im Au­ßen­be­reich und sei als sons­ti­ges Vor­ha­ben nach § 35 Abs. 2 BauGB un­zu­läs­sig. Es dro­he die Er­wei­te­rung oder Ver­fes­ti­gung ei­ner be­stehen­den Split­ter­sied­lung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Die­ser Be­lang kön­ne dem Vor­ha­ben ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, auch wenn das Be­stands­ge­bäu­de seit 1959 zum dau­ern­den Woh­nen ge­nutzt wor­den sein soll­te. Denn es sei je­den­falls als Wohn­ge­bäu­de nicht zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet im Sin­ne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB.

7 Die Bau­ge­neh­mi­gung aus dem Jahr 1954 ha­be das ge­sam­te Ge­bäu­de als Wo­chen­end­haus le­ga­li­siert. Ei­ne - un­ter­stell­te - Um­nut­zung zu Wohn­zwe­cken ab dem Jahr 1959 ha­be nicht zu ei­nem zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­te­ten Wohn­ge­bäu­de im Sin­ne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB ge­führt. Denn zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet sei­en nur Vor­ha­ben, de­ren Zu­läs­sig­keit über­haupt an bun­des­recht­li­chem Be­bau­ungs­recht, im Jahr 1959 al­so an der bun­des­recht­lich fort­gel­ten­den Ver­ord­nung über die Re­ge­lung der Be­bau­ung vom 15. De­zem­ber 1936 (RGBl. I S. 104) (Bau­re­ge­lungs­ver­ord­nung - Bau­Reg­VO) zu mes­sen ge­we­sen sei. Dar­an feh­le es bei dem nach dem sei­ner­zei­ti­gen Lan­des­recht an­zei­ge- und ge­neh­mi­gungs­frei zu­läs­si­gen Über­gang von ei­ner Frei­zeit­nut­zung zu ei­ner dau­er­haf­ten Wohn­nut­zung. Auf das Vor­lie­gen un­wirt­schaft­li­cher Er­schlie­ßungs­auf­wen­dun­gen kom­me es nicht an.

8 Da­ge­gen wen­det sich die vom Se­nat zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on des Bei­ge­la­de­nen, die der Be­klag­te oh­ne ei­ge­nen Sach­an­trag un­ter­stützt. Der Klä­ger ver­tei­digt je­den­falls das vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ge­fun­de­ne Er­geb­nis.

II

9 Der Se­nat kann oh­ne (wei­te­re) münd­li­che Ver­hand­lung ent­schei­den, weil die Be­tei­lig­ten hier­auf ver­zich­tet ha­ben (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141, § 125 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO).

10 Die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on hat Er­folg. Das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs be­ruht auf ei­ner Ver­let­zung von Bun­des­recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO) (1.) und stellt sich auch nicht nach § 144 Abs. 4 Vw­GO aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (2.). Die feh­len­de Spruch­rei­fe führt zur Zu­rück­ver­wei­sung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Vw­GO) (3.).

11 1. a) Über die Zu­läs­sig­keit des Vor­ha­bens konn­te von der Bau­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de des Be­klag­ten nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur im Ein­ver­neh­men mit dem Klä­ger ent­schie­den wer­den, wenn nicht die nach Lan­des­recht zu­stän­di­ge Be­hör­de be­fugt war, das Ein­ver­neh­men nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu er­set­zen, weil des­sen Ver­sa­gung rechts­wid­rig war. Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB durf­te der Klä­ger sein Ein­ver­neh­men nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB er­ge­ben­den Grün­den ver­sa­gen. Auf sei­ne Kla­ge sind die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Vor­schrif­ten in vol­lem Um­fang nach­zu­prü­fen (BVer­wG, Ur­teil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 - BVer­w­GE 137, 74 Rn. 34; stRspr).

12 b) Nach der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz liegt das Vor­ha­ben­grund­stück nicht in­ner­halb ei­nes im Zu­sam­men­hang be­bau­ten Orts­teils nach § 34 Abs. 1 BauGB. Als sons­ti­ges Vor­ha­ben im Au­ßen­be­reich nach § 35 Abs. 2 BauGB be­ein­träch­ti­ge der zur Ge­neh­mi­gung ge­stell­te An­bau den öf­fent­li­chen Be­lang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, weil die Er­wei­te­rung oder Ver­fes­ti­gung ei­ner Split­ter­sied­lung zu be­fürch­ten sei. Dies nimmt die Re­vi­si­on hin.

