Urteil vom 01.11.2005 -
BVerwG 1 C 21.04ECLI:DE:BVerwG:2005:011105U1C21.04.0
Leitsätze:
1. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung insbesondere zu widerrufen, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Diese Vorschrift entspricht ihrem Inhalt nach Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK.
2. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG enthält eine einzelfallbezogene Ausnahme von der Beendigung der Flüchtlingseigenschaft, die unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen von Satz 1 der Vorschrift gilt.
3. Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht zu prüfen, sondern im Rahmen der allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes zu berücksichtigen.
4. § 73 Abs. 2 a AsylVfG findet auf vor dem 1. Januar 2005 ergangene Widerrufsentscheidungen keine Anwendung.
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Rechtsquellen
GG Art. 16 a Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - Art. 1 A Nr. 2, Art. 1 C Nr. 5 und 6, Art. 33 Abs. 2 Wiener Abkommen über das Recht der Verträge Art. 4, 31 Abs. 1 VwVfG § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG § 73 Abs. 1 und 2 a AufenthG § 60 Abs. 1 und 8 AuslG § 51 Abs. 1 und 3 -
Instanzenzug
OVG Schleswig - 16.06.2004 - AZ: OVG 2 LB 54/03 -
Schleswig-Holsteinisches OVG - 16.06.2004 - AZ: OVG 2 LB 54/03
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:011105U1C21.04.0]
Urteil
BVerwG 1 C 21.04
- OVG Schleswig - 16.06.2004 - AZ: OVG 2 LB 54/03 -
- Schleswig-Holsteinisches OVG - 16.06.2004 - AZ: OVG 2 LB 54/03
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 1. November 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und R i c h t e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k sowie den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Juni 2004 wird aufgehoben, soweit es sich auf das Anfechtungsbegehren gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2000 bezieht.
- Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
- Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.