13 c) Die Be­tei­lig­ten strei­ten um die Aus­le­gung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Er­füllt ein sons­ti­ges Vor­ha­ben im Sin­ne des § 35 Abs. 2 BauGB die dort ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen, so kann ihm nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, dass es die Ent­ste­hung, Ver­fes­ti­gung oder Er­wei­te­rung ei­ner Split­ter­sied­lung be­fürch­ten lässt, so­weit es im Üb­ri­gen au­ßen­be­reichs­ver­träg­lich im Sin­ne des § 35 Abs. 3 BauGB ist. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB setzt für die Pri­vi­le­gie­rung der Er­wei­te­rung ei­nes Wohn­ge­bäu­des vor­aus, dass das Ge­bäu­de zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet wor­den ist. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat die­se Vor­aus­set­zung un­ter Ver­stoß ge­gen Bun­des­recht ver­neint.

14 aa) § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB ver­langt ein zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­te­tes Wohn­ge­bäu­de. Da­von geht der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­tref­fend aus (UA Rn. 33).

15 Zwar spricht § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB nur von ei­nem Ge­bäu­de, die­se For­mu­lie­rung be­zeich­net aber das zu Be­ginn der Num­mer 5 ge­nann­te Wohn­ge­bäu­de. Dies er­gab sich in der bis zum 31. De­zem­ber 1997 gel­ten­den Fas­sung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB vom 8. De­zem­ber 1986 (BGBl. I S. 2191, 2253) aus dem Wort­laut der Norm, der von der Er­wei­te­rung von zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­te­ten Wohn­ge­bäu­den sprach. Die Neu­fas­sung durch das Ge­setz zur Än­de­rung des Bau­ge­setz­buchs und zur Neu­re­ge­lung des Rechts der Raum­ord­nung (Bau- und Raum­ord­nungs­ge­setz 1998 - Bau­ROG 1998) vom 18. Au­gust 1997 (BGBl. I S. 2081) hat dar­an nichts ge­än­dert, son­dern ver­folg­te in­so­weit al­lein re­dak­tio­nel­le Zie­le (BT-Drs. 13/6392 S. 59). Die­se Sicht­wei­se ent­spricht dem ge­setz­ge­be­ri­schen Ziel, die Be­völ­ke­rung mit Wohn­raum zu ver­sor­gen (BVer­wG, Be­schluss vom 16. Ja­nu­ar 2014 - 4 B 32.13 - ZfBR 2014, 375 Rn. 5). Auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB kann sich da­her nicht be­ru­fen, wer ein zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­te­tes Ge­bäu­de er­wei­tert und erst mit die­ser Er­wei­te­rung ei­ne Um­nut­zung hin zu ei­ner Wohn­nut­zung vor­nimmt (BVer­wG, Be­schluss vom 13. Sep­tem­ber 1988 - 4 B 155.88 - Buch­holz 406.11 § 35 BBauG/BauGB Nr. 251 S. 17).

16 bb) Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat un­ter Be­ru­fung auf das Se­nats­ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - (BVer­w­GE 107, 264 <268 f.>) an­ge­nom­men, dem Bei­ge­la­de­nen kom­me selbst bei ei­ner - un­ter­stell­ten - Wohn­nut­zung seit dem Jahr 1959 § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht zu­gu­te, weil das Ge­bäu­de auch dann nicht als Wohn­ge­bäu­de zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet sei. Denn zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet kön­ne nur ein Vor­ha­ben sein, des­sen Zu­läs­sig­keit über­haupt an bun­des­recht­li­chem Be­bau­ungs­recht zu mes­sen ge­we­sen sei. Die­se An­nah­me ver­stö­ßt ge­gen Bun­des­recht.

17 (1) Al­ler­dings hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof, an­ders als der Bei­ge­la­de­ne meint, § 144 Abs. 6 Vw­GO nicht ver­letzt. Da­nach hat das Ge­richt, an das die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung zu­rück­ver­wie­sen ist, sei­ner Ent­schei­dung die recht­li­che Be­ur­tei­lung des Re­vi­si­ons­ge­richts zu­grun­de zu le­gen. Die Vor­schrift gilt auch für Zu­rück­ver­wei­sun­gen nach § 133 Abs. 6 Vw­GO (BVer­wG, Be­schlüs­se vom 21. Au­gust 1997 - 8 B 151.97 - Buch­holz 310 § 144 Vw­GO Nr. 65 S. 8 und vom 3. No­vem­ber 2011 - 2 B 1.11 - ju­ris Rn. 7). Die Bin­dungs­wir­kung des § 144 Abs. 6 Vw­GO er­fasst in­des nur die ent­schei­dungs­tra­gen­de Rechts­auf­fas­sung des Re­vi­si­ons­ge­richts ein­schlie­ß­lich der da­von mit­um­fass­ten lo­gi­schen Vor­aus­set­zun­gen (BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ju­ni 1992 - 3 C 16.90 - Buch­holz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68 S. 66 und Be­schluss vom 21. Au­gust 1997 - 8 B 151.97 - Buch­holz 310 § 144 Vw­GO Nr. 65 S. 8). Der zu­rück­ver­wei­sen­de Se­nats­be­schluss vom 16. Ja­nu­ar 2014 - 4 B 32.13 - (ZfBR 2014, 375 Rn. 18 ff.) stütz­te sich auf ei­nen Ver­fah­rens­feh­ler, näm­lich das Un­ter­las­sen ei­ner sich nach Ma­ß­ga­be der ma­te­ri­el­len Rechts­auf­fas­sung der Vor­in­stanz auf­drän­gen­den Auf­klä­rung. Die da­bei zum Aus­gangs­punkt ge­nom­me­ne ma­te­ri­el­le Rechts­auf­fas­sung der Vor­in­stanz nimmt an der Bin­dung des § 144 Abs. 6 Vw­GO nicht teil (BVer­wG, Be­schluss vom 11. Ju­li 2000 - 8 B 154.00 - Buch­holz 310 § 144 Vw­GO Nr. 68 S. 2). Die Aus­füh­run­gen zu den Grund­satz­rü­gen wa­ren für die Zu­rück­ver­wei­sung nicht ent­schei­dungs­tra­gend, so dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in­so­weit kei­ner Bin­dung nach § 144 Abs. 6 Vw­GO un­ter­lag.

18 (2) Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat aber zu ho­he An­for­de­run­gen an das Merk­mal ei­ner zu­läs­si­ger­wei­sen Er­rich­tung ei­nes Wohn­ge­bäu­des ge­stellt, wenn - wie hier - der Über­gang zu ei­ner Wohn­nut­zung an­zei­ge- und ge­neh­mi­gungs­frei er­laubt war. Nach der Recht­spre­chung des Se­nats ist ein Ge­bäu­de zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet, wenn es in Über­ein­stim­mung mit dem ma­te­ri­el­len Be­bau­ungs­recht er­rich­tet oder wenn - trotz ma­te­ri­el­ler Il­le­ga­li­tät - ei­ne Bau­ge­neh­mi­gung er­teilt wor­den ist (BVer­wG, Be­schluss vom 27. Ju­li 1994 - 4 B 48.94 - Buch­holz 406.11 § 35 BauGB Nr. 302 S. 39; Ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - BVer­w­GE 107, 264 <266>; Be­schlüs­se vom 5. Ju­ni 2007 - 4 B 20.07 - BRS 71 Nr. 113 Rn. 3 und vom 16. Ja­nu­ar 2014 - 4 B 32.13 - ZfBR 2014, 375 Rn. 5; der Sa­che nach be­reits BVer­wG, Ur­teil vom 8. Ju­ni 1979 - 4 C 23.77 - BVer­w­GE 58, 124 <126 f.>). Der Se­nat hat sich in sei­nem Ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - (BVer­w­GE 107, 264 <269>) ver­an­lasst ge­se­hen, ein­schrän­kend hier­zu sol­chen Vor­ha­ben Be­stands­schutz von vorn­her­ein zu ver­sa­gen, de­ren ur­sprüng­li­che Er­rich­tung nicht an den bun­des­recht­li­chen Zu­läs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen zu mes­sen war. An die­ser Ein­schrän­kung, auf die sich der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ent­schei­dungs­tra­gend ge­stützt hat, hält der Se­nat nicht fest.

19 Der Wort­laut "zu­läs­si­ger­wei­se er­rich­tet" kennt ei­ne sol­che Ein­schrän­kung nicht. Sie kann auch nicht mit dem Cha­rak­ter des § 35 Abs. 4 BauGB als eng aus­zu­le­gen­der Aus­nah­me­vor­schrift be­grün­det wer­den. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a BauGB soll ver­hin­dern, dass ein rechts­wid­rig ge­schaf­fe­ner Be­stand als An­knüp­fungs­punkt für ei­nen Be­stands­schutz dient. Stellt das Bau­pla­nungs­recht aber an ein Ge­bäu­de kei­ne An­for­de­run­gen, so darf es der Bau­herr er­rich­ten, oh­ne ge­gen Bau­pla­nungs­recht zu ver­sto­ßen. Es er­scheint nicht ge­recht­fer­tigt, den Bau­herrn ei­nes sol­chen Vor­ha­bens - auch mit Blick auf sei­ne fi­nan­zi­el­len Auf­wen­dun­gen - schlech­ter zu stel­len als den­je­ni­gen, der ein ma­te­ri­ell bau­rechts­wid­ri­ges, aber for­mell ge­neh­mig­tes Vor­ha­ben ins Werk setzt (Jä­de, UPR 1999, 298 <299>; vgl. auch Dürr, in: Brü­gel­mann, BauGB, Stand Dez. 2015, § 35 Rn. 135 und Schrö­ter, Die bau­pla­nungs­recht­li­che Zu­läs­sig­keit von Bau­vor­ha­ben im Au­ßen­be­reich, 2013, S. 987 ff.). Fin­det ei­ne bau­auf­sicht­li­che Kon­trol­le nicht statt, trägt der Bau­herr für die Be­ach­tung der bau­pla­nungs­recht­li­chen Vor­schrif­ten zwar selbst die Ver­ant­wor­tung (in­so­weit zu­tref­fend BVer­wG, Ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - BVer­w­GE 107, 264 <269>), dies gilt aber un­ab­hän­gig da­von, ob das bun­des­recht­li­che Bau­pla­nungs­recht An­for­de­run­gen an ein Vor­ha­ben stellt.

20 (3) Ei­ne im Jahr 1959 auf­ge­nom­me­ne Wohn­nut­zung wä­re for­mell recht­mä­ßig ge­we­sen. Zwar fehl­te es an ei­ner Bau­ge­neh­mi­gung, die for­mel­le Recht­mä­ßig­keit folg­te aber aus der 1952 er­teil­ten Wohn­sied­lungs­ge­neh­mi­gung. Es kommt da­her nicht auf die ma­te­ri­ell-recht­li­che Fra­ge an, ob die Auf­nah­me ei­ner Wohn­nut­zung an § 3 Bau­Reg­VO zu mes­sen ge­we­sen wä­re und des­sen An­for­de­run­gen ge­nügt hät­te.

21 (a) Nach Aus­le­gung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs hat der Be­scheid vom 10. Ju­ni 1954 den ge­sam­ten Be­stand als Wo­chen­end­haus le­ga­li­siert, weil die Be­zeich­nung als Wo­chen­end­haus den Zweck des Ge­bäu­des be­stim­me (UA Rn. 25 f.). Die­se Aus­le­gung un­ter­liegt als Tat­sa­chen­wür­di­gung nur ein­ge­schränk­ter re­vi­si­ons­ge­richt­li­cher Kon­trol­le. Der ta­trich­ter­lich er­mit­tel­te Er­klä­rungs­in­halt ist als Tat­sa­chen­fest­stel­lung nach § 137 Abs. 2 Vw­GO bin­dend, wenn das Tat­sa­chen­ge­richt den Re­ge­lungs­ge­halt ei­nes Ver­wal­tungs­akts nach den zu §§ 133, 157 BGB ent­wi­ckel­ten Re­geln er­mit­telt hat. Das Re­vi­si­ons­ge­richt kann den Ver­wal­tungs­akt nur selbst aus­le­gen, wenn das Aus­le­gungs­er­geb­nis nicht be­grün­det oder ei­ne den An­for­de­run­gen des § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO ge­nü­gen­de Ver­fah­rens­rü­ge er­ho­ben wor­den ist. Bei­des ist hier nicht der Fall. Fer­ner prüft das Re­vi­si­ons­ge­richt, ob sich das Tat­sa­chen­ge­richt durch ei­ne feh­ler­haf­te Vor­stel­lung des Bun­des­rechts den Blick für ei­ne zu­tref­fen­de Aus­le­gung ver­stellt hat (stRspr; vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 4. De­zem­ber 2001 - 4 C 2.00 - BVer­w­GE 115, 274 <279 f.> und vom 18. De­zem­ber 2014 - 4 C 35.13 - Buch­holz 442.42 § 27a Luft­VO Nr. 8 Rn. 74). Auch dies macht die Re­vi­si­on nicht gel­tend.

22 (b) Ei­ne im Jahr 1959 auf­ge­nom­me­ne Wohn­nut­zung wä­re den­noch for­mell recht­mä­ßig. Die nach dem un­strei­ti­gen Ak­ten­in­halt er­teil­te Wohn­sied­lungs­ge­neh­mi­gung des Land­rats­amts Lands­berg/Lech vom 8. Ja­nu­ar 1952 nach § 4 WSG be­jah­te die be­bau­ungs­recht­li­che Zu­läs­sig­keit ei­ner Wohn­nut­zung ver­gleich­bar ei­ner Bau­ge­neh­mi­gung (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 8. Ok­to­ber 1998 - 4 C 6.97 - BVer­w­GE 107, 264 <267>). Die­se Fest­stel­lung kann der Se­nat man­gels ei­ner Aus­le­gung des Be­schei­des durch die Vor­in­stanz selbst tref­fen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 4. De­zem­ber 2001 - 4 C 2.00 - BVer­w­GE 115, 274 <280> und Be­schluss vom 6. April 2004 - 4 B 2.04 - Buch­holz 310 § 137 Abs. 2 Vw­GO Nr. 12 S. 4).

23 Nach § 4 Abs. 1 WSG be­durf­te in Wohn­sied­lungs­ge­bie­ten die Tei­lung ei­nes Grund­stücks, die Auf­las­sung ei­nes Grund­stücks oder ei­nes Grund­stücks­teils so­wie je­de Ver­ein­ba­rung, durch die ei­nem an­de­ren ein Recht zur Nut­zung oder Be­bau­ung ei­nes Grund­stücks oder Grund­stücks­teils ein­ge­räumt wird, zu ih­rer Wirk­sam­keit der Ge­neh­mi­gung der zu­stän­di­gen Be­hör­de. Die Ge­neh­mi­gungs­pflicht soll­te die Wir­kung der an sich vor­han­de­nen bau­recht­li­chen Hand­ha­ben zeit­lich vor­ver­le­gen, näm­lich vom Zeit­punkt der Ein­rei­chung des Bau­ge­suchs auf die den Bau vor­be­rei­ten­den Grund­stücks­ge­schäf­te. Ins­be­son­de­re soll­ten Käu­fer von Grund­stü­cken da­vor ge­schützt wer­den, Par­zel­len zu er­wer­ben, de­ren Be­bau­ung ih­nen spä­ter nicht ge­stat­tet wer­den konn­te. Ei­ne Bau­ge­neh­mi­gung konn­te da­her nicht aus Grün­den ab­ge­lehnt wer­den, die Ge­gen­stand der Prü­fung im Wohn­sied­lungs­ver­fah­ren wa­ren (BVer­wG, Ur­teil vom 28. Ju­ni 1956 - 1 C 93.54 - BVer­w­GE 3, 351 <352>), viel­mehr ent­fal­tet die Wohn­sied­lungs­ge­neh­mi­gung Bin­dungs­wir­kung hin­sicht­lich der von ihr ge­prüf­ten bau­recht­li­chen An­sprü­che (BVer­wG, Be­schluss vom 1. Ju­li 2013 - 4 B 10.13 - BRS 81 Nr. 154 Rn. 6).

24 Ge­gen­stand des Wohn­sied­lungs­be­schei­des vom 8. Ja­nu­ar 1952 war ent­spre­chend dem Zweck des zu­grun­de­lie­gen­den Ge­set­zes ei­ne Wohn­nut­zung. In Über­ein­stim­mung hier­mit spricht Nr. 1 der Auf­la­gen von ei­ner Be­bau­ung mit ei­nem "Haupt­ge­bäu­de" und der Mög­lich­keit von Ne­ben­ge­bäu­den; die­se Re­ge­lung passt nicht auf Wo­chen­end­häu­ser. Ei­ne Be­bau­ung auf Flur­stück C wird zu­dem aus­drück­lich als "Wohn­ge­bäu­de" be­zeich­net. Es feh­len An­halts­punk­te da­für, dass für die üb­ri­gen Grund­stü­cke, ins­be­son­de­re das Vor­ha­ben­grund­stück, ei­ne an­de­re Nut­zung ge­meint sein könn­te.

25 Da­mit stell­te der Wohn­sied­lungs­be­scheid die Zu­läs­sig­keit ei­ner Wohn­nut­zung fest. Un­wirt­schaft­li­che Er­schlie­ßungs­auf­wen­dun­gen nach § 3 Bau­Reg­VO konn­ten ihr nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, weil sie nach dem im We­sent­li­chen wort­glei­chen § 6 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 WSG zwin­gend zur Ver­sa­gung der Ge­neh­mi­gung hät­ten füh­ren müs­sen. Ge­gen­stand der Prü­fung für die Ge­neh­mi­gung wa­ren auch sons­ti­ge städ­te­bau­li­che Grün­de, de­ren Ent­ge­gen­ste­hen als sons­ti­ge er­heb­li­che öf­fent­li­che In­ter­es­sen zu prü­fen war (Heil­mann, Ge­setz über die Auf­schlie­ßung von Wohn­sied­lungs­ge­bie­ten, 3. Aufl. 1938, § 6 S. 56 f.).

26 Der Wohn­sied­lungs­be­scheid ent­fal­te­te 1959 auch noch Bin­dungs­wir­kung. Auf­ge­ho­ben oder ge­lo­ckert wird die­se Wir­kung ei­ner Wohn­sied­lungs­ge­neh­mi­gung dann, wenn ei­ne Än­de­rung der Bau­ab­sich­ten nach Art und Um­fang die für das Wohn­sied­lungs­ge­setz er­heb­li­chen sied­lungs­po­li­ti­schen oder bo­den­recht­li­chen In­ter­es­sen we­sent­lich be­rührt (BVer­wG, Ur­teil vom 4. März 1960 - 1 C 43.59 - BVer­w­GE 10, 202 <208> und Be­schluss vom 1. Ju­li 2013 - 4 B 10.13 - BRS 81 Nr. 154 Rn. 6.). Hier­für ist nichts er­sicht­lich. So­weit der 1. Se­nat in ei­nem Ur­teil vom 28. Ju­ni 1956 - 1 C 93.54 - (BVer­w­GE 3, 351 <353>) die bin­den­de Wir­kung ei­ner Wohn­sied­lungs­ge­neh­mi­gung be­reits dann ver­neint hat, wenn die­se un­ter Ver­let­zung des ob­jek­ti­ven Rechts er­teilt wur­de, hält der - nun­mehr aus­schlie­ß­lich zu­stän­di­ge - er­ken­nen­de Se­nat hier­an im Hin­blick auf die Wirk­sam­keit ei­ner sol­chen, der Be­stands­kraft fä­hi­gen Ge­neh­mi­gung nicht fest. Denn ein Ver­wal­tungs­akt, der nicht selbst Ge­gen­stand der ge­richt­li­chen Ent­schei­dung ist, ent­fal­tet, so­weit er nicht auf­ge­ho­ben ist, mit der in ihm ver­bind­lich mit Wir­kung nach au­ßen ge­trof­fe­nen Re­ge­lung Bin­dungs­wir­kung auch ge­gen­über an­de­ren Be­hör­den und Ge­rich­ten (BVer­wG, Ur­tei­le vom 4. Ju­li 1986 - 4 C 31.84 - BVer­w­GE 74, 315 <320> und vom 30. Ja­nu­ar 2003 - 4 CN 14.01 - BVer­w­GE 117, 351 <355>).

27 2. Die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz stellt sich nicht nach § 144 Abs. 4 Vw­GO aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar. Die ta­trich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen er­lau­ben nicht den Schluss, das Vor­ha­ben ver­sto­ße selbst bei ei­ner 1959 auf­ge­nom­me­nen und seit­her fort­ge­setz­ten Wohn­nut­zung ge­gen § 35 BauGB.

28 a) Die für ei­ne Be­güns­ti­gung er­for­der­li­che Vor­aus­set­zung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b BauGB er­füllt das Vor­ha­ben des Bei­ge­la­de­nen. Da­nach setzt die Pri­vi­le­gie­rung vor­aus, dass die Er­wei­te­rung im Ver­hält­nis zu dem vor­han­de­nen Ge­bäu­de und un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Wohn­be­dürf­nis­se an­ge­mes­sen ist. Dies ist der Fall. Denn ei­ne Er­wei­te­rung kann auch dann noch an­ge­mes­sen sein, wenn bei ei­nem be­son­ders klei­nen Wohn­haus die Wohn­flä­che mehr als ver­dop­pelt wird (BVer­wG, Ur­teil vom 23. Ja­nu­ar 1981 - 4 C 82.77 - BVer­w­GE 61, 285 <289>). An­ge­sichts der ge­rin­gen Grö­ße des be­stehen­den Ge­bäu­des er­scheint die im Ver­hält­nis hier­zu be­trächt­li­che, ab­so­lut aber eher ge­rin­ge Grö­ße des An­baus als an­ge­mes­sen.

29 b) Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat of­fen ge­las­sen, ob das Vor­ha­ben Be­lan­ge des Na­tur­schut­zes im Sin­ne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB be­ein­träch­tigt, weil es im Gel­tungs­be­reich der Ver­ord­nung über das Land­schafts­schutz­ge­biet "Am­mer­see-West" vom 1. Ok­to­ber 1997 liegt. Die­ser Be­lang könn­te auch ei­nem von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB be­güns­tig­ten Vor­ha­ben ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den. Da­mit sind Fra­gen des ir­rever­si­blen Lan­des­rechts auf­ge­wor­fen, de­ren Be­ant­wor­tung der Se­nat nach § 563 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 Vw­GO ei­ner er­neu­ten Be­ru­fungs­ent­schei­dung über­lässt (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 19. Fe­bru­ar 2015 - 9 CN 1.14 - Buch­holz 424.01 § 58 FlurbG Nr. 5 Rn. 23), so­weit es hier­auf an­kom­men soll­te.

30 3. Die feh­len­de Ent­schei­dungs­rei­fe zwingt zur Zu­rück­ver­wei­sung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Vw­GO.

31 Es be­darf der ta­trich­ter­li­chen Klä­rung, ob im Jahr 1959 das be­stehen­de Ge­bäu­de zum Wohn­ge­bäu­de um­ge­nutzt wor­den ist und die Wohn­nut­zung nicht wie­der auf­ge­ge­ben wor­den ist und da­mit als Be­stands­nut­zung wei­ter­hin von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB ge­schützt wä­re (BVer­wG, Be­schluss vom 10. Ju­li 1987 - 4 B 147.87 - Buch­holz 406.16 Grund­ei­gen­tums­schutz Nr. 44 S. 1). Be­ja­hen­den­falls könn­te dem Vor­ha­ben we­der der öf­fent­li­che Be­lang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB noch ein ge­ge­be­nen­falls be­stehen­der Wi­der­spruch zu Dar­stel­lun­gen des Flä­chen­nut­zungs­plans nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 17. Fe­bru­ar 2011 - 4 C 9.10 - BVer­w­GE 139, 21 Rn. 8 ff.). In die­sem Fall müss­te der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof prü­fen, ob das Vor­ha­ben an­de­re öf­fent­li­che Be­lan­ge be­ein­träch­tigt, die auch ei­nem von § 35 Abs. 4 BauGB be­güns­tig­ten Vor­ha­ben ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den kön­nen.

32 Auf die wei­ter­hin er­ho­be­nen Ver­fah­rens­rü­gen kommt es nicht an. Sie könn­ten, ih­re Be­gründet­heit un­ter­stellt, eben­falls nur zur Zu­rück­ver­wei­sung füh­ren